· Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr
beA: Ab 1.7.19 müssen Dokumente in durchsuchbarer Form eingereicht werden
von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz, https://bea-abc.de
| Zum 1.7.19 wird es Pflicht, alle Dokumente in durchsuchbarer Form einzureichen. Wer dies nicht beachtet, muss im schlimmsten Fall damit rechnen, dass das Gericht einen Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs erteilt. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, welche Dateiformate zulässig sind. |
1. Welche Dateiformate sind zulässig?
Die Übergangsfrist läuft am 30.6.19 aus. In Kapitel 2 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung ‒ ERVV) vom 24.11.17 (www.iww.de/s2812) wurden die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs festgelegt:
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Hintergrund ist die vom Gesetzgeber geforderte Barrierefreiheit des beA. Menschen mit Behinderung sollen den elektronischen Rechtsverkehr ohne Einschränkung nutzen können. Ein normales, nicht durchsuchbares PDF ist in technischer Hinsicht ein Bild und kann daher von Blinden oder Menschen mit Sehbehinderung nicht „gelesen“ werden. Ist ein PDF durchsuchbar angelegt, kann es als Textdokument dem Menschen mit Behinderung vorgelesen werden und ist damit barrierefrei.
2. Alternativen bei technischer Unmöglichkeit
Doch was ist zu tun, wenn ein elektronisches Dokument nicht in der nach § 2 ERVV geforderten Form erstellt werden kann? Dann greift § 130a Abs. 6 ZPO.
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Der Einschub in § 2 ERVV ‒ soweit technisch möglich ‒ ist ein wichtiges Argument, wenn Gerichte auf der Einreichung von durchsuchbaren PDF bestehen, diese aber nicht geliefert werden können, weil z. B. Grafiken, Zeichnungen oder handschriftliche Vermerke nicht als durchsuchbare PDF gespeichert werden können. Dann sind diese Dokumente nicht mehr lesbar. Daher gibt § 2 ERVV die Möglichkeit, solche Dokumente zusätzlich als TIFF (das ist ein Bildformat) einzureichen.
PRAXISTIPP | Stellen Sie durch Ihre Kanzleiorganisation sicher, dass grundsätzlich nur noch durchsuchbare PDF eingereicht werden. |
3. Welche Dateiversionen sind zulässig?
Auf dem Justizportal des Bundes und der Länder (www.iww.de/s2813) veröffentlicht das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz die zulässigen Dateiversionen nach § 5 der ERVV im Rahmen einer Bekanntmachung. In der Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2018 ‒ ERVB 2018 ‒ vom 19.12.17 wurde festgelegt, dass folgende Dateiversionen bis mindestens zum 31.12.20 zulässig sind:
- PDF (www.iww.de/s2814 ab 4.2.1.2, S. 27) einschließlich PDF 2.0, PDF/A-1, PDF/A-2, PDF/UA und
- TIFF (ab 4.2.1.4, S. 31) Version 6.
In der Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2019 ‒ ERVB 2019 ‒ vom 20.12.18 wurde die ERVB 2018 mit Wirkung zum 1.1.19 ergänzt:
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So soll gewährleistet werden, dass sichere und virenfreie Dokumente an die Beteiligten weitergeleitet werden. Ab spätestens 2026 müssen Gerichte eine elektronische Akte führen.
4. Wie werden durchsuchbare PDF erstellt?
Um ein durchsuchbares PDF zu erstellen, haben Sie diese Möglichkeiten:
a) Dokument einscannen
Sie benötigen einen Scanner mit OCR (OCR = optical character recognition, optische Zeichenerkennung, www.iww.de/s2815) Texterkennung. Diese wandelt das Bild automatisch in einen Text um. Prüfen Sie, welche Einstellungen bei Ihrem Scanner möglich sind. Beispiel:

b) Umwandlung über Word
In der Regel wird das Dokument in Word erstellt und ‒ für den Fall, dass Änderungen vorzunehmen sind ‒ auch als Word-Dokument (Dateiname.doc, Dateiname.docx) abgespeichert.

Speichern Sie danach das Dokument zusätzlich als PDF ab. Auf einem Windows-Computer können Sie Ihre Datei mit den folgenden Schritten als mit Tags versehene PDF-Datei speichern:
Klicken Sie auf Datei -> Speichern unter, und wählen Sie aus, wo die Datei gespeichert werden soll. Wählen Sie im Dialogfeld „Speichern unter“ in der Liste Dateityp den Eintrag PDF aus. Klicken Sie auf Optionen, stellen Sie sicher, dass das Kontrollkästchen Dokumentstrukturtags für Barrierefreiheit aktiviert ist, und klicken Sie auf OK.

