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· Fachbeitrag · Fortbildung

Weiterbildung zum „Betriebswirt im Gesundheitswesen“ ‒ ein Erfahrungsbericht

von Ute Thelen, Fachwirtin für Zahnärztliches Praxismanagement und Betriebswirtin im Gesundheitswesen, Sassenberg

| Die Fachhochschule Münster bietet in Kooperation mit der Zahnärztekammer (ZÄK) Westfalen-Lippe eine Ausbildung zum/zur „Betriebswirt/in im Gesundheitswesen“ für die Standorte Münster und/oder Bielefeld an. Wer teilnehmen will, muss in einem anerkannten Beruf des Gesundheits-, Sozial- oder Veterinärwesens einen Abschluss sowie zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen. Ich habe diesen Kurs im Februar 2016 begonnen und im Mai 2018 mit den mündlichen Prüfungen abgeschlossen. Nachfolgend berichte ich über die Inhalte und meine Erfahrungen mit dieser Ausbildung. |

Ziele und Inhalte der Weiterbildung

Die Weiterbildung soll Absolventen in die Lage versetzen, dem Praxisinhaber Geschäftsprozesse abzunehmen ‒ also Führungsaufgaben zu übernehmen ‒ und/oder unterstützend tätig zu werden. Die acht Module bauen aufeinander auf und gliedern sich inhaltlich wie folgt:

 

  • Inhalte der Weiterbildung zum Betriebswirt im Gesundheitswesen
Kommunikation und Methoden:
  • Grundlagen der Kommunikation und der Moderation

Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen:

  • Strukturen des Gesundheitssystems und rechtliche Grundlagen
  • Recht des Human Ressource Managements (HRM)
  • „Datenschutzrecht“ und „Marketingrecht“

Ausbildungs- und Personalmanagement mit den Schwerpunkten:

  • Ausbildungsmanagement/Personalwirtschaft
  • Betriebliches Gesundheitsmanagement

Betriebliches Rechnungs- und Finanzwesen mit den Schwerpunkten:

  • Buchführung und Kostenrechnung
  • Investitionsrechnung und Finanzplanung
  • Betriebliche Steuerlehre und Controlling

Betriebswirtschaftliche Unternehmensführung mit den Schwerpunkten:

  • Organisation von Gesundheitseinrichtungen und -netzwerken
  • Marketing
  • Materialwirtschaft und Logistik

Informations- und Kommunikationstechnologie mit den Schwerpunkten:

  • Einsatz elektronischer Datenverarbeitung
  • E-Health (Telemedizin und Telematik)
  • IT-Management

Case-Management im Gesundheitswesen mit den Schwerpunkten:

  • System- und Versorgungsmanagement
  • Fallmanagement

Veränderungsprozesse im Gesundheitswesen mit den Schwerpunkten:

  • Change-Management
  • Qualitätsmanagement
 

Nutzen der Fortbildung

Nicht allen Praxisinhabern behagt dieses Modell der Fortbildung. Viele befürchten, dass ihre besten Mitarbeiterinnen in Kliniken oder andere größere Einrichtungen des Gesundheitswesens abwandern könnten. Es ist aber festzuhalten: Praxen von heute werden immer größer und arbeiten auch überörtlich. Zudem werden die Anforderungen durch den Gesetzgeber und weitere Institutionen immer umfangreicher. Das macht den/die „Betriebswirt/in im Gesundheitswesen“ zu einer zukunftsorientierten Fortbildung. Zudem ist es möglich, sich die absolvierte Weiterbildung für ein Studium oder eine Spezialisierung wie z. B. im Qualitätsmanagement oder im Datenschutz anrechnen zu lassen.

Persönliche Anforderungen

Um diese Weiterbildung erfolgreich zu absolvieren und für sich selbst das Maximum herauszuholen, braucht der Teilnehmer hohe Selbstmotivation und Durchhaltevermögen. Zwei lange Jahre ‒ mit wenigen Ausnahmen ‒ jeden Samstag von 09:00‒17:15 Uhr zusätzlich zur normalen Arbeit in der Fortbildung zu verbringen, ist eine Herausforderung für jeden. Auch sind nicht alle Themen für die Teilnehmer gleich interessant.

Kosten der Fortbildung

Die Fortbildung zum Betriebswirt im Gesundheitswesen kostet nicht nur Zeit, sondern auch 5.550 Euro Teilnahme- sowie 400 Euro Prüfungsgebühr. Es gibt Förderungsmöglichkeiten sowie die Möglichkeit einer Ratenzahlungsvereinbarung mit der ZÄKWL. Dazu kommen die Reisekosten zur Fortbildung, Materialien und Bücher. Sämtliche Kosten sind steuerlich absetzbar.

