· Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr
beA: Zustellung von Anwalt zu Anwalt
von Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Cosack, Mainz, https://bea-abc.de
| Die Redaktion von AK erreichte folgende Leserfrage: „Wenn ich einen gerichtlich geschlossenen Vergleich von Anwalt zu Anwalt per beA zustellen möchte, muss dann trotzdem noch ein Empfangsbekenntnis beigefügt sowie von der Gegenseite ausgedruckt und unterschrieben werden oder reicht es, wenn ein elektronisches Empfangsbekenntnis von dem gegnerischen RA per beA abgegeben wird, das ich dann ausdrucke und an den Vergleich hefte?“ AK gibt die Antwort und erläutert hilfreiche Details |
1. Erfüllung der passiven Nutzungspflicht
Derzeit gilt (mit Ausnahme der seit 1.1.20 in Schleswig-Holstein geltenden aktiven Nutzungspflicht in der Arbeitsgerichtsbarkeit) lediglich die passive Nutzungspflicht nach § 31a Abs. 6 ZPO:
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Der Inhaber des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ist verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen. |
a) Erforderliche technische Einrichtungen vorhalten
Der Rechtsanwalt benötigt neben einem PC mit Internetzugang, aktuellem Browser (nicht Microsoft Edge), beA Client Security, JAVA und aktuellen Treibern auch mindestens eine beA-Karte Basis für die Erstregistrierung und die Einrichtung des Postfachs sowie ein Kartenlesegerät der Klasse 3 (mit Display). Außerdem muss er sich an seinem beA registrieren. Erst dann kann er einstellen, dass er per E-Mail informiert werden will, sobald im beA Nachrichten eingehen. Unabhängig von den Eingangsbenachrichtigungen sollte das beA aber regelmäßig auf Eingänge überprüft werden.
b) Zustellungen zur Kenntnis nehmen
Der Rechtsanwalt muss Zustellungen (= elektronische Empfangsbekenntnisse [eEB]) zur Kenntnis nehmen und elektronisch zurücksenden (wobei er das Versenden des eEB an Mitarbeiter delegieren kann ‒ notwendig ist dazu das Recht Nr. 14 „EBs versenden“ ‒, dann ist das eEB mit einer qualifizierten elektronischen Signatur [qeS] zu signieren). Dabei ist nicht das Eingangsdatum des Dokuments, sondern das Datum maßgeblich, wann der Rechtsanwalt dieses Dokument zur Kenntnis nimmt. Dieses Datum muss nicht zwangsläufig mit dem Eingangsdatum des Dokuments identisch sein.
Beachten Sie | Der BGH hat mit Beschluss vom 12.9.19 (IX ZB 13/19, Abruf-Nr. 211475) nochmals darauf hingewiesen, dass für den Fristbeginn entscheidend ist, wann der Anwalt das Schriftstück unterschreibt. Es kommt auf die Kenntnisnahme und nicht auf das Zustellungsdatum an. Die häufig geübte Praxis, das Eingangsdatum mit dem Zustelldatum gleichzusetzen, ist also zu überdenken.
MERKE | Im Gegensatz zur ZPO sieht das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) weiterhin eine Zustellfiktion vor: Nach § 5 Abs. 7 S. 2 VwZG gilt ein elektronisches Dokument am dritten Tag nach der Absendung an den vom Empfänger hierfür eröffneten Zugang als zugestellt, wenn der Behörde nicht spätestens an diesem Tag ein eEB zugeht (vgl. LG Leipzig 13.5.19, 7 K 2184/16.A). |
Nach § 53 BRAO muss der Rechtsanwalt für seine Vertretung sorgen, wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben oder wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will. Im Vertretungsfall müsste dann der Vertreter das eEB zur Kenntnis nehmen.
c) Zugang von Mitteilungen zur Kenntnis nehmen
Mit „Zugang von Mitteilungen“ sind alle Dokumente gemeint, die ohne eEB im beA eingehen. Bei diesen Dokumenten ist der Eingang im beA maßgeblich, unabhängig davon, wann das Dokument zur Kenntnis genommen oder bearbeitet wird. Da der Eingang im beA dokumentiert ist, ist diese Frist immer zu beachten. Da es sich jedoch nicht um eine Notfrist handelt, kann diese i. d. R. auf Antrag verlängert werden.
PRAXISTIPP | Zunehmend versenden die Gerichte Gerichtskostenrechnungen über das beA. Insbesondere bei Klagen, bei denen Verjährung eine Rolle spielt, oder bei Zeugengebühren, die eingezahlt werden müssen, damit Zeugen rechtzeitig zum Termin geladen werden können, ist eine zeitnahe Überwachung und Bearbeitung der Eingänge im beA erforderlich. |
Beachten Sie | Das Anwaltsgericht Nürnberg (6.3.20, I-13/19 5EV 42/19) hat erstmals eine Rechtsanwältin zu einer Geldbuße von 3.000 EUR verurteilt, weil sie der Erfüllung ihrer passiven Nutzungspflicht nicht nachgekommen war und damit nicht feststellen konnte, ob ihr über das beA etwas zugestellt wird.
2. Erfüllung der aktiven Nutzungspflicht
Die aktive Nutzungspflicht, d. h. ausschließlich über EGVP oder das beA einzureichen, gilt bereits seit dem 1.1.17 für das Zentrale Schutzschriftenregister (ZSSR), das bundesweit in Frankfurt/Main geführt wird, und seit dem 1.1.20 für die Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein. Ob ein Bundesland diese Pflicht bereits eingeführt hat, ergibt sich ausschließlich aus der jeweiligen Landesverordnung. Eine Übersicht der Landesverordnungen finden Sie unter https://bea-abc.de/lexikon/landesverordnung/ und länderspezifische Regelungen unter https://justiz.de/elektronischer_rechtsverkehr/index.php.
MERKE | Zum 1.1.21 können weitere Bundesländer die aktive Nutzungspflicht einführen, bevor diese spätestens zum 1.1.22 (§ 130d ZPO n. F.) bundesweit gilt. |
3. Zustellung von Anwalt zu Anwalt per beA
Nach § 195 ZPO kann bei Parteien, die durch Anwälte vertreten sind, das Dokument auch dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das Dokument dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt). Abs. 1 S. 5 verweist auf § 174 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 S. 1, 3 ZPO.
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„An die in Absatz 1 Genannten kann auch ein elektronisches Dokument zugestellt werden.“ […] „Das Dokument ist auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 130a Absatz 4 zu übermitteln und gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schützen.“ |
Als „sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 130a Absatz 4“ ist in Ziffer 2. auch der Übermittlungsweg über das beA nach § 31a BRAO festgelegt.
Beachten Sie | Auch wer das beA derzeit nur passiv nutzt, ist verpflichtet, das eEB (digital) abzugeben.
4. Zustellung von Gericht per beA
Ob eine Zustellung durch das Gericht erfolgt, ergibt sich aus der geöffneten Nachricht oder ‒ besser erkennbar ‒ durch das Einstellen einer automatischen Markierung, sodass sofort erkennbar ist, dass das Dokument per eEB zugestellt wird. Dazu wechselt man in der Nachrichtenübersicht auf den Reiter „Sonstige Funktionen“ > Hervorhebung von Nachrichten. Achten Sie darauf, dass Sie sich im Ordner „Posteingang“ befinden. Vergeben Sie einen Namen, z. B. „eEB“, und eine Farbe (Tipp: Golden markiert die Nachricht wie mit einem gelben Textmarker). Fügen Sie noch den Filter „Nachrichten, die ein Empfangsbekenntnis erfordern“ hinzu und setzen Sie den Operator auf „gleich“ sowie den Wert auf „Ja“.

