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Zur Besteuerung von Influencern in Inbound-Sachverhalten

von Dino Höppner, M.Sc., Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)

| Das BMF plant einen Leitfaden zur Besteuerung von Social-Media-Akteuren, der Influencer und Blogger gezielt über ihre Steuerpflichten aufklären soll (vgl. BT-Drs. 19/21307, 3). Dies und die zunehmende Tendenz von Unternehmen, insbesondere Influencer in ihren Marketing-Mix zu integrieren, gibt Anlass, die grenzüberschreitenden Besteuerungsfolgen bei Influencern näher zu betrachten. |

1. Einschlägige Einkunftsart

Grundsätzlich können Influencer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, wenn die Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG erfüllt sind. Dies erfordert eine selbstständige und nachhaltige Tätigkeit. Ferner müssen Gewinnerzielungsabsicht und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen. Allerdings dürfen die erzielten Einkünfte weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) noch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) darstellen. Ferner darf die Tätigkeit keine reine Vermögensverwaltung umfassen (R 15.7 Abs. 1 EStR). Für die Qualifikation der Einkünfte von Influencern ist allenfalls noch fraglich, ob Einkünfte aus selbstständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG infolge einer künstlerischen Tätigkeit vorliegen können.

 

In Fällen von Werbung hat der BFH das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit nicht bereits aufgrund der Verwendung dieser Tätigkeit für gewerbliche Zwecke der Werbung verneint. So können Einnahmen eines Schauspielers, die für den Dreh eines Werbespots gezahlt werden, Einkünfte aus selbstständiger künstlerischer Tätigkeit sein, wenn die Tätigkeit als eigenschöpferische Leistung zu werten ist. Muss sich der Steuerpflichtige jedoch an einzelne Vorgaben und Weisungen des Auftraggebers halten und bleibt infolgedessen kein oder ein ungenügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung, liegt keine künstlerische Tätigkeit vor (vgl. BFH 11.7.91, IV R 102/90, BStBl II 92, 413). Demzufolge ist es nicht ausgeschlossen, dass die Tätigkeit eines Influencers zu Einkünften i. S. d § 18 EStG führt. Ob eine eigenschöpferische Leistung vorliegt, ist dann im Einzelfall zu entscheiden (instruktiv Brunckhorst/Sterzinger, DStR 18, 1689).

2. Ausübung im Ausland

 

  • Beispiel

Klara ist eine gewerblich tätige Influencerin, die ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im EU-Ausland hat. Sie erstellt regelmäßig Beiträge auf Social-Media-Plattformen (Videos, Blogeinträge etc.) rund um ihre Sport- und Wellnessaktivitäten.

Mit der X-GmbH aus Deutschland schließt Klara einen Vertrag ab, aufgrund dessen sie eine Vergütung für die Platzierung von Produkten der X-GmbH in zwei ihrer Videos erhält. Diese Videos nimmt Klara in Ihrem EU-Ansässigkeitsstaat auf und verbreitet diese aus diesem Staat über Social-Media-Plattformen.

 

Klara ist mangels Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland (§§ 8, 9 AO) beschränkt steuerpflichtig, soweit sie inländische Einkünfte i. S. d. § 49 EStG erzielt (§ 1 Abs. 4 EStG). Inländische Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG scheiden aus, da im Inland keine inländische Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO begründet wird. Allenfalls liegen inländische Einkünfte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) EStG vor, wenn es sich bei der Tätigkeit der Influencerin um eine im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietung handelt. Des Weiteren werden auch Einkünfte erfasst aus anderen mit diesen Darbietungen zusammenhängenden Leistungen. Demzufolge ist fraglich, ob den Inszenierungen der Influencerin ein unterhaltender oder ähnlicher Darstellungscharakter i. S. d. Vorschrift innewohnt.

