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· Fachbeitrag · Dokumentation, Teil 1

Dokumentationen in der Apotheke nach der ApBetrO: Rezeptur, Defektur, Apothekenbetrieb

von Apothekerin Dr. Constanze Schäfer MHA, Düsseldorf

| In der Apotheke ist eine Vielzahl an Dokumentationen vorgeschrieben, z. B. nach der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), dem Medizinprodukte-, Gefahrstoff- und dem Betäubungsmittelrecht. AH stellt diese in einer Beitragsserie vor. Dieser Beitrag befasst sich mit den Vorgaben der ApBetrO, angefangen bei der Dokumentation der Prüfung von Ausgangsstoffen und Defekturen über die Herstellung von Rezepturarzneimitteln bis hin zu stichprobenartigen Prüfungen. |

Grundlegendes zu Rezeptur, Defektur und Apothekenbetrieb

In allen Apotheken, unabhängig davon, ob es sich um eine Haupt- oder Filialapotheke handelt, muss die Möglichkeit bestehen, jederzeit eine Rezeptur herstellen zu können. Eine Grundvoraussetzung für die Herstellung von Rezepturen und Defekturen ist die Einhaltung der in der ApBetrO vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen (§ 4a ApBetrO). Im Bereich der Herstellung von Rezepturen und Defekturen sind sowohl Maßnahmen der Flächen- und Geräte- als auch der Hautdesinfektion zu berücksichtigen. Die Erfüllung dieser Maßnahmen muss im Rahmen der Anforderungen durch das Qualitätsmanagementsystem (QMS) der Apotheke dokumentiert werden.

 

Neben den für die Rezeptur erwähnten Hygienemaßnahmen fallen im Rahmen des normalen Apothekenbetriebs zahlreiche weitere an (z. B. das Reinigen von Schubladen, Schaufenstern, Tischen und Stühlen, des Handverkaufstischs oder der Computertastaturen). In der Dokumentation müssen der Umfang der Hygienemaßnahme, das Datum und der für die Reinigung Verantwortliche festgelegt sein. Die Durchführung der Hygienemaßnahme wird mit dem Namenskürzel des Verantwortlichen dokumentiert.

 

Außerdem müssen die Mitarbeiter ‒ hierbei ist auch an das Reinigungspersonal zu denken ‒ einmal jährlich über die Bedeutung der Hygienemaßnahmen und deren Durchführung in der Apotheke geschult werden. Für die Teilnahme an einer Mitarbeiterschulung reicht es aus, den Namen der Apotheke, das Thema der Mitarbeiterschulung, das Datum sowie den Referenten zu dokumentieren und alle Mitarbeiter mit ihrer Funktion namentlich aufzuführen. Ihre Teilnahme an der Schulung bestätigen die Mitarbeiter durch ihre Unterschrift.

 

PRAXISTIPP | Da vor jeder Herstellung eine Händedesinfektion durchzuführen ist, sollte dies in der Herstellungsanweisung für Rezepturen bzw. Defekturen festgelegt werden. Bei der Prüfung von Ausgangsstoffen wird zwar nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, aber sie ist durchaus sinnvoll. Schließlich werden die Ausgangsstoffe im weiteren Verlauf zur Herstellung von Arzneimitteln eingesetzt.

 

Prüfung von Ausgangsstoffen und Defekturen

Die Prüfung von Ausgangsstoffen und Defekturen ist in den §§ 6, 8 und 11 ApBetrO geregelt. Im Normalfall bezieht die Apotheke Ausgangsstoffe, deren Arzneibuchqualität durch ein sogenanntes Prüfzertifikat bestätigt ist. Die Apotheke ist dazu verpflichtet, die Identität zu überprüfen. Dafür werden folgende Punkte bei der Prüfung eines Ausgangsstoffs dokumentiert:

 

  • Bezeichnung des Ausgangsstoffs
  • Lieferdatum und Lieferant
  • Bezugsmenge und die Chargenbezeichnung

 

Dieser Dokumentation wird das Prüfzertifikat beigefügt und außerdem die Prüfvorschrift, die Art der Identitätsprüfung sowie die Angabe der Soll- und Istwerte. Das abschließende Ergebnis wird auf dem Dokumentationsbogen eingetragen. Prüfdatum und Namenszeichen des Prüfenden werden ebenfalls dokumentiert. Bevor der Ausgangsstoff bei bestätigter Identität allerdings endgültig aus der Quarantäne genommen werden darf, muss der verantwortliche Apotheker das Prüfprotokoll freigeben und dies mit Datum und Unterschrift bestätigen.

