· Fachbeitrag · Grenzüberschreitende Rentenbesteuerung
Renteneinkünfte im Inbound- und Outbound-Fall (Teil 2): Praxisfälle mit DBA im Inbound-Fall
von Diplom-Finanzwirt Jörg Holthaus, Unna
| Wie in Teil 1 dargelegt (s. PIStB 21, 105 ) greifen bei grenzüberschreitenden Renten regelmäßig der Wohnsitz- und der Quellenstaat auf die Renteneinkünfte zu. Mit Stand zum 1.1.21 sind 93 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu beachten, die eine doppelte Besteuerung verhindern sollen (vgl. BMF 18.2.21, IV B 2 - S 1301/07/10017-12). In diesem zweiten Teil der Beitragsserie werden die Inbound-Fälle mit den verschiedenen DBA-Anwendungen analysiert und anhand von Praxisbeispielen erläutert. |
1. Renteneinkünfte in den DBA
Renten aus einem privaten Versicherungsverhältnis oder der gesetzlichen Sozialversicherung fallen regelmäßig nicht unter Art. 18 OECD-MA (Ruhegehälter), auch wenn die Beiträge dafür teilweise vom früheren Arbeitgeber als Teil des Arbeitslohns geleistet wurden. Gemäß Art. 21 OECD-MA (Andere Einkünfte) sind diese grundsätzlich im Ansässigkeitsstaat des Rentenempfängers zu versteuern, jedoch haben mittlerweile viele DBA eine Sonderregelung hierzu, oft im Rahmen der Kassenstaatsbesteuerung des öffentlichen Dienstes.
Solche Sonderregelungen für Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung enthalten z. B. die DBA-Argentinien, -Dänemark, -Finnland, -Großbritannien, -Irland, -Kanada, -Neuseeland, -Norwegen und -Schweden.
Neuere DBA, z. B. mit Armenien (ab 2018), Australien (ab 2017), Costa Rica, China (ab 2017), Israel (ab 2017), Japan (ab 2017), Mauritius, den Niederlanden, den Philippinen, Spanien, Taiwan, Türkei, Tunesien (ab 2020) oder Turkmenistan (ab 2018) haben dem Auszahlungsstaat für Renten aus der Sozialversicherung innerhalb des Artikels für Ruhegehälter ein ausdrückliches Besteuerungsrecht eingeräumt. Teilweise werden auch bei Privatrenten Besteuerungsrechte eingeräumt, wenn die Beiträge in die private Rentenversicherung abzugsfähig waren, z. B. in Art. 17 Abs. 2 DBA-Australien, Art. 17 Abs. 3 DBA-Spanien, Art. 17 Abs. 3 DBA-Irland.
2. Beschränkt steuerpflichtige Renteneinkünfte mit Ansässigkeit in DBA-Staaten
Hat ein Rentner, der inländische Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 7 oder Nr. 10 EStG erzielt (vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 1 des Beitrags), seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat, kann das deutsche Quellensteuerrecht an den Renteneinkünften
- bestätigt,
- auf einen Höchstbetrag bzw. Höchststeuersatz begrenzt oder
- ganz ausgeschlossen werden.
2.1 Kein Quellensteuerrecht an Renten
2.1.1 Fälle ohne Rückfallklausel
Entsprechend dem OECD-MA enthalten viele ältere deutsche DBA keine ausdrückliche Regelung zu Quellensteuerrechten an Renten. Durch die dann einschlägige Regelung des Art. 21 OECD-MA (Andere Einkünfte) dürfen diese Renten, wie alle nicht im DBA ausdrücklich dem Quellenstaat zugewiesenen Einkünfte, nur im Wohnsitzstaat besteuert werden.
Dies ist nach den DBA-Bolivien, -Ecuador, -Elfenbeinküste, -Estland, -Indien, -Indonesien, -Iran, -Island, dem für Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Serbien anzuwendenden DBA-Jugoslawien, den DBA-Kuwait, -Lettland, -Liberia, -Litauen, -Marokko, -Mongolei, -Namibia, -Pakistan, -Russland, -Sambia, -Schweiz und dem für Tschechien und die Slowakei anzuwendenden DBA-Tschechoslowakei der Fall.
