· Fachbeitrag · Drittaufwand/abgekürzter Zahlungsweg
Diese Aufwendungen kann der Steuerpflichtige absetzen, wenn ein Dritter zahlt!
von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palenberg
| Insbesondere bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kommt es häufiger vor, dass Aufwendungen nicht unmittelbar vom Steuerpflichtigen, sondern von einem Angehörigen getragen werden. Das Problem: Die von den Dritten getragenen Aufwendungen sind bei ihnen mangels Einkünfteerzielung nicht abziehbar. Durch die Regelungen zum Drittaufwand sowie zum abgekürzten Vertrags- und Zahlungsweg können die Aufwendungen aber beim Einkünfteerzieler zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Was es hier zu beachten gibt, wird nachfolgend anhand von Beispielen erläutert. |
1. Eigenaufwand von Ehegatten
Grundsätzlich gilt: Gemeinschaftlich getragene Aufwendungen für eine Immobilie, die einem Ehegatten gehört und die dieser zur Erzielung von Einnahmen nutzt, sind beim Eigentümer-Ehegatten in vollem Umfang Werbungskosten (vgl. z. B. BFH 23.8.99, GrS 2/97, unter C. V. 1.). Sofern Eheleute jedoch Miteigentümer eines Grundstücks sind, ist wie folgt abzugrenzen:
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Eheleute sind gemeinsam zu je ½ Miteigentümer einer Eigentumswohnung, die die Ehefrau in vollem Umfang für freiberufliche Zwecke (Büroräume) nutzt. Das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffung der Wohnung wurde von den Eheleuten gemeinsam aufgenommen. Die Zins- und Tilgungsleistungen werden von einem gemeinsamen Konto beglichen. |
In diesem Fall kann die Ehefrau nur die auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Kosten sowie die anteilige AfA als Betriebsausgaben abziehen. Denn Zins und Tilgung der gemeinschaftlich aufgenommenen Darlehen wurden aus gemeinsamen Mitteln der Eheleute („aus einem Topf“) bestritten, sodass davon auszugehen ist, dass der Ehemann die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Kosten aus eigenem Interesse aufgewandt hat (BFH 6.12.17, VI R 41/15).
Sind Eheleute Miteigentümer eines Grundstücks und erwerben sie ‒ wie im Beispiel ‒ eine Eigentumswohnung zu Miteigentum, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass jeder von ihnen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entsprechend seinem Miteigentumsanteil getragen hat. Dies gilt unabhängig davon, wie viel er tatsächlich aus eigenen Mitteln dazu beigetragen hat. Sind die finanziellen Beiträge unterschiedlich hoch, dann hat der Ehegatte, der aus eigenen Mitteln mehr als der andere beigesteuert hat, das Mehr seinem Ehegatten mit der Folge zugewandt, dass jeder von ihnen so anzusehen ist, als habe er die seinem Anteil entsprechenden Anschaffungskosten selbst getragen (u. a. BFH 20.9.90, IV R 300/84; BFH 12.2.88, VI R 141/85).
Beachten Sie | Da der Ehemann die Aufwendungen für die Wohnung als hälftiger Erwerber, Miteigentümer und Darlehensnehmer aufgewendet hat, handelt es sich vorliegend auch nicht um Drittaufwand (= Übernahme von fremden Kosten für fremdes Eigentum). Der Ehemann hat seiner Ehefrau mit der Zahlung der anteiligen Anschaffungskosten und der Schuldzinsen nämlich nichts zugewandt, sondern diese als Erwerber und Darlehensnehmer auf eigene Rechnung geleistet.
2. Schenkweise Zuwendung des Investitionsbetrags
Anders stellt sich dagegen die Rechtslage dar, wenn dem einkünfteerzielenden Steuerpflichtigen ein Investitionsbetrag durch einen Dritten unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, den er sodann für die Instandhaltung des Objekts verwendet.
