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· Fachbeitrag · Der praktische Fall

Der Schuldner als Alltagsbetreuer

| Der Schuldner ist als sog. „Alltagsbetreuer“ selbstständig für hilfsbedürftige Menschen tätig. Er erhält Gutschriften von diversen Krankenkassen. Der Gläubiger hatte daraufhin Forderungen des Schuldners gegen die AOK als Drittschuldnerin gepfändet. Diese teilt mit, eine Pfändung sei nicht möglich, weil der Schuldner als Leistungserbringer für zusätzliche Betreuungsleistungen vom Kommunalen Sozialverband zugelassen sei und die Betreuungsleistung direkt mit den Versicherten abgerechnet werden würde. Zu Recht? |

1. Entlastungsbetrag

Es ist Folgendes zu beachten: Pflegebedürftige in häuslicher Pflege und u. U. auch im Pflegeheim haben Anspruch auf einen sog. Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 EUR monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende (vgl. § 45b Abs. 1 S. 2 SGB XI). Der Entlastungsbetrag dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen bei Inanspruchnahme von Leistungen derTages- oder Nachtpflege, Kurzzeitpflege oder zugelassenen ambulanten Pflegedienste. Es handelt sich um einen Anspruch auf Kostenerstattung.

2. Vollstreckungsalternativen

Es können folgende Vollstreckungsalternativen auftreten:

 

a) Schuldner hat Anspruch gegen Pflegebedürftigen: Pfändbarkeit gegeben

Der Entlastungsbetrag wird nicht bar ausgezahlt. Der Pflegebedürftige muss in Vorleistung gehen. Damit die Kosten erstattet werden, muss er Rechnungen der in Anspruch genommen Leistungen bei seiner Pflegekasse einreichen. Insofern hat der Schuldner als sog. Leistungsanbieter einen Anspruch gegen den Versicherten. Eine Zweckgebundenheit der Leistung (§ 45b Abs. 1 S. 2 SGB XI) besteht nicht. Sie besteht nur im Verhältnis des Pflegebedürftigen zur Pflegekasse.

 

 

b) Schuldner hat Anspruch gegen Pflegekasse: Pfändbarkeit gegeben

Da das unter a) beschriebene Prozedere vor allem ältere Versicherte überfordert, hat es sich in der Praxis durchgesetzt, dass sich die Pflegedienste (Schuldner) eine Abtretungserklärung unterschreiben lassen. Die Pflegekasse (Drittschuldner) kann direkt mit dem Schuldner abrechnen. Die betreuten Versicherten reichen daher ihre Rechnung bei ihrer Pflegekasse ein und diese überweist den Betrag an den Schuldner.

 

MERKE | Auch bei einer Pfändung des Gläubigers an der Quelle, also bei der Pflegekasse, ist eine Pfändbarkeit möglich.

 

 

 

c) Schuldner hat Anspruch gegen Bank

Etwas anders zu beurteilen ist die Situation jedoch, wenn der Entlastungsbetrag dem Konto des Schuldners gutgeschrieben wird und der Gläubiger beim Kreditinstitut pfändet (Anspruch D).

 

In diesem Fall gilt:

 

  • Hat der Schuldner kein P-Konto, ist er schutzlos. Sämtliche auf dem Konto gutgeschriebenen Gelder sind an den Gläubiger auszukehren.

 

  • Hat der Schuldner ein P-Konto und liegt der gutgeschriebene Entlastungsbetrag unterhalb des monatlichen Freibetrags von 1.177,99 EUR (§ 850k Abs. 1 ZPO), besteht Unpfändbarkeit.

 

MERKE | Wird dieser Betrag allerdings überschritten, ist der überschreitende Betrag an den Gläubiger abzuführen. Um dies zu verhindern, muss der Schuldner gegenüber dem Vollstreckungsgericht tätig werden und einen Antrag nach § 850k Abs. 4 ZPO stellen, den Pfändungsfreibetrag zu erhöhen.

 

 

 

 

Weiterführende Hinweise

  • Pfändung von Sozialleistungen: Das müssen Sie wissen, VE 18, 118
  • Sind Rentenansprüche unter „Anspruch B“ einzutragen?, VE 15, 150
Quelle: Seite 119 | ID 45933113