 

Für den Begriff der Unterhaltung besteht keine steuerrechtliche Legaldefinition. Nach h. M. ist eine Präsentation von künstlerischen, artistischen oder sportlichen Fähigkeiten nicht erforderlich, sodass bereits ein geringes Niveau ausreichend ist. Daher können unterhaltende Darbietungen in vielfältiger Weise erbracht werden. So erbringen Moderatoren sowie aktive Teilnehmer im Rahmen von Quiz- und Sportsendungen sowie Bühnenshows unterhaltende Darbietungen, wenn der unterhaltende Charakter der Veranstaltung überwiegt. In der Folge ist der Anwendungsbereich derart weit gefasst, dass es im Gegensatz zur künstlerischen Darbietung nicht mehr auf eine eigenschöpferische Leistung ankommt, sondern nahezu jede Darbietung, die das Ziel der Unterhaltung eines Publikums verfolgt, das Tatbestandsmerkmal für die beschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) EStG erfüllt (vgl. Strunk in: Korn, EStG, August 2020, § 49 EStG, Rz. 144.0 ff.; Maßbaum in: H/H/R, EStG/KStG, Oktober 2020, § 49 EStG, Rz. 535 m. w. N.).

 

Beachten Sie | Einnahmen aus Werbespots o. Ä., die ein Künstler oder Sportler bezieht, sind dagegen grundsätzlich keine Einkünfte aus einer künstlerischen, sportlichen oder unterhaltenden Darbietung. Vielmehr handelt es sich um Werbung, die der Verkaufsförderung des werbenden Unternehmens dient. Solche Werbung wird nach genauem Produktionsplan gefertigt, sodass der Künstler oder Sportler keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Darstellungen hat und im Mittelpunkt der Darstellungen das beworbene Produkt bzw. die Dienstleistung und deren Eigenschaften stehen (vgl. Maßbaum in: H/H/R, EStG/KStG, Oktober 2020, § 49 EStG, Rz. 535 m. w. N.).

 

Hinsichtlich dieser Aspekte unterscheiden sich die Inszenierungen von Influencern zu „klassischen“ Werbespots. Zum einen wird den Influencern i. d. R. die Gestaltung und der Inhalt der Videos sowie ihr eigener Auftritt und die Darstellung des Produktes innerhalb dieser Videos frei überlassen. Zum anderen steht regelmäßig nicht das Produkt im Mittelpunkt der Darstellungen, sondern die Darbietungen des Influencers. Denn m. E. präsentieren Influencer ihren Followern ihre Persönlichkeit und ihren Lebensstil, in deren Kontext sie ggf. ihre Erfahrungen und Einschätzungen über oder mit einem Produkt darbieten. Oder das Produkt wird lediglich innerhalb eines Videos platziert, ohne dieses dabei explizit zu erwähnen (Product Placement). Daher ist eine eindeutige Trennung zwischen der Werbebotschaft und der unterhaltenden Darbietung bzw. eine Abgrenzung zu anderen Videos, die ein Influencer veröffentlicht und in denen kein Product Placement erfolgt, nicht möglich.

 

Wird eine Vergütung an einen Influencer für die Platzierung von Produkten innerhalb seiner Videos gezahlt, ist m. E. keine eindeutige Trennung zwischen Werbebotschaft und der unterhaltenden Darbietung möglich. Im Ergebnis ist das Tatbestandskriterium der unterhaltenden Darbietung durchaus erfüllt und die Vergütung stellt eine mit dieser Darbietung zusammenhängende Leistung dar (so auch Pinkernell/Schlotter, FR 20, 681; Busemann/Gilson, DStR 19, 2178).

 

Ferner muss die Darbietung zwar nicht selbst öffentlich sein, allerdings muss diese in der Öffentlichkeit wahrnehmbar werden. Dabei ist es nach h. M. unerheblich, welches Medium genutzt wird, sodass auch Aufzeichnungen von Bild- und Tonaufnahmen ‒ wenn auch mittelbar ‒ einen öffentlichen Auftritt darstellen (vgl. Reimer in: Blümich, EStG, Juni 2020, § 49 EStG, Rz. 156). Dies verändert sich m. E. nicht dadurch, dass die Bereitstellung der Videoaufzeichnung über eine Internetplattform erfolgt.

