· Fachbeitrag · Courtageanspruch
Courtage bei Maklerwechsel, übernommenen Verträgen oder bei gekündigtem Maklervertrag
| Es ist an der Tagesordnung, dass ein Kunde vom bisherigen Versicherungsmakler zu einem anderen Makler wechselt oder den Maklervertrag kündigt. Gang und gäbe ist auch, dass der Makler Verträge von Versicherern übernimmt, zu denen er keine Geschäftsbeziehung hat oder die z. B. bisher ein Vertreter betreut hat. Spannende Frage: Wie sieht es in diesen Fällen mit der Courtage des Maklers aus? VVP erläutert die Spielregeln. |
Der Courtageanspruch beim Maklerwechsel
Der Courtageanspruch des Versicherungsmaklers besteht grundsätzlich so lange wie der von ihm vermittelte Versicherungsvertrag. Nun kann es aber während der Laufzeit eines Versicherungsvertrags zu einem Maklerwechsel kommen, z. B. weil ein Versicherungsnehmer einen anderen Versicherungsmakler mit der Verwaltung seiner Versicherungsverträge beauftragt und ihm eine Maklervollmacht erteilt.
Die Versicherungswirtschaft hat sich mit den Maklerusancen darauf geeinigt, dass der Courtageanspruch auf den neuen Makler übergehen soll ‒ trotz der Tatsache, dass die Courtage Vermittlungsentgelt ist und der „neue“ Makler den übernommenen Versicherungsvertrag nicht selbst vermittelt hat. Zum einen wird damit dem Wunsch des Kunden entsprochen. Zum anderen unterstellt man, dass sich die Courtagegewinne und -verluste eines Maklers aus der Anwendung dieser „Usancen“ langfristig ausgleichen.
Die Vorlage der aktuellen Vollmacht beim Versicherer wirkt wie eine Änderungskündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt, d. h. zum Ablauf des Versicherungsvertrags. Da der neue Makler mit seiner Vollmacht den Versicherungsvertrag auch hätte kündigen und umdecken können, regeln die Usancen, wie mit dem Courtageanspruch bei Fortbestehen des Versicherungsvertrags verfahren werden soll. Zwei Fälle sind in der Praxis zu unterscheiden: Der Maklerwechsel bei einem einjährigen Versicherungsvertrag und bei einem mehrjährigen Versicherungsvertrag.
Maklerwechsel bei einjährigem Versicherungsvertrag
Bei einem Maklerwechsel für einen einjährigen Versicherungsvertrag kommt es für die Courtage darauf an, wann der neue Makler sein Mandat anzeigt:
- Zeigt der neue Makler sein Mandat rechtzeitig unter Beachtung der Kündigungsfrist vor dem letzten Kündigungszeitpunkt an (z. B. für einen Schadenversicherungsvertrag mit der Fälligkeit 01.01. spätestens am 30.09. des Vorjahrs), geht der Courtageanspruch am 01.01. auf den neuen Makler über.
- Erfolgt der Maklerwechsel bei einem einjährigen Versicherungsvertrag erst nach dem 30.09., also z. B. zwischen dem 01.10. und dem 31.12., so behält der „abgebende“ Makler den Courtageanspruch auch ab der Fälligkeit 01.01. für den gesamten Jahresbeitrag. Der Courtageanspruch geht erst ein Jahr später auf den neuen Makler über, weil er mit seiner Vollmacht den Vertrag fristgerecht zum 01.01. nicht hätte kündigen können.
Maklerwechsel bei mehrjährigen Versicherungsverträgen
Erfolgt ein Maklerwechsel bei mehrjährigen Sachversicherungsverträgen, wird die Courtage bis zum Ende der ursprünglichen Laufzeit, sprich Restlaufzeit des Versicherungsvertrags, zwischen den Maklern im Verhältnis 50:50 geteilt. Diese Usance hat sich durchgesetzt, obwohl bei Übernahme des Versicherungsvertrags durch einen neuen Makler der Vertrag nicht ohne Weiteres vor Ablauf hätte gekündigt werden können und der alte Makler die volle Courtage bis zum Ablauf beanspruchen könnte. Ab der nächsten Fälligkeit geht der volle Courtageanspruch auf den neuen Makler über.
