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· Fachbeitrag · Corona-Krise

Mietforderungsmanagement: einfache Ratenzahlungsvereinbarung

von RA Dr. Hans-Reinold Horst, Hannover/Solingen

| Mieter, die wegen der Corona-Krise unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind und Vermieter, die deswegen mit Zahlungsausfällen zurechtkommen müssen, können sich u. U. mit einer Ratenzahlungsvereinbarung helfen. Was es dabei zu bedenken gilt, klärt der folgende Beitrag. |

1. Verhandlungsziele: Sicherheit und Insolvenzfestigkeit

Als oberster taktischer Verhandlungsgrundsatz eines Vermieters als Gläubiger gilt: Der Mieter als Schuldner muss sich ein weiteres Zuwarten mit der Realisierung der Mietforderung etwas kosten lassen. Ebenso muss die Forderung „sicherer“ werden. Dies bedeutet im Einzelnen:

 

a) Vollstreckungstitel

Der Vermieter kann die Sicherheit erhöhen, indem er einen Vollstreckungstitel schafft, der ein gerichtliches Erkenntnisverfahren mit Zeit-, Arbeits- und Kostenaufwand überflüssig macht. In Betracht kommen: eine notarielle Urkunde, z. B. als Schuldanerkenntnis, ein notariell beglaubigter Teilzahlungsvergleich als Rechtsanwaltsvergleich (§§ 796a ff. ZPO) oder die Erklärung des Schuldners, er werde gegen einen beantragten Mahn- und Vollstreckungsbescheid keinen Widerspruch bzw. Einspruch einlegen.

 

b) Weitere Sicherungsmittel

Als weitere Sicherungsmittel (dazu näher: Horst, NZM 18, 889) bieten sich an:

 

  • Wohnraum und Gewerberaummietverhältnisse
    • Abrede über Kautionsverwertung während des Vertrags
    • Zwangsvollstreckungsunterwerfung
    • Sicherungsabtretungen, zumindest von Lohn und Konto
    • Pfändungsmöglichkeiten

 

  • Gewerberaummietverhältnisse
    • Wertmäßige Aufstockung der Kaution
    • Zusätzliche Bürgschaft
    • Grundschuld an Immobilien des Mieters
    • Selbstständiges Schuldversprechen und Zwangsvollstreckungsunterwerfung des Mieters
    • Patronatserklärungen
    • Schuldbeitritt
    • Gewinnabführungsvertrag und Verlustübernahmevertrag
    • Sicherungsabtretungen unternehmensbezogener und persönlicher Forderungen
    • Gesetzliches Vermieterpfandrecht an Warenlager und anderen pfändbaren Sachen des Mieters
    • Sonstige Pfändungsmöglichkeiten

 

c) Insolvenzfestigkeit

Sicherungsmittel und Zahlungsvereinbarung müssen möglichst insolvenzfest sein. Dazu Folgendes: Droht dem Gemeinschuldner die Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder die Überschuldung (§ 19 InsO) oder ist er bereits zahlungsunfähig (§ 17 InsO), kann das Insolvenzverfahren auf Antrag des Gemeinschuldners oder einer seiner Gläubiger eröffnet werden (§ 13 InsO).

 

Coronabedingt ergeben sich diese Gefahren konkret erhöht, auch wenn die Insolvenzantragspflicht zeitlich bis zum 30.9.20 aufgeschoben worden ist (Art. 1 § 1 S. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht; BGBl I 2020, 569 ff.). Denn Verbindlichkeiten häufen und addieren sich; zeitlich befristete Leistungsverweigerungsrechte werden nur bei einigen Formen von Dauerschuldverhältnissen eingeräumt, die den Bestand der Forderung als solche nicht berühren. Insbesondere Mietschulden bleiben in ihrem Bestand unberührt. Sie bleiben fällig und unterliegen keinem Leistungsverweigerungsrecht.

