· Fachbeitrag · Hinzurechnungsbesteuerung
Neue Steuerfalle durch Import des Korrespondenzprinzips
von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG in Düsseldorf
| Am 19.4.21 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATADUmsG) vorgelegt (BT-Drs. 19/28652). Mit inhaltlichen Änderungen ist im Zuge der Finalisierung des Gesetzgebungsprozesses nicht mehr zu rechnen. Während nach aktueller Rechtslage Gewinnausschüttungen stets aktiv sind, führt das ATADUmsG durch den Import des materiellen Korrespondenzprinzips (§ 8b Abs. 1 S. 2 f. KStG) in die Hinzurechnungsbesteuerung zu einer neuen Steuerfalle. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die hieraus resultierenden praktischen Konsequenzen für deutsche Unternehmen mit ausländischen Tochterholdinggesellschaften. |
1. Einleitung
Auf Basis des BEPS-Aktionsplans der OECD zielt die ATAD-Richtlinie (kurz: ATAD) darauf ab, es global agierenden Unternehmen zu erschweren, Gewinne zu verlagern und dadurch Steuern zu vermeiden. Durch die ATAD sollen dabei ausgewählte Anti-BEPS-Maßnahmen in Europa zeitnah und möglichst einheitlich umgesetzt werden. Nach langjährigen Diskussionen nahm das deutsche Gesetzgebungsverfahren im März 2021 überraschend doch noch vor der Bundestagswahl Fahrt auf. Mit einem Abschluss des Gesetzgebungsprozesses ist nunmehr in Kürze zu rechnen.
PRAXISTIPP | Neben den vorliegend thematisierten ausgewählten Aspekten zur Reform der Hinzurechnungsbesteuerung beinhaltet das ATADUmsG zahlreiche weitere Elemente. Höchste Praxisrelevanz kommt dabei insbesondere der neu eingefügten generellen Anti-Hybrid-Klausel (§ 4k EStG-E) zu. Hierdurch soll der Betriebsausgabenabzug sowohl für Szenarien von sog. Deduction/No-Inclusion-Inkongruenzen, Double Deductions als auch von importierten Hybriditäten eingeschränkt werden (zu Details der höchst komplexen Neuregelung vgl. Loose, PIStB 20, 73 ff.). Die Neuregelung ist bereits im Rahmen der Erstellung von Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2020 zu berücksichtigen, da der Anwendungszeitpunkt rückwirkend auf den 1.1.20 festgelegt werden soll. |
Zwar wurde im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses die zunächst anvisierte grundlegende Neugestaltung des Aktivitätskatalogs der Hinzurechnungsbesteuerung (z. B. im Hinblick auf Handels- und Dienstleistungseinkünfte) schlussendlich ebenso verworfen wie die Absenkung der Niedrigbesteuerungsschwelle auf ein vernünftiges Maß (vgl. hierzu Loose, PIStB 18, 132 ff.). Nichtsdestotrotz kann die nunmehr vollzogene Reform der Hinzurechnungsbesteuerung nach wie vor erhebliche Relevanz für deutsche Unternehmen besitzen. Dies gilt insbesondere für den nachfolgend analysierten Fall, dass ausländische Tochtergesellschaften als Holding fungieren und daher Beteiligungserträge erzielen. Anhand von ausgewählten Beispielsfällen werden die bedeutsamen Praxiseffekte für deutsche Unternehmen aufgezeigt und einer kritischen Analyse unterzogen.