 

Auch ist eine Finanzierung durch die Praxis als freiwillige Leistung denkbar. Die Praxis wird dann aber eine Gegenleistung fordern. Das ist verständlich, denn sie selbst will von der Fortbildung profitieren und den Mitarbeiter binden. Üblicherweise wird ein Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel geschlossen. Darin verpflichtet sich der an der Fortbildung teilnehmende Mitarbeiter dazu, in der Praxis für einen bestimmten Mindestzeitraum weiter zu arbeiten. Kündigt er, muss er Fortbildungskosten zurückzahlen.

Persönliche Einschätzung: Was war gut, was weniger?

Am Ende der Weiterbildung kann ich persönlich sagen, dass ich auf kein Modul verzichten möchte, damit ich mich mit gutem Gewissen „Betriebswirtin im Gesundheitswesen“ nennen kann. Entscheidend für mich ist es nicht nur, gute Noten in den Klausuren (die zum Abschluss eines jedem Moduls geschrieben werden) sowie in der Facharbeit und im Fachgespräch zu erzielen. Genauso wichtig ist für mich, sich mit der Ausbildung selbst weiterzuentwickeln, kompetenter zu werden und die Selbststeuerung zu verbessern. Ich sehe die Ausbildung als wichtiges und gutes Rüstzeug, um gelernte Methoden in der Praxis umzusetzen und Problemstellungen selbstständig zu lösen.

 

Wie in jeder längeren Fortbildung gibt es natürlich auch einige Kritikpunkte:

 

Kritik an der Organisation

Es bestand in unserem Kurs keine Anwesenheitspflicht. Leider haben einige Kollegen/Kolleginnen dies sehr wörtlich genommen. Schwierig wurde es vor allem in Gruppenarbeiten und im „Modul H“, wo im Rahmen des Change-Managements mehrere Projektgruppen gebildet wurden, um im Team ein Projekt zu bearbeiten und zu präsentieren. Weiterer Kritikpunkt: Für 28 Teilnehmer waren einige Räume zu eng, um von 09:00‒17:15 Uhr konzentriert arbeiten zu können.

 

Kritik an Inhalten

Ein großes Thema im Frühjahr 2018 war die neue Datenschutzgrundverordnung. Die Gelegenheit, uns darauf vorzubereiten, wurde jedoch nicht genutzt. Und beim Thema „Materialwirtschaft und Logistik“ hatten die Inhalte wenig bis gar keinen Bezug zum Gesundheitswesen.

 

Kritik an Teilnehmern

Als hinderlich erwies sich auch die Tatsache, dass einige Teilnehmer wenige oder keine Vorkenntnisse in gängigen Softwareprogrammen hatten. Ein Vorschaltkurs wäre besser gewesen, damit die Teilnehmer zumindest ähnliche Ausgangsvoraussetzungen gehabt hätten. Als sehr störend habe ich zudem die mangelnde Disziplin einiger Teilnehmer empfunden, die z. B. ihre Privatgespräche auch während des Kurses munter fortführten. Damit wurden die im 1. Modul „Kommunikation“ aufgestellten Kursregeln ständig gebrochen. Ich denke, in der Erwachsenenbildung ist ein derartiges Verhalten einer in Führungs- und Leitungsposition tätigen Betriebswirtin nicht würdig. Ich wünsche allen weiteren Kursen engagiertere und diszipliniertere Teilnehmer.

 

Erstellen einer Facharbeit ‒ eine echte Herausforderung

Das Erstellen einer Facharbeit zu einem mit den jeweiligen Dozenten abgestimmten selbst gewählten Thema ist eine weitere Herausforderung. Bei der Erstellung der Arbeit benötigt der Teilnehmer die Inhalte vieler Module. Auch hier ist eine hohe Selbstmotivation nötig, denn neben Vollzeit- oder Teilzeitjob und Familie sich jede freie Minute an den Schreibtisch zu setzen und das Thema zu erarbeiten und zu schreiben, ist schon schwer. Wer das schafft, darf zu Recht auf sich sehr stolz sein!

 

FAZIT | Trotz meiner sehr langen Berufserfahrung und umfangreichen Fortbildungen kann ich durch die Weiterbildung zur „Betriebswirtin im Gesundheitswesen“ neues Wissen, Fähigkeiten, Werte, Haltungen und Methoden in meinen beruflichen Alltag übertragen. Durch die erworbenen Kenntnisse sind mir Projekte wie z. B. die Umsetzung der neuen Datenschutzgrundverordnung oder die Planung und Moderation von Teamgesprächen sehr leichtgefallen. Für mich persönlich hat sich die Weiterbildung gelohnt. Ich habe eine Position in einer Praxis gefunden, wo ich die Inhalte meiner „Lieblingsmodule“ vertiefen und umsetzen kann.

 

Weiterführender Hinweis

  • Information zu der „Weiterbildung zum/zur Betriebswirt/in“ bei der ZÄKWL gibt es unter www.iww.de/s2296. Links zur weiteren ähnlichen Fortbildungen finden Sie zudem online unter ppz.iww.de unter diesem Beitrag.

 

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Quelle: Seite 10 | ID 45644941