Ebenfalls in die Gruppe der nicht steuerpflichtigen Rentner in Deutschland gehören Rentenbezieher, die in Staaten ansässig sind, in denen das Besteuerungsrecht an Renten ausdrücklich dem Wohnsitzstaat im entsprechenden Quellenartikel zugewiesen wird. Dies ist in den DBA-Albanien, -Aserbaidschan, -Frankreich, -Griechenland, -Jamaika, -Slowenien, -Thailand, dem für Moldau anzuwendenden DBA-UdSSR und dem DBA-USA der Fall.
MERKE | Sind Rentner in einem der o. g. Staaten ansässig, hat Deutschland unabhängig davon, ob die Rente aus Deutschland in diesen Staaten versteuert wurde oder nicht, kein Quellensteuerrecht. Wenn der Rentner dem zentral zuständigen Finanzamt Neubrandenburg ggf. durch eine Ansässigkeitsbescheinigung nachgewiesen hat, dass er in einem dieser Länder wohnt, unterliegen sämtliche Renten i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 10 EStG nicht der deutschen Besteuerung. Daher darf in diesen Fällen auch keine Abzugsanordnung nach § 50a Abs. 7 EStG gegenüber den Rentenversicherungsträgern erfolgen (zu den Abzugsanordnungen nach § 50a Abs. 7 EStG vgl. Ausführungen in Teil 1, PIStB 21, 105). |
2.1.2 Fälle mit Rückfallklausel
Die DBA-Portugal, -Sri Lanka und -Südafrika weisen zwar grundsätzlich Deutschland als Quellenstaat kein Besteuerungsrecht an Renten zu, enthalten aber eine sog. Rückfallklausel. Danach darf Deutschland als Quellenstaat Renten besteuern, wenn sie nicht im Wohnsitzstaat versteuert wurden. Rentner, die in diesen drei Ländern ansässig sind, müssen daher jedes Jahr dem zuständigen Finanzamt in Deutschland einen Besteuerungsnachweis aus ihrem Ansässigkeitsstaat vorlegen, damit die Renten in Deutschland unversteuert bleiben. Eine Abzugsanordnung nach § 50a Abs. 7 EStG ist m. E. ebenfalls unzulässig, da das DBA in diesen Fällen Deutschland grundsätzlich kein Quellensteuerrecht einräumt.
2.2 Quellensteuerrecht nur an Renten aus der deutschen Sozialversicherung
Eine größere Gruppe von DBA räumt Deutschland lediglich ein ausdrückliches Quellensteuerrecht an Renten aus der deutschen Sozialversicherung ein. Das betrifft die DBA-Algerien, -Argentinien, -Armenien, -Belarus (Weißrussland), -Belgien, -Bulgarien, -China, -Costa Rica, -Dänemark, -Finnland, -Georgien, -Ghana, -Israel, -Italien, -Japan, -Jersey, -Kanada, -Kasachstan, -Kirgisien, -Korea, -Kroatien, -Liechtenstein, -Malaysia, -Malta, -Mauritius, -Mexiko, -Neuseeland, -Nordmazedonien, -Norwegen, -Österreich, -Philippinen, -Polen, -Rumänien, -Schweden, -Singapur, -Syrien, -Tadschikistan, -Taiwan, -Türkei, -Turkmenistan, -Ungarn, -Uruguay, -Usbekistan, -Vereinigte Arabische Emirate und -Zypern. Diese Abkommen begrenzen das deutsche Quellensteuerrecht auf Zahlungen der deutschen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse und den berufsständischen Versorgungswerken. Die Riester- und Rürup-Rentenverträge fallen nicht unter diese Zuordnung.