2. Aktuelle Gesetzeslage (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG)
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Eine in Deutschland ansässige D-GmbH mit einer in einem ausländischen Staat ansässigen 100%igen Tochterkapitalgesellschaft (Foreign HoldCo) fungiert als Holdinggesellschaft für ausländische Enkelgesellschaften (u. a. die Foreign OpCo). Die Foreign HoldCo hat zu Finanzierungszwecken ein hybrides Finanzinstrument an die Foreign OpCo ausgereicht. Die hierauf von der Foreign OpCo geleisteten Entgelte sind aus Sicht ihres Ansässigkeitsstaates als Fremdkapitalvergütungen anzusehen, welche zu steuerlich abziehbaren Zinsaufwendungen führen. Aus Sicht des Ansässigkeitsstaates der Foreign HoldCo qualifiziert das hybride Finanzinstrument hingegen als Eigenkapital und die vereinnahmten Vergütungen als in voller Höhe steuerfrei zu stellende Dividenden. |

Bei Direktbezug der Vergütungen für das hybride Finanzinstrument durch die D-GmbH und Klassifikation aus deutscher Sicht als Eigenkapitalvergütung wäre die grundsätzliche effektive 95%ige Freistellung für KSt-Zwecke (§ 8b Abs. 1 S. 1 KStG i. V. m. § 8b Abs. 5 S. 1 KStG) infolge der Anwendung des materiellen Korrespondenzprinzips suspendiert worden. Denn gemäß § 8b Abs. 1 S. 2 KStG gilt der S. 1 nur, soweit die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben. Aufgrund der (vollständigen) Abzugsfähigkeit der Zinszahlungen auf Ebene der Foreign OpCo unterlägen die Vergütungen auf Ebene der D-GmbH (in voller Höhe) der KSt, unter Berücksichtigung des SolZ daher einer 15,825%igen Steuerbelastung; für GewSt-Zwecke ergäbe sich hingegen unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG eine vollständige Kürzung und daher keine effektive Belastung.
Im Falle der im Beispiel 1 vereinnahmten Vergütung über eine Auslandsholding (Foreign HoldCo) kann sich hingegen unter Umständen eine permanent niedrigere Gesamtsteuerbelastung ergeben:
- Auf Ebene der Foreign HoldCo greift regelmäßig eine vollständige Steuerbefreiung. Dies führt im Vergleich zu der effektiv circa 1,5%igen Besteuerung von Dividenden in Deutschland (ca. 30%ige Besteuerung mit KSt, SolZ und GewSt unter Berücksichtigung einer effektiv 95%igen Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 KStG i. V. m. § 7 S. 1 GewStG und § 9 Nr. 7 GewStG) zu einem temporären Steuervorteil bis die Mittel ins Inland repatriiert werden.
- Und für Zwecke der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung führen nach aktueller Rechtslage „Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften“ stets zu aktiven Einkünften (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG), sodass sich keine Zusatzbelastung ergibt. Dies macht auch Sinn, da die den Ausschüttungen zugrunde liegenden Einkünfte bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen, wenn sie durch eine Zwischengesellschaft erzielt werden (§ 14 AStG).
Beachten Sie | Das für den Beispielsfall 1 dargestellte Ergebnis der permanent vorteilhaften Zwischenschaltung einer Auslandsholding stellt sich in der Unternehmenspraxis aber bereits nach aktueller Rechtslage nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen ein. Ursächlich hierfür ist, dass aufgrund der ATAD sämtliche EU-Staaten und weltweit zahlreiche weitere Staaten im Rahmen des Anti-BEPS-Projekts umfassende Anti-Hybrid-Regeln eingeführt haben bzw. in Kürze einführen werden:
- Zum einen wird der Betriebsausgabenabzug auf Ebene der Foreign OpCo im Regelfall ausgeschlossen, soweit im Empfängerstaat eine durch Hybridität (Qualifikation des Finanzinstruments als EK vs. FK) ausgelöste Steuerfreistellung greift (analog zu § 4k Abs. 1 EStG-E).
- Zum anderen verweigern viele Staaten nachrangig auf Ebene der Foreign HoldCo die Steuerfreistellung, soweit im Zahlstaat ein Abzug möglich ist (analog zu § 8b Abs. 1 S. 2 KStG).
Ferner ist zumindest perspektivisch die 2. Säule der OECD-Arbeiten zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft zu beachten (Stichwort: „Global Anti-Base Erosion“, kurz: GloBE; zu Details vgl. Loose, PIStB 19, 254 ff.). So würde die „Undertaxed Payments Rule“ einen Betriebsausgabenabzug versagen und die „Inclusion Rule“ eine Steuerfreistellung verhindern.
