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· Fachbeitrag · Entgeltfortzahlung/Lohnzuschläge

Bei Entgeltfortzahlung zu berücksichtigende SFN-Zuschläge sind steuer- und beitragspflichtig

| Arbeitnehmer haben bei Krankheit, an Feiertagen und bei Urlaub Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zahlen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern regelmäßig auch Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschläge (SFN-Zuschläge), müssen sie diese Zuschläge in vielen Fällen auch während der Entgeltfortzahlung zahlen. Allerdings sind diese Zuschläge dann steuer- und beitragspflichtig. Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) fordern regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge nach. |

SFN-Zuschläge in der Lohnsteuer und Sozialversicherung

Für SFN-Zuschläge gilt in der Lohnsteuer und Sozialversicherung Folgendes:

 

  • Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind lohnsteuer- und beitragsfrei, wenn sie neben dem Grundlohn gezahlt werden. Das gilt für geleistete Nachtarbeit, in der Zeit von 20:00 Uhr bis 00:00 Uhr, wenn der Zuschlag nicht mehr als 25 Prozent beträgt (§ 3b EStG, § 1 Abs. 1 SvEV).

 

  • Steuer- und beitragspflichtig sind dagegen vom Arbeitgeber gezahlte SFN-Zuschläge für Tage, an denen der Arbeitnehmer üblicherweise arbeitet, tatsächlich aber wegen Urlaub, Feiertag oder Krankheit nicht gearbeitet hat und Anspruch auf einen SFN-Zuschlag hat.

SFN-Zuschläge in der DRV-Prüfung

Bei Betriebsprüfungen der DRV werden seit Jahren aus geschuldeten SFN-Zuschlägen, die nicht in die Berechnung des Krankheits-, Urlaubs- oder Feiertagslohns eingeflossen sind, Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Und das kommt so:

 

Lohnausfallprinzip in der Entgeltfortzahlung

Für die Entgeltfortzahlung gilt, dass Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung nach dem Lohnausfallprinzip haben. Das bedeutet: Der einzelne Arbeitnehmer ist so zu bezahlen, als hätte er gearbeitet.

 

  • Bei der Entgeltfortzahlung an Feiertagen, bei Krankheit und Urlaub müssen grundsätzlich auch die vorher gewährten lohnsteuer- und beitragsfreien Zuschläge für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit einberechnet werden. Voraussetzung ist, dass in der Vergangenheit solche Arbeit geleistet wurde und ohne Erkrankung oder an Feiertagen oder Urlaub hätte geleistet werden müssen.

 

  • Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können den Anspruch auf einen SFN-Zuschlag nur bedingt ausschließen. Das zeigt folgende Übersicht:

 

  • Lohnausfallprinzip in der Entgeltfortzahlung
Ausfall
Gesetzliche Regelung
Möglichkeiten beim SFN-Zuschlag

Feiertag

  • Für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, muss der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (§ 2 EFZG).

Krankheit

  • Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit an seiner Arbeitsleistung gehindert, hat dieser einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes bis zur Dauer von 6 Wochen (§ 3 Abs. 1 EFZG).
  • Der Lohn ist in der Höhe zu gewähren, der ohne die eingetretene Arbeitsunfähigkeit zu gewähren gewesen wäre (§ 4 EFZG).
  • Zuschläge für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind in die Krankheitsvergütung einzubeziehen, wenn der Arbeitnehmer laut Dienstplan oder Vereinbarung an diesen Tagen gearbeitet hätte (BAG, Urteil vom 14.01.2009, Az. 5 AZR 89/08, Abruf-Nr. 091176).
  • Sieht ein Arbeitsvertrag vor, dass Arbeitnehmer für Arbeit an Sonn- oder Feiertagen steuerfreie Zuschläge erhalten, so gilt dies auch, wenn wegen einer Erkrankung entsprechende Arbeitstage ausfallen; selbst dann, wenn für die Arbeit an Sonn- oder Feiertagen jeweils ein „Ersatzruhetag“ gewährt wird (BAG, Urteil vom 14.01.2009, Az. 5 AZR 89/08, Abruf-Nr. 091176).
  • Tarifverträge dürfen bei Krankheit von den gesetzlichen Regelungen abweichen (§ 4 Abs. 4 EFZG). Der Verweis auf eine Betriebsvereinbarung, die geschlossen wurde, reicht dabei nicht aus (Beschluss der „Arbeitsgruppe Beitragsüberwachung [AG BEIUE] 03/2017).