MERKE | Steuerpflichtige, die in diesen Ländern ansässig sind, sind verpflichtet in Deutschland (regelmäßig beim zentral zuständigen Finanzamt Neubrandenburg) Steuererklärungen abzugeben, wenn sie Renten aus der deutschen Sozialversicherung erhalten. Andere Renteneinkünfte sind von diesen Personen auch dann nicht steuerpflichtig, wenn die Verträge durch Zulagen oder Sonderausgabenabzug in der Vergangenheit in Deutschland begünstigt wurden. |
Innerhalb dieser Gruppe von Staaten sind jedoch noch ein paar illustre Besonderheiten zu beachten:
2.2.1 Besonderheiten mit der Staatsangehörigkeit
Die DBA-Italien und -Schweden machen das Besteuerungsrecht des Quellenstaates der Sozialversicherungsrente von der Staatsangehörigkeit abhängig. Hat der in Schweden bzw. Italien lebende Rentner die deutsche Staatsbürgerschaft, hat Deutschland auch ein Quellensteuerrecht an der deutschen Rente.
Bei doppelter Staatsbürgerschaft gehen die DBA-Italien und -Schweden jedoch wieder verschiedene Wege:
- Hat der in Schweden lebende Rentner neben der deutschen auch die schwedische Staatsbürgerschaft, bleibt es beim deutschen Quellensteuerrecht.
- Lebt der Rentner in Italien und hat sowohl die deutsche als auch die italienische Staatsbürgerschaft, entfällt das deutsche Quellensteuerrecht.
MERKE | Um eine Pflicht zur Abgabe einer deutschen Steuererklärung zu vermeiden, hat der Steuerpflichtige die Ansässigkeit in Italien bzw. Schweden und die fehlende deutsche Staatsbürgerschaft (bzw. im Fall von Italien auch die doppelte Staatsbürgerschaft) nachzuweisen. |
2.2.2 Begrenzung der Quellensteuer
Das DBA-Norwegen begrenzt das deutsche Quellensteuerrecht auf 15 % der Bruttorentenbezüge. Diese Begrenzung ist unmittelbar bei einer möglichen Anordnung des Steuerabzugs nach § 50a Abs. 7 EStG zu beachten. Die Finanzverwaltung darf hier in ihrer Ermessensausübung einen Steuerabzug von maximal 15 % gegenüber den Trägern der Sozialversicherung anordnen.
In der Veranlagung ist die Begrenzung ebenfalls zu beachten. Da nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) EStG Renten aus der Sozialversicherung nur zum Teil steuerpflichtig sind, kann es sein, dass die Steuer nach § 32a Abs. 1 EStG (nach Hinzurechnung des Grundfreibetrages nach § 50 Abs. 1 S. 2 EStG) von vorn herein niedriger ist als 15 % der Bruttorenteneinnahmen. Das zuständige Finanzamt muss diese Vergleichsrechnung anstellen und ggf. den Steuerbetrag personell auf 15 % der Bruttorente begrenzen.
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N mit Wohnsitz in Oslo (Norwegen) erhält seit dem 1.5.13 eine Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse in Kassel. In 2013 betrug die Rente monatlich 1.000 EUR, ab 1.7.14 monatlich 1.050 EUR, in 2020 durchgängig monatlich 1.200 EUR.
In 2020 erzielt N im Rahmen seiner beschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG inländische Einkünfte nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) EStG und § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Nach § 22 Nr. 3 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) S. 3 EStG bleibt ein Teil von den Einnahmen steuerfrei. Der Rentenfreibetrag wird im Jahr, das dem Rentenbeginn folgt (also hier 2014), festgeschrieben. In 2014 war von den Einnahmen (6 x 1.000 EUR + 6 x 1.050 EUR=) 12.300 EUR ein Betrag von 34 % = 4.182 EUR steuerfrei. Dieser steuerfreie Teil der Rente wird auch in 2020 von den nun erzielten Einnahmen sowie der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 3 EStG i. H. v. 102 EUR abgezogen.
Gemäß § 50 Abs. 1 S. 2 EStG wird zur Ermittlung der Steuer nach § 32a Abs. 1 EStG der Grundfreibetrag i. H. v. 9.408 EUR hinzugerechnet. Sonderausgaben wie Krankenversicherungsbeiträge i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 3a EStG sind nach § 50 Abs. 1 S. 3 EStG nicht abzugsfähig. Die tarifliche Einkommensteuer beträgt daher grundsätzlich 2.222 EUR zuzüglich 122,21 EUR Solidaritätszuschlag.
