· Fachbeitrag · Gerichtskostenvorschuss
PKH/VKH: Was passiert mit dem eingezahlten Gerichtskostenvorschuss?
von Dipl.-Rechtspfleger (FH) Patrick Meinhard, Kastellaun
| Mit Schriftsatz vom 9.10.17 reichte der Antragsteller (Ast) beim FamG einen Scheidungsantrag ein. Gleichzeitig beantragte er, VKH zu bewilligen, und fügte eine vollständige Erklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. Ebenso zahlte er bei einem vorläufigen Gegenstandswert von 9.000 EUR den Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 444 EUR ein. Er erhielt später VKH ab Antragstellung ohne Raten bewilligt. Die Zahlungsanzeige des Vorschusses datierte auf den November 17. Die Eheleute wurden geschieden und die Kosten gegeneinander aufgehoben. Kann der Antragsteller den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss zurückverlangen? |
1. Das sagt das OLG Schleswig-Holstein
Das OLG Schleswig-Holstein hat sich mit Beschluss vom 7.3.18 (15 WF 202/17, Abruf-Nr. 202603) mit diesem Thema auseinandergesetzt und bejaht die Rückzahlung des Gerichtskostenvorschusses.
Der Senat folgt der Meinung und dem Rechtsgedanken des § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO. Dieser besagt: Wird mit Klageeinreichung der Gerichtskostenvorschuss eingezahlt und gleichzeitig PKH/VKH beantragt, ist der Vorschuss zurückzuzahlen, wenn PKH/VKH rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung bewilligt wird (Zöller/Geimer, ZPO, 32 Aufl., § 122 Rn. 4; MüKo/ZPO, 5. Aufl., § 122 Rn. 6; OLG Düsseldorf Rpfleger 86, 108; OLG Köln Rpfleger 99, 450; OLG Stuttgart Rpfleger 03, 200; OLG Karlsruhe FamRZ 07, 1028).
Denn gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1a ZPO bewirkt die Bewilligung der PKH/VKH, dass die Landeskasse die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann. Folge: Die PKH-/VKH-Partei hat Zahlungen auf Gerichtskosten nur noch entsprechend den Regelungen im Beschluss über die Bewilligung von PKH/VKH zu leisten.
MERKE | Der Antragsteller ist damit schon bei Einreichung der Klage bzw. des Antrags von sämtlichen Gerichtskosten befreit. Lediglich Gerichtskosten, die schon vor der Antragstellung angefallen und bezahlt worden sind, werden von einer späteren Bewilligung nicht erfasst. |
2. Fazit
Dem Antragsteller ist der Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 444 EUR zurückzuerstatten.
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Wie Ausgangsfall, jedoch geht der Antrag auf Bewilligung der VKH erst am 1.12.17 beim AG ein. Dem Antragsteller wird VKH rückwirkend ab Antragstellung (VKH-Antrag!) ohne Raten bewilligt. Muss auch jetzt der eingezahlte Gerichtskostenvorschuss zurückerstattet werden?
Lösung VKH wurde rückwirkend auf das Datum der Antragstellung (1.12.17) bewilligt. Die Gerichtskosten für das Scheidungsverfahren sind bereits vor der Antragstellung entstanden und auch bezahlt worden. Entsprechend werden diese Kosten auch nicht mehr von der späteren Bewilligung erfasst.
Folge: Eine Erstattungspflicht der Staatskasse kommt daher nicht in Betracht (OLG Hamburg MDR 99, 1287). |
PRAXISTIPP | Die Partei ist nicht von der Zahlung der Kosten befreit, die schon vor dem Zeitpunkt der Bewilligung der VKH/PKH fällig und bezahlt worden waren. Insofern sollten Sie unbedingt darauf achten, den PKH-/VKH-Antrag gleichzeitig mit der Klage/dem Antrag einzureichen! |
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Wie Ausgangsfall, jedoch enthält der Bewilligungsbeschluss keine Angabe über den Zeitpunkt der PKH-/VKH-Bewilligung.
Kann der Antragsteller die Erstattung des Vorschusses verlangen?
Lösung Für die zeitliche Geltung von PKH/VKH ist in erster Linie der Bewilligungsbeschluss maßgebend (vgl. § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Enthält dieser keine zeitliche Angabe über die Wirkung der Bewilligung, erfasst er regelmäßig den ganzen Rechtszug ab Vorlage eines bewilligungsfähigen Antrags (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 32 Aufl., § 119 Rn. 39; FG Düsseldorf 27.12.13, 1 Ko 3840/13 GK).
Folge: Lag also bei Stellen des Scheidungsantrags ein bewilligungsfähiger Antrag über die VKH vor, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Bewilligungsfähig ist ein Antrag, wenn dem Gericht eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Nachweisen/Belegen vorliegt (BGH NJW 82, 446; OLG Karlsruhe FamRZ 04, 122; a. A. Zöller/Geimer, a. a. O.).
Auch jetzt muss eine Rückerstattung aus der Staatskasse erfolgen. |
Musterformulierung / Rückzahlung des Gerichtskostenvorschusses |
An das Amtsgericht ... ‒ …gericht ‒
Az. ...
Betr.: Rückzahlung des Gerichtskostenvorschusses
In der … sache ...
wurde dem … mit Beschluss vom ... Prozesskosten-/Verfahrenskostenhilfe mit Wirkung ab Antragstellung bewilligt.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wurde zeitgleich mit dem Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt.
Ich bitte hiermit, den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss von..... EUR an die unten aufgeführte Bankverbindung zurückzuzahlen.
Auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein vom 7.3.18 (15 WF 202/17, RVG prof. 18, 176) wird verwiesen.
Bankverbindung: ... Kontoinhaber: ... Geldinstitut: ... IBAN: ...
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt |
Weiterführende Hinweise
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