Urlaub

  • Jeder Arbeitnehmer hat pro Kalenderjahr einen Anspruch auf einen bezahlten Erholungsurlaub (§ 1 BUrlG). Gemäß § 11 BUrlG bemisst sich der Urlaubslohn nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs erhalten hat. Allerdings fließen geleistete Überstunden in die Berechnung nicht ein.
  • Bei der Berechnung des Urlaubslohns (§ 13 Abs. 1 BUrlG) kann die Fortzahlung der SFN-Zuschläge durch Tarifvertrag nicht ausgeschlossen werden. Regelungen sind nicht vereinbar, die das Ziel der Kürzung des Urlaubsentgelts im Vergleich zum Arbeitsentgelt verfolgen (BAG, Urteil vom 22.01.2002, Az. 9 AZR 601/00, Abruf-Nr. 202762)
  • Arbeitsvertragliche Regelungen sind maßgebend, wenn sie für den einzelnen Arbeitnehmer günstiger sind als tarifvertragliche Regelungen.
  • Durch einen Arbeitsvertrag kann eine tarifvertragliche Regelung nicht beseitigt werden. Eine Abweichung ist nur hinsichtlich der Berechnungsmodalitäten möglich (z. B. Grundlage sind die letzten 12 Monate statt die letzten 13 Wochen für die Berechnung des Urlaubslohns).
 

 

Entstehungsprinzip für Beitragspflicht maßgeblich

Beiträge in der Sozialversicherung sind aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen, auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat. Der Beitragsanspruch entsteht, sobald die im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen („Entstehungsprinzip“, § 22 SGB IV).

 

Wichtig | Keine Rolle spielt, ob der Lohn gezahlt wurde. Beitragspflichtig ist somit nicht nur das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt, sondern auch geschuldetes ‒ noch nicht gezahltes ‒ Arbeitsentgelt.

 

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die Grundlagen für die Beitragsberechnung zu liefern. Allerdings ist die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge in diesen Fällen schwierig und kompliziert, weil beispielsweise für jeden Feiertag geprüft werden muss, welcher Lohn bzw. welche SFN-Zuschläge tatsächlich ausgefallen sind. Auch die Urlaubsansprüche müssten bei jedem Beschäftigten tageweise berechnet werden. Das Ganze würde in jedem Fall den Rahmen einer Betriebsprüfung sprengen. Aus diesem Grund einigt sich die DRV bei einer Betriebsprüfung auf eine pauschale Berechnungsmethode und fordert Beiträge im Rahmen eines Summenbeitragsbescheids nach.

 

  • Beispiel

Ein Arbeitnehmer hat im Jahr 2017 2.000 Euro lohnsteuer- und beitragsfreie SFN-Zuschläge erhalten. Die bisher gewährten SFN-Zuschläge sind nicht in die Berechnung des Feiertags-, Krankheits- und Urlaubslohns eingeflossen.

 

Der DRV-Prüfer kommt auf 20 Prozent Fehlzeiten bei dem Arbeitnehmer. Das ergibt eine Beitragsbemessungsgrundlage von 400 Euro (= 20 Prozent von 2.000 Euro). Aus den 400 Euro sind zusätzlich Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Bei ca. 42 Prozent ergibt sich eine Nachzahlung von 168 Euro.

 

Den Weg über den Summenbeitragsbescheid wählen die Arbeitgeber bzw. die beauftragten Steuerbüros, weil sie für die rückwirkenden Jahre die Sozialversicherungsmeldungen nicht berichtigen müssen. Die Lohnabrechnungsprogramme können Rückrechnungen nur für das laufende und letzte Jahr durchführen. Weiter zurückliegende Jahre müssten manuell korrigiert werden. Das kostet Geld. Deshalb wählt man den einfacheren Weg über den Summenbeitragsbescheid.

 

Nacherhebung von Beiträgen und Summenbescheid in der Rechtsprechung

Die Sozialrichter segnen die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen auf SFN-Zuschläge regelmäßig ab (zuletzt z. B. SG Osnabrück, Urteil vom 03.07.2018, Az. S 10 R 475/16, Abruf-Nr. 202763).

 

Landet der Fall vor dem Sozialgericht, weil ein Arbeitgeber mit der Nachforderung der Beiträge im Rahmen des Summenbeitragsbescheids nicht einverstanden ist, rügen die Richter in den meisten Fällen den Summenbeitragsbescheid. In fast allen Fällen wäre eine personenbezogene Nachberechnung für den Arbeitgeber möglich. Dann muss ein neuer Bescheid erteilt werden mit einer personenbezogenen Nachberechnung.

 

PRAXSITIPP | Ergibt sich die Gewährung der SFN-Zuschläge nicht aus einem Tarifvertrag, sondern aus einem schriftlichen Arbeitsvertrag, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag dahingehend ändern, dass

  • künftig die SFN-Zuschläge nicht mehr gezahlt werden und
  • stattdessen der Stundenlohn erhöht wird.
 
Quelle: Seite 150 | ID 45433244