3. Gesetzliche Neuregelung (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG-E)
Die Reform der Hinzurechnungsbesteuerung führt zu einer punktuellen Neugestaltung sowie -ordnung des Aktivitätskatalogs des § 8 Abs. 1 AStG. Die für bestimmte Konstellationen vorgesehene und in der Praxis nur in seltenen Ausnahmefällen erreichbare Aktivität von Zinseinkünften (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG) wird durch das ATADUmsG ersatzlos gestrichen. Folglich rücken die Beteiligungserträge nach vorne und werden nunmehr in der Nr. 7 geregelt statt wie bisher durch § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG-E werden die von einer ausländischen Gesellschaft erzielten Bezüge i. S. d. § 8b Abs. 1 KStG im Grundsatz als aktive Einkünfte angesehen und unterliegen daher nicht der Hinzurechnungsbesteuerung. Durch den Verweis auf § 8b Abs. 1 KStG sind neben Dividenden und (verdeckten) Gewinnausschüttungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) somit auch die weiteren hierunter fallenden Bezüge erfasst, z. B. solche aus einer Liquidation oder einer Kapitalherabsetzung. Der Tatbestand ist auf Anteilseignerebene zu prüfen, mithin bei der ausländischen Gesellschaft, die solche Bezüge von ihrer Tochtergesellschaft erzielt.
Beachten Sie | Durch den Gesetzesverweis auf § 8b Abs. 1 KStG wird deutlich, dass nach deutschen Wertungen zu ermitteln ist, ob solche Bezüge dem Grunde nach vorliegen.
Von diesem Aktivitätsgrundsatz gelten jedoch die nachfolgend erläuterten Ausnahmen, sodass im Falle eines nicht erfüllten Substanz-Escapes (§ 8 Abs. 2-4 AStG-E) niedrig besteuerte Beteiligungserträge i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG-E künftig der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen können:
- Die genannten Bezüge sind passiv, soweit die ihnen zugrunde liegenden Leistungen das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben (Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E). Folglich wird an dieser Stelle das materielle Korrespondenzprinzip des § 8b Abs. 1 S. 2 f. KStG in die Hinzurechnungsbesteuerung „importiert“. Die Ursache für die Einkommensminderung ist dabei unerheblich (z. B. unterschiedliche Qualifikation der Leistung oder fehlerhafte ausländische Rechtsanwendung ohne Möglichkeit einer verfahrensrechtlichen Änderung). Keine Einkommensminderung liegt vor, wenn der Ansässigkeitsstaat der leistenden Körperschaft den Abzug versagt (z. B. analog zu § 4 Abs. 5 EStG, §§ 4h, 4j EStG bzw. § 4k EStG-E). Wie schon im Rahmen des materiellen Korrespondenzprinzips in § 8b Abs. 1 S. 2 KStG ist nicht abschließend geklärt, ob die im Gesetz genannte Einkommensminderung auch eine nicht erfolgte bzw. unterlassene Einkommenserhöhung erfasst (z. B. wenn ein Wirtschaftsgut zwischen ausländischen Tochtergesellschaften unterhalb des Fair Market Values veräußert wird).
- Diese Ausnahme für Korrespondenzfälle mit der Folge passiver Bezüge gilt auch dann, „wenn die ausländische Gesellschaft hinsichtlich dieser Bezüge gemäß den Nummern 1 bis 6 nicht Zwischengesellschaft ist“. Hierdurch soll eine aktive Einordnung der Bezüge auf Ebene der ausländischen Gesellschaft in Folge der funktionalen Betrachtungsweise vermieden wird, d. h., im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG-E wird die funktionale Betrachtungsweise für Beteiligungserträge ausgesetzt. Erzielt z. B. eine ausländische Produktionsgesellschaft Bezüge von ihrer Vertriebstochtergesellschaft, die deren Einkommen mindern, so sind die Beteiligungserträge trotz eines funktionalen Zusammenhangs als passiv zu klassifizieren.
- Weitere Ausnahmen, die zur Passivität von Bezügen einer ausländischen Gesellschaft führen, gelten für Portfoliobeteiligungen i. S. d. § 8b Abs. 4 KStG (Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b) AStG-E) sowie für dem § 8b Abs. 7 KStG unterliegende Anteile von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten bzw. Finanzunternehmen (Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. c) AStG-E). Analog zur Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E kann dabei jeweils die Passivität der Bezüge nicht durch die funktionale Betrachtungsweise vermieden werden.
