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· Fachbeitrag · Geldwäscheprävention

„Erste Nationale Risikoanalyse Deutschlands 2018/2019“ ‒ Auswirkung auf Händler

von Andreas Glotz, Rechtsanwalt, Geschäftsführer Deutsche Gesellschaft für Geldwäscheprävention mbH, und Karoline Joschko, Dipl.-Finanzwirtin, Köln

| Ende Oktober ‒ und damit mit zweijähriger Verspätung ‒ hat das BMF die „erste Nationale Risikoanalyse Deutschlands 2018/2019“ (NARD, Abruf-Nr. 214212 ) veröffentlicht. Händler müssen ihr Risikomanagement anpassen. |

Zielstellungen und Ergebnis der NARD

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 GwG müssen Händler zwingend „die Informationen, die auf der NARD beruhen berücksichtigen“ und damit in ihr Risikomanagement nach §§ 4 ff GwG integrieren.

 

In einer fünfstufigen Skala hat das BMF das Risiko der Geldwäschebedrohung in Deutschland insgesamt als mittel bis hoch eingestuft, das der Terrorismusfinanzierung als mittel. Gründe für die zweithöchste Risikoeinstufung liegen im Zahlungsverhalten der Deutschen mit ihrer Liebe zum Bargeld und dem Fehlen entsprechender Verbote, der Anfälligkeit vieler Branchen (im Übrigen einschl. des Handwerks) sowie der Anonymisierung vieler Geschäftsvorfälle durch internetbasierten Handel und anonymisierten Zahlungsverkehr.

 

Die weitgehend inhaltsleeren und ausschweifenden Ausführungen dürften ihre Ziele vor allem darin haben, (endlich) gesetzlichen Vorgaben nachzukommen, aber vor allem einer tiefsitzenden Furcht vor einem erneut schlechten Abschneiden der anstehenden FATF-Prüfung Deutschlands begegnen zu können.

Folgen für das händlereigene Risikomanagement

Die gesetzliche Pflicht der Integration oben dargestellter Ausführungen in für Güterhändler praktikable Präventionsmaßnahmen ist nahezu unmöglich. Stellungnahmen des BMF oder vor allem von Aufsichtsbehörden, wie und was sie von den Händlern zukünftig hinsichtlich der Integration erwarten, sind derzeit nicht zu erhalten. Allerdings werden vereinzelt Indizien bzw. modi operandi in der NARD genannt. Diese dürften Händlern, die die FIU Hinweise/Typologiepapiere kennen und beachten, jedoch bekannt sein. Das sind beispielsweise:

 

  • Strikte klare Trennung zwischen Vortat und Geldwäscheaktivität durch Abgabe der inkriminierten Gelder an auf Geldwäsche spezialisierte Tätergruppen
  • Verwendung von Firmennetzwerken in Deutschland und im Ausland
  • Nutzung bargeldintensiver Geschäftsbereiche für die Platzierung der Gelder (Beispiele Gastro-, Glückspiel- und Wettbetriebe)
  • Vermischung legaler und illegaler Geschäftstätigkeiten
  • Hohe Zahlungen an Güterhändler durch Dritte, die in keinerlei Verbindung mit dem finalen Verbringungsort der Warenlieferung stehen
  • Nutzung von Handelsgütern als Tausch- oder Wertaufbewahrungsmittel
  • Dauerhaftes (An-)Mieten oder Leasing von Luxusgütern (könnte Ausweichmechanismus wegen des Vermögensabschöpfungsrechts sein)

 

PRAXISTIPP | Es existiert eine weitgehende, eher allgemein gehaltene Übereinstimmung mit den Typologiepapieren der FIU bzw. der Anlage 2 zum GwG. Soweit ein Händler in der eigenen Risikoanalyse die wesentlich weiter gefassten FIU-Papiere berücksichtigt, müssten die Aufsichtsbehörden den Verweis darauf wohl akzeptieren. Anders formuliert: In einem eigenen Kapitel zur NARD in der eigenen Risikoanalyse sollte insoweit auf das Kapitel zur Berücksichtigung der FIU-Papiere ausreichend sein.

 

Länderlistenproblematik

Vollends unpraktikabel ist die in der NARD in der Anlage 4 veröffentlichte Länderliste von Staaten, „die es mit der Geldwäsche nicht so genau nehmen“. Neben den beiden bekannten FATF- und EU-Länderlisten schafft das BMF damit nun eine dritte, verbindlich zu beachtende Liste. Dabei stechen mehrere Besonderheiten und Abweichungen hervor:

 

  • Der Umstand, dass nun mit Malta und Zypern zwei EU-Mitglieder in der BMF-Liste auftauchen, ist zwar fachlich erklärbar. Malta ist eines der europäischen Zentren der Wett- und Glückspielindustrie, Zypern betreibt aus wirtschaftlicher Not einen schwunghaften Handel mit sog. „golden Visa“, die einen Zugang für Bürger von Drittstaaten zum Schengenraum bieten. Auf der anderen Seite jedoch fallen EU-Mitgliedstaaten ausdrücklich nach der Anlage 1 Ziff. 3b) in Verbindung mit § 14 GwG unter die Anwendbarkeit der vereinfachten Sorgfaltspflichten. Die NARD lässt völlig offen, wie Händler solche Risiken nun handhaben sollen.

 

  • Mit der Türkei und Russland tauchen in der Liste des BMF nun erstmals auch zwei EU-Nichtmitglieder (neben China) auf. Auch dies ist fachlich durchaus erklärbar. Die Türkei dient neben Dubai als eine der Drehscheiben nicht konvertibler Währungen der vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossenen Iran und Irak über Zahlungsverkehrsdrittanbieter. Die Konsequenzen daraus bleiben aber offen. So ist z. B. fraglich,
    • ob ein Fahrzeugverkauf an einen seit Jahren in Deutschland lebenden türkischen Mitbewohner nun plötzlich mit allen Folgen den verstärkten Sorgfaltspflichten nach § 15 GwG unterworfen werden muss,
    • ob dies nur für den Weg der Kaufpreiszahlung (unter Beteiligung der türkischen Oma) gilt oder
    • welche Konstellationen das BMF auch immer meint.
  • Ende Februar 2020 lagen diesbezüglich weder vom BMF noch von den Länderaufsichtsbehörden verbindliche Weisungen vor. Vorsorglich wird Händlern hier dazu geraten, solchen Geschäften mit einer erhöhten Aufmerksamkeit und Vorsicht zu begegnen.

 

Nähere Informationen und entsprechende Handlungsempfehlungen wird hoffentlich die 4. Fachtagung Geldwäscheprävention im Automobilhandel am 26.05.2020 in Köln bringen (Anmeldung unter www.tak.de).

Quelle: Seite 13 | ID 46363851