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A ist Eigentümer eines vermieteten Einfamilienhauses. In 2018 lässt er das Dach für 30.000 EUR erneuern. Den Betrag überweist ihm seine Erbtante B auf sein Girokonto, von dem er die an ihn gerichtete Handwerkerrechnung begleicht. |
A kann die an ihn gerichtete Handwerkerrechnung mit dem geschenkten Betrag begleichen, sodass sofort abziehbare Werbungskosten entstehen. Denn für einen Werbungskostenabzug ist es unerheblich, woher die Mittel stammen, mit denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. So hat der BFH z. B. entschieden, dass ein Werbungskostenabzug auch dann möglich ist, wenn der Vermietungseinkünfte erzielende Steuerpflichtige den Auftrag zur Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen erteilt und er die Rechnung vom Konto seiner Mutter begleicht (BFH 11.11.08, IX R 27/08).
3. Abgekürzter Zahlungsweg
Ein Werbungskostenabzug ist problemlos möglich, wenn es sich um einen Fall des abgekürzten Zahlungswegs handelt.
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Sachverhalt wie Beispiel 2. Allerdings begleicht Erbtante B die an A gerichtete Handwerkerrechnung, indem sie den Betrag von 30.000 EUR direkt auf das Konto des Handwerkers überweist. |
Auch in diesem Fall ist der Instandhaltungsaufwand i. H. von 30.000 EUR bei A als Werbungskosten abziehbar. Hierzu hat der BFH eindeutig klargestellt: Übernimmt ein Dritter Aufwendungen für den Steuerpflichtigen in der Form, dass er unmittelbar an den Gläubiger (Handwerker) zahlt, liegt eigener Aufwand des Steuerpflichtigen vor. Die Bezahlung der Rechnung durch einen Dritten führt nämlich nur zu einem abgekürzten Zahlungsweg, der den Aufwandscharakter beim Steuerpflichtigen nicht beeinträchtigt (BFH 23.8.99, GrS 2/97).
Beachten Sie | Im Bereich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen wird die Abkürzung des Zahlungswegs von den FÄ grundsätzlich nicht anerkannt, da sich die Rechtsprechung zur Zurechnung von Drittaufwand bei erwerbssichernden Aufwendungen auf diese Bereiche nicht übertragen lasse (zur kritischen Beurteilung in der Literatur vgl. u. a. Heinicke in Schmidt, § 10, Rn. 24 f. und Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 10, Anm. 36).
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen. Zu beachten sind u. a.:
- Bei zusammenveranlagten Eheleuten kommt es für den Abzug von Sonderausgaben nicht darauf an, wer die Zahlung geleistet hat (R 10.1 EStR).
- Tragen Eltern aufgrund einer Unterhaltsverpflichtung die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ihres Kindes, können sie diese als eigene Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG absetzen. Hierzu hat jedoch kürzlich der BFH (13.3.18, X R 25/15, Abruf-Nr. 204849) entschieden, dass dies voraussetzt, dass die Eltern dem Kind die Beiträge tatsächlich gezahlt oder erstattet haben. Gewährter Naturalunterhalt reicht also nicht.
- Kinderbetreuungskosten: Der Sonderausgabenabzug entfällt nicht, wenn die Betreuungsleistungen, für die der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat, vom Konto eines Dritten bezahlt worden sind. Hierbei handelt es sich um den klassischen Fall des abgekürzten Zahlungswegs (OFD Niedersachsen 27.4.15, S 2221b - 1 - St 236).
PRAXISTIPP | Auch bei der Steuerermäßigung nach § 35a EStG erkennt die Verwaltung den abgekürzten Zahlungsweg an: Eine Steuerermäßigung durch den Steuerpflichtigen ist auch möglich, wenn die Aufwendungen für die haushaltsnahe Dienstleistung, Pflege- oder Betreuungsleistung oder die Handwerkerleistung ‒ für die der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat ‒ von dem Konto eines Dritten bezahlt worden sind (BMF 9.11.16, IV C 8 - S 2296 b/07/10003 :008, Rz. 51). |
4. Abgekürzter Vertragsweg
Darüber hinaus gibt es Fälle, in denen der Aufwand nicht nur von einem Dritten beglichen wird, sondern der Dritte hierzu auch den Auftrag erteilt hat. Das heißt: Vertragspartner ist nicht der Steuerpflichtige, sondern der Dritte.