Jetzt werden eingehende Nachrichten, die ein Empfangsbekenntnis erfordern, egal ob vom Gericht oder bei Zustellung von Anwalt zu Anwalt, vom System automatisch entsprechend „Golden“ markiert. Nachrichten ohne eEB bleiben ohne Markierung.

Beachten Sie | Ein Empfangsbekenntnis kann nur von Anwalt zu Anwalt oder von Gericht zu Anwalt angefordert werden. Es ist nicht dafür geeignet, ein eEB vom Gericht zu erlangen. Aus technischen Gründen ist die Anforderung eines eEB immer nur von einem Empfänger möglich. Zur Überprüfung, ob Ihre Nachricht auch (rechtswirksam) angekommen ist, lesen Sie bitte den Beitrag von Cosack, AK 19, 78.
5. Praktische Umsetzung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt
Erstellen Sie eine neue Nachricht und fügen Sie den gegnerischen Kollegen als Empfänger hinzu. Laden Sie den Anhang hoch und füllen Sie die Anhangs-Bezeichnung so aus, dass erkennbar ist, welches Dokument Sie zustellen:

Klicken Sie das Feld „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ an. Dadurch wird automatisch auch das Feld „Strukturdatensatz generieren und anhängen“ angehakt. Das Empfangsbekenntnis ist in technischer Hinsicht ein Strukturdatensatz. Da der Empfänger keine Justizbehörde ist, lassen Sie den Hinweis „Unbekannt“ im Feld Justizbehörde unverändert ‒ dieses ist nämlich als Pflichtfeld (*) ausgestaltet.

Beachten Sie | Nach wie vor wird bei Zustellung von Anwalt zu Anwalt (im Gegensatz zur Zustellung durch das Gericht) lediglich die SAFE-ID-Nr. von Absender und Zustellempfänger angezeigt, die Klarnamen fehlen. Ggf. könnte man die Felder Aktenzeichen Sender und Aktenzeichen Empfänger nutzen und dort die Anwaltsnamen eintragen.

Das abgegebene eEB sieht dann wie folgt aus:

Leider übernimmt das System nur die Eingabe des Senders und nicht des Empfängers. Dieser wird nur durch die SAFE-ID-Nr. dargestellt.
6. Antwort auf die Leserfrage
Es ist ausreichend, wenn der gegnerische Anwalt auf die zuvor beschriebene Art und Weise ein elektronisches Empfangsbekenntnis abgibt. Da die Zwangsvollstreckung über das beA derzeit nur nach § 754a ZPO möglich ist, führt aktuell leider noch kein digitaler Weg zu einer wirksamen Zwangsvollstreckung.
FAZIT | Noch ist der Medienbruch im elektronischen Rechtsverkehr notwendig. Es ist jedoch in Zukunft ein elektronisches Vollstreckungsregister geplant, sodass dann auch über das beA elektronisch vollstreckt werden kann. |
Weiterführende Hinweise
- Auf der Seite https://bea-abc.de halten wir Sie auf dem Laufenden und informieren Sie, sobald es Neuigkeiten in Sachen beA gibt.
- Die Screenshots dieses Beitrags wurden mit freundlicher Genehmigung der Bundesrechtsanwaltskammer ohne Änderung wiedergegeben.