Nach Art. 18 Abs. 1 DBA-Norwegen (i. d. F. von Art. VI des Änderungsprotokolls vom 24.6.13) darf die deutsche Quellensteuer maximal 15 % der Bruttoeinnahmen betragen. Dies wären 14.400 EUR x 15 % = 2.160 EUR. Das zuständige Finanzamt hat (personell) die Steuer auf 2.160 EUR zu begrenzen. Ein Solidaritätszuschlag fällt gemäß § 5 SolZG nicht an.
Beachten Sie | Eine Abzugsanordnung nach § 50a Abs. 7 EStG dürfte gegenüber der landwirtschaftlichen Alterskasse nur in Höhe von 15 % ergehen. |
2.2.3 Steuerfreibetrag und Begrenzung nach DBA-Türkei
Die komplizierteste Regelung enthält Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei (vgl. hierzu BMF 11.12.14, IV B 4 - S 1301-TÜR/0 :007, BStBl I 15, 92). Hiernach dürfen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland nur besteuert werden, wenn der Bruttorentenbetrag (einschließlich des steuerfreien Teils der Rente nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) S. 3 EStG) zusammen mit Ruhegehältern für frühere unselbstständige Arbeit im privaten Dienst den Betrag von 10.000 EUR im Kalenderjahr übersteigt. Nur der übersteigende Teil darf dann mit maximal 10 % der Bruttobeträge besteuert werden.
Beachten Sie | Für Beamtenpensionen gilt die Begrenzung aus Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei nicht, da diese im Quellenstaat Deutschland nach Art. 19 Abs. 2 Buchst. a) DBA-Türkei bei deutscher Staatsbürgerschaft unbegrenzt besteuert werden dürfen. Hat der in der Türkei ansässige Beamtenpensionär die türkische Staatsbürgerschaft, darf Deutschland nach Art. 19 Abs. 2 Buchst. b) DBA-Türkei die Pension gar nicht besteuern. Für die Anwendung des Freibetrags von 10.000 EUR aus Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei bleiben die Beamtenpensionen in jedem Fall außen vor.
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T hat im Dezember 2019 sein 65. Lebensjahr vollendet und erhält ab Dezember 2019 eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.000 EUR. Er ist noch im Dezember 2019 in die Türkei verzogen.
In 2020 ist er nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig mit seinen inländischen Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die Einnahmen sind nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) S. 3 EStG nur zu 78 % steuerpflichtig, also mit 9.360 EUR. Hiervon ist nach § 9a Nr. 3 EStG der Werbungskostenpauschbetrag von 102 EUR abzuziehen. Die zu veranlagenden Einkünfte betragen 9.258 EUR.
Da nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei ein Freibetrag von 10.000 EUR auf die Bruttoeinnahmen anwendbar ist, ist im Rahmen einer Günstigerprüfung der Betrag, der sich nach Abzug von Rentenfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag ergibt, mit den um den Freibetrag gekürzten Bruttoeinnahmen zu vergleichen: 12.000 EUR ./. 10.000 EUR = 2.000 EUR. Der geringere Betrag (hier 2.000 EUR) wird dann der Steuerermittlung zugrunde gelegt.
Nach § 50 Abs. 1 S. 2 EStG wird der Betrag von 2.000 EUR um den Grundfreibetrag auf 11.408 EUR erhöht. Die tarifliche Steuer beträgt damit 318 EUR.
Nun ist noch die Begrenzung auf 10 % der Bruttoeinnahmen zu prüfen (10 % × 12.000 EUR = 1.200 EUR). Da die tarifliche Steuer niedriger ist, darf sie erhoben werden. |
Die Ermittlung ist besonders schwierig, wenn der in der Türkei ansässige Rentner neben seiner Rente aus der deutschen Sozialversicherung noch Ruhebezüge seines ehemaligen Arbeitgebers bezieht (z. B. eine Werkspension), die dem Grunde nach dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Da die Lohnsteuer nach § 50 Abs. 2 S. 1 EStG Abgeltungswirkung hat und daher nicht veranlagt wird, werden in der beschränkten Einkommensteuererklärung nur die Renteneinkünfte erklärt und besteuert.