Von der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E sind jedoch zwei alternativ anwendbare Rückausnahmen zu beachten, die dazu führen, dass die Bezüge einer ausländischen Gesellschaft wiederum als aktiv gelten:
- 1. Die Rückausnahme für nachgeordnete Zwischengesellschaften greift, soweit die leistende Körperschaft mit den zugrunde liegenden Einkünften Zwischengesellschaft ist (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) AStG-E). Doppelerfassungen durch die Hinzurechnungsbesteuerung von Einkünften einer Zwischengesellschaft einerseits und der daraus stammenden Bezüge bei ihrem Anteilseigner andererseits sollen vermieden werden. Diese Rückausnahme ist zwar zweckmäßig, wirft aber bei sog. gemischten Gesellschaften die in der Praxis oft nur schwer zu beantwortende Frage auf, aus welchen genauen Einkünften (z. B. aktive vs. passive) die Bezüge gespeist werden.
- 2. Die Rückausnahme für vGA ist einschlägig, soweit eine vGA das Einkommen der ausländischen Gesellschaft oder einer ihr nahestehenden Person erhöht hat und dieses Einkommen nicht niedrig besteuert wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) AStG-E). Auch diese Rückausnahme soll ‒ allerdings nur für vGA ‒ eine Doppelerfassung vermeiden. Es sind Fälle, bei denen eine Einkommensminderung bei der leistenden Körperschaft mit einer Einkommenserhöhung bei der vGA-Empfängerin oder einer nahestehenden Person einhergeht. Das Einkommen darf dabei keiner niedrigen Besteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG-E unterliegen, weshalb die effektive ausländische Ertragsteuerbelastung der nach deutschen Grundsätzen zu ermittelnden Höhe der durch die vGA bewirkten Einkünfte gegenüberzustellen ist. Unerheblich ist dabei, aus welchen Gründen eine Einkommenserhöhung im Ausland erfolgt; im Falle einer erst später erfolgenden Einkommenserhöhung (z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung in Form eines Transfer Pricing Adjustments) sollte von einem rückwirkenden Ereignis auszugehen sein.
Anzuwenden sind die geänderten Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung gemäß § 21 Abs. 4 AStG-E grundsätzlich erstmals für nach dem 31.12.21 beginnende Wirtschaftsjahre der ausländischen Zwischengesellschaft.
4. Praxiseffekte
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Die D-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland ist 100%ige Anteilseignerin einer ausländischen Holdingkapitalgesellschaft (Foreign HoldCo). Die Foreign HoldCo wiederum besitzt jeweils 100 % der Anteile zweier in einem anderen ausländischen Staat ansässigen operativen Gesellschaften, ForCo 1 und ForCo 2. |
ForCo 1 erbringt eine Dienstleistung gegenüber ForCo 2. Die von ForCo 2 hierfür gezahlte Vergütung ist sowohl aus Sicht des Ansässigkeitsstaates von ForCo 1 und ForCo 2 als auch aus der Perspektive des Ansässigkeitsstaates der Foreign HoldCo fremdvergleichskonform; nach deutschen Verrechnungspreisgrundsätzen ist die Vergütung jedoch als fremdunüblich zu hoch anzusehen. |

Aufgrund der aus deutscher Fremdvergleichssicht relativ zu hohen Dienstleistungsvergütung ist für deutsche Hinzurechnungsbesteuerungszwecke eine vGA der ForCo 2 an die Foreign HoldCo gefolgt von einer verdeckten Einlage der Foreign HoldCo in die ForCo 1 anzunehmen. ForCo 1 und ForCo 2 erfüllen annahmegemäß die Substanzvoraussetzungen des § 8 Abs. 2‒4 AStG-E (Stichwort: „wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit“), sodass die Hinzurechnungsbesteuerung nachfolgend nur für die Ebene der Foreign HoldCo zu analysieren ist.
Da die Foreign HoldCo bereits zu Beginn des Kalenderjahres sämtliche Anteile an der ForCo 2 innehatte, wären ‒ im Falle der unbeschränkten KSt-Pflicht der Foreign HoldCo in Deutschland ‒ die Voraussetzungen des § 8b Abs. 4 KStG (Portfoliobeteiligungen) nicht erfüllt. Die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b) AStG-E greift somit nicht und mangels Vorliegens von Bezügen aus Anteilen i. S. d. § 8b Abs. 7 KStG auch nicht jene des Buchst. c). Für die auf Ebene der Foreign HoldCo grundsätzlich als aktiv einzustufende vGA der ForCo 2 könnte somit nur die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E eine Passivität bewirken.
