· Fachbeitrag · Einkünfteermittlung
Aufwendungen für Vermittlung einer Professur können Betriebsausgaben sein
von StB Christian Herold, Herten, www.steuerrat24.de
Aufwendungen zur Vermittlung einer nebenberuflichen Professur sind als Betriebsausgaben, hier als Sonderbetriebsausgaben einer Gemeinschaftspraxis, abziehbar (FG Schleswig-Holstein 6.3.19, 4 K 48/18; entgegen FG Münster 13.10.17, 4 K 1891/14 F). |
Sachverhalt
Der Kläger ist Partner einer fachärztlichen Gemeinschaftspraxis. Er verfügte zudem über die universitäre Lehrbefugnis und wurde zum Privatdozenten ernannt. In dieser Eigenschaft ist er im Rahmen eines Lehrauftrags nebenberuflich an einer medizinischen Fakultät tätig. Im Jahre 2013 schloss er mit einer GmbH einen „Wissenschaftsvertrag“ ab. Der Zweck des Vertrags war letztlich die Vermittlung einer Professur, Gastprofessur, Honorarprofessur oder außerplanmäßigen Professur an einer Universität oder Hochschule innerhalb der Europäischen Union (außer Spanien). Die Vertragsparteien vereinbarten ein Honorar von drei Raten à 10.000 EUR.
Im Streitjahr 2013 ging es um den Abzug eines Honorars von 21.900 EUR. Nach einigem verfahrensrechtlichen Hin und Her versagte das FA den Abzug als Sonderbetriebsausgabe unter anderem, weil das FG Münster (13.10.17, 4 K 1891/14 F) in einem vermeintlich ähnlichen Fall entschieden hatte, dass von einem promovierten Zahnmediziner getätigte Aufwendungen zur Vermittlung einer Gastprofessur nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen seien. Das FG Schleswig-Holstein sah jedoch keine Parallelen zu dem Münsteraner Fall und erkannte den Betrag von 21.900 EUR als Sonderbetriebsausgabe an.
Anmerkungen
Im Streitfall habe der Kläger plausibel dargelegt, dass die Erlangung einer Professur vornehmlich im wirtschaftlichen Interesse der Gemeinschaftspraxis erfolgen sollte. Dementsprechend sei das Moment, das die Aufwendungen „ausgelöst“ hatte, der Erwerbssphäre des Klägers zuzuordnen. Die Position eines Professors habe eine wissenschaftliche, gesellschaftliche und nicht zuletzt auch wirtschaftliche Bedeutung. Es sei zudem gerichtsbekannt, dass auch größere Anwaltssozietäten einen Professorentitel ihrer Berufsträger deutlich erkennbar herausstellen, um damit eine besondere fachliche Kompetenz zu unterstreichen. Entsprechendes gelte für die freiberufliche Tätigkeit von Fachärzten. Der Kläger habe überzeugend vorgebracht, dass seine Hauptkonkurrenten in der Außendarstellung gezielt die Professorentitel ihrer Berufsträger herausstellen. Eine andere Beurteilung sei hier auch nicht deshalb geboten, weil es dem Kläger nach Einschätzung der Finanzbehörde in erster Linie auf die Titelführung und weniger auf die wissenschaftliche Arbeit als solche und/oder die betriebliche Weiterqualifikation ankam.
Der Kläger verfügte ‒ im Gegensatz zu der vom FG Münster entschiedenen Fallkonstellation ‒ bereits über die volle Qualifikation eines Hochschullehrers, welcher er auch im Rahmen seiner langjährigen Tätigkeit als Privatdozent und Lehrbeauftragter nebenberuflich nachgekommen ist. Die von ihm beauftragte Vermittlungsleistung sei inhaltlich nicht auf einen bloßen Titelkauf ohne eigenen wissenschaftlichen Hintergrund, sondern auf eine auch nach deutschem Hochschulrecht anerkannte Nebentätigkeit als Professor gerichtet gewesen. Allein der Umstand, dass er zugleich großen Wert auf die Berechtigung zur Titelführung legte, um den Professorentitel auch werbewirksam und gewinnbringend für seine Tätigkeit als Partner einer Gemeinschaftspraxis nutzen zu können, lasse die erwerbswirtschaftliche Motivation nicht entfallen bzw. zurücktreten.
Fast schon etwas „hilflos“ hat das FA noch eingewandt, dass der Kläger auch ohne den Professorentitel wirtschaftlich sehr gut aufgestellt sei. Dieses ‒ vermeintliche ‒ Argument haben die Finanzrichter aber verworfen. Es sei grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen zu entscheiden, welche Aufwendung er im Interesse einer gewinnorientierten Betriebsführung für angemessen und zweckmäßig erachtet.
Relevanz für die Praxis
Nimmt man die Urteile des FG Schleswig-Holstein und des FG Münster sowie den Beschluss des BFH (8.6.04, VI B 158/03) zusammen, so bleibt festzuhalten, dass betroffene Freiberufler einerseits glaubhaft darlegen müssen, dass es bei der Erlangung des Professorentitels nicht um einen „bloßen Titelkauf“ geht und dass zudem wirtschaftliche Vorteile zu erwarten sind. Das heißt, die Freude an Wissenschaft und Lehre muss ebenso im Vordergrund stehen wie der ökonomische Faktor für die Haupttätigkeit als Freiberufler. Hier bietet es sich an, die Wettbewerbssituation gegenüber dem FA darzulegen. Das gesellschaftliche Prestige hingegen darf nur eine untergeordnete Rolle spielen (siehe auch FG Saarland 1.2.89, 1 K 255/87).
Fast schon „lehrbuchmäßig“ waren diesbezüglich die Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung: Er habe nach Ansicht des Gerichts überzeugend dargetan, dass sich aus seiner Nebentätigkeit an der medizinischen Fakultät der Universität heraus auch fachliche Synergieeffekte für die eigene Praxis ergeben würden. Er habe durch seine Tätigkeit als außerplanmäßiger Professor und durch die Teilnahme an wissenschaftlichen Kongressen enge persönliche und fachliche Beziehungen zu international anerkannten Professoren aufgebaut, welche auch für die Weiterentwicklung seiner Praxis nutzbar seien. All dies wäre ihm ohne die beauftragte Vermittlungsleistung im Hinblick auf seine hohe berufliche Belastung nicht möglich gewesen.
PRAXISTIPP | Wer sich übrigens über seinen Professorentitel dermaßen freut, dass er eine große Feier ausrichtet, sollte das Urteil des BFH (18.8.16, VI R 52/15) beachten: Aufwendungen für die Gäste der Habilitationsfeier aus dem beruflichen Umfeld (hier: eines Arbeitnehmers) können (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer (hier: ein angestellter Klinikarzt) die Gäste nach abstrakten allgemeinen berufsbezogenen Kriterien eingeladen hat. |