 

Damit droht die Gefahr einer Insolvenzanfechtung im Hinblick auf noch erhaltene Mieten. Auch sie bleiben deshalb aus wirtschaftlicher Betrachtung des Vermieters gefährdet, soweit der Mieter in den insolvenzrechtlich relevanten Zeiträumen noch gezahlt hat. Folge einer erfolgreich erklärten Anfechtung des Insolvenzverwalters ist dann der Anspruch auf Rückzahlung erhaltener Mieten in die Insolvenzmasse (§ 130 Abs. 1 InsO, § 143 Abs. 1 S. 1 InsO, § 133 Abs. 1 S. 1 und 2, § 129 Abs. 1 InsO).

 

Prüfen Sie diesen Anspruch anhand der folgenden Checkliste:

 

Checkliste / So prüfen Sie eine Anfechtung

  • Liegt eine anfechtbare Rechtshandlung vor (§§ 129, 140 InsO)?

 

  • Ist diese Rechtshandlung im insolvenzrechtlich relevanten Zeitraum erfolgt (drei Monate rückwirkend vor dem Insolvenzeröffnungsantrag ‒ § 30 Abs. 1 Nr. 1 InsO; vier Jahre rückwirkend vor dem Insolvenzeröffnungsantrag im Fall einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht ‒ § 133 Abs. 2 InsO; ab dem Insolvenz-eröffnungsantrag ‒ § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO)?

 

  • War oder galt der Schuldner bei Ausübung der Rechtshandlung als zahlungsunfähig17 Abs. 2 InsO)?

 

  • Kenntnis des Vermieters: War ihm als Forderungsgläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Mieters oder der existierende Insolvenzeröffnungsantrag bekannt, oder waren ihm schließlich Umstände bekannt, die auf Zahlungsunfähigkeit oder auf einen gestellten Insolvenzeröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2, § 133 Abs. 1 und 3 S. 1 InsO)?

 

  • Waren die vorgenommenen Zahlungen objektiv gläubigerbenachteiligend? Dementgegen könnte z. B. das Recht zur abgesonderten Befriedigung des (bevorzugten) Forderungsgläubigers stehen (§ 49 InsO; dazu LG Hamburg ZMR 17, 762).
 

PRAXISTIPP | Bei der vierjährig rückwirkenden Anfechtung müssen Sie zusätzlich prüfen:

 

  • Hat der Vermieter als Gläubiger der Mietforderung erkannt, dass der Mieter als Schuldner „unlauter“ handelte (§ 142 Abs. 1 InsO). Mit anderen Worten: War dem Vermieter bewusst, dass die übrigen Gläubiger des Mieters durch die Zahlung der Miete benachteiligt wurden?
  • Handelten Schuldner und befriedigter Forderungsgläubiger in der Absicht, andere Gläubiger zu benachteiligen, § 133 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 InsO. Hierbei ist „Absicht“ nicht im strafrechtlichen Kontext als zielgerichteter Vorsatz zu verstehen, sondern nur als Eventualvorsatz (BGH NJW 18, 396).
  • In der Zeit der gesetzlich auf den 30.9.20 hinausgeschobenen Insolvenzantragspflicht gilt: Rechtshandlungen, die dem Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, bleiben unanfechtbar, wenn der Gläubiger die Sicherung beanspruchen konnte (Art. 1 § 2 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, HS 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie).
 

Ratenzahlungsvereinbarungen bleiben anfechtbar, wenn sie zwischen dem 1.3. bis 30.9.20 geschlossen wurden. Denn auf diese Art der Sicherung hat der Gläubiger keinen Anspruch. Wurden sie vorher geschlossen, ist je nach Vereinbarung ein Anspruch entstanden. Die daraufhin vorgenommene Rechtshandlung ist dann nicht anfechtbar. Der Gesetzgeber betont dies für Vermieter (BT-Drucksache 19/18110, S. 24 und 25), die im Zuge von letztlich doch gescheiterten Sanierungsbemühungen noch Zahlungen erhalten. Ausnahme: Dem Gläubiger ist bekannt, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet waren (Art. 1 § 2 S. 1, Hs. 2). Dann kann angefochten werden.

