· Fachbeitrag · Datenauskunft
Online-Marktplatz: Die eBay-Auskunft als Beweismittel im Steuerstrafverfahren
von RA StB Julian Ott, FA StR, FBIStR, Klier & Ott GmbH, Berlin
| Finanzämter nehmen den Umsatz von Online-Händlern ins Visier: Wenn Buchhaltungsunterlagen des Beschuldigten fehlen, oder deren Vollständigkeit infrage steht, ist ein schneller Weg zur Aufklärung des Sachverhalts das Auskunftsersuchen an den Betreiber des Marktplatzes, über den der Online-Händler seine Verkäufe abwickelt, oder den Zahlungsdienstleister, über den seine Transaktionen abgewickelt werden. Häufig sind dies die Unternehmen eBay und PayPal. |
1. Praktischer Ablauf der Auskunft
Liegen Hinweise auf die Unvollständigkeit der deklarierten Umsätze eines Online-Händlers vor, wird als Ermittlungsmaßnahme ein Auskunftsersuchen an den Betreiber der genutzten Online-Plattform gestellt.
1.1 Rechtsgrundlage der Auskunft
Das Auskunftsersuchen stützt sich auf § 208 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO i.V. mit §§ 399, 404 AO i.V. mit § 161, 161a StPO. Als Vorfeldermittlungsmaßnahme (vor Einleitung eines Strafverfahrens) ist maßgebliche Rechtsgrundlage für das Auskunftsersuchen § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO i.V. mit § 93 AO.
1.2 Herausgabe der Daten
In der Praxis wird ‒ am Beispiel des Marktplatzbetreibers eBay ‒ das Auskunftsersuchen an die eBay International AG und die eBay Europe S.à.r.l. gerichtet. Die luxemburgische Tochtergesellschaft war die im Konzern verantwortliche Stelle für EU-Nutzerdaten, diese entschied nach luxemburgischem Recht über die Herausgabe von Nutzerdaten. Nach Umstrukturierung des Konzerns ist seit 2018 die eBay GmbH mit Sitz in Deutschland zuständig. Nach Eingang der Anfrage bei eBay wird das Auskunftsersuchen sodann an das sogenannte „eBay Global Asset Protection Team“ weitergeleitet.
Fällt die Prüfung der Herausgabe der Nutzerdaten ‒ in aktuellen Strafverfahren meist noch nach Maßgabe luxemburgischen Rechts ‒ positiv aus, wird also insbesondere zur Zufriedenheit von eBay festgestellt, dass das Auskunftsersuchen tatsächlich von einer berechtigten staatlichen Behörde gestellt ist ‒, so werden Daten vom „Global Asset Protection Team“ zur Verfügung gestellt.
1.3 Datenabruf
Der Entstehungsweg der Daten für die Auskunft ist als unternehmensinterner Vorgang des auskunftspflichtigen Dritten nicht öffentlich zugänglich und daher auch nicht nachvollziehbar. Es kann in Bezug auf den Gegenstand des Auskunftsersuchens, insbesondere Mitgliedsname(n), Historie und über die oder das jeweilige eBay-Konto abgewickelte Umsätze lediglich festgehalten werden, dass es sich nicht um Primärdaten aus der Konzernrechnungslegung handelt. Denn Gegenstand der Auskunft sind nicht die eigenen Provisionsumsätze der Firma eBay, sondern die Sekundärdaten des Marktplatznutzers. Die über das eBay-Konto abgewickelten Umsätze des Online-Händlers bilden die Grundlage für den Provisionsanspruch der Firma eBay.
Hat das „Global Asset Protection Team“ die Daten zusammengestellt, erstellt es einen Link, welcher der Ermittlungsbehörde zur Verfügung gestellt wird. Sodann rechnet eine weitere Tochtergesellschaft, die in der Schweiz domizilierte eBay International AG ‒ ab 2018 wohl die eBay Marketplaces GmbH mit Sitz in Bern ‒, die Leistung des „Global Asset Protection Teams“ ab.