MERKE | Der ehemalige Arbeitgeber muss allerdings steuerfreie Arbeitslöhne, z. B. aufgrund der Gewährung des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG bescheinigen. Durch die Gewährung des Versorgungsfreibetrags und des Zuschlags sowie des Werbungskostenpauschbetrags nach § 9a Nr. 1 Buchst. b) EStG geht das BMF insoweit von einem Verbrauchen des Freibetrages von 10.000 EUR aus Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei aus. Damit steht dieser nicht mehr für die zu veranlagenden Renteneinkünfte zur Verfügung (BMF 11.12.14, IV B 4 - S 1301-TÜR/0 :007, BStBl I 15, 92). |
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T erhält neben der Rente von 1.000 EUR monatlich noch von seinem ehemaligen Arbeitgeber ab dem 1.1.20 eine Werkspension von monatlich 400 EUR. T stellt keinen Antrag, um die DBA-Begrenzungen beim Lohnsteuerabzug zu berücksichtigen.
Mit der Werkspension erzielt T zusätzliche inländische Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) EStG (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gemäß § 19 Abs. 2 EStG steht T ein Versorgungsfreibetrag von 16 % von (12 × 400 EUR) = 768 EUR sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von 360 EUR und der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1 Buchst. b) EStG von 102 EUR zu. Die Lohnsteuer beträgt monatlich 0 EUR, da beim Lohnsteuerabzug der Grundfreibetrag gewährt wird (vgl. § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG).
Für die Anwendung des Freibetrags aus Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei gelten nun 1.230 EUR als verbraucht (768 EUR Versorgungsfreibetrag + Zuschlag 360 EUR + Werbungskostenpauschbetrag 102 EUR).
Für die Günstigerprüfung wird der Betrag von 10.000 EUR entsprechend gekürzt: 10.000 EUR ./. 1.230 EUR = 8.770 EUR. Besteuert werden dürfen nun 12.000 EUR Bruttorente ./. 8.770 EUR (Restfreibetrag) = 3.230 EUR (der Betrag ist immer noch niedriger als die Renteneinkünfte von 9.258 EUR, s. o.).
Auch die 3.230 EUR werden um den Grundfreibetrag erhöht. Die tarifliche Einkommensteuer beträgt nun 553 EUR. Sie liegt weiterhin unter 10 % der Bruttoeinnahmen. Zu den Bruttoeinnahmen dieser Prüfung gehören nun auch die 4.800 EUR aus dem privaten Ruhegehalt (Vergleichsrechnung: 10 % von 16.800 EUR = 1.680 EUR maximale Einkommensteuer nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Türkei). |
Beachten Sie | Aufgrund der eindeutigen Begrenzung auf 10 % der Bruttoeinnahmen darf das zuständige Finanzamt m. E. nur Abzugsanordnungen nach § 50a Abs. 7 EStG über 10 % erlassen. Zudem müssten dem Finanzamt auch Informationen vorliegen, dass die gesamten Alterseinkünfte aus Deutschland klar über dem Freibetrag von 10.000 EUR liegen. Im Zweifelsfall sollte wohl besser auf eine Abzugsanordnung für Rentenbezieher aus der Türkei verzichtet werden.
2.2.4 Quellensteuerrecht nur bei jüngeren Wegzügen
Das DBA-Ungarn versagt Deutschland ein Quellensteuerrecht, wenn der Rentner bereits vor Austausch der Ratifikationsurkunden des DBA-Ungarn 2011 in Ungarn ansässig war. Insoweit muss der Rentner dem zuständigen deutschen Finanzamt einmalig nachweisen, dass er vor dem 30.12.11 bereits in Ungarn wohnte. Ist er erst nach dem 30.12.11 in Ungarn ansässig geworden, dürfen die Renten aus der deutschen Sozialversicherung uneingeschränkt in Deutschland besteuert werden.