 

d) Abstrakte Schuldanerkenntnisse

Für Zahlungsvereinbarungen, insbesondere in Form des abstrakten Schuldanerkenntnises, gilt: Zunächst ist hier wieder die Kenntnis des Vermieters von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Mieters notwendig (§ 133 Abs. 3 S. 1 InsO). Zahlungsvereinbarungen oder sonstige Zahlungserleichterungen begründen dabei den Schluss, dass der Vermieter die eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Mieters nicht kannte (§ 133 Abs. 3 S. 2 InsO). Teilzahlungsabreden und Ratenzahlungsvereinbarungen sowie generelle Stundungen der Mietforderungen sind also auf erste Sicht nicht anfechtungsförderlich, wohl aber die Annahme von Mietzahlungen in dem Bewusstsein, dass der Mieter weder zum Ausgleich eingetretener Rückstände noch zur vollständigen Zahlung der laufenden Miete in der Lage ist (OLG Düsseldorf MietRB 15, 73).

 

Unabhängig davon ist nach inzwischen vorherrschender Auffassung des BGH (7.5.20, IX ZR 18/19, Abruf-Nr. 215958) der Abschluss einer qualifizierten Ratenzahlungsvereinbarung im Insolvenzfall des Schuldners nicht schädlich und begründet keine Anfechtungsrechte des Insolvenzverwalters. Denn aus diesem Umstand kann nicht auf eine Bewusstseinslage beim Gläubiger von der drohenden oder der eingetretenen Insolvenzlage beim Schuldner geschlossen werden (vgl. auch § 133 InsO). Vielmehr ist die Ratenzahlungsvereinbarung nur als Beitrag zur Sanierungsbemühung beim Schuldner zu verstehen. Eine subjektive Gläubigerbenachteiligungsabsicht wird dadurch nicht indiziert. Das gilt zumindest, solange vorgerichtlich anerkannt wird.

 

Wird dagegen erst im Gerichtsverfahren oder nach dessen Beendigung im Zwangsvollstreckungsverfahren ein Anerkenntnis begründet, spricht dies eher für ein Bewusstsein des Gläubigers um die Insolvenzgefahr beim Schuldner bzw. für seine subjektive Gläubigerbenachteiligungsabsicht. Die Gefahr einer Insolvenzanfechtung im Hinblick auf bereits erhaltene Zahlungen lässt sich dagegen insbesondere mit einer qualifizierten Ratenzahlungsvereinbarung beherrschen. Dessen ungeachtet sind beide Forderungen ‒ ursprüngliche Verbindlichkeiten genauso wie die noch valutierende selbstständige neue Forderung aus dem abstrakten Schuldanerkenntnis ‒ zur Insolvenztabelle anzumelden.

 

Beachten Sie | Der Vermieter muss sich ein weiteres Zuwarten mit seinen Forderungen durch entsprechende Stundungszinsen abgelten lassen. Andernfalls fungiert er als zinsloser Kreditgeber. Die Zahlung eines Teilbetrags muss sofort bei Abschluss der Verhandlungen erfolgen. Weitere Zahlungstermine und Ratenhöhen müssen exakt festgelegt sein. In die Vereinbarung ist eine Verfallsklausel aufzunehmen, nach der der gesamte ausstehende Forderungsrest auf einmal fällig wird, wenn der Mieter mit dem Ratenplan erneut in Verzug gerät. Der Mieter muss sich ausdrücklich zur Übernahme aller Kosten verpflichten, die im Zusammenhang mit der Vereinbarung entstehen und als Kosten notwendiger Rechtsverfolgung schon entstanden sind.

 

e) Vollstreckungsrisiko minimieren

Gelingt eine solche Vereinbarung, hat man als Vermieter das gerichtliche Erkenntnisverfahren übersprungen und befindet sich in der Zwangsvollstreckungssituation, behält allerdings auch das Zwangsvollstreckungsrisiko. Um dieses zu minimieren, bietet es sich an, den Mieter aufzufordern, eigene Vermögenswerte zur Sicherheit zu übereignen, wobei als Sicherungszweck die Tilgung der ausstehenden Mietforderung bezeichnet wird. Kommt der Teilzahlungsvergleich als selbstständiges Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) zustande, kommt über das gesetzliche besitzlose Vermieterpfandrecht eine weitere Sicherung in Betracht: Rechtsgeschäftlich kann ein Pfandrecht an bestimmten Sachen des Mieters vereinbart werden. Diese werden dann als Pfandgegenstände in den Besitz des Vermieters überführt (§§ 1207, 1257 BGB). Dabei gilt die Abrede, dass das Pfandrecht an den übergebenen Gegenständen bei Tilgung der ausstehenden Mietforderungen erlischt, die Sachen also zurückzugeben sind oder verwertet werden können, wenn der Mieter erneut mit dem Ratenzahlungsplan in Verzug kommt.