Der Ermittlungsbeamte, der das Auskunftsersuchen initiiert hat, erhält vom Absender eBay Inc. Global Asset Protection eine Benachrichtigung per E-Mail über die Datenbereitstellung. Dieser Link verweist auf eine Datei im Format „.exe“, beinhaltet einen sicheren Entschlüsselungscode und ist zusätzlich passwortgesichert. Der Link erlischt nach 45 Tagen und ist damit im weiteren Strafverfahren weder für die Verteidigung noch für das Gericht zugänglich. Der Abruf der Daten wird durch die Ermittlungsbehörde durchgeführt. Diese konvertiert den abgerufenen und entpackten Datensatz ‒ ursprünglich zumeist im CSV-Format ‒ in geeignete Formate, um diesen anhand der eigenen Software ‒ z.B. ZAUBER ‒ weiteren Prüfungen zu unterziehen.
PRAXISTIPP | Die Ermittlungsbehörde sollte Abrufzeitpunkt, Dateiname, Format und Originaldatei in der Ermittlungsakte ausdrücklich schriftlich vermerken, um die Verwertbarkeit der Auskunft im weiteren Steuerstrafverfahren abzusichern. Die Originaldatei sollte unbearbeitet zum Abrufzeitpunkt abgespeichert werden, damit diese dem Gericht, dem Sachverständigen oder der Verteidigung später zugänglich gemacht werden kann. Die weiteren Ermittlungsmaßnahmen zur steuerlichen Auswertung der Auskunft sollten anhand einer Kopie der Originaldatei durchgeführt werden. |
1.4 Auswertung der Auskunft
Die Datenauskunft wird dahingehend überprüft, ob alle eBay-Konten des Beschuldigten erfasst sind und welche Umsätze in welchen Währungen auf seinen eBay-Konten getätigt wurden. Häufig wird das Ergebnis dieser Prüfungen in Form des Ausdrucks einer die konkreten Ergebnisse der Ermittlungsarbeit zusammenfassenden Excel-Datei in die Papier-Ermittlungsakte übernommen. Dieser Ausdruck einer Excel-Datei steht dann auch dem Gericht und der Verteidigung im Rahmen der Akteneinsicht zur Verfügung.
PRAXISTIPP | Schon allein um eine eigene inhaltliche Aufarbeitung zu ermöglichen, sollte sich die Verteidigung nicht auf die Prüfung der „Papierzusammenfassung“ aus der Akte beschränken, sondern im Rahmen der Akteneinsicht verlangen, dass ihr die elektronischen Daten zur Verfügung gestellt werden. |
1.5 Akteneinsicht Datenauskunft
Der Beschuldigte hat keine Möglichkeit, die Auskunft beim „Global Asset Protection Team“ selbst einzuholen. Das „Global Asset Protection Team“ korrespondiert nur mit staatlichen Behörden. Dem häufig in Beweisnot stehenden Beschuldigten ‒ dessen mangelnde Dokumentation und fehlende Unterlagen gerade den Anlass für die laufenden Ermittlungsmaßnahmen gesetzt haben ‒, bleibt nur die Möglichkeit, mit seinem Accountmanager bei eBay Kontakt aufzunehmen und Informationen zum Verlauf des eBay-Kontos einzuholen. Das Ergebnis solcher Anfragen ist allerdings meist, dass nur kurze Zeit zurückliegende Daten verfügbar seien und Daten für die strafbefangenen Jahre gerade nicht mehr zur Verfügung gestellt werden können. Zwar hat der Händler die Möglichkeit, gestützt auf die vertragliche Nebenpflicht aus der Provisionsvereinbarung zwischen Händler und dem Marktplatz, zivilrechtlich Auskunftsklage zu erheben. Während des zeitintensiven Zivilverfahrens ruht das Strafverfahren aber nicht. Außerdem ist wegen der maßgeblichen Bedeutung der großen Marktplätze für den Online-Händler ein Zivilverfahren keine wirkliche Option. Es besteht daher keine realistische Alternative zur Akteneinsicht in die elektronischen Dateien im Strafverfahren, die spätestens im Hauptverfahren gewährt wird und dann auch durch den Angeklagten erzwungen werden kann.
Faktisch werden aber bei Akteneinsicht häufig nicht die Originaldateien zur Verfügung gestellt, sondern die bereits in ein Excel-Format konvertierten Dateien, anhand derer die Bearbeitungsschritte ‒ z.B. der isolierte Abgleich von Einzelmonatsdaten mit der Umsatzsteuervoranmeldung ‒ sogar teilweise nachvollzogen werden können. Die Dateien weisen als Ersteller das FA auf und liegen vom in den Dateieigenschaften dokumentierten Erstellungszeitpunkt manchmal deutlich nach dem Zeitpunkt, zu welchem der Link des „Global Asset Protection Teams“ erlischt.