2.3 Quellensteuerrecht auch für Renten außerhalb der gesetzlichen Sozialversicherung
Das DBA-Australien, -Bangladesch, -Großbritannien, -Irland, -Kenia, -Luxemburg, -Niederlande, -Simbabwe, -Spanien, -Trinidad/Tobago und -Ukraine gewähren Deutschland als Quellenstaat ein Besteuerungsrecht an Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung und weiteren Rentenverträgen. Die konkreten Ausgestaltungen sind in dieser kleinen Gruppe aber auch wieder recht unterschiedlich.
2.3.1 Generelles Besteuerungsrecht an allen Renten aus deutschen Quellen
Die DBA-Bangladesch, -Simbabwe, -Trinidad/Tobago und -Ukraine begrenzen das deutsche Quellensteuerrecht an Rentenzahlungen aus dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht. Daher dürfen bei Rentnern, die in diesen Staaten ansässig sind, neben den Sozialversicherungsrenten auch Renten privater deutscher Versicherungsunternehmen besteuert werden. Ausgenommen wären aber solche Verträge, die mit Versicherungsunternehmen abgeschlossen wurden, die nicht in Deutschland ansässig sind, selbst dann, wenn die ursprünglichen Beiträge in der Ansparphase in Deutschland begünstigt durch Zulagen oder Sonderausgabenabzug waren.
Eine Sonderrolle spielt das DBA-Kenia. Auch dieses DBA räumt Deutschland ein Besteuerungsrecht an allen Renten aus deutschen Quellen ein, begrenzt die Steuer aber auf maximal 5 % der Bruttoeinnahmen.
Beachten Sie | Daher sind m. E. Abzugsanordnungen nach § 50a Abs. 7 EStG im Zusammenhang mit Rentnern in Kenia nur i. H. v. 5 % zulässig.
2.3.2 Konkrete DBA-Regelungen zu in Deutschland begünstigten Rentenversicherungen
Umfassende Regelungen zu in der Ansparphase begünstigten in- und ausländischen Versicherungsrenten enthalten derzeit nur das DBA-Australien, -Großbritannien, -Irland, -Luxemburg und -Niederlande. Da die Vorschriften im Detail sehr unterschiedlich sind, müssen diese DBA einzeln untersucht werden.
- DBA-Australien:
- Nach Art. 17 Abs. 3 DBA-Australien dürfen Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland als Quellenstaat mit maximal 15 % der Bruttoerträge besteuert werden.
- Wurden die gesetzlichen Renten aber erstmals vor dem 1.1.17 gezahlt, entfällt ein deutsches Quellensteuerrecht. Bei einem Renteneintritt ab dem 1.1.17 erfolgt die Besteuerung in Deutschland entsprechend dem obigen Beispiel zum DBA-Norwegen.
- Diffiziler sind dann die Anweisungen im Art. 17 Abs. 2 DBA-Australien zu den übrigen Renteneinkünften. Wurden die Renten in der Ansparphase ganz oder teilweise in Deutschland länger als 15 Jahre gefördert (z. B. durch Sonderausgabenabzug, Steuerfreiheit der Beiträge, Zulagen etc.), dürfen sie in Deutschland besteuert werden, wenn die ersten Auszahlungen nach dem 31.12.16 erfolgten. Wurden die Beiträge in beiden Staaten mehr als 15 Jahre gefördert, entfällt aber wiederum ein deutsches Quellensteuerrecht.
- DBA-Großbritannien, -Irland und -Luxemburg:
- Nach Art. 17 Abs. 2 DBA-Großbritannien, Art. 17 Abs. 2 DBA-Irland und Art. 17 Abs. 2 DBA-Luxemburg dürfen Renten aus der deutschen Sozialversicherung unbegrenzt in Deutschland besteuert werden.
- Wurden andere Rentenversicherungsverträge in der Ansparphase ganz oder teilweise in Deutschland im Fall Großbritanniens länger als 15 Jahre (vgl. Art. 17 Abs. 3 DBA-Großbritannien) im Fall Irlands und Luxemburgs länger als 12 Jahre (vgl. Art. 17 Abs. 3 DBA-Irland und Art. 17 Abs. 3 DBA-Luxemburg) gefördert (z. B. durch Sonderausgabenabzug, Steuerfreiheit der Beiträge, Zulagen etc.), dürfen sie in Deutschland ebenfalls unbegrenzt besteuert werden. Wurden die Beiträge in beiden Vertragsstaaten mehr als 15 bzw. 12 Jahre gefördert, entfällt aber wiederum ein deutsches Quellensteuerrecht.
