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· Fachbeitrag · Einkommensteuer

Im Visier der Finanzämter: Die Einkunftserzielung bei Vermietung

von Dipl.-Finw. Bernhard Köstler, Neubiberg

| Erklärt ein Steuerzahler Vermietungsverluste, schlägt das Risikomanagementsystem der Finanzämter in aller Regel Alarm und die Steuererklärung landet zur Intensivprüfung auf dem Schreibtisch des zuständigen Finanzbeamten. Im Visier der Überprüfung steht die Frage, ob der Steuer-zahler angesichts der Vermietungsverluste überhaupt eine Einkunftserzielungsabsicht hat. Ein aktuell veröffentlichter interner Leitfaden erläutert, welche Prüfungsmechanismen drohen. Die interessantesten Aussagen aus diesem Leitfaden, der von den Sachbearbeitern und Prüfern der Finanzämter anzuwenden ist, haben wir im Folgenden zusammengefasst. |

 

Grundsätze zu Einkunftserzielung bei Vermietung

Eine einkommensteuerliche relevante Vermögensnutzung setzt bei Überschusseinkünften voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Fehlt einem Steuerzahler diese Einkunftserzielungsabsicht, werden Vermietungsverluste steuerlich nicht anerkannt.

 

Bei einer auf „Dauer angelegten Vermietungstätigkeit“ ist nach der BFH-Rechtsprechung grundsätzlich ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass eine Einkunftserzielungsabsicht vorliegt (BFH 30.9.97, IX R 80/94).

 

  • Beispiel

Steuerzahlerin Müller erwarb im Jahr 2006 eine Wohnung, die sie vermietet. Aufgrund hoher Schuldzinsen sowie Renovierungskosten und wegen der Abschreibung erzielt sie bis heute jedes Jahr einen Vermietungsverlust. Folge: Nachdem die Vermietung auf Dauer angelegt ist (Mietvertrag ohne zeitliche Einschränkung), muss das Finanzamt diese Dauerverluste steuerlich anerkennen.

 

Die Grundsätze zur Einkunftserzielungsabsicht greifen allerdings nur für die Vermietung von Wohnzwecken, selbst wenn der Mieter die Immobilie nicht zu Wohnzwecken nutzt. Die Vermutung der Einkunftserzielungsabsicht greift also nicht bei

 

Von einer fehlenden Einkunftserzielungsabsicht ist immer dann auszugehen, wenn besondere Umstände oder Beweisanzeichen gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit sprechen bzw. hindeuten. Insbesondere in folgenden Sonderfällen sollen Sachbearbeiter und Prüfer nach dem internen Leitfaden automatisch eine fehlende Einkunftserzielungsabsicht unterstellen:

 

  • Nicht auf Dauer angelegte Vermietung (befristete Vermietung, zeitnahe Eigennutzung innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Vermietung oder auch der zeitnahe Verkauf innerhalb von fünf Jahren nach erstmaliger Vermietung)
  • Vermietung von Luxuswohnungen
  • Vermietung von Ferienwohnungen
  • zur Vermietung gedachte, aber leerstehende Immobilien
  • sehr lange Renovierungszeiten

 

PRAXISTIPP | Kommt das Finanzamt bei seiner Prognoseberechnung zu der Erkenntnis, dass bei einer vermieteten Immobilie die Einkunftserzielungsabsicht fehlt, können die Vermieter diese Beweisanzeichen erschüttern. Der Vermieter ist hier jedoch in der Beweislast bzw. Feststellungslast (BMF 8.10.04, IV C 3 - S 2253 - 91/04; Rz. 9, 18 und 27).

 

Zweckentfremdete Vermietung von Wohnraum an Arbeitgeber

Vermietet ein Arbeitnehmer einen Teil seiner Wohnung an seinen Arbeitgeber und nutzt diesen Raum als Home-Office, liegt ein Fall der Vermietung einer Gewerbeimmobilie vor, bei der die Einkunftserzielungsabsicht stets mit einer objektbezogenen Überschussprognose überprüft werden muss (BFH 17.4.18, IX R 9/17). Diese neue Sichtweise gilt jedoch erst für ab dem 1.1.2019 abgeschlossene Mietverträge bei zweckentfremdeter Vermietung von Wohnraum zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

 

Vor dem 1.1.2019 ist es nicht zu beanstanden, wenn unverändert typisierend eine Einkunftserzielungsabsicht angenommen wird (BMF 18.4.19, IV C 1 - S 2211/16/10003 :005).

 

Beachten Sie | Das bedeutet, dass bei zweckentfremdeter Vermietung von Wohnraum von Arbeitnehmern an ihre Arbeitgeber im Veranlagungsjahr sehr strenge Überprüfungen der Einkunftserzielungsabsicht vorprogrammiert sind. Bleibt abzuwarten, ob Arbeitnehmer in der Anlage V zur Einkommensteuererklärung 2019 einen Hinweis dazu anbringen müssen, dass sie einen Raum ihrer Wohnung an den Arbeitgeber vermietet und als Home-Office genutzt haben.