2. „Datenauskunft“ ein geeignetes Beweismittel?
Die „Datenauskunft“ lässt sich nicht mit den traditionellen Kategorien der Beweismittel der StPO fassen. Elektronische Daten sind keine Schriftstücke, sind keiner Zeugenaussage oder Inaugenscheinnahme von Bildern und sonstigen Objekten zugänglich. Vor allem der naheliegende Weg, den Ersteller der Datenauskunft als Zeuge im Strafprozess zu vernehmen, ist praktisch immer ausgeschlossen, da das „Global Asset Protection Team“ von eBay konsequent namenlos auftritt. Gleiches gilt im Übrigen auch für das „Global Asset Protection Team“ des Zahlungsdienstleisters PayPal. PayPal gehörte bis 2015 zu eBay und hat in Bezug auf Auskünfte an Strafverfolgungsbehörden die bestehenden Strukturen auch nach der Abspaltung und selbstständigen Notiz des Unternehmens an der Börse beibehalten.
PRAXISTIPP | Strafverfolgungsbehörde, Gericht und Verteidigung können regelmäßig nicht nachvollziehen oder gar überprüfen, welche Daten für die Erstellung der Auskunft herangezogen wurden, von welcher Person mit welcher Qualifikation die Auskunft erstellt und verantwortet wurde oder ob die Datenauskunft im Geltungsbereich der StPO oder im Ausland gefertigt wurde. |
3. Mögliche Fehlerquellen
Gründe, warum der Inhalt der Auskunft von den tatsächlichen Umsätzen des Online-Händlers abweicht, gibt es viele.
3.1 Technische Fehlerquellen
Einfache Programmier- oder Anwendungsfehler können auf verschiedenen Stufen der Datenverarbeitung für die Erstellung und Weiterleitung der Auskunft auftreten. Der Datenübertragungsweg erfasst eine Vielzahl von Stationen ‒ Grunddaten des Konzerns zum „Global Asset Protection Team“, Linkabruf durch die Ermittlungsbehörde, unterschiedliche Bearbeiter in der Ermittlungsbehörde, Übertragung der Daten an das Festsetzungsfinanzamt und Übertragung der Daten im Rahmen der Akteneinsicht, jeweils mit eigenen Fehlerrisiken. Das unterscheidet die Datenauskunft wesentlich von den herkömmlichen Beweismitteln, bei denen diese intensive Fehleranfälligkeit nicht besteht, weil sie keinem Verarbeitungsprozess unterliegen.
3.2 Währung
Eine klassische Fehlerquelle ist der Ausweis der Währung. Es kommt bei den Datenauskünften immer noch vor, dass überhaupt keine Währung ausgewiesen ist. Da weder die Strafverfolgungsbehörde noch das Gericht die Möglichkeit haben, das „Global Asset Protection Team“ zu befragen, in welcher Währung der Ausweis erfolgte, muss zumindest in Bezug auf den US-Dollar der tatsächliche Ausweis in der Auskunft untersucht werden. Einzelne Accountmanager (außerhalb des „Global Asset Protection Teams“) haben bestätigt, dass Hauptwährung im Datenbestand des Konzerns der US-Dollar ist. Da die interne Datenquelle beim Marktplatzbetreiber keinem der Verfahrensbeteiligten am Strafprozess bekannt ist, kann es zu mehrfachen Konvertierungen gekommen sein, die in Bezug auf den Wechselkurs zumindest durch Gegenüberstellung von Näherungswerten überprüft werden müssten.
Bei Online-Handel über Landesgrenzen hinweg liegen Erlöse in unterschiedlichen Währungen vor, da der Endkunde immer in eigener Währung zahlen kann. Die Frage, welcher Wechselkurs in der Auskunft zugrunde gelegt wurde, kann gerade bei in den letzten Jahren hochvolatilen Währungen wie dem Schweizer Franken und dem britischen Pfund zu erheblichen Unterschieden bei der Höhe der Steuerverkürzung führen.
