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· Fachbeitrag · Ende der aktiven Unternehmenstätigkeit

§ 6b-Rücklage: Vermietungsobjekt in gewerblich geprägter GmbH & Co. KG als Reinvestition

von StB Dipl.-Finw. (FH) Lars Mayer, Düsseldorf

| Die Rechtsprechung zeigt oft, wie man es besser nicht machen sollte. So auch in einem Fall des BFH (22.11.18, VI R 50/16), wo Eltern ihren Betrieb durch vorweggenommene Erbfolge auf ihren Sohn übertragen hatten. Die in dem Betriebsvermögen enthaltene § 6b-Rücklage wurde in das Sonderbetriebsvermögen der Eltern bei einer KG umgebucht. Die Gestaltung ging schief, weil das Reinvestitionsobjekt im Zeitpunkt der Umbuchung noch nicht fertiggestellt war. Angelehnt an den BFH-Sachverhalt wird gezeigt, wie gestaltet werden kann, wenn eine betriebliche Reinvestition zum Ende der aktiven Unternehmenstätigkeit nicht geplant ist. |

1. Ausgangssachverhalt

Eheleute sind Gesellschafter einer land- und forstwirtschaftlichen GbR, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Nachdem ein Teil des Ackerlands zu Bauland geworden ist, verkaufen sie das Bauland „A“ in 2019. Den Veräußerungsgewinn neutralisieren sie zunächst durch eine Rücklage nach § 6c EStG.

 

Zur Reinvestition

  • gründen die Eheleute eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG,
  • übertragen die Eheleute das Bauland „B“ aus dem Gesamthandsvermögen der GbR in das Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG,
  • überlassen die Eheleute das Bauland „B“ aus dem Sonderbetriebsvermögen heraus unentgeltlich an die GmbH & Co. KG und
  • errichtet die GmbH & Co. KG auf dem überlassenen Bauland „B“ ein Mehrfamilienhaus auf fremdem Grund und Boden, das 2020 fertiggestellt wird.

 

Die Rücklage nach § 6c EStG wird 2020 in der GbR erfolgsneutral aufgelöst und der Betrag der Rücklage wird in der GmbH & Co. KG nach § 6b EStG erfolgsneutral von den Herstellungskosten des Gebäudes abgezogen.

 

 

Beachten Sie | § 6b EStG ist unmittelbar nur bei bilanzierenden Steuerpflichtigen anwendbar (§ 6b Abs. 4 Nr. 1 EStG). Nach § 6c EStG ist § 6b EStG aber bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG entsprechend anzuwenden, wenn ergänzende Verzeichnisse geführt werden.

2. Übertragung des Baulands „B“

Die Übertragung eines Einzel-Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer Schwester-Mitunternehmerschaft wird in § 6 Abs. 5 EStG nicht ausdrücklich geregelt.

 

Während der IV. Senat des BFH diese Übertragung grundsätzlich als Buchwertvorgang anerkennt (AdV-Beschluss vom 15.4.10, IV B 105/09), sah der I. Senat des BFH hierin zunächst einen Realisationstatbestand (BFH 25.11.09, I R 72/08). Später legte der I. Senat des BFH (10.4.13, I R 80/12) diese Rechtsfrage aber dem BVerfG vor. Über dieses Verfahren (2 BvL 8/13) hat das BVerfG indes immer noch nicht entschieden.

 

2.1 Übertragung von der Gesamthand in das Sonderbetriebsvermögen

Um die o. g. Rechtsunsicherheit zu vermeiden, wird die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen der GbR in das Sonderbetriebsvermögen der GmbH & Co. KG gewählt. Diese Übertragung ist nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 EStG ausdrücklich zum Buchwert möglich, soweit sie gegen Minderung von Gesellschaftsrechten (Buchung im Kapitalkonto I) oder unentgeltlich (Buchung in variablen Gesellschafterkonten mit Eigenkapitalcharakter oder in Rücklagekonten) erfolgt. Hierzu wird das Eigentum an dem Grundstück von der GbR in das Miteigentum der beiden Gesellschafter übertragen (notarielle Beurkundung erforderlich, grunderwerbsteuerfrei nach § 6 Abs. 1 GrEStG, § 15a UStG und Option zur Umsatzsteuer sind zu prüfen).