 

Ähnlich erfolgt die Prüfung auf die Qualität der Defekturarzneimittel, die in der Apotheke hergestellt wurden. Hierbei wird jedoch weniger die Identität geprüft, sondern vielmehr ein Parameter, der für die Qualität des Produkts maßgeblich ist. Auch hierüber ist ein entsprechendes Prüfprotokoll anzufertigen.

Prüfung von Primärpackmitteln

Neben der Prüfung der Ausgangsstoffe sind auch die Primärpackmittel hinsichtlich ihrer Identität und Qualität in der Apotheke zu prüfen und darüber muss ebenfalls ein Prüfprotokoll verfasst werden. In Analogie zur Prüfung von Ausgangsstoffen werden

  • die Bezeichnung des Packmittels und eine kurze Beschreibung sowie
  • das Prüfdatum, Nennvolumen, Lieferdatum und
  • der Hersteller, die Bezugsmenge, Chargenbezeichnung und
  • ob Identität und Qualität den Erhalt der Arzneimittelqualität gewährleisten können

in das Protokoll eingetragen.

 

Diese Prüfung muss durch den verantwortlichen Apotheker per Unterschrift freigegeben werden.

Herstellung von Rezepturarzneimitteln

Für die Herstellung von Rezepturarzneimitteln (§ 7 ApBetrO) ist eine Plausibilitätsprüfung vorgeschrieben. Das Ziel dieser Prüfung ist es, die Dosierung und Applikationsart zu prüfen, mögliche Inkompatibilitäten zu erkennen und die Haltbarkeit der herzustellenden Rezeptur festzulegen. Deshalb werden folgende Punkte dokumentiert:

 

  • Bezeichnung der Rezeptur
  • Applikationsart und ob diese therapeutisch plausibel ist
  • Inhaltsstoffe, rezeptierte Menge
  • Wirkstoffkonzentration und Einzeldosis inklusive, ob diese therapeutisch plausibel ist
  • Der pH-Bereich des Wirkstoffs und welchen Einfluss der pH-Wert auf die Stabilität der Rezeptur hat
  • Abgabegefäß
  • Unbedenklichkeit der Inhaltsstoffe
  • Isotonie und Konservierung der Rezeptur

 

Falls im Rahmen der Plausibilitätsprüfung eine Rücksprache mit dem Arzt notwendig wird, werden das Ergebnis und die eventuellen Änderungen vermerkt. Sind Lagerungsvorschriften für den Qualitätserhalt notwendig, gehört dies ebenfalls in die Plausibilitätsprüfung. Außerdem muss die Aufbrauchfrist festgelegt werden. Der verantwortliche Apotheker muss mit Datum und Unterschrift die Freigabe der Plausibilitätsprüfung bestätigen.

 

Herstellungsanweisung

Im nächsten Schritt muss eine Herstellungsanweisung geschrieben werden. Da die Herstellung von Rezeptur und Defektur zu den Kernprozessen der Apotheke zählt, sollten die Standardanweisungen in das QM-Handbuch eingepflegt werden. Neben der Bezeichnung des Defekturarzneimittels oder der Kurzbeschreibung der Rezeptur werden der Hygienestandard für den Arbeitsplatz, die Geräte, der Raum und das Personal festgelegt. In der Herstellungsanweisung werden Ansatzgrößen und für die einzelnen Gewichtsbereiche die Waagen festgelegt. Die Herstellungsgeräte und Packmittel müssen ebenso wie die Herstellungstechnik und die Sollwerte im Rahmen der Herstellung notiert, die dazu notwendigen Inprozesskontrollen, Abfassvorgaben und die Etikettierung des Arzneimittels sowie die Methode der Endprüfung beschrieben werden. Außerdem sind die Maßnahmen für den Arbeitsschutz zu finden.