Wichtig | Allerdings werden diese Grundsätze ‒ in der Versicherungswirtschaft mittlerweile Tagesgeschäft ‒ von der Rechtsprechung nicht vollends mitgetragen.
Vor dem Hintergrund, dass die Courtage je 50 Prozent Vermittlungs- und Verwaltungsentgelt enthalten soll, billigt z. B. das OLG Hamm dem vermittelnden Makler den 50-prozentigen Vermittlungsanteil in der Courtage so lange zu, wie der von ihm vermittelte und mittlerweile durch einen anderen Makler betreute Versicherungsvertrag unverändert fortbesteht (OLG Hamm, Urteil vom 08.12.1994, Az. 18 U 279/93, Abruf-Nr. 010317). Folge: Der Versicherer müsste die Courtage fortan aufteilen und beiden Maklern einen 50-prozentigen Courtageanteil zubilligen, solange der Versicherungsvertrag unverändert fortbesteht.
Sonderfälle Lebens- und Krankenversicherung
In der Lebens- und Krankenversicherung sieht diese Regelung etwas anders aus: Die Abschlusscourtage wird mit der Annahme des Vertrags gezahlt. Sie gebührt dem Makler, der den Abschlusserfolg bewirkt hat.
Hinsichtlich einer vereinbarten Dynamik in der Lebensversicherung wird aber unterschiedlich verfahren:
- Manche Versicherer gewähren sie dem Abschlussvermittler unabhängig davon, ob die Maklervollmacht noch besteht, weil sie im Kern (auch lt. Rechtsprechung) Abschlussvergütung darstellt.
- Andere übertragen sie auf den neuen Makler, weil dieser den Versicherungsnehmer beeinflussen kann, die Dynamik auch nach dem Maklerwechsel zu akzeptieren. Beide Verfahrensweisen sind akzeptabel.
Hinsichtlich der Betreuungsprovision oder Folgecourtage gilt: Zeigt der neue Makler sein Maklermandat durch Vollmacht an, so endet der Anspruch des alten Maklers auf Betreuungsprovision. Ob der neue Makler die Betreuungsprovision erhält, hängt von der Bereitschaft des Versicherers ab, auch für übertragene Personenversicherungsverträge eine Vergütung zu zahlen.
Wichtig | Im Zweifelsfall erhält also der abgebende Makler keine Betreuungscourtage mehr, weil die Maklervollmacht erloschen ist. Aber auch der übernehmende Makler erhält die Betreuungsprovision oder Folgecourtage nicht, weil die Courtagezusage dies so vorsieht. Gewinner ist in diesem Fall der Versicherer, der keine Betreuungscourtage mehr zahlt.
Courtageanspruch bei Wechsel vom Vertreter zum Makler
Übernimmt ein Makler per Maklervollmacht die Versicherungsverträge eines Kunden, der bisher von einem Ausschließlichkeitsvertreter betreut wurde, gelten prinzipiell die obigen Ausführungen; insbesondere bei einjährigen Versicherungsverträgen. Bei mehrjährigen Verträgen kommen verschiedene Varianten in Frage:
Weigerung des Versicherungsvertreters
Der Versicherungsvertreter weigert sich, die Betreuung des von ihm vermittelten Versicherungsvertrags für die mehrjährige Restlaufzeit abzugeben, und besteht auf Befriedigung seiner Provision bis zum regulären Kündigungstermin. Dann wird der übernehmende Makler ab sofort als Korrespondenzmakler geschlüsselt.
Bisweilen erhält der übernehmende Makler auch die Differenz zwischen der Folgeprovision des Vertreters (die ja nach wie vor gezahlt werden muss) und der laufenden Courtage des Maklers. In vielen Fällen betreut der übernehmende Makler den übernommenen Versicherungsvertrag bis zum regulären Kündigungstermin ‒ aber ohne Courtage.
Einverständnis des Versicherungsvertreters
Ist der Versicherungsvertreter einverstanden, geht der Versicherungsvertrag sofort in die Betreuung des Maklers über. Die restlichen Folgeprovisionen des Vertreters werden vom Makler pauschal mit 50 Prozent oder einem anderen individuell zwischen Makler und Vertreter vereinbarten Anteil abgegolten.