- DBA Niederlande:
- Das DBA-Niederlande enthält zunächst in Art. 17 Abs. 2 eine Freigrenze von 15.000 EUR für sämtliche Renteneinkünfte (Protokollnotiz XIII zu Art. 17 DBA-Niederlande stellt klar, dass sich die Freigrenze auf die Summe aller Renteneinnahmen aus einem Staat bezieht). Sind die Bruttorenteneinnahmen aus Deutschland niedriger als 15.000 EUR, hat Deutschland kein Quellensteuerrecht. Diese „Kleinbetragsverordnung“ gilt nach Art. 17 Abs. 3 DBA Niederlande jedoch nicht für sog. Einmalbezüge, also Zahlungen, die nicht regelmäßig wiederkehrend sind.
- Das DBA-Niederlande unterscheidet beim Quellensteuerrecht nicht nach Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung und sonstigen in der Ansparphase geförderten Versicherungsverträgen.
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N wohnte und arbeitete bis zum 30.11.18 in Deutschland, bevor er in die Niederlande verzog. Seit Dezember 2018 erhält er eine monatliche Bruttorente aus dem Versorgungswerk der Steuerberater in NRW Düsseldorf i. H. v. 1.200 EUR monatlich. Ab 1.8.19 wird die Rente auf 1.300 EUR monatlich erhöht.
Im Jahr 2019 betragen die Renteneinnahmen insgesamt 7 × 1.200 EUR + 5 × 1.300 EUR also 14.900 EUR. Da sie den Bruttobetrag von 15.000 EUR nicht übersteigen, hat Deutschland an diesen inländischen Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 7 EStG kein Besteuerungsrecht (Art. 17 Abs. 2 DBA-Niederlande). | ||||||||||||
Im Jahr 2020 betragen die Renteneinnahmen 12 × 1.300 EUR = 15.600 EUR und liegen damit über der Freigrenze des DBA. Deutschland hat nun ein Quellensteuerrecht. Die Einkünfte ermitteln sich nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) EStG wie folgt:
Zur Ermittlung der Einkommensteuer wird nach § 50 Abs. 1 S. 2 EStG der Grundfreibetrag von 9.408 EUR dem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Die tarifliche Einkommensteuer beträgt danach 2.617 EUR. |
Beachten Sie | Alle beschränkt steuerpflichtigen Rentenempfänger, die nach den einschlägigen DBA in Deutschland besteuert werden, können nach § 1 Abs. 3 EStG einen Antrag auf Veranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht stellen, wenn sie die in Teil 1 des Beitrags erläuterten Voraussetzungen erfüllen. Die Ländergruppeneinteilung (vgl. ab 1.1.21, BMF 11.11.20, IV C 8 - S 2285/19/100001 :002, BStBl I 20, 1212) für die nur anteilige Berücksichtigung des Grundfreibetrags bei der absoluten Grenze in § 1 Abs. 3 EStG gilt auch für DBA-Staaten:
- 3/4 für Kroatien, Malta, Polen, Portugal, Trinidad/Tobago, Ungarn, Uruguay, Zypern
- 1/2 für Argentinien, Belarus (Weißrussland), Bulgarien, China, Costa Rica, Kasachstan, Malaysia, Mauritius, Mexiko, Nordmazedonien, Rumänien, Südafrika, Türkei, Turkmenistan
- 1/4 für Ägypten, Algerien, Armenien, Bangladesch, Georgien, Kenia, Kirgisien, Korea, Philippinen, Simbabwe, Sri Lanka, Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Ukraine, Usbekistan
Weiterführender Hinweis
- In der nächsten Ausgabe wird die Besteuerung von grenzüberschreitenden Renteneinkünften in Outbound-Fällen unter Anwendung von DBA in der Praxis vorgestellt.