 

MERKE | Eine Verbuchung im Verrechnungskonto mit Fremdkapitalcharakter wäre hingegen schädlich für die Buchwertverknüpfung.

 

2.2 Zugehörigkeit des Grundstücks zum Sonderbetriebsvermögen

Durch die Übertragung aus dem Gesamthands-Eigentum der GbR heraus endet die Eigenschaft des Baulands „B“ als Gesamthandsbetriebsvermögen in der GbR. Mangels Nutzung in der GbR stellt das Grundstück auch kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen in der GbR dar.

 

Durch die Überlassung an die GmbH & Co. KG dient das Bauland „B“ dem (Vermietungs-)Betrieb der GmbH & Co. KG und stellt dadurch grundsätzlich notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG dar.

 

Beachten Sie | Die Trennung von der GbR und die Überlassung an die GmbH & Co. KG heilen hier die Bedenken, die der BFH (10.3.16, IV R 22/13) für die Zuordnung einer Immobilie zum Sonderbetriebsvermögen einer nur gewerblich geprägten GmbH & Co. KG geäußert hat.

 

2.3 Abgrenzung zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung

Die Überlassung durch alle Gesellschafter an die Personengesellschaft führt grundsätzlich zu einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung. Da das Bauland „B“ aber Miteigentum der Gesellschafter und nicht deren Gesamthandsvermögen darstellt, würde die Annahme einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zahlreiche weitere Fragen aufwerfen.

 

Durch die hier gewählte unentgeltliche Überlassung liegt aber keine Überlassung mit Gewinnerzielungsabsicht vor, sodass keine eigene Gewerblichkeit der Überlassung gegeben ist. Die unentgeltlich überlassenen Miteigentumsanteile stellen daher vorrangig Sonderbetriebsvermögen bei der GmbH & Co. KG dar (BMF 28.4.98, IV B 2 - S 2241 - 42/98, unter Tz. 1).

 

2.4 Keine Einschränkung für unterschiedliche Einkunftsarten

§ 6 Abs. 5 EStG sieht keine Einschränkung für Übertragungen zwischen Betriebsvermögen unterschiedlicher Einkunftsarten vor. Auch die Übertragung zwischen land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen und gewerblichem Betriebsvermögen ist uneingeschränkt zum Buchwert möglich. Der Umstand, dass dadurch stille Reserven gewerbesteuerlich ver- oder entstrickt werden können, steht dem nicht entgegen.

3. Abzug nach § 6b/c EStG

Auch der Abzug nach § 6b/c EStG ist im Sachverhalt möglich, wie nachfolgende Ausführungen zeigen.

 

3.1 Personenbezogene Anwendung

Nach R 6b.2 Abs. 6, 7 EStR kann ein Abzug nach § 6b EStG grundsätzlich (Ausnahme nachfolgend unter 3.2) in jedem (anteiligen) Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen erfolgen. Unabhängig davon, ob die stille Reserve in einem Einzel-, Sonder- oder Gesamthands-Betriebsvermögen aufgedeckt wird, kann der Abzug in dem gleichen Betriebsvermögen oder einem anderen Einzel-, Sonder- oder Gesamthands-Betriebsvermögen vorgenommen werden.

 

MERKE | Dabei kann auch zwischen Betriebsvermögen gewechselt werden, bei denen der Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Dadurch ändert sich nur die Rechtsgrundlage von § 6b EStG zu § 6c EStG oder umgekehrt.

 

Die steuerfreie Rücklage nach § 6b EStG verbleibt aber solange in dem Betriebsvermögen, in dem sie gebildet wurde, bis der Abzug in dem anderen Betriebsvermögen erfolgt (R 6b.2 Abs. 8 S. 3 EStR). Eine Umbuchung der Rücklage in ein anderes Betriebsvermögen „auf Vorrat“ ist nicht zulässig!

