Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Datenschutz

Diese Auswirkungen hat die DS-GVO auf Fotos und Videos Ihrer Kanzleihomepage

von RA Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen

| Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) und das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-2018) enthalten keine speziellen Regelungen für den Umgang mit Filmen, Videos und Fotos, auf denen Personen erkennbar sind. Der Beitrag klärt die Auswirkungen des neuen Datenschutzrechts auf die bisherige Rechtslage, wenn Sie Fotos im Internet ‒ z. B. auf der Kanzleihomepage ‒ verwenden. |

1. Fotos und Filme als personenbezogene Daten

Fotos, Video- und Filmaufnahmen sind personenbezogene Daten der abgebildeten Personen, so lange sie noch erkennbar und als eine bestimmte Person identifizierbar erfasst werden. Das gilt bereits, wenn der Rückschluss auf eine Person möglich bleibt, wenn auch mit Rechercheaufwand oder als Ergebnis eines Gedankenprozesses (Art. 4 Nr. 1 DS-GVO; vgl. zum bisherigen Recht bereits: LG Hamburg 20.10.06, 324 O 922/05 ‒ Erkennbarkeit an Kopfform, Ohren, Frisur, Kleidung, Körperhaltung; AG München 15.6.12, 158 C 28716/11 ‒ Erkennbarkeit einer Person an ihren Schuhen).

 

Beachten Sie | Schon das Anfertigen der Aufnahme ist datenschutzrechtlich bedeutsam. Es muss nicht erst zu einer Veröffentlichung kommen.

 

Der Begriff der Datenverarbeitung nach neuem Recht ist weiter gefasst (vgl. Art. 4 Nr. 2 DS-GVO). Hier kommt vor allem das Erheben durch Anfertigen der Aufnahme, Speichern, Verändern und Verbreiten als Form der Datenverarbeitung infrage. Für das Verbreiten macht es keinen Unterschied, ob das Bild in einem begrenzt zugänglichen Intranet oder im öffentlichen Internet sichtbar wird.

2. Rechtfertigungsgründe

DS-GVO und BDSG-2018 behalten das Prinzip bei, nach dem eine Verarbeitung personenbezogener Daten Dritter verboten ist, es sei denn, sie ist ausdrücklich durch einen Rechtsgrund getragen (Art. 5 Abs. 1a, 6 DS-GVO). Schon damit zeigt die DS-GVO, dass sie den Schutz personenbezogener Daten nicht absolut ausgestaltet. Erwägungsgrad 4 zur DS-GVO veranschaulicht, dass der Datenschutz unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss.

 

a) Gesetzliche Rechtspflicht (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe c) DS-GVO)?

Dieser Rechtfertigungsgrund scheidet von vornherein aus. Denn eine gesetzliche Pflicht zur bildhaften Illustration gibt es nicht.

 

b) Erfüllung eines Vertrags (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe b) DS-GVO)?

Ein Angestelltenvertrag kann auch ohne veröffentlichte Abbildungen des Arbeitnehmers erfüllt werden. Der Angestellte muss dafür nicht abgebildet werden. Zudem gilt für die arbeitsrechtlichen Bereiche ein besonderer Beschäftigtendatenschutz (Art. 88 DS-GVO, § 26 BDSG-2018). Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass diese Bereiche datenschutzrechtlich besonders sensibel zu behandeln und etwaige Rechtfertigungsgründe einengend zu verstehen, auszulegen und anzuwenden sind.

 

c) Berechtigte Interessen (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DS-GVO)?

Allerdings kann ein berechtigtes Interesse bestehen, Bildnisse von Personen, beweglichen oder unbeweglichen Sachen im Internet zu zeigen. Dazu muss abgewogen werden zwischen den Interessen des Datenverantwortlichen an der Veröffentlichung von Bildern und Filmen und den Interessen der abgebildeten Personen, die Veröffentlichung zu unterlassen.

 

In die Wertung einzubeziehen sind dabei sicherlich auch die bislang geltenden gesetzlichen Kautelen zum Persönlichkeitsschutz und auch zu Urheber- und sonstigen Nutzungs- oder Lizenzrechten an den Bildern. Grob gesagt muss unterschieden werden zwischen

  • dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person, bzw. dem Eigentumsrecht an abgebildeten mobilen Sachen oder an Immobilien,
  • dem Urheber- und Nutzungsrecht der Person, die Bild oder Film geschaffen hat, und der
  • Lizenzberechtigung zur Veröffentlichung aller Personen, die als Webseitenbetreiber nicht selbst Urheber des Bild- oder Filmwerks sind.