Da aus Sicht ihres Ansässigkeitsstaates eine fremdvergleichsübliche Vergütung vorliegt, erfolgt auf Ebene der ForCo 2 nach ausländischem Steuerrecht keine Korrektur, insbesondere findet kein ausländisches Pendant zu § 8 Abs. 3 S. 2 KStG Anwendung. Das Dienstleistungsentgelt bleibt daher steuerlich abzugsfähig. Und das Einkommen der ForCo 2 wird in Höhe der ‒ aus deutscher Sicht ‒ fremdvergleichsunüblichen Komponente gemindert. Vorbehaltlich der Einschlägigkeit von Rückausnahmen greift insoweit die Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E mit der Folge der Passivität der Beteiligungserträge.
Unstrittig keine Anwendung findet die Rückausnahme für nachgeordnete Zwischengesellschaften. Ursächlich hierfür ist, dass die ForCo 2 ‒ wie oben erläutert ‒ den Substanz-Escape erfüllt und daher keine Zwischengesellschaft für die der vGA zugrunde liegenden Einkünfte sein kann. Die Rückausnahme für vGA setzt voraus, dass die vGA das Einkommen der Foreign HoldCo oder der ForCo 1, als einer der Foreign HoldCo nahestehenden Person, erhöht hat und dieses Einkommen nicht niedrig besteuert wird:
- Auf Ebene der Foreign HoldCo erfolgt keine Einkommenserhöhung, da die Transaktion aus Sicht ihres Ansässigkeitsstaates fremdvergleichskonform verläuft. Selbst wenn eine steuerlich (einkommenserhöhende) Korrektur erfolgte, wäre die Rückausnahme regelmäßig nicht erfüllt, da das durch die vGA erhöhte Einkommen einer (schädlichen) Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG-E unterläge. Denn die Zählergröße nimmt bei einer in vielen Staaten eröffneten vollständigen Participation Exemption und der daraus resultierenden effektiven ausländischen Nichtbesteuerung stets den Wert 0 an. Falls hingegen keine 100%ige Steuerfreistellung gewährt wird (wie z. B. in Frankreich) oder die vGA aufgrund eines analogen ausländischen Korrespondenzprinzips einer vollen Besteuerung im Ausland unterzogen wird, liegt oftmals keine Niedrigbesteuerung vor. Ursächlich hierfür ist, dass die Nennergröße nach deutschen Steuergrundsätzen zu ermitteln ist und damit unter Berücksichtigung auch der Vorschrift des § 8b KStG (vgl. § 10 Abs. 3 S. 1 AStG-E sowie die nachfolgenden Erläuterungen).
- Auf Ebene der ForCo 1 ergibt sich hingegen eine Einkommenserhöhung, da die (aus deutscher Sicht) zu hohen Dienstleistungseinkünfte aus Sicht des Ansässigkeitsstaates der ForCo 1 nicht (einkommensmindernd) steuerlich korrigiert werden. Entscheidend ist somit, ob das Einkommen aus dem überhöhten Dienstleistungsentgelt bei der ForCo 1 einer Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG-E unterliegt.
Im Ergebnis ist die vGA auf Ebene der Foreign HoldCo nur dann als aktiv einzustufen, wenn auf Ebene der ForCo 1 die Dienstleistungsvergütung zu mindestens 25 % versteuert wird (keine Niedrigbesteuerung). Andernfalls kann die Hinzurechnungsbesteuerung nur bei Vorliegen des EU-/EWR-Substanznachweises (§ 8 Abs. 2-4 AStG-E) verhindert werden.
Die einem anzusetzenden Hinzurechnungsbetrag zugrunde liegenden Einkünfte sind wiederum nach inländischen Grundsätzen zu ermitteln (§ 10 Abs. 3 S. 1 AStG-E). Ebenso wie im Rahmen der Ermittlung der Niedrigbesteuerung (hierzu s. o.) wird dabei die Anwendung des § 8b KStG ‒ abweichend von der aktuellen Rechtslage entsprechend § 10 Abs. 3 S. 4 1. HS AStG ‒ nicht länger gesperrt. Zwar schließt das Korrespondenzprinzip des § 8b Abs. 1 S. 2 KStG die 95%ige Freistellung grundsätzlich aus. Es greift allerdings die Rückausnahme des § 8b Abs. 1 S. 4 KStG (§ 8b Abs. 1 S. 5 KStG-E), da die vGA das Einkommen einer dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person, der ForCo 1, erhöht hat; unerheblich ist diesbezüglich, ob das durch die vGA erhöhte Einkommen der ForCo 1 einer Niedrigbesteuerung unterliegt oder nicht.