 

Um wenigstens eine gewisse Sicherheit über die Eigentumsverhältnisse an den Pfandsachen zu erhalten, bietet es sich ebenso an, den Mieter über die Bedeutung einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung zu belehren und eine solche darüber, dass der Mieter Eigentümer der Pfandsachen ist, zu der getroffenen außergerichtlichen Vereinbarung hinzuzunehmen.

 

Verlief das Mietverhältnis bisher störungsfrei und liegt „Corona“ als Grund für Zahlungsausfälle oder für Zahlungsunregelmäßigkeiten nahe, dann kann (nicht muss!) eine einfache Ratenzahlungsvereinbarung innerhalb eines weichen Forderungsmanagements auskömmlich sein. Diese Vereinbarung könnte wie folgt formuliert werden:

2. Musterformulierung

Musterformulierung / Einfache Ratenzahlungsvereinbarung

Ratenzahlungsvereinbarung

 

zwischen ... (Bezeichnung Gläubiger), wohnhaft … (Adresse),

vertreten durch ... (Rechtsanwalt) ‒ nachfolgend Vermieter

 

und

 

... wohnhaft ..., vertreten durch ... (Rechtsanwalt) ‒ nachfolgend Mieter

 

§ 1

Die Parteien nehmen Bezug auf den beiderseitigen Mietvertrag vom ... (Datum) bzgl. der vom Mieter genutzten Räumlichkeiten ... (genaue Bezeichnung) im Haus ... (Adresse) ... OG.

 

§ 2

Der Mieter erkennt an, dem Vermieter einen Betrag in Höhe von ... EUR aus rückständigen Mieten zzgl. Betriebskostenvorauszahlung für die Monate (genaue Bezeichnung, z. B. Mai, Juni, Juli 2020) zzgl. Zinsen in Höhe von ... Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem ... (Datum) zu schulden. Einwendungen gegen diese Forderungen nach Grund und Höhe sind nicht gegeben.

 

§ 3

Der Vermieter gestattet dem Mieter die Rückzahlung dieser Forderung neben der Erfüllung der aktuell monatlich entstehenden und fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis in monatlichen Raten zu je ... EUR, fällig jeweils am 1. eines jeden Monats, erstmals am ... (Datum der Vereinbarung). Die Zahlung der ersten Rate erfolgt Zug um Zug mit Abschluss dieses Vergleichs. Gerät der Mieter mit einer Rate ganz oder teilweise länger als ... Werktage in Rückstand, ist die gesamte offene Restforderung zur Zahlung fällig. Zahlungen werden gemäß § 367 BGB zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

 

§ 4

Der Mieter unterwirft sich wegen der in diesem Vergleich anerkannten Zahlungsverpflichtung wie auch wegen künftig entstehender Mietforderungen einschließlich Nebenkostenvorauszahlungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. Wegen der Unterwerfung des Mieters unter die sofortige Zwangsvollstreckung vereinbaren die Parteien, dass dieser Vergleich von dem Notar ... (genaue Bezeichnung, Name, Amtssitz) beurkundet, in Verwahrung genommen und für vollstreckbar erklärt werden soll (§ 796c Abs. 1 ZPO).

 

Der Vermieter wird diesen Vergleich nach Abschluss an den bezeichneten Notar übergeben und ihn mit Beurkundung und Vollstreckbarkeitserklärung beauftragen. Die Kosten dieser Vereinbarung (insbesondere die Notar- und die Rechtsanwaltsgebühren) trägt der Mieter. Der Notar wird unwiderruflich angewiesen, dem Vermieter sogleich eine vollstreckbare Ausfertigung des Vergleiches zu erteilen.

 

Ort, Datum, Unterschriften

 
Quelle: Seite 182 | ID 46718977