 

Was nicht gegen eine Einkunftserzielungsabsicht spricht

Übereifrige Sachbearbeiter in den Finanzämtern gehen bei Dauerverlusten aus Vermietung und Verpachtung automatisch von einer fehlenden Einkunftserzielungsabsicht aus, ohne die äußeren Umstände oder die geltende Rechtsprechung zu beachten. Nachfolgend drei Fälle, in denen sich Gegenwehr lohnt:

 

  • Verbilligte Wohnraumüberlassung
  • Wird Wohnraum verbilligt vermietet, greift § 21 Abs. 2 EStG, wonach die Werbungskosten nur dann in voller Höhe bei den Einkünften aus Vermietung abziehbar sind, wenn die vereinbarte und bezogene Miete mindestens 66 % der ortsüblichen Miete beträgt. Ist das nicht der Fall, werden die Werbungskosten anteilig nicht zum Abzug zugelassen. Liegt ein unbefristeter Mietvertrag vor und keine Hinweise, dass die Vermietung nicht auf Dauer geplant ist, entfällt bei verbilligter Vermietung von Wohnraum die parallele Prognose der Einkunftserzielungsabsicht.

 

  • Finanzierung unter Einsatz parallellaufender Lebensversicherungen
  • Liegt nachweislich eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit vor, darf das Finanzamt es nicht beanstanden, wenn der Vermieter die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Vermietungsobjekts sowie anfallende Schuldzinsen mittels Darlehen finanziert, die zwar nicht getilgt, jedoch bei Fälligkeit durch den Einsatz von parallellaufenden Lebensversicherungen abgelöst werden sollen. Die Überprüfung der Einkunftserzielungsabsicht ist in solchen Fällen nicht durchzuführen (BFH 19.4.05, IX R 10/04; 19.4.05, IX R 15/04).

 

  • Ausnahme: Eine Prognose zur Einkunftserzielungsabsicht ist aber immer dann vom Finanzamt vorzunehmen, wenn ein Vermieter die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Vermietungsobjekts und die anfallenden Schuldzinsen fremdfinanziert und die Schuldzinsen auflaufen lässt, ohne dass durch ein Finanzierungskonzept von vornherein deren Kompensation durch spätere positive Ergebnisse vorgesehen ist (BFH 10.5.07, IX R 7/07).

 

  • Baudenkmale
  • Bei Baudenkmalen sind insbesondere in den ersten Jahren durch die Sonderabschreibung Vermietungsverluste vorprogrammiert, was häufig den Sachbearbeiter auf den Plan ruft, der eine Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht vornimmt. Doch das ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietung nicht zwingend notwendig. Zu unterscheiden sind insbesondere folgende Fallkonstellationen:

 

    • Allein die historische Bausubstanz eines denkmalgeschützten Wohngebäudes schließt es nicht aus, dass die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnungswert angemessen widerspiegelt (BFH 19.4.05, IX R 10/04).

 

    • Handelt es sich bei der denkmalgeschützten Wohnung allerdings um eine Luxuswohnung, ist die Einkunftserzielungsabsicht anhand einer Prognose zu überprüfen.

 

Indizien, die gegen eine auf Dauer angelegte Vermietung sprechen

Wie bereits beschrieben, können Vermieter sich trotz Dauerverlusten beruhigt zurücklehnen, wenn die Vermietung einer Immobilie auf Dauer angelegt ist. Doch selbst wenn die auf Dauer angelegte Vermietung scheinbar vorliegt, sollen die Finanzbeamten nach Indizien suchen, die dagegensprechen. Insbesondere folgende Beweisanzeichen sprechen gegen eine Einkunftserzielungsabsicht:

 

  • Kurz laufende Finanzierung
  • Zeitnahe Suche nach einem Käufer
  • Zeitnahe Kündigung des Mietverhältnisses nach Kauf
  • Zeitnaher Verkauf (i. d. R. innerhalb von fünf Jahren nach Kauf)
  • Zeitnahe Eigennutzung (i. d. R. innerhalb von fünf Jahren nach Kauf)
  • Mietkauf-/Bauherrenmodell
  • Außergewöhnlich lange Renovierungszeit
  • Befristete Vermietung - Zeitmietvertrag

 

Wenn ein zeitnaher Verkauf wegen Zwangslage nachgewiesen werden kann (z. B. bei Scheidung, finanzielle Notlage) oder wenn die Verluste wegen der Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung oder einer erhöhten Abschreibung anfallen, sind das keine Beweisanzeichen, die gegen eine Einkunftserzielungsabsicht sprechen.

 

Besonderheit bei Vermietung von Ferienwohnungen

Wird von einer bisher auf Dauer angelegten Vermietung nach einer anschließenden Sanierung zur Vermietung einer Ferienwohnung an verschiedene Mieter gewechselt, muss das Finanzamt ab der Vermietung als Ferienwohnung objektbezogen die Einkunftserzielungsabsicht neu überprüfen (BFH 8.1.19, IX R 37/17). Diese Urteilsgrundsätze gelten selbst dann, wenn ausgeschlossen werden kann, dass die Ferienwohnung durch die Vermieter selbst genutzt wird.

Quelle: Seite 859 | ID 46181223