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· Fachbeitrag · Destinatär

Leistungen an Destinatäre der Stiftung ‒ auf die richtige Gestaltung achten

von Rechtsanwältin Tina Bieniek, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg

| Bei der Frage, wem die Leistungen einer Stiftung zufließen sollen, ist der Stifterwillen von erheblicher Bedeutung. Nach ihm richtet sich, wer Begünstigter (sog. Destinatär) ist und ob bzw. in welchem Umfang dieser Anspruch auf Stiftungsleistungen hat. Die Gestaltung der Satzungsregelungen zum Destinatär ist damit für jede (rechtsfähige wie nichtrechtsfähige) Stiftung von grundlegender Bedeutung. SB erläutert nachfolgend, worauf es in der Praxis ankommt bzw. worauf zu achten ist. |

Begriff und Auswahl des Stiftungsdestinatärs

Der Begriff des Stiftungsdestinatärs ist gesetzlich nicht geregelt; eine Regelung ist auch bei der kommenden Stiftungsrechtsreform nicht geplant. Allgemein versteht man als Stiftungsdestinatäre die natürlichen und juristischen Personen, die in der Stiftungssatzung als Begünstigte bzw. Bezugsberechtigte der Stiftungsleistungen genannt sind.

 

Dem Stifter kommt dabei eine große Gestaltungsfreiheit zugute. Er kann einzelne Personen oder klar abgegrenzte Personenkreise (z. B. die Mitglieder einer Familie) ebenso zu Destinatären bestimmen wie einen Ausschnitt aus der Allgemeinheit (z. B. Studenten, Kinder). Im letzteren Fall entscheiden regelmäßig die Stiftungsorgane darüber, welche Personen am Ende die Stiftungsleistungen erhalten.

 

In seiner Entscheidung über den Kreis der Destinatäre ist der Stifter inhaltlich weitgehend frei. Die Entscheidung darf natürlich nicht sittenwidrig sein oder das Gemeinwohl gefährden; meist ist dann zugleich der Stiftungszweck unzulässig. Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, geht die Stifterautonomie jedoch weit und erlaubt sogar Ungleichbehandlungen bei der Destinatärsauswahl (z. B. durch die Bevorzugung eines bestimmten Geschlechts).

Stiftungsleistungen an Destinatäre

In den meisten Fällen sind die den Destinatären zukommenden Stiftungsleistungen Geldleistungen (z. B. in Form von Stipendien, monatlichen Renten). Denkbar ist es jedoch auch, dass Sachleistungen (z. B. Wohnraum, Lehrmaterialen, Instrumente) zugewandt werden.

(Klagbarer) Anspruch des Destinatärs?

In der Praxis stellt sich die Frage, ob den Destinatären ein (klagbarer) Anspruch auf die Stiftungsleistungen zusteht. Das hängt davon ab, was der Stifter in der Stiftungsurkunde oder Stiftungssatzung angeordnet hat (BGH, Urteil vom 22.01.1987, Az. III ZR 26/85, Abruf-Nr. 220604; BGH, Urteil vom 15.12.2016, Az. I ZR 63/15, Abruf-Nr. 190789).

 

Standardfall: Kein Anspruch des Destinatärs auf Leistungen

Im Normalfall haben die Destinatäre keinen Anspruch auf Stiftungsleistungen. Denn der Stifter hat häufig ‒ gerade bei größeren Destinatärskreisen ‒ kein Interesse daran, dass die Destinatäre von der Stiftung Leistungen verlangen oder einklagen können.

 

Räumt hier die Stiftungssatzung einem Stiftungsorgan oder auch einem Dritten die Befugnis ein, die Stiftungsdestinatäre aus einem in der Satzung näher umschriebenen Kreis von Personen auszuwählen, steht den Destinatären kein klagbarer Anspruch auf Stiftungsleistungen zu (BGH, Urteil vom 15.12.2016, Az. I ZR 63/15, Abruf-Nr. 191553). Aus dem vorgegebenen Kreis von Destinatären kann das Stiftungsorgan oder der Dritte die geförderten Personen und Projekte im Einzelfall auswählen. Ihnen steht dafür ein Beurteilungs- und Ermessenspielraum im Rahmen der Vorgaben des Stifters (z. B. durch Vorgabe bestimmter Förderrichtlinien) zu. Die entsprechend ausgewählten Personen haben erst einen Leistungsanspruch gegen die Stiftung, wenn ihnen Stiftungsmittel verbindlich zugesagt wurden.