 

Zu den wesentlichen Parametern zählen die folgenden Punkte:

 

aa) KunstUrhG und allgemeines Persönlichkeitsrecht

Zu beachten sind weiterhin das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KunstUrhG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, als Rechtsgrundsatz entwickelt aus § 823 Abs. 1 BGB.

 

Nach der hier vertretenen Ansicht wird das KunstUrhG durch das neue Datenschutzrecht nicht verdrängt oder auch nur modifiziert. Vielmehr erkennt Art. 85 Abs. 1 DS-GVO das Kunsturhebergesetz Deutschlands ausdrücklich an. Denn die Vorschrift eröffnet den Mitgliedstaaten der EU Gestaltungsspielräume beim Ausgleich zwischen dem Datenschutz und der Meinungs- und Informationsfreiheit. Diese Gestaltungsspielräume hat Deutschland durch das zitierte Gesetz bereits ausgefüllt.

 

§ 22 KunstUrhG verbietet, Bilder ohne Einwilligung des Abgebildeten zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen. Erhält die abgebildete Person dafür ein Entgelt, unterstellt das Gesetz im Zweifel, dass eingewilligt wurde. Der Schutz ist postmortal (§ 22 S. 3 und 4 KunstUrhG): Bis zum Ablauf von 10 Jahren nach dem Tod der abgebildeten Person ist die Einwilligung ihrer Angehörigen notwendig. Infrage kommen etwa der überlebende Ehegatte, Lebenspartner oder die Kinder, nachrangig die Eltern der verstorbenen Person.

 

Ergänzend regelt § 23 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KunstUrhG die Ausnahmen von der Notwendigkeit einer vorab erteilten Einwilligung in folgenden Fällen. Die Ausnahmen greifen nicht, wenn dadurch ein berechtigtes Interesse der gezeigten Person verletzt wird (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG):

 

  • Bilder von Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (Nr. 1),
  • Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten zu sehen sind (Nr. 2),
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben (Nr. 3),
  • Bilder, deren Verbreitung einem höheren Interesse der Kunst dient, wenn sie nicht auf Bestellung angefertigt worden sind (Nr. 4).

 

Beachten Sie | Näheres zu den Voraussetzungen und zur Widerrufbarkeit einer Einwilligung folgt aus § 183 S. 1 BGB und jetzt auch aus Art. 7 Abs. 3 DS-GVO.

 

Einzelheiten zur Einwilligung aus den Vorschriften zum Persönlichkeitsschutz sollen an den folgenden Beispielen präzisiert werden:

 

  • Beispiele
  • Mitarbeiterfotos
  • Ergänzend zu den beschriebenen Voraussetzungen einer Einwilligung gilt jetzt § 26 BDSG-2018 mit recht komplexem Inhalt. Schon nach bisherigem Arbeitsrecht musste die Einwilligung schriftlich vorliegen (BAG NJW 15, 2140). Ergänzend treten die umfangreichen Formalien des neuen Datenschutzrechts hinzu (Art. 6 Abs. 1a, 7 DS-GVO, § 26 BDSG-2018).
  •  
  • Der Kreis der Datenschutzbeauftragten der Länder vertritt die Ansicht, arbeitsrechtlich könne es keine wirksame Einwilligung geben. Denn nach den Vorgaben des neuen Datenschutzrechts müsse sie ausdrücklich freiwillig erfolgen. Das scheide aufgrund der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers denknotwendig aus. Konsequenz ist, dass die Einwilligung als Rechtfertigungsgrund zur Veröffentlichung und Verbreitung von Mitarbeiterfotos im Internet ausscheiden muss. In Betracht kann dann nur noch ein ausnahmsweise anzunehmendes berechtigtes Interesse kommen.
  •  
  • Kanzleiräume/Kanzleievents und Meetings
  • Werden Personen mit klarem Bezug zum Kanzleievent oder zu öffentlichen Meetings gezeigt, ist keine Einwilligung notwendig (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 KunstUrhG). Erkennbare Personen erscheinen dann nur als „Beiwerk“. Das gilt aber nur, soweit der Bezug zur öffentlichen Veranstaltung klar zu erkennen ist. Fotos aber nur eines einzelnen Teilnehmers ohne klaren Veranstaltungsbezug erfordern eine persönliche Einwilligung. Die Grenze liegt im berechtigten Interesse der abgebildeten Person, nicht fotografiert und ‒ wenn fotografiert ‒, nicht veröffentlicht zu werden (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG). Die Herleitung dieses berechtigten Interesses erfordert wieder eine vorherige Abwägung erkennbarer widerstreitender Interessen. Fotos öffentlicher Veranstaltungen dürfen also im Ergebnis ebenfalls nicht unbeschränkt verwendet werden.
  •  
  • Streetfotografie einschl. Dashcams
  • Foto-, Video- und Filmaufnahmen von Menschen ohne oder sogar gegen deren Einwilligung im öffentlichen Raum sind aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes mangels erklärter Einwilligung in aller Regel unzulässig. Das neue Datenschutzrecht ändert daran nichts.
 