3.3 Retouren
Eine der typischen Fehlerquellen, die bei eBay-Datenauskünften fast immer anzutreffen ist, beruht auf dem Auseinanderfallen zwischen getätigten und den tatsächlich realisierten Umsätzen des Online-Händlers. Dies beruht auf der im Online-Handel gegenüber dem stationären Handel signifikant hohen Retourenquote. Sehr häufig unterlässt der Online-Händler die Rückabwicklung der bereits bei der Bestellung durch den Kunden anfallenden Umsatzprovision des Marktplatzes. Grund dafür, dass der Online-Händler nicht auf der Rückabwicklung der Provision durch den Marktplatz besteht, ist zum einen die relativ geringe absolute Höhe der Gebühr und zum anderen die Furcht des Online-Händlers vor nachteiligen Auswirkungen der Rückabwicklung der Provision auf seine „Bewertung“ beim Marktplatz oder vor anderen Repressionen. Da die Bewertung und die uneingeschränkte Zugänglichkeit des eBay-Kontos maßgeblich über den ökonomischen Erfolg des Online-Händlers entscheidet, wird meistens auf die Rückforderung der Provision vom Marktplatz verzichtet ‒ obwohl hierauf ein Anspruch besteht ‒ und die Differenz als Teil der Retourenproblematik vom Händler hingenommen.
Diese Handhabung in der Praxis wirft jedoch im auf die Datenauskunft gestützten Steuerstrafverfahren das Problem auf, dass die im Rahmen der Auskunft vermeldeten Umsätze einen erheblichen Umsatzanteil beinhalten, der tatsächlich rückabgewickelt wurde und daher gerade nicht als Grundlage für die Ermittlung des Verkürzungsbetrags eingerechnet werden darf. Die Datenauskunft kann naturgemäß nur die Informationen beinhalten, die eBay tatsächlich vorliegen. Die Retourenabwicklung findet aber ‒ weil sie nur die Einbindung der Logistikdienstleister und Zahlungsabwickler betrifft ‒ häufig außerhalb des Marktplatzes statt und kann dann nicht in der Datenauskunft umsatzmindernd berücksichtigt sein.
PRAXISTIPP | Der Beschuldigte hat regelmäßig Beweisnot für die Dokumentation der Retouren und tatsächlich häufig nur die Möglichkeit, anhand der Daten des Logistikers und dessen Rechnungen zu belegen, dass bestimmte einzelne Umsätze, die in der Datenauskunft als ausgeführt enthalten sind, tatsächlich nicht realisiert wurden, weil eine Retoure vorliegt. Gibt es gar keine Möglichkeit, konkrete Retouren zu beweisen, bleibt noch die Möglichkeit, auf Forschungsergebnisse beispielsweise der Universität Bamberg für einzelne Warengruppen zu Retourenquoten im Online-Handel zurückzugreifen (www.iww.de/s2981). Diese können ‒ z.B. bei Kleidung ‒ bis über 40 % des Gesamtumsatzes betragen und dürfen daher im Steuerstrafverfahren nicht außer Acht gelassen werden. Das Vorhandensein von Retouren kann nicht ernstlich negiert werden, daher besteht die Möglichkeit, diese unter „in dubio pro reo“-Gesichtspunkten anhand der Statistiken bei der Höhe der Steuerverkürzung zu berücksichtigen. |
3.4 Softwareeigenschaften
Allein die Eigenschaften des Excel-Programms eröffnen unzählige mögliche Fehlerquellen, die in Dateien, welche eine sechsstellige Anzahl an Zeilen aufweisen, zu immensen materiellen Auswirkungen führen können. Probleme ergeben sich insbesondere aus der Summenbildung und der Umwandlung von Dateiformaten (automatisierte Formatierung bei der Umwandlung von CSV-Dateien). Diese reichen in der Praxis bis hin zu Summenbildungen, bei welchen verschiedene Währungen schlicht aufaddiert werden. Jedem, der bereits Lebenszeit dem Auffinden der Differenz bei einer Kontrollsumme in einer Excel-Datei geopfert hat, sind die Fehlerursachen bekannt.