 

PRAXISTIPP | In der Stiftungssatzung sollte klargestellt werden, dass der Kreis der Stiftungsdestinatäre nicht festgelegt, sondern deren Auswahl dem Vorstand oder einem Dritten überlassen ist und dass Leistungsansprüche der Destinatäre bis zur verbindlichen Zusage durch die Stiftung ausgeschlossen sind.

 

Ausnahmefall: Anspruch auf Stiftungsleistungen in der Satzung

Der Stifter kann Destinatären natürlich auch kraft seiner Stifterautonomie einen Leistungsanspruch in der Satzung einräumen. Hiervon machen insbesondere ‒ aber nicht nur ‒ Familienstiftungen Gebrauch.

 

Ein Leistungsanspruch kann den Destinatären zum einen ausdrücklich eingeräumt werden („Die Stiftung vergibt Stipendien an X und Y, die einen Anspruch auf diese Stiftungsleistungen haben“). Daneben kann sich ein Anspruch der Destinatäre jedoch auch ohne ausdrückliche Regelung aus der Satzung ergeben. Das gilt vor allem, wenn der Kreis der Destinatäre nach objektiven Kriterien bestimmt ist, den Stiftungsorganen kein Entscheidungsspielraum hinsichtlich der geförderten Personen verleibt und der Leistungsumfang zumindest bestimmbar ist.

 

PRAXISTIPP | Bei der Satzungsgestaltung ist vor diesem Hintergrund Sorgfalt geboten: Je konkreter der Destinatärskreis und die Stiftungsleistungen bestimmt sind, desto eher stellt sich die Frage nach einem Leistungsanspruch. Möchte der Stifter einen solchen Anspruch nicht gewähren, sollte er dies in solchen Fällen unbedingt in der Satzung klarstellen.

 

Soll nach dem Willen des Stifters ein satzungsmäßiger Leistungsanspruch der Destinatäre begründet werden, ist dies mit Blick auf die künftige Entwicklung der Stiftung ein Balanceakt. Problematisch sind gerade betragsmäßige Festlegungen („X erhält ein monatliches Stipendium von 1.000 Euro“). Denn die künftige Entwicklung und Ertragslage der Stiftung ist nicht vorhersehbar und der Leistungsanspruch der Destinatäre sollte nie dazu führen, dass der Bestand der Stiftung gefährdet sein könnte.

 

PRAXISTIPP | Bei Einräumung eines satzungsmäßigen Leistungsanspruchs sollte beim Umfang der Stiftungsleistungen auf Flexibilität geachtet werden. Statt auf einen festen Förderbetrag kann man für die Höhe der Förderleistungen z. B. auf einen prozentualen Anteil an den Stiftungserträgen abstellen.

 

Durch die Einräumung eines Leistungsanspruchs wird der Destinatär zum wirtschaftlich Berechtigten der Stiftung (§ 3 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GwG). Das ist bedeutsam, wenn ein Kreditinstitut im Rahmen des „Know-your-customer-Checks“ die wirtschaftlich Berechtigten abfragt oder wenn es um die (für rechtsfähige Stiftungen zwingende) Meldung an das Transparenzregister geht (mehr dazu SB 12/2020, Seite 12, Abruf-Nr. 47039048).

Vice versa: Ansprüche der Stiftung gegen die Destinatäre

Destinatäre, die Stiftungsleistungen erhalten, müssen diese bestimmungsgemäß verwenden. Hat die Stiftung bei Weiterleitung der Stiftungsmittel an die Destinatäre eine klare Vorstellung dazu, wie die Mittel verwendet werden sollen (z. B. für ein bestimmtes Projekt) oder unter welchen Voraussetzungen diese gewährt werden (z. B. Stipendien für exzellente Studienleistungen), sollte sie auf eine eindeutige Kommunikation gegenüber dem Destinatär achten. Verwenden die Destinatäre die Stiftungsmittel entgegen der Vorgaben, stehen der Stiftung ggf. Rückforderungs- oder Schadenersatzansprüche gegen die Destinatäre zu.