 

Herstellungsprotokoll

Über die Herstellung von Rezepturen oder Defekturen muss ein Protokoll verfasst werden, aus dem die zugrunde liegende Herstellungsanweisung und eventuell notwendige rezepturspezifische Anpassungen hervorgehen. Folgende Angaben muss das Herstellungsprotokoll enthalten:

 

  • Herstellungsdatum, Bezeichnung der Rezeptur oder Defektur
  • Rezeptkopie bzw. die Zusammensetzung
  • Bestätigung, dass zuvor eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt und freigegeben wurde
  • Ist-Einwaage
  • Gewählte Arbeitsschutzmaßnahmen
  • Primärpackmittel
  • Durchgeführte Inprozesskontrolle mit Sollwert und Ergebnis

 

Der Name der herstellenden Person wird eingetragen und vor der Abgabe muss die Rezeptur freigegeben werden. Dies wird durch Datum und Unterschrift des freigebenden Apothekers in der Dokumentation festgehalten.

Stichprobenartige Prüfungen und AMK-Meldungen

Fertigarzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte sind nach § 12 ApBetrO stichprobenartig zu prüfen ‒ ein Artikel pro Tag gilt als Faustregel. Dank der organoleptischen Prüfung können augenfällige Qualitätsmängel wie ein falscher Beipackzettel, gedeckelte Tabletten oder Trübstoffe in Ampullen auf diese Weise schnell erkannt werden. Auch wenn die Apothekenzahl in den letzten Jahren deutlich rückläufig ist, besteht theoretisch die Möglichkeit, an einem Tag parallel ca. 19.000 unterschiedliche Packungen der etwas über 48.000 zugelassenen Arzneimittel in Deutschland zu prüfen. Neben dem Prüfdatum, der Bezeichnung des Arzneimittels, dem Hersteller und der Charge werden die Ergebnisse notiert und die Prüfung mit dem Namenszeichen des verantwortlichen Apothekers abgezeichnet. Das Protokoll wird fünf Jahre aufbewahrt. Falls bei dieser Prüfung ein Qualitätsmangel erkannt oder zumindest vermutet wird, wird mit dem entsprechenden Meldebogen die Arzneimittelkommission (AMK) informiert. Eine Kopie der AMK-Meldung wird ebenfalls fünf Jahre aufbewahrt.

 

Wenn es infolge einer AMK-Meldung zu einem Rückruf kommt, muss die Rückgabe der betroffenen Arzneimittelpackungen an den Hersteller oder Großhandel oder die Vernichtung dokumentiert werden (§ 21 ApBetrO). Dafür werden PZN, Packungsgröße, Artikelbezeichnung, Darreichungsform, Charge und Menge notiert. Außerdem wird das Rückgabedatum dokumentiert und an wen die Rückgabe erfolgt. Der Bearbeiter zeichnet die Dokumentation ab.

Aufbewahrungsfristen für Dokumentationen

Grundsätzlich sind alle Dokumentationen nach der ApBetrO fünf Jahre aufzubewahren. Bei der Herstellung von Defekturen müssen die Aufzeichnungen mindestens bis ein Jahr nach Ablauf des Verfallsdatums, jedoch nicht weniger als fünf Jahre aufbewahrt werden. Die einzige Ausnahme von dieser Regel sind die Unterlagen über die Abgabe von Blutprodukten. Hier greifen die Bestimmungen des Transfusionsgesetzes, das eine Aufbewahrungsfrist von 30 Jahren vorschreibt.

 

  • Dokumentation der Biozidherstellung

Wegen Corona haben viele Apotheken nicht nur Rezepturen und Defekturen hergestellt, sondern auch Biozide in Form von Desinfektionsmitteln. Die Dokumentation der Biozidherstellung muss nach Art. 68 Abs. 1 der Biozidverordnung zehn Jahre aufbewahrt werden, also doppelt so lange wie ein Herstellungsprotokoll für ein Rezepturarzneimittel. Die Mindestanforderungen an das Herstellungsprotokoll entsprechen bei Einzelherstellung den Vorgaben der Rezeptur, bei der Herstellung größerer Mengen den Vorgaben der Defekturherstellung, also z. B. mit Festlegung einer Chargenbezeichnung.

 

Weiterführender Hinweis

  • Im zweiten Teil der Beitragsreihe werden spezifische Dokumentationen für besondere Arzneimittel nach der ApBetrO vorgestellt.
Quelle: Seite 12 | ID 46663983