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· Fachbeitrag · Corona-Soforthilfe NRW

Wiederaufnahme des Rückmeldeverfahrens für die Corona-Soforthilfe NRW

von Dr. Stephan Peters, Warendorf

| Nach Ablauf der Antragsfrist für die Gewährung der Corona-Soforthilfe „NRW Soforthilfe 2020“ verschickte das Land NRW E-Mails und forderte die Empfänger der Hilfe auf, Angaben zu Liquiditätsengpässen zu tätigen. Nach heftiger Kritik aus der Wirtschaft setzte die Landesregierung in NRW das Rückmeldeverfahren zunächst aus, um sich auf Bundesebene für verbesserte Abrechnungsmöglichkeiten einzusetzen. Es war geplant, dass noch vor den Herbstferien das Rückmeldeverfahren wieder starten sollte. Voraussichtlich werden wieder ‒ wie schon im ersten Anlauf ‒ E-Mails an die hinterlegten E-Mail Adressen verschickt. Wer die E-Mail ignoriert oder die Bedingungen zur Vergabe missachtet, riskiert straf- und berufsrechtlich Konsequenzen. |

 

  • Rückmeldung zur Corona-Soforthilfe: Was ist zu tun?
  • Es ist empfehlenswert spätestens drei Monate nach Antragstellung den E-Mail Spam Ordner zu kontrollieren, um etwaige Irrläufer zu erkennen.

 

  • Das mit der E-Mail verlinkte Formular muss verpflichtend zurückgeschickt werden! Die Meldung des Liquiditätsengpasses muss bis zum 30.11.20 erfolgen! Die für das Antragsverfahren relevanten Belege müssen nicht vorgelegt, aber zehn Jahre lang aufbewahrt werden! Mit der E-Mail wird auch eine Berechnungshilfe bereitgestellt und ein Formular für die Rückmeldung.

 

  • Um der Einleitung weiterer Maßnahmen zu entgehen, ist hinsichtlich der ansatzfähigen Ausgaben auf die bestehenden Vorgaben zu achten! Hilfreich ist insoweit auch folgende Internetseite der Landesregierung, wo typische Fragen beantwortet werden: www.iww.de/s4072.

 

  • Soweit Fördergelder nicht für betriebliche Ausgaben verwendet wurden, sind diese nun zu erstatten. Die teilweise oder vollständige Rückzahlung der Pauschale hat bis zum 31.3.21 zu erfolgen.
 

Vergabebedingungen

Bis Anfang Juli konnte in Nordrhein-Westfalen über ein von der Landesregierung eingerichtetes Online-Portal die „NRW-Soforthilfe 2020“ beantragt werden. Unter dem Begriff NRW-Soforthilfe 2020 wurden verschiedene Maßnahmen vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen gebündelt. Zweck war die Gewährung finanzieller Soforthilfe in Form direkter Zuschüsse zur Milderung der wirtschaftlichen Folgen und zur Sicherung der Existenz und Fortführung von durch Sars-Cov-2-Pandemie gefährdeten gewerblichen Kleinunternehmen, Selbstständigen und Angehörigen Freier Berufe in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt hat das Land Nordrhein-Westfalen rund 430.000 Soforthilfen mit einem Volumen von rund 4,5 Mrd. EUR gewährt.

 

Bei der Entscheidung über die Gewährung von Soforthilfe handelte es sich um eine Billigkeitsmaßnahme in Form einer gestaffelt nach Unternehmensgröße freiwilligen Zahlung, wenn Unternehmen aufgrund von Liquiditätsengpässen in ihrer Existenz bedroht waren. Neben Selbstständigen, gewerblichen Kleinunternehmern waren auch die Angehörigen der Freien Berufe antragsberechtigt, sofern die Tätigkeit im Haupterwerb und mit Sitz in Nordrhein-Westfalen ausgeübt wird und eine Anmeldung bei einem deutschen Finanzamt besteht. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten durften nicht schon vor der Pandemie bestanden haben. Bestand ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass, wurden Hilfen zwischen 9.000 EUR und 25.000 EUR gewährt.