Besonderheiten bei gemeinnützigen Stiftungen

Bei gemeinnützigen Stiftungen gelten weitere Einschränkungen für Leistungen an Destinatäre.

 

Eine Einschränkung gilt für die Bestimmung des geförderten Personenkreises. Ist der Personenkreis zu eng (z. B. Unterstützung nur einer Familie oder der Mitarbeiter nur eines Unternehmens), fehlt es an einer Förderung der Allgemeinheit. Denn diese ist nach § 52 AO grundlegende Voraussetzung für die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke (und damit für die Steuerbegünstigung). Es kann in diesen Fällen sein, dass eine Steuerbegünstigung von vornherein nicht gewährt oder nachträglich entzogen wird.

 

Auch Leistungen an den Stifter selbst oder seine Angehörigen sind unter gemeinnützigkeitsrechtlichen Aspekten, vor allem mit Blick auf das Erfordernis der Selbstlosigkeit (§ 55 AO), aufmerksam zu prüfen. Denn eine gemeinnützige Stiftung soll nach dem gesetzlichen Leitgedanken nicht eigenwirtschaftlich sein. Selbstlosigkeit schließt Leistungen an den Stifter und seine Angehörigen zwar nicht per se aus; hierfür bedarf es aber eines sachlichen Grundes.

 

  • Beispiele für einen sachlichen Grund
  • Das Gemeinnützigkeitsrecht lässt die Zahlung von Vergütungen an Angehörige der Stifterfamilie zu, wenn diese als Vorstand, Angestellte etc. für die Stiftung tätig sind. Dies ist allerdings nur zulässig, wenn die Zahlung einer Vergütung in der Satzung zugelassen und der gezahlte Betrag für die erbrachte Arbeit angemessen ist (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO).
  • Die Stiftung kann daneben das Andenken des Stifters und seiner nächsten Angehörigen ehren und deren Gräber pflegen, ohne dass hierdurch die Gemeinnützigkeit entfällt (§ 58 Nr. 6 AO).
  • Ausnahmsweise kommen Leistungen an den Stifter oder seine Angehörigen ferner in Betracht, wenn damit der gemeinnützige Zweck unmittelbar verfolgt wird, z. B. weil die gewährten Stiftungsmittel vom Stifter oder seinen Angehörigen für ein gemeinnütziges Projekt verwendet werden.
 

Wichtig | Bei Leistungen gemeinnütziger Stiftungen an den Stifter oder seine Angehörigen bedarf es stets größter Sorgfalt und einer genauen Prüfung des Hintergrunds dieser Leistungen.

Sonderfall: Familienstiftung

Bei Familienstiftungen stellt sich die Frage nach dem Empfänger von Stiftungsleistungen im besonderen Maße. Dabei ist der Begriff der „Familienstiftung“ gesetzlich nicht einheitlich geregelt. Abhängig vom Kontext (Landesstiftungsgesetze, Erbschaftssteuerrecht, Außensteuerrecht etc.) sind die Einzelheiten (ausschließliche oder überwiegende Förderung einer oder mehrerer Familien, immaterielle Förderung etc.) umstritten.

 

Einigkeit besteht darin, dass eine Familienstiftung keine eigenständige Rechtsform, sondern eine besonders auf einen familiären Kreis ausgerichtete rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Stiftung ist. Ein Grund für die Errichtung von Familienstiftungen ist neben steuerlichen Erwägungen häufig der Wunsch des Stifters, das Familienvermögen (auch in Form eines Familienunternehmens) langfristig als Einheit zu bewahren. Gleichzeitig bietet die Familienstiftung die Möglichkeit, aus dem Familienvermögen heraus die Familienmitglieder zu fördern und zu unterstützen. Wegen dieses privaten Bezugs ist in den meisten Landesstiftungsgesetzen für Familienstiftungen eine Einschränkung der Stiftungsaufsicht vorgesehen.

 

PRAXISTIPPS | Auch bei der Familienstiftung stellt sich die Frage nach einer sorgfältigen Satzungsgestaltung und klaren Regelungen. Entscheidend ist auch hier der Stifterwille.