 

Jedoch unterliegen nur jene Einkünfte i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) EStG der beschränkten Steuerpflicht, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete Darbietungen erzielt werden:

 

  • Im Beispiel erfolgen die Erstellung und der Upload der Videos ausschließlich im Ausland, weshalb eine inländische Ausübung, die einen physischen Auftritt des Darbietenden im Inland erfordert, nicht vorliegt.

 

  • Demgegenüber erfasst der Verwertungstatbestand i. S. d. Vorschrift nicht nur Inlandsdarbietungen, sondern auch solche, die Künstler im Ausland erbringen.

 

  • MERKE | Unter dem Begriff „Verwertung“ ist ein Vorgang zu verstehen, durch den der Inhaber von Nutzungsrechten an einer Darbietung infolge einer zusätzlichen Handlung das Ergebnis der Darbietung nutzbar macht. Insbesondere erfolgt eine solche Verwertung durch die Übertragung entsprechender Nutzungsrechte an Film-, Video-, Fernseh- sowie Rundfunkaufnahmen. Vorausgesetzt wird somit, dass die ausländischen Darbietungen im Inland verwertet werden. Dies erfolgt bereits, wenn die tatsächliche Inlandsnutzung durch den Vertragspartner erfolgt; unerheblich ist jedoch die Ansässigkeit des Vertragspartners im Inland (vgl. Maßbaum in: H/H/R, EStG/KStG, Oktober 2020, § 49 EStG, Rz. 539; Reimer in: Blümich, EStG, Juni 2020, § 49 EStG, Rz. 164).

     
  • Im Sachverhalt ist m. E. eine solche inländische Verwertung jedoch nicht gegeben, da keine Überlassung des Nutzungsrechts an den Videos für die inländische X-GmbH vorgesehen ist. Stattdessen lädt die Influencerin das Video selbst auf Social-Media-Plattformen hoch.

 

Im Ergebnis ist die Vergütung, die Klara erzielt, in Deutschland nicht steuerbar.

3. Ausübung im Inland

3.1 Beschränkte Steuerpflicht

 

  • Abwandlung

Der Sachverhalt entspricht dem Beispiel 1 mit folgender Abweichung: Klara vereinbart mit der X-GmbH, dass sie die Firmenzentrale in Deutschland besichtigt und die Videos während ihres Aufenthalts vor Ort aufnimmt. Die Übernachtungskosten für das Hotel werden von der X-GmbH erstattet. Die Kosten für die Zugtickets trägt die Influencerin selbst. Ferner ist eine Erneuerung ihres Equipments notwendig, weshalb sie ein neues Notebook und eine neue Kamera anschafft. Den Upload des Videos nimmt sie nach ihrer Rückkehr vor.

 

Das Tatbestandskriterium einer inländischen Tätigkeitsausübung ist im vorliegenden Sachverhalt erfüllt, sodass die Influencerin mit ihrer Vergütung nach § 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d) EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist. Denn der Ort, an dem die unterhaltende Tätigkeit ausgeübt wird, ist dort, wo sich der Darbietende während der Ausübung tatsächlich physisch aufhält. M. E. ist es dabei unerheblich, von oder an welchem Ort das entstandene Video bereitgestellt wird, da bei Studioaufnahmen und auch bei Live-Mitschnitten von Sport- oder Unterhaltungsveranstaltungen, die im Inland stattfinden, der Ausübungsort ebenfalls im Inland liegt (vgl. Reimer in: Blümich, EStG, Juni 2020, § 49 EStG, Rz. 162; Maßbaum in: H/H/R, EStG/KStG, Oktober 2020, § 49 EStG, Rz. 538).