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Vater V hat seiner Tochter T ein vermietetes Mehrfamilienhaus im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich übertragen. Da T auswärts studiert, kümmert sich V im Einvernehmen mit seiner Tochter auch weiterhin um die Instandhaltung des Gebäudes und gibt daher in 2018 eine Heizungsreparatur in Auftrag. Die an ihn gerichtete Handwerkerrechnung begleicht er von seinem Girokonto. |
Die Besonderheit in diesem Fall ist, dass nicht die Steuerpflichtige (T), sondern der Dritte (V) Schuldner der Handwerkerrechnung ist. Aber auch in diesem Fall ist der Werbungskostenabzug beim Steuerpflichtigen zulässig (BFH 15.1.08, IX R 45/07; BFH 28.9.10, IX R 42/09). Zwar liegt hier kein abgekürzter Zahlungsweg im klassischen Sinne, sondern ein abgekürzter Vertragsweg vor. Gleichwohl sind auch in diesem Fall die Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Denn der Aufwand, der dem V durch den Werkvertrag entstanden ist, ist allein in seiner Zuwendung an die T und damit durch das Valutaverhältnis begründet. Die Steuerpflichtige macht daher eigenen Aufwand und keinen Aufwand eines Dritten geltend.
Bei Kreditverhältnissen ist der Werbungskostenabzug der Schuldzinsen beim Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen des abgekürzten Vertragswegs dann ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige nicht im Wege des echten oder des unechten Vertrags zugunsten Dritter in die Darlehensbeziehung eingebunden ist (BFH 25.6.08, X R 36/05). In einem solchen Fall leistet der Darlehensnehmer (der Dritte) die Schuldzinsen als vertraglich geschuldetes Entgelt ausschließlich für eigene Rechnung für das ihm gewährte Darlehen an die Bank, nicht aber für Rechnung des Steuerpflichtigen. Zu eigenem Aufwand des Steuerpflichtigen kommt es nur, wenn dieser im Innenverhältnis verpflichtet ist, den Dritten von der Verpflichtung zur Zins- und Tilgungszahlung freizustellen.
Beachten Sie | Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des BFH (15.1.08, IX R 45/07) zum abgekürzten Vertragsweg sowohl im Bereich der Überschusseinkünfte als auch im Bereich der Gewinneinkünfte (BMF 7.7.08, IV C 1 - S 2211/07/10007). Eine Berücksichtigung der Zahlung unter dem Gesichtspunkt der Abkürzung des Vertragswegs kommt allerdings nicht in Betracht
- bei Kreditverbindlichkeiten und
- anderen Dauerschuldverhältnissen (z. B. Miet- und Pachtverträge) sowie
- beim Abzug von Sonderausgaben und
- außergewöhnlichen Belastungen.
5. Besonderheiten bei mittelbarer Grundstücksschenkung
Wird ein Grundstück im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung von Eltern auf ein Kind übertragen, entstehen dem Kind zwar keine eigenen Anschaffungskosten. Gleichwohl ist das Kind ‒ sofern es das Objekt zur Erzielung von Vermietungseinkünften nutzt ‒ zur Vornahme von Abschreibungen berechtigt (BFH 4.10.16, IX R 26/15). Die AfA bemisst sich gemäß § 11d Abs. 1 S. 1 und S. 2 EStDV nach den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Rechtsvorgängers und nach dem Hundertsatz, der für den Rechtsvorgänger maßgebend sein würde, wenn er noch Eigentümer des Wirtschaftsguts wäre.
Beachten Sie | Von einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist immer dann auszugehen, wenn der Erwerber nicht über den geschenkten Geldbetrag, sondern erst über die damit erworbene Wohnung verfügen kann. Zwar ist der Beschenkte nicht mit Anschaffungskosten belastet, sodass ihm keine eigene AfA-Berechtigung hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Objekts zusteht. Jedoch ist die mittelbare Grundstücksschenkung nicht nur schenkungsteuerrechtlich, sondern auch einkommensteuerrechtlich zu beachten. Das heißt: Die den Eltern zustehende AfA-Befugnis geht über § 11d EStDV auf das Kind über.