Nachweis, Rückzahlung

Nachdem die Frist zur Beantragung von Soforthilfe am 31.5.20 abgelaufen ist, erhalten die ersten Soforthilfeempfängerinnen und -empfänger nun per E-Mail Informationen über das weitere Vorgehen, da die Soforthilfe zunächst nur als Pauschale ausgezahlt wurde. Bestand der Liquiditätsengpass nicht in Höhe der gewährten Soforthilfe, besteht eine Verpflichtung zur Rückzahlung der insoweit nicht „benötigten“ Pauschale. Eingesetzt werden durfte die Soforthilfe innerhalb des Förderzeitraums für betriebliche Ausgaben, wobei der dreimonatige Förderzeitraum mit dem Tag der Antragstellung beginnt. Der Beginn des Förderzeitraums darf wahlweise auf den 1. des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgezogen oder auf den 1. des auf den Antrag folgenden Monats verlegt werden.

 

Mit der nunmehr verschickten E-Mail, die sämtliche Zuwendungsempfänger ca. drei Monate nach Antragstellung erhalten sollen, wird nochmals auf die Zweckbindung der Soforthilfe hingewiesen und zum Nachweis des Liquiditätsengpasses aufgefordert. Der Liquiditätsengpass ist definiert als die Differenz aus Einnahmen minus den Ausgaben. Es kommt auf den tatsächlichen Zahlungsfluss an und nicht auf die Frage, ob ein Steuerpflichtiger seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt!

 

Bei den Ausgaben darf keine Gestaltung vorgenommen werden:

  • Mieten für Folgemonate dürfen nicht gebündelt und vorgezogen werden.
  • Aufwendungen sind so zu behandeln, wie sie zu „normalen“ Zeiten auch angefallen wären.
  • Geringwertige Wirtschaftsgüter dürfen voll angesetzt werden.
  • Die auf den betrieblichen Nutzungsanteil entfallenden Kosten für einen Pkw können ebenfalls angesetzt werden.
  • Zudem darf für den ersten Fördermonat einmalig fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 2.000 EUR angesetzt werden.
  • Bzgl. der Frage, ob Einnahmen im Förderzeitraum vorliegen, haben Unternehmer die Option, bei Einnahmen innerhalb des Förderzeitraums auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung abzustellen und nicht auf den Zeitpunkt des Zahlungseingangs (zukünftig also nicht mehr anzusetzen sind Einnahmen aus der Leistungserbringung im Januar (vor Corona) und Zahlungseingang im April (also während des Förderzeitraums).
  • Hohe einmalige Zahlungseingänge im Förderzeitraum, die sich auf ein ganzes, zurückliegendes Jahr beziehen, können nunmehr anteilig angesetzt werden (GEMA-Zahlungen für Künstlerinnen und Künstler oder Zahlungen der VG-Wort für Journalistinnen und Journalisten).
  • Gestundete Zahlungsverpflichtungen, wie beispielsweise Miet-, Pacht- oder Leasingraten, die während des Förderzeitraums angefallen wären, können angesetzt werden.
  • Für die Einnahmenerzielung „notwendige“ Personalkosten können ‒ soweit kein Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen wurde ‒ nunmehr angesetzt werden.

 

  • Beispiel: Teilweise zu Unrecht gewährte Soforthilfe
Einnahmen:
1. Monat
2. Monat
3. Monat
Summen

Einnahmen während des Förderzeitraums

3.000 EUR

2.000 EUR

0 EUR

5.000 EUR

abzüglich Zahlungseingänge, wenn nach Ausübung der Option auf Leistungserbringung abgestellt wird

1.000 EUR

‒ 1.000 EUR

Ausgaben:

3.900 EUR

1.350 EUR

1.950 EUR

7.200 EUR

Miete/Raumkosten

1.000 EUR

1.000 EUR

1.000 EUR

3.000 EUR

Wareneinsatz

500 EUR

0 EUR

750 EUR

1.250 EUR

GWG

400 EUR

350 EUR

200 EUR

950 EUR

fiktiver Unternehmerlohn

2.000 EUR

2.000 EUR

Liquidität(sengpass)

‒ 1.900 EUR

+ 650 EUR

‒ 1.950 EUR

3.200 EUR

erhaltene Förderpauschale

9.000 EUR

Pflicht zur Rückzahlung

5.800 EUR

 

Straf- und berufsrechtliche Konsequenzen

Wie bereits eingangs erwähnt muss derjenige mit Konsequenzen rechnen, der die Vergabebedingungen missachtet.