 

3.2 Steuererhebung

3.2.1 Steuerabzug nach § 50a EStG

Bei beschränkt Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus der Ausübung von künstlerischen, sportlichen, artistischen, unterhaltenden oder ähnlichen Darbietungen im Inland erzielen, wird die Einkommensteuer im Wege des Steuerabzugs erhoben (§ 50 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Hierbei hat der Vergütungsschuldner (X-GmbH) den Steuerabzug an der Quelle für den Vergütungsgläubiger (Klara) vorzunehmen.

 

Nach § 50a EStG bestehen zwei Möglichkeiten zur Durchführung des Steuerabzugs, zwischen denen der beschränkt Steuerpflichtige wählen kann. Nach § 50a Abs. 2 S. 1 EStG nimmt der Vergütungsschuldner einen Steuerabzug i. H. v. 15 % vor. Dabei umfasst die Bemessungsgrundlage die gesamten Einnahmen, sodass es zur Bruttobesteuerung der Vergütung kommt und etwaige Betriebsausgaben nicht in Abzug gebracht werden können. Jedoch unterliegen die vom Auftraggeber erstatteten oder auch übernommenen Kosten nicht dem Steuerabzug, soweit diese die tatsächlich angefallenen Kosten nicht übersteigen (§ 50a Abs. 2 S. 2 EStG).

 

PRAXISTIPP | Zur eindeutigen Abgrenzung der einzelnen Vergütungsbestandteile ist es ratsam, dass die Vertragspartner möglichst genau dokumentieren, in welchem Umfang Kosten übernommen bzw. erstattet werden.

 

Im Beispiel ist ein Steuerabzug i. H. v. 15 % von der Vergütung vorzunehmen, ohne dass dabei die erstatteten Hotelkosten einem solchen Abzug unterliegen. Die Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben (Zugticket und Equipment) ist i. R. d. Bruttobesteuerung ausgeschlossen.

 

Beachten Sie | Nach § 50a Abs. 2 S. 3 EStG ist bei Einkünften i. S. d. § 50a Abs. 1 Nr. 1 eine Freigrenze i. H. v. 250 EUR vorgesehen. Wird diese nicht überschritten, unterliegen die Einkünfte keinem Steuerabzug nach § 50a EStG. Hierbei sind Gesamthonorare, die für mehrere Darbietungen gezahlt werden, separat zu beurteilen.

 

Alternativ zur Bruttobesteuerung nach Abs. 2 besteht die Möglichkeit zum Steuerabzug auf (Halb-)Nettobasis (§ 50a Abs. 3 EStG). Hiernach kann der Vergütungsschuldner die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben des beschränkt Steuerpflichtigen abziehen. Die entsprechende Nettogröße unterliegt in der Folge einem Steuersatz i. H. v. 30 % (§ 50a Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStG). Jedoch ist der Steuerabzug auf Basis der Nettogröße nur unter weiteren Voraussetzungen zulässig:

 

  • Die Betriebsausgaben müssen dem Vergütungsschuldner in einer dem BZSt nachprüfbaren Form nachgewiesen werden und

 

  • der Vergütungsgläubiger muss sowohl die Staatsbürgerschaft eines EU- oder EWR-Staates besitzen als auch einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem dieser Staaten haben (doppelter EU-/EWR-Bezug).

 

Nach der Rechtsprechung stehen Betriebsausgaben in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit (beschränkt steuerpflichtigen) Einnahmen, wenn die Betriebsausgaben und die inländischen Einnahmen durch dasselbe Ereignis veranlasst sind. Danach wären die Betriebsausgaben ohne die Tätigkeiten, die zur Erzielung dieser Einnahmen dienen, nicht angefallen (vgl. Reimer in: Blümich, EStG, Juni 2020, § 50a EStG, Rz. 71). Demzufolge erfüllen Einzelkosten, die stets einem Kostenträger (z. B. einem Produkt oder einer Dienstleistung bzw. einer Tätigkeit) direkt zurechenbar sind, das Unmittelbarkeitskriterium nach § 50a Abs. 3 S. 1 EStG. Demgegenüber sind Gemeinkosten, die keinem Kostenträger direkt zugeordnet werden können, keine Betriebsausgaben, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit bestimmen Einnahmen stehen.