Wichtig | Gezahlt wird dieser „Ausgleich“ meist direkt zwischen Makler und Vertreter. Der Versicherer zahlt die Courtage fortan an den Makler.
Courtageanspruch bei übernommenen Verträgen
Täglich kommt es vor, dass Makler Versicherungsverträge in ihre Betreuung übernehmen, die bei Versicherern bestehen, mit denen der Makler keine aktive Geschäftsbeziehung unterhält oder unterhalten will oder die ihrerseits mit diesem Makler oder mit Maklern generell nicht zusammenarbeiten wollen. Dann löst die Vorlage der Maklervollmacht für diese bestehenden Verträge keine Courtage aus. Denn die Courtage setzt die vermittelnde Tätigkeit voraus.
Keine Courtage bei Fehlen der Rechtsgrundlage
Mit anderen Worten: Auf die Usancen oder die Aufteilung der Courtage mit 50 Prozent für die betreuende Tätigkeit kann sich der Makler nicht berufen ‒ es fehlt die Rechtsgrundlage. Denn der Versicherer kann immer den Vorbehalt geltend machen, mit einzelnen Maklern oder mit Maklern generell keine aktive Geschäftsbeziehung zu pflegen und ihnen deshalb keine Versicherungsverträge in die Betreuung geben zu wollen (Stichwort: Vertragsfreiheit). Als Korrespondenzmakler muss der Versicherer den Makler allerdings akzeptieren.
Courtage nur für selbst vermitteltes Geschäft
Ein anderer Fall ist der, dass der Versicherer in seinen Courtagebedingungen vorsieht, dass eine Courtage nur für selbst vermitteltes Geschäft gezahlt wird (z. B. um seine eigene Ausschließlichkeitsorganisation vor Maklereinbrüchen zu schützen). Der Makler wird dann als „Korrespondenzmakler“ geführt, aber eben ohne Courtage. Obschon die Gewährung einer Courtage auch für übernommene Verträge üblich ist, kann er sie nicht rechtlich einfordern.
Wichtig | Insbesondere in der Lebens- und Krankenversicherung wird bisweilen eine Folgecourtage oder ein Bestandspflegegeld nur für selbstvermittelte, nicht aber für übernommene Verträge gezahlt. Aber auch der „abgebende“ Makler erhält bei Vorlage einer neuen Vollmacht die Vergütung nicht mehr. Die zutreffende Begründung vieler Versicherer: Der Makler schuldet die Betreuung dem Kunden, nicht jedoch dem Versicherer gegenüber.
PRAXISTIPP | Wenn Sie Versicherungsverträge bei Versicherern übernehmen, die mit Ihnen nicht aktiv zusammenarbeiten, müssen Sie damit rechnen, ohne Courtage betreuen zu müssen. Zeigen Sie Ihre Betreuung rechtzeitig mit der ergänzenden Anfrage an, ob Sie eine Courtage für Ihre künftige Betreuung erhalten werden. Falls nicht, sollten Sie den Versicherungsvertrag auf einen Versicherer umdecken, von dem Sie eine Courtagezusage auch für Verträge besitzen, die Sie in Ihre Betreuung übernehmen. Selbstverständlich wird dabei vorausgesetzt, dass diese Umdeckung nicht zum Nachteil des Kunden geschieht. |
Courtageanspruch bei gekündigtem Maklervertrag
Kündigt der Versicherungsnehmer den Maklervertrag und zeigt dies gegenüber dem Versicherer an, ohne einen neuen Makler zu beauftragen, tangiert das Ihren Courtageanspruch nicht.
Es ist üblich, dass der Versicherer die Courtage weiterzahlt, weil er auch vom Versicherungsnehmer die Prämie erhält (= Courtage teilt Schicksal der Prämie). Erst wenn ein neuer Vermittler mit der Betreuung der Verträge beauftragt wird, verlieren Sie unter Beachtung der vorgenannten Usancen Ihren Courtageanspruch.
Wichtig | Auch dieser Grundsatz gilt nicht mehr uneingeschränkt. Vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung die Courtage in Vermittlungs- und Betreuungsentgelt aufzuteilen sucht, gewähren einzelne Versicherer den Courtageanspruch nur so lange, wie Ihr Maklervertrag und Ihre -vollmacht bestehen.