bb) Urheber- und Nutzungsrechte

Nur dem Urheber eines Fotos, Videos oder Films steht ausschließlich das Recht auf eine öffentliche Zugänglichmachung, d. h. auf eine Verbreitung und Veröffentlichung zu (§ 72 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG; dazu BGH NJW-RR 10, 1276). Wer eine solche Handlung ohne übertragenes Nutzungsrecht (Lizenz) vornimmt, handelt urheberrechtswidrig. Er macht sich schadenersatzpflichtig (§ 97 Abs. 2 UrhG). Achten Sie also unbedingt darauf, urheberrechtlich bedenkenfrei zu handeln.

 

  • Beispiele
  • Presse- und Agenturfotos
  • Wer auf seinen Internetseiten Pressefotos oder Fotos von Agenturen, von Foto-CDs etc. nutzt, muss darauf achten, dass dies zulässig lizenziert geschieht. Nur wer durch Lizenz die Nutzungsrechte vom Urheber erworben hat, handelt mit der Verbreitung entsprechender Aufnahmen zulässig. Andernfalls verpflichtet eine begangene Urheberrechtsverletzung zum Schadenersatz (§ 97 UrhG). Das gilt für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln.
  •  
  • Elektronischer Pressespiegel
  • Bisweilen arbeiten Kanzleien vor allem aus werblichen Gründen eng mit den Medien zusammen, z. B. bei der Berichterstattung über (gewonnene) Verfahren oder sonstigen Aktivitäten in der Kanzlei. Verbreitet ist auch eine periodische Verbraucherinformation. Urheberrechtlich zulässig, weil privilegiert, sind solche Pressespiegel zumindest, wenn sie nach Funktion und Nutzungspotenzial noch im Wesentlichen einem herkömmlichen Pressespiegel entsprechen (§ 49 Abs. 1 S. 1 UrhG; BGH NJW 02, 3393). Allerdings ist die Weitergabe und Verbreitung selbstbezogener und bereits gefertigter Pressespiegel auf Internetseiten u. a. urheberrechtlich von der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Urhebers abhängig und ohne eine solche Zustimmung unzulässig. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Ersteller des Pressespiegels selbst alle Rechte daran auf weitere Verbreitung und Veröffentlichung, Weitergabe u. A. vorbehalten hat (§ 49 Abs. 1 S. 1, letzter Halbs. UrhG).
 

d) Einwilligung des Betroffenen (Art. 6 Abs. 1 a), 7 DS-GVO; „model release“)

Um den Vorschriften zum Persönlichkeitsschutz Rechnung zu tragen, aber auch um die notwendige lückenlose Kette übertragener Urheber-, Nutzungs- und Lizenzrechte zu dokumentieren und im Streitfall valide darstellen zu können, sollten Fotograf und endgültiger Datenverantwortlicher als Betreiber der Internet-Website die Einwilligung des abgebildeten Betroffenen zur Verbreitung einholen. Das neue Datenschutzrecht stützt sich auf die bisher geübte Praxis einer vorher eingeholten Einwilligung des Betroffenen (Art. 6 Abs. 1a, 7 DS-GVO). Diese Einwilligung, „model release“ genannt, unterliegt nach neuem Datenschutzrecht weiteren Voraussetzungen; einmal für den Bereich volljähriger Personen (Art. 6 Abs. 1 Buchstabe a, 7 DS-GVO) und besonders für minderjährige Personen (Art. 8 DS-GVO), wie z. B. für Auszubildende. Bei Minderjährigen sind die eigene Einwilligung der abgebildeten Person und die Einwilligung(en) des oder der Personensorgeberechtigten notwendig.

 

In jedem Fall muss die Einwilligung jederzeit freiwillig und frei widerrufbar ausgestaltet sein. Anderenfalls ist sie nach den aufgegebenen Kautelen des neuen Datenschutzrechts schon deshalb unwirksam (vgl. Art. 6 Abs. 1, 7 Abs. 3 und 4 DS-GVO). Weil der Datenverantwortliche nachweis- und rechenschaftspflichtig ist, sollte die Einwilligung sauber und abrufbar dokumentiert werden (Art. 7 Abs. 1 DS-GVO). Bisherige model-release-Verträge müssen unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes angepasst werden.

Quelle: Seite 6 | ID 45390411