 

Im Ergebnis kann im Beispiel bei Anwendung der Nettobesteuerung nach § 50a Abs. 3 EStG der Abzug der Aufwendungen für die Zugtickets erfolgen, da diese Betriebsausgaben Einzelkosten darstellen. Demgegenüber stellen die Betriebsausgaben für das Equipment keine Einzel-, sondern Gemeinkosten dar, weshalb diese hier keine Berücksichtigung finden.

 

Im Zusammenhang mit dem Steuerabzug nach § 50a EStG sind neben den Vorschriften für den Vergütungsgläubiger ebenso die Pflichten des Vergütungsschuldners zu beachten. Denn gemäß § 50a Abs. 5 S. 4 EStG haftet der Vergütungsschuldner für die Einbehaltung und Abführung der Steuer. Insbesondere im Kontext des Steuerabzugs nach Abs. 3 ist der Vergütungsschuldner verpflichtet, die Staatsangehörigkeit des Gläubigers ‒ z. B. durch Kopie eines Lichtbildausweises ‒ zu dokumentieren. Ferner sind die von der Bemessungsgrundlage abgezogenen Betriebsausgaben ebenfalls zu dokumentieren (§ 73d Abs. 1 EStDV). Folglich ist es ratsam, Betriebsausgaben nur zum Abzug zu bringen, wenn einschlägige Rechnungen, Quittungen, o. Ä. vom Vergütungsschuldner beigebracht werden.

 

MERKE | Beschränkt steuerpflichtige Influencer können dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen. Hierbei werden Betriebsausgaben nur berücksichtigt, wenn diese

  • vom Vergütungsschuldner übernommen oder erstattet werden (Bruttobesteuerung nach Abs. 2) oder
  • in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zur Tätigkeit, durch die inländische Einnahmen erzielt werden, stehen (nur i. R. d Nettobesteuerung gemäß Abs. 3).
 

3.2.2 Option nur Veranlagung

Nach § 50 Abs. 2 S. 1 EStG gilt die Einkommensteuer grundsätzlich durch den Steuerabzug nach § 50a EStG für den beschränkt Steuerpflichtigen als abgegolten. Jedoch kann durch Antrag auf Veranlagung diese Abgeltungswirkung durchbrochen werden (§ 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 EStG). Voraussetzung ist das Vorliegen des doppelten EU-/EWR-Bezugs (§ 50 Abs. 2 S. 7 EStG).

 

Optiert der beschränkt Steuerpflichtige zur Veranlagung, sind die Bestimmungen des § 50 Abs. 1 EStG anzuwenden. Demzufolge wird die Einkommensteuer nach dem progressiven Tarif unter Hinzurechnung des Grundfreibetrags ermittelt (§ 50 Abs. 1 S. 2 EStG). Ferner kann der Steuerpflichtige jene Betriebsausgaben zum Abzug bringen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang zu den inländischen Einkünften stehen (§ 50 Abs. 1 S. 1 EStG).

 

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang liegt bereits vor, wenn die Aufwendungen durch eine Tätigkeit oder Leistung veranlasst sind, die der Erzielung inländischer Einkünfte dient. Folglich ist neben den Einzelkosten auch grundsätzlich ein angemessener Teil der Gemeinkosten bei der Veranlagung berücksichtigungsfähig (vgl. Herkenroth/Striegel in: H/H/R, EStG/KStG, Oktober 2020, § 50 EStG, Rz. 38; Reimer in: Blümich, EStG, Juni 2020, § 50 EStG, Rz. 40). Somit kann die Influencerin im Rahmen der Antragsveranlagung neben den Aufwendungen für die Tickets mindestens einen angemessenen Anteil der AfA für das Equipment zum Abzug bringen.

 

Aufgrund dieser Besteuerungsalternativen ergeben sich im Zusammenhang mit Betriebsausgaben und Nebenleistungen eine Reihe von Gestaltungspotenzialen für Steuerpflichtige (dazu vgl. Kudert/Jarzynska, RIW 12, 380).