 

Strafrechtliche Konsequenzen

Bei den im Antragsverfahren auf Gewährung der Soforthilfe im Land NRW von den Antragstellern getätigten Angaben handelt es sich zumindest teilweise auch um subventionserhebliche Tatsachen i. S. d. § 264 StGB i. V. m. § 2 des Subventionsgesetzes vom 29.6.76 (BGBI I 76, 2037) und Art. 1 des Landessubventionsgesetzes (GV. NW. 77, 136). Vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in diesen Angaben können die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) zur Folge haben. Subventionsbetrug kann mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

 

Berufsrechtliche Konsequenzen

Neben einem strafrechtlichen Verfahren wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) kann im Einzelfall auch ein berufsrechtliches Verfahren vor den Kammern der jeweiligen berufsständischen Einrichtungen drohen.

 

Gemäß der Anordnung über die Mitteilung in Strafsachen (MiStra) sind Gerichte und Staatsanwaltschaften verpflichtet, je nach Berufsstand und Gegenstand/Stand des strafrechtlichen Verfahrens Informationen weiterzuleiten. Für Mitteilungen bis zur Erhebung der öffentlichen Klage sind die Staatsanwaltschaften und danach grundsätzlich die Gerichte oder Vollstreckungsbehörden zuständig.

 

  • Mitzuteilende Informationen

Den für die freien Berufe zuständigen Kammern

  • RA-Kammer (Nr. 23 MiStra)
  • StB-Kammer/WP-Kammer (Nr. 24 MiStra)
  • (Zahn-)Ärztekammer (Nr. 26 MiStra)
  • Apothekerkammer (Nr. 26 MiStra)

 

sind von Staatsanwaltschaften, Gerichten und Vollstreckungsbehörden folgende Informationen mitzuteilen:

  • Erlass und der Vollzug eines Haft- oder Unterbringungsbefehls
  • Entscheidungen, durch die ein vorläufiges Berufsverbot angeordnet oder ein solches aufgehoben worden ist
  • Erhebung der öffentlichen Klage
  • Ausgang des Verfahrens (bei Rechtsanwälten zusätzlich das Urteil)
 

Wann werden die Kammern tätig?

Ob und in welchem Umfang die berufsständischen Vertretungen tatsächlich tätig werden, dürfte von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängen. Ist wegen desselben Sachverhalts ein Strafverfahren anhängig, setzen die Ärztekammern in NRW ihr berufsrechtliches Verfahren gemäß § 58c HeilBerufG NRW bis zum Abschluss des Strafverfahrens aus. Im Mittelpunkt des berufsrechtlichen Verfahrens steht dabei regelmäßig die Frage, ob im Einzelfall ein sog. berufsrechtlicher Überhang zu erkennen ist, also eine weitere Sanktionierung der Tat aus berufsrechtlichen Gründen geboten ist. Dies kann dann der Fall sein, „wenn der besondere Grund und Zweck der Berufsgerichtsbarkeit im Einzelfall durch die strafgerichtliche Verurteilung allein nicht erfüllt wird“ (vgl. LBerufsGericht für Heilberufe beim OVG Rheinland-Pfalz 24.7.12, LBGH E 10372/14, Beschluss).

 

Die Sanktionsmöglichkeiten richten sich nach den jeweiligen Berufsgruppen und den gesetzlichen Vorgaben. Für den Bereich der Heilberufe gilt, dass ein berufsrechtliches Verfahren eingestellt werden oder eine Rüge durch den Kammervorstand erteilt werden kann, wenn die Schuld gering ist, wobei die Rüge auch mit einem Ordnungsgeld verbunden werden kann. Wird die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens für erforderlich gehalten, kommen als berufsrechtliche Maßnahmen regelmäßig der Verweis, die Entziehung des passiven Berufswahlrechts, Geldbußen oder die Feststellung der Unwürdigkeit zur Berufsausübung in Betracht (§ 60 HeilBerG NRW). Ähnliche Regelungen und Sanktionsmöglichkeiten sieht beispielsweise auch § 114 der BRAO vor.

 

Zum Autor | Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich seine persönliche Auffassung wieder.

Quelle: Seite 204 | ID 46698943