 

An dieser Regelung scheiterte die Gestaltung in dem Sachverhalt, der dem Urteil des BFH (22.11.18, VI R 50/16) zugrunde lag. Dort übertrugen die Eltern dem Sohn das Betriebsvermögen (in dem sich die Rücklage nach § 6b EStG befand) unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, bevor das Reinvestitionsobjekt in einem anderen Betriebsvermögen fertiggestellt wurde. Die Eltern gingen im Streitfall davon aus, dass es ausreiche, die steuerfreie Rücklage vor Fertigstellung in das Ziel-Betriebsvermögen umzubuchen, dort fortzuführen, bis das Reinvestitionsobjekt fertiggestellt ist, und dann den Abzug dort vorzunehmen.

 

Der BFH entschied dagegen, dass die steuerfreie Rücklage nicht „auf Vorrat“ in das andere Betriebsvermögen umgebucht werden konnte, sondern nach § 6 Abs. 3 EStG mit auf den Sohn überging. Bei Fertigstellung des Reinvestitionsobjekts hatten die Eltern dann zwar ein Gebäude, aber keine steuerfreie Rücklage nach § 6b EStG. Der Sohn hingegen hatte zwar eine steuerfreie Rücklage nach § 6b EStG, aber kein Gebäude. Demzufolge konnte keiner einen Abzug nach § 6b EStG von den neuen Herstellungskosten vornehmen.

 

Wenn aber ‒ wie vorliegend ‒ die steuerfreie Rücklage in der GbR fortgeführt wird, bis die Reinvestition in der GmbH & Co. KG abgeschlossen ist (Fertigstellung des Gebäudes), kann ein Abzug von den Herstellungskosten in der GmbH & Co. KG erfolgen. Hierzu ist die steuerfreie Rücklage in der GbR erfolgsneutral gegen Eigenkapital auszubuchen (bzw. bei § 6c EStG gewinnneutral in dem gesonderten Verzeichnis aufzulösen). In der GmbH & Co. KG sind die Herstellungskosten des Gebäudes in gleicher Höhe erfolgsneutral gegen Eigenkapital herabzusetzen (R 6b.2 Abs. 8 S. 2 EStR).

 

Beachten Sie | Und auch im Streitfall des BFH wäre ein „optimales Ergebnis“ möglich gewesen. Hierzu hätten die Eltern mit der Übertragung des LuF-Betriebs nur bis zur Fertigstellung des Gebäudes warten müssen.

 

3.2 Reinvestition in anderer Einkunftsart

Anders als § 6 Abs. 5 EStG sieht § 6b EStG eine Einschränkung bei der Verschiebung von stillen Reserven zwischen Einkünften i. S. d. § 15 EStG und anderen Gewinneinkunftsarten (§§ 13, 18 EStG) vor. So ist es nach § 6b Abs. 4 S. 2 EStG nicht möglich, Gewinne aus dem potenziell gewerbesteuerpflichtigen Bereich des § 15 EStG in den nicht der Gewerbesteuer unterliegenden Bereich der §§ 13, 18 EStG zu transferieren.

 

MERKE | Da hier aber der Verkauf im Bereich des § 13 EStG und die Reinvestition im Bereich des § 15 EStG erfolgen, ist eine Übertragung der stillen Reserven möglich. Hierdurch besteht jedoch die Gefahr, dass künftige Gewinne (höherer Veräußerungsgewinn wegen des geringeren Buchwerts, höherer laufender Gewinn wegen geringerer AfA) der Gewerbesteuer unterliegen, obwohl der Veräußerungsgewinn im Bereich des § 13 EStG nicht gewerbesteuerlich relevant war.