 

MERKE | Neben dem Steuerabzug nach § 50a EStG besteht ebenfalls die Möglichkeit zur Antragsveranlagung. Dabei sind auch Betriebsausgaben abzugsfähig, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zu den Tätigkeiten, die zur Erzielung inländischer Einkünfte führen, aufzuweisen. Die Anwendung des progressiven Tarifs erfolgt aber ohne Berücksichtigung des Grundfreibetrags.

 

3.3 Abkommensrechtliche Einordnung

Es ist fraglich, ob das Besteuerungsrecht auch abkommensrechtlich Deutschland zusteht. Sollte das Besteuerungsrecht nur beim Ansässigkeitsstaat liegen, ist eine Erstattung der nach § 50a EStG einbehaltenden Quellensteuer i. R. d. § 50d Abs. 1 EStG für die Influencerin möglich.

 

3.3.1 Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA

Abkommensrechtlich kommen zunächst Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA in Betracht. Nach Abs. 1 dürfen Unternehmensgewinne grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat besteuert werden, es sei denn die Geschäftstätigkeit wird durch eine im anderen Vertragsstaat belegene Betriebsstätte ausgeübt. Demzufolge würde nach Art. 7 Abs. 1 OECD-MA das Besteuerungsrecht an der gezahlten Vergütung ‒ mangels einer Betriebsstätte in Deutschland ‒ nur beim Ansässigkeitsstaat liegen. Jedoch gilt abkommensrechtlich der Spezialitätsgrundsatz nach Art. 7 Abs. 4 OECD-MA, wonach die Vorschriften anderer Artikel vorrangig anzuwenden sind, wenn diese einschlägig sind.

 

3.3.2 Künstler und Sportler nach Art. 17 OECD-MA

Für Influencer könnte auch die Anwendung des Art. 17 OECD-MA in Betracht kommen. Nach Abs. 1 können Einkünfte, die Künstler (wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker) oder Sportler für die persönliche Ausübung ihrer Tätigkeit im anderen Vertragsstaat beziehen, in diesem Staat (Tätigkeitsstaat) besteuert werden. Im Ergebnis sieht der Verteilungsartikel ein uneingeschränktes, aber nicht ausschließliches Besteuerungsrecht für den Tätigkeitsstaat vor, sodass der Ansässigkeitsstaat weiterhin zur Besteuerung berechtigt ist.

 

Beachten Sie | Art. 17 OECD-MA enthält zwar keine ausdrückliche Definition des Begriffs Künstler, jedoch lässt sich aus dem Abkommenszusammenhang eine Bedeutung des Begriffs ableiten. Denn die beispielhafte Aufzählung einer bestimmten Gruppe von Künstlern (Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker) stellt einen Zusammenhang zwischen diesen Beispielen und dem abstrakten Begriff her. Daher ist eine abkommensautonome Auslegung des Künstlerbegriffs gerechtfertigt (vgl. Maßbaum in: G/K/G/K, DBA, September 2020, Art. 17 OECD-MA Rz. 24 ff.).

 

Der abkommensrechtliche Künstlerbegriff erfasst nur Personen, die unmittelbar oder mittelbar in der Öffentlichkeit auftreten und dabei Darbietungen erbringen, die einen künstlerischen oder unterhaltenden Charakter haben. Daher ist der abkommensrechtliche Künstlerbegriff vom Begriff des nationalen Rechts nach § 18 EStG insoweit zu unterscheiden, dass keine Tätigkeit erforderlich ist, der eine eigenschöpferische Leistung zukommt. Deshalb ist Art. 17 OECD-MA auch dann anzuwenden, wenn das künstlerische Niveau einer Darbietung deutlich hinter ihren Unterhaltungscharakter zurücktritt. Eine solche Auslegung steht auch im Einklang mit dem in der englischen Version des OECD-MA verwendeten Begriff „Entertainer“ (vgl. Maßbaum in: G/K/G/K, DBA, September 2020, Art. 17 OECD-MA Rz. 40 ff.). Dabei kommt es entscheidend auf die persönlich ausgeübte unterhaltende Tätigkeit an, sodass Personen die an der Herstellung eines Films beteiligt sind (Regisseure, Kameraleute, Cutter, Tontechniker, etc.), nicht unter die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 OECD-MA fallen.