  • Der Stifter muss zunächst entscheiden, wer als „Familie“ definiert und gefördert wird. Ihm steht ein Gestaltungsfreiraum zur Verfügung, der es ihm erlaubt, kleinere Familiengruppen (a„… der Stifter und seine direkten Abkömmlinge…“) bis hin zu mehreren Familien („... alle Mitglieder der Familien X und Y ...“) zu fördern. Der Stifter kann auch innerhalb einer Familie unterscheiden, beispielsweise wenn es um Ausbildungsstipendien geht („... alle Familienmitglieder bis zum Erreichen des 25. Lebensjahrs ...“).
  • Der Stifter sollte sich auch entscheiden, was passiert, wenn sich der Destinatärskreis über Generationen hinweg erheblich vergrößert oder verkleinert. Z. B. indem die Möglichkeit vorgesehen wird, durch Satzungsänderung die Satzungszwecke entsprechend anzupassen oder einen zunächst gewährten Leistungsanspruch bei einer Vergrößerung des Begünstigtenkreises einzuschränken. Der Stifter kann auch vorsehen, dass neben die Förderung der Familie auch die Förderung sonstiger Zwecke tritt, z. B. in Kombination mit einer gemeinnützigen Stiftung als sog. Doppelstiftung.
  • Der Stifter sollte daneben bedenken, ob und welche Vorgaben seinerseits zur Vermögensverwendung und Vermögensverwaltung sinnvoll sind.
    • Vor allem, wenn Unternehmensbeteiligungen Teil des Stiftungsvermögens sind, möchte er vielleicht eine Unternehmensveräußerung verhindern oder jedenfalls von strengen Voraussetzungen abhängig machen.
    • Hinsichtlich der Vermögensverwendung kann dem Stifter zudem daran gelegen sein, bestimmte Vorgaben zu machen. Das gilt zum einen für die Art der Familienunterstützung (z. B. monatliche Unterstützungszahlungen, Ausbildungsstipendien, mietfreies Wohnen), zum anderen für die Voraussetzungen, unter denen die Stiftungsleistungen gewährt werden (z. B. Bedürftigkeit, besonderes Leistungsniveau, Vorgaben in Förderrichtlinien).
    • Auch die Frage, ob das Vermögen verbraucht oder die Förderung nur aus Stiftungserträgen erfolgen soll, muss der Stifter regeln.
  • Zuletzt empfiehlt sich eine klare Festlegung, ob und in welchem Umfang die Familienmitglieder einen einklagbaren Anspruch auf die Stiftungsleistungen haben.
 

Sonstige Rechte für Stiftungsdestinatäre

Steht Stiftungsdestinatären ein Leistungsanspruch zu, folgt hieraus ein allgemeiner Auskunftsanspruch gegen die Stiftung (§ 242 BGB). Wer berechtigt ist, die Zahlung bestimmter Stiftungsleistungen zu verlangen, kann also die dafür erforderlichen Informationen verlangen, z. B. über die Höhe der verfügbaren Stiftungsmittel.

 

Abgesehen davon haben die Destinatäre einer Stiftung keine gesetzlichen Mitwirkungsrechte. Der Stifter kann ihnen jedoch solche Rechte, z. B. Bestellungs- oder Vorschlagsrechte für Stiftungsorgane, Informationsrechte, Aufsichts- und Kontrollrechte, durch die Satzung einräumen. Es kann auch als fakultatives Stiftungsorgan eine Destinatärsversammlung mit entsprechenden Rechten vorgesehen werden. Ungeachtet dessen mehren sich in den vergangenen Jahren die Stimmen, die eine satzungsunabhängige Ausweitung der Destinatärsrechte (z. B. durch Schaffung eines einklagbaren Anspruchs der Destinatäre auf eine ordnungsgemäße Stiftungsverwaltung) fordern.

 

FAZIT | Der Stifter entscheidet in nahezu unbegrenzter Autonomie darüber, wer Begünstigter seiner Stiftung ist. Die Leistungen an die Destinatäre prägen das Bild der Stiftung und die gesamte Stiftungsarbeit. Jeder Stifter ‒ egal, ob er eine gemeinnützige oder familiennützige Stiftung errichtet ‒ sollte deswegen die entsprechenden Satzungsregelungen mit Ruhe und Sorgfalt gestalten, um seinem Stifterwillen langfristig Bestand zu verschaffen.

 
Quelle: Seite 76 | ID 47131868