· Fachbeitrag · Gleichbehandlung/Altersteilzeit
Keine Altersteilzeit vor dem 55. Lebensjahr
| Sinn und Zweck einer tariflichen Regelung, die die Voraussetzungen für den Übergang in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis bestimmt, bedingen meist die Festlegung eines Mindestalters. Will sich ein ArbN demgegenüber auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen, ist er für dessen Voraussetzungen voll darlegungspflichtig. |
Sachverhalt
Der ArbN ist mit einem GdB von 50 schwerbehindert. Er ist als Dezernatsleiter für „Technik und Bau“ am Standort I der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG) tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts vom 24.1.12 (TV ATZ LSA) Anwendung. Dieser enthält unter anderem folgende Regelungen:
|
Präambel Ausgehend von der Tarifeinigung in den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 10.3.11 ist im Rahmen der Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23.7.96 in der jeweils geltenden Fassung die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis möglich.
§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit (1) Der ArbG kann mit Beschäftigten, die
|
Mit am 20.11.12 beim ArbG eingegangenen Schreiben beantragte der 1957 geborene ArbN die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell ab dem 1.11.12. Ab dem 1.12.18 beabsichtigte er den Bezug einer geminderten Altersrente. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Überlastquote nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 AltTZG überschritten. Das Land lehnte den Antrag mit Schreiben vom 19.3.13 ab. Der ArbN war der Ansicht, das Land sei aus Gründen der Gleichbehandlung verpflichtet, seinen Antrag anzunehmen. Es könne sich nicht auf die Überlastquote berufen, da es in den Jahren 2002 bis 2007 und erneut in 2012 und 2013 mit anderen ArbN Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen habe.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Auf die Berufung des Landes wies das LAG die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Der 9. Senat des BAG führt aus, der ArbN habe keinen Anspruch darauf, dass das Land mit ihm den angebotenen Altersteilzeitarbeitsvertrag abschließe (19.9.17, 9 AZR 36/17, Abruf-Nr. 197898). Der Anspruch folge nicht aus dem TV ATZ LSA. Der ArbN erfülle nicht die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA.
Nach dieser Norm könne der ArbG mit ArbN, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und die zusätzliche Voraussetzungen erfüllen, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbaren. Mit der Formulierung „kann“ brächten die Tarifvertragsparteien regelmäßig zum Ausdruck, dass dem ArbN kein uneingeschränkter Anspruch eingeräumt werden solle. Er habe lediglich Anspruch darauf, dass der ArbG über seinen Antrag auf Wechsel in die Altersteilzeit nach billigem Ermessen im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB entscheide.
Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch aus § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA sei, dass der ArbN zum beabsichtigten Zeitpunkt des Wechsels in das Altersteilzeitarbeitsverhältnis das 55. Lebensjahr bereits vollendet habe. Dies ergebe die Auslegung der Tarifnorm nach dem Wortlaut. Auch der Sinn und Zweck der Regelung, älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen, bedingte die Festlegung eines Mindestalters für den Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Der ArbN erfülle nicht die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Buchst. a TV ATZ LSA. Das Angebot des ArbN war auf den Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vor Vollendung des 55. Lebensjahres gerichtet.
Der Anspruch des ArbN ergebe sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Land habe nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, indem es bis zum Jahr 2007 mit mehreren ArbN und ab dem Jahr 2012 mit weiteren ArbN Altersteilzeitarbeitsverträge geschlossen, dies aber gegenüber dem ArbN verweigert habe.
Das LAG habe mit bindender Wirkung für das Revisionsgericht festgestellt, dass die Überlastquote bereits bei Abschluss der Altersteilzeitarbeitsverträge mit den vom ArbN genannten ArbN überschritten gewesen sei. Bilde der ArbG Gruppen von begünstigten und benachteiligten ArbN, müsse diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei komme es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergäben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen ArbN-Gruppe Leistungen vorzuenthalten. Nach diesen Grundsätzen lasse sich ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht feststellen. Der ArbN habe nicht vorgetragen, dass er sich mit den ArbN in einer vergleichbaren Lage befindet, mit denen das Land trotz Überschreitens der Überlastquote Altersteilzeitarbeitsverhältnisse begründet hat. Seinem Vorbringen lasse sich nicht entnehmen, dass das Land bei diesen ArbN einem Wechsel in die Altersteilzeit zugestimmt habe, obwohl die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ LSA nicht vorgelegen hätten.
Der ArbN könne auch nicht verlangen, dass ihm als „Minus“ zu seinem Klageantrag „ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit dem nach den tarifvertraglichen Vorschriften frühestmöglichen Beginn“ zugesprochen werde. Die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit dem nach den tariflichen Vorschriften frühestmöglichen Beginn sei nicht als „Minus“ im Klageantrag enthalten. Der Klageantrag beziehe sich auf den Antrag (das Angebot) des ArbN vom 1.11.12. Damit habe er dem Land kein den Erfordernissen des § 145 BGB entsprechendes Angebot unterbreitet, das auf einen Wechsel in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit 55. Jahren gerichtet sei.