3.5 Analogie zu den GoBD
Dementsprechend sind Excel-Dateien ‒ als jederzeit veränderbare Datengrundlage ‒ auch nicht mehr GoBD-konform. Der tatsächliche Umgang mit der Datenauskunft des Marktplatzbetreibers erfüllt ziemlich exakt die Beispielsbeschreibung für unzulässige Vorgänge in den GoBD: „Elektronische Grundaufzeichnungen aus einem Kassen- oder Warenwirtschaftssystem werden über eine Datenschnittstelle in ein Officeprogramm exportiert, dort unprotokolliert editiert und anschließend über eine Datenschnittstelle reimportiert (BMF vom 14.11.14, IV A 4 - S 0316/13/10003, BStBl I 14, 1450, GoBD, Rn. 109). Die Excel-Datei, in welcher die Auskunft im Strafprozess vorliegt und die dann zur Grundlage einer Verurteilung wird, würde bereits die rein steuerrechtlichen Anforderungen nicht erfüllen, eine auf dieser Grundlage erstellte Buchführung wäre nach den Vorschriften der AO sicher zu verwerfen.
Die hieraus abzuleitende Konsequenz, dass dann erst recht die im Vergleich zum Steuerrecht höheren strafprozessualen Anforderungen an das Beweismaß nicht erfüllt sein können, lässt sich nur durch das Argument der Herkunft der Excel-Datei vermeiden. Dem Umstand, dass die Datei einer Drittauskunft entstammt, wobei der Dritte ‒ abgesehen von der Zeugenentschädigungsgebühr ‒ kein unmittelbares eigenes ökonomisches Interesse am Inhalt und der Richtigkeit der Auskunft hat, kommt in Bezug auf die Beweiswürdigung große Bedeutung zu. Insoweit erscheint es trotzdem noch sachgerecht, in Bezug auf Excel-Dateien mit zweierlei Maß zu messen.
Dieses Argument wird aber bei zukünftigen Steuerstrafverfahren mit Anwendung der Haftung des Marktplatzbetreibers für Umsatzsteuer ab 1.10.19 (Krain, PStR 17, 7 ff.) entwertet werden, denn dann kann keine Rede mehr davon sein, dass kein eigenes ökonomisches Interesse des Marktplatzbetreibers am Inhalt der Auskunft gegeben ist, weil er unter bestimmten Voraussetzungen für die geschuldete Umsatzsteuer des Online-Händlers aus den auf seiner Plattform abgewickelten Transaktionen selbst haftet.
4. Mindestanforderung § 32a StPO
Offen ist, ob die Entgegennahme der Auskünfte vom „Global Asset Protection Team“, die vorwiegend durch das Problem der faktischen Durchsetzung eines eigenen (zwangsweisen) Zugriffs der europäischen Strafverfolgungsbehörden auf die Daten der Marktplatzbetreiber veranlasst ist, letztlich revisionsfest Verurteilungen trägt. Der Umstand allein, dass die Datenauskunft namenlos ist und ihren Verfasser nicht erkennen lässt, macht eine ausschließlich auf die Datenauskunft gestützte strafrechtliche Verurteilung unhaltbar.
Mit Blick auf die kontinuierliche technische Entwicklung ist der Regelungsinhalt der StPO zum Umgang mit Daten dringend reformbedürftig. Für die Sonderfrage der Handhabung der Datenauskunft der Marktplatzbetreiber kann aber auf bereits bestehende Regelungen zurückgegriffen werden. Da es sich bei der Auskunft um eine gezielte und ausschließlich für die Zwecke der Strafverfolgung erstellte Kommunikation des Dritten handelt, bedarf es lediglich der Analogie zu § 32a StPO. Insoweit müssen nur die de lege lata geltenden Anforderungen für den elektronischen Rechtsverkehr zwischen den Parteien des Strafprozesses auf die von der E-Mail-Adresse „lawenforcement@…“ (strafverfolgung@…) versandten Datenauskunft des Marktplatzbetreibers übertragen werden.
Bei analoger Anwendung des § 32a StPO ist die Datenauskunft dann ein Dokument i.S. von § 32a Abs. 3 StPO, das schriftlich abzufassen, zu unterschreiben oder zu unterzeichnen ist. Es muss nach dieser Regelung als elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Diese Voraussetzungen können ohne Weiteres erfüllt werden und würden sicherstellen, dass Gerichte nicht auf der Grundlage namenloser Excel-Datensätze entscheiden müssen. Ohne wenigstens diese Mindestanforderungen zu erfüllen, kann die Datenauskunft des Marktplatzbetreibers kein taugliches Beweismittel im Steuerstrafverfahren sein.