c) Direkt als PDF abspeichern
Dokumente, die nicht geändert werden müssen oder aus externen Quellen stammen, können direkt als PDF abgespeichert werden. Man kann dafür auch die Druckversion wählen. Anstelle des realen Druckers wählt man einen PDF-Drucker aus. Das kann Adobe PDF (nicht aber der Adobe Acrobat Reader) sein, aber auch Microsoft Print to PDF oder PDF24-Creator oder anderweitige PDF-Programme, die kostenlos oder kostenpflichtig sind.
5. Aussagekräftige Dateinamen
Die Durchsuchbarkeit bezieht sich auf alle über beA eingereichten Dokumente. Daher müssen auch alle Anlagen als durchsuchbare PDF eingereicht werden. Speichern Sie jede Anlage unter einem eigenen Dateinamen ab.
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Jedes Bundesland legt in seiner Landesverordnung die Rahmenbedingungen für den elektronischen Rechtsverkehr fest. Achten Sie darauf, ob es in dem jeweiligen Bundesland Besonderheiten zu beachten gibt. Alle Landesverordnungen finden Sie auf einen Blick unter www.iww.de/s2816. So schreibt z. B. das Land Niedersachsen (www.iww.de/s2817) auf seiner Website:
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Bitte beachten Sie dabei, dass die Dateinamen möglichst eine Länge von 50 Zeichen inklusive Dateinamenserweiterung (z. B. „.pdf“) nicht überschreiten sollten. |
PRAXISTIPP | Sprechende Dateinamen helfen, wenn eine elektronische Akte geführt wird. Verwenden Sie ggf. einheitliche und sinnvolle Abkürzungen, damit Sie auf einen Blick den Inhalt des Dokuments erkennen können.
Beispiel: 01_20190701_Klage 02_20190701_Arbeitsvertrag 03_20190701_Kuendigung 04_20190701_Gehaltsabrechnung
Verwenden Sie keine Umlaute, keine Sonderzeichen, Schrägstrich, Doppelpunkt, ß oder €. Begrenzen Sie den Dateinamen auf maximal 50 Zeichen (z. B. Niedersachen, z. B. 60 Zeichen NRW), damit Schwierigkeiten bei der Justiz vermieden werden. |
6. Strukturdatensatz beifügen
§ 2 ERVV enthält in Abs. 3 die Aufforderung:
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beA hilft, den Strukturdatensatz zu erstellen. Klicken Sie nach dem Ausfüllen der Felder: Betreff, Nachrichtentyp, Eigenes Aktenzeichen und Aktenzeichen der Justiz oben das Feld „Strukturdatensatz generieren und anhängen“ an.

Nach dem Speichern des Dokuments generiert das System automatisch den Strukturdatensatz in Form einer Datei mit dem Namen xjustiz_nachricht.xml:

Ein XML-Strukturdatensatz ist ein maschinenlesbares Dokument. Daher kann er nicht mit dem Lupensymbol geöffnet und angesehen werden. Beim Exportieren der Nachricht nach dem Versand ist er in der ZIP-Datei enthalten.
7. Grenzen des elektronischen Rechtsverkehrs
An einigen Stellen gerät der elektronische Rechtsverkehr an seine Grenzen.
a) Überschreitung der Dateimengen und Dateigrößen
In der ERVB 2018 ist die Anzahl der hochzuladenden Dokumente auf maximal 100 begrenzt. Die Gesamt-Größe der Dateien darf maximal 60 MB betragen. Beim Hochladen der Dokumente werden diese Mengen im beA bereits angezeigt:

PRAXISTIPP | Beachten Sie, dass bei der Dateimenge berücksichtigt werden muss, dass der Strukturdatensatz und auch die qualifizierte elektronische Signatur jeweils gesonderte Dateien darstellen. |
Wird glaubhaft gemacht, dass diese Höchstgrenzen nicht eingehalten werden können, kann der Schriftsatz gem. § 3 der ERVV nach den allgemeinen Vorschriften übermittelt werden. Dabei sollen möglichst der Schriftsatz und die Anlagen als elektronische Dokumente auf einem nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 bekanntgemachten zulässigen physischen Datenträger beigefügt werden.
b) Zulässige physische Datenträger
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 der ERVV sind bis mindestens 31.12.20 zulässig
- DVD und
- CD.
Damit kommen z. B. USB-Sticks als Datenträger nicht in Betracht.
c) Technische Unmöglichkeit
Im Falle einer technischen Unmöglichkeit sieht § 130d Abs. 2 ZPO ab 1.1.22 (spätester Beginn der Sendepflicht) vor:
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Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. |
PRAXISTIPP | Die Übermittlung „nach den allgemeinen Vorschriften“ beinhaltet die herkömmlichen Wege wie Telefax, Bote oder Nachtbriefkasten. |
Da das elektronische Dokument nachgereicht werden muss, kann beim Überschreiten der Datenmengen die Nachricht aufgeteilt werden. Versenden Sie Schriftsatz und Anlagen getrennt. Dies hat den Vorteil, dass der Schriftsatz fristwahrend eingereicht wird, Anlagen können nachgereicht werden.
§ 130a ZPO Abs. 5 gibt die Richtung vor:
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Die automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht ist maßgeblich.

Bei umfangreichen Anlagen können auch mehrere Anlagen in verschiedenen Nachrichten gesendet werden, um die elektronische Form durchgängig zu ermöglichen.
Bei Dateien, die weder in PDF noch in TIFF dargestellt werden können, z. B. Sound-Dateien, wird der Gesetzgeber nachbessern müssen, um den elektronischen Rechtsverkehr weiter voranzubringen.
Weiterführende Hinweise
- Auf der Seite https://bea-abc.de halten wir Sie auf dem Laufenden und informieren Sie, sobald es Neuigkeiten in Sachen beA gibt
- Die Screenshots dieses Beitrags wurden mit freundlicher Genehmigung der Bundesrechtsanwaltskammer ohne Änderung wiedergegeben