 

Diese potenzielle Gewerbesteuerpflicht sollte aber aus mehreren Gründen (ggf. erreichbare erweiterte Grundstückskürzung, gewerbesteuerlicher Freibetrag, Nicht-Erfassung eines Veräußerungsgewinns i. S. d. § 16 EStG bei der Gewerbesteuer nach § 7 S. 2 GewStG, § 35 EStG) häufig ein nur theoretisches Risiko bleiben.

 

3.3 Übertragung stiller Reserven von Boden auf Gebäude

Die Grundidee des § 6b EStG ist, dass die Übertragung der stillen Reserven „innerhalb der Gattung“ stattfindet: Stille Reserven aus dem Verkauf von Boden werden auf Boden übertragen und stille Reserven aus dem Verkauf von Gebäuden werden auf Gebäude übertragen.

 

Soweit stille Reserven aus dem Verkauf von Gebäuden auf Gebäude übertragen werden, mindern sich AfA-Volumen und AfA-Bemessungsgrundlage für das neue Gebäude. Würde stattdessen eine Übertragung stiller Reserven von Gebäuden auf neuen Boden erfolgen, würde dieser Nachteil vermieden. Diese Verbesserung erlaubt das Gesetz aber nicht.

 

Werden stille Reserven aus Boden nicht auf neuen Boden übertragen, wo keine AfA möglich ist, sondern auf ein neues Gebäude, wo sie die neue AfA mindern, tritt eine Verschlechterung ein, die das Gesetz erlaubt.

 

Die stille Reserve, die bei dem Verkauf von Boden aufgedeckt wurde, kann also auf die neuen Herstellungskosten des Gebäudes übertragen werden (§ 6b Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG).

4. Exkurs ‒ § 6b EStG bei Betriebsveräußerung

Nach R 6b.2 Abs. 10 EStR kann auch eine bei einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe aufgedeckte stille Reserve in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt werden. Hierzu ist bei einem veräußerten Einzelunternehmen die steuerfreie Rücklage als (einziges) Rest-Betriebsvermögen in einer fortbestehenden Bilanz zu bilden und fortzuführen. Bei einem veräußerten Mitunternehmeranteil ist die steuerfreie Rücklage in einer Sonderbilanz des ausgeschiedenen Mitunternehmers fortzuführen (BFH 25.1.06, IV R 14/04).

 

Wird dann in einem anderen Betriebsvermögen reinvestiert, ist wie in dem o. g. Sachverhalt vorzugehen (erfolgsneutrale Auflösung der steuerfreien Rücklage im Ursprungs-Betriebsvermögen gegen Eigenkapital, erfolgsneutrale Herabsetzung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten des Reinvestitions-Wirtschaftsguts im Ziel-Betriebsvermögen ebenfalls gegen Eigenkapital).

 

Beachten Sie | Erfolgt keine Reinvestition, ist die steuerfreie Rücklage im Ursprungs-Betriebsvermögen erfolgswirksam aufzulösen und es ist ein Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG vorzunehmen.

 

FAZIT | Wird betrieblicher Grundbesitz verkauft und ist eine betriebliche Reinvestition grundsätzlich nicht geplant, kann eine Versteuerung gleichwohl vermieden werden, wenn ein Vermietungsobjekt in einer eigens dafür gegründeten gewerblich geprägten GmbH & Co. KG hergestellt oder angeschafft wird.

 

Der Abzug von den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der GmbH & Co. KG kann unabhängig davon erfolgen, ob die stillen Reserven in einem land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Einzel-, Sonder- oder Gesamthands-Betriebsvermögen aufgedeckt wurden. Irrelevant ist ferner, ob der Veräußerungsgewinn nach § 4 Abs. 1 EStG, nach § 4 Abs. 3 EStG oder als Veräußerungsgewinn i. S. d. § 16 EStG ermittelt wurde.

 

Stille Reserven aus dem Verkauf von Boden können auf neuen Boden und neue Gebäude übertragen werden. Stille Reserven aus dem Verkauf von Gebäuden können nur auf neue Gebäude übertragen werden.

 
Quelle: Seite 11 | ID 46225935