Für den Beispielsfall 2 bedeutet dies, dass die vGA bei der Foreign HoldCo zwar passiv ist, wenn der Einkommensminderung bei der ForCo 2 eine nur niedrig besteuerte Einkommenserhöhung bei der ForCo 1 gegenübersteht. Bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags stellt sich jedoch eine Freistellung nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG (i. V. m. § 10 Abs. 3 S. 1 AStG-E) ein, da das Korrespondenzprinzip nach § 8b Abs. 1 S. 2 KStG durch dessen S. 4 „ausgehebelt“ wird, für den die Niedrigbesteuerung bei der ForCo 1 keine Rolle spielt. Infolgedessen unterliegen lediglich die 5 % nach § 8b Abs. 5 KStG der Hinzurechnungsbesteuerung. Der derart ermittelte Hinzurechnungsbetrag gehört nach § 10 Abs. 2 S. 1 AStG-E zu den Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf den nach S. 4 weder § 8b KStG noch § 9 Nr. 7 GewStG anzuwenden ist. Damit sind im Ergebnis 5 % der vGA an die Foreign HoldCo beim inländischen Anteilseigner zur KSt und GewSt heranzuziehen, was eine effektiv ca. 1,5%ige Besteuerung nach sich zieht.
Beachten Sie | Im Beispiel 1, einer unmittelbar abzugsfähigen Leistung einer Enkel- an eine Tochtergesellschaft (vgl. unter 2.), stellen die daraus resultierenden Bezüge auf Ebene der Foreign HoldCo nach der gesetzlichen Neuregelung passive Einkünfte dar (infolge der Ausnahmeregelung des § 8 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a) AStG-E). Keine der beiden Rückausnahmen greift, da einerseits die Foreign OpCo den Substanz-Escape erfüllt und andererseits keine vGA vorliegt.
Der Hinzurechnungsbetrag ist dabei voll steuerpflichtig anstatt nur zu 5 %. Denn die Anwendung der Norm des § 8b Abs. 1 S. 2 KStG versagt eine Freistellung der Bezüge, sodass diese sowohl der KSt als auch der GewSt unterliegen. Mangels Dreiecksfall ist die Rückausnahme für vGA (§ 8b Abs. 1 S. 4 KStG) nicht eröffnet.
Die Gewerbeversteuerung des Hinzurechnungsbetrags führt sogar zu einer Schlechterstellung gegenüber direkt erzielten Bezügen aus einer im Ausland einkommensmindernden Leistung, da beim Direktbezug für Gewerbesteuerzwecke unter den Voraussetzungen des § 9 Nr. 7 GewStG eine vollständige Kürzung erfolgt. Eine entsprechende Schlechterstellung gegenüber einem Direktbezug kann auch in Dreieckskonstellationen auftreten (etwa in Beispiel 2, wenn auf Ebene der ForCo 1 nach ausländischem Recht eine steuermindernde Korrektur erfolgen würde).
FAZIT | Die durch das ATADUmsG vorgenommene Reform der Hinzurechnungsbesteuerung ist für deutsche Unternehmen, die Beteiligungserträge über Auslandsholdings erzielen, von erheblicher praktischer Relevanz. Insbesondere durch den Import des Korrespondenzprinzips in die Hinzurechnungsbesteuerung können (verdeckte) Gewinnausschüttungen erstmals passiv sein und in bestimmten Fällen sogar eine sinnwidrig höhere Besteuerung auslösen als im Falle eines Direktbezugs. Dies führt zu einer Verschärfung der Hinzurechnungsbesteuerung bei einer signifikanten Erhöhung des Komplexitätsgrades. So sind künftig ausländische Lieferungs- und Leistungsbeziehungen auch unterhalb einer Auslandsholding im Hinblick auf etwaige Divergenzen zu einer deutschsteuerlichen Würdigung der jeweiligen Sachverhalte zu untersuchen. Beispiele sind etwa nach ausländischem Recht zulässige Buchwertübertragungen zwischen Schwestergesellschaften oder Verstöße gegen den in vielen ausländischen Staaten unbekannten formellen Fremdvergleichsgrundsatz. Die steuerliche Würdigung wird deutlich aufwendiger. |