 

Bei Influencern ergibt sich die Problematik, dass ihr Tätigkeitsbereich breit gefächert ist. Einerseits werden Tätigkeiten ausgeübt, die unterhaltend sind, wie die Darbietungen in den Videos. Andererseits sind sie auch in solchen Bereichen tätig, die die unterhaltende Tätigkeit unterstützen bzw. nur indirekt mit ihr im Zusammenhang stehen, wie das Schneiden, Aufnehmen und Planen der Videos.

 

Vergütungen, die Künstler (und auch Sportler) durch reine Werbe- oder Sponsoring-Verträge erhalten, werden grundsätzlich nicht von Art. 17 Abs. 1 OECD-MA erfasst. Nach Abs. 1 ist es für die Zuordnung des Besteuerungsrechts der Einkünfte zum Tätigkeitsstaat erforderlich, dass der Künstler (auch Sportler) diese Einkünfte für seine persönlich ausgeübte Tätigkeit als Künstler (oder Sportler) bezieht (vgl. Maßbaum in: G/K/G/K, DBA, September 2020, Art. 17 OECD-MA Rz. 150).

 

  • Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören Einkünfte aus Werbe-, Ausrüstungs- und ähnlichen Verträgen dennoch zu den Einkünften i. S. d. Art. 17 Abs. 1 OECD-MA, soweit diese unmittelbar oder mittelbar mit dem Auftritt im Inland zusammenhängen (vgl. BMF 25.11.10, IV C 3 - S2303/09/10002, BStBl I 10, 1350, Tz. 82). Dem schließt sich auch die h. M. an, wonach sämtliche auftrittsbezogenen Vergütungen unter Art. 17 Abs. 1 OECD-MA zu subsumieren sind (vgl. Schwenke/Wassermeyer in: Wassermeyer, DBA, Juli 2020, Art. 17 Rz. 41; Stockmann in: Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., 2015, Art. 17 Rz. 53).

 

  • Abweichend von dieser Auffassung wird ebenso vertreten, dass Art. 17 Abs. 1 OECD-MA eine künstlerische, unterhaltende bzw. sportliche Tätigkeit voraussetzt, aus der die Einkünfte erzielt werden. Denn abkommensrechtlich sind die Tätigkeiten für sich allein unter die Verteilungsnormen zu subsumieren, sodass Entgelte, die für Werbung oder Sponsoring gezahlten werden, nicht im Zusammenhang mit der persönlich ausgeübten künstlerischen (oder sportlichen) Tätigkeit stehen (vgl. Maßbaum in: G/K/G/K, DBA, September 2020, Art. 17 OECD-MA Rz. 151 m. w. N.).

 

Beachten Sie | Für die Influencerin gilt, dass ohne ihre Darbietung, d. h. ohne die Erstellung ihrer Videos, auch kein Werbevertrag mit der X GmbH zustande kommen würde. Folglich ist ein enger Zusammenhang mit der Darbietung zunächst zu bejahen. Denn das werbende Unternehmen nutzt eben den Bekanntheitsgrad und die Reichweite der Influencerin, die mit den unterhaltenden Darbietungen der Influencerin selbst gesteigert werden.

 

Influencer, die Videos erstellen, unterscheiden sich jedoch von Künstlern und Sportlern in einem wesentlichen Punkt: Künstler und Sportler erzielen regelmäßig für die persönlich dargebotenen künstlerischen, unterhaltenden oder sportlichen Tätigkeiten eine Vergütung. Das bedeutet, die primäre Absicht von Künstlern und Sportlern liegt in der Erzielung von Einkünften durch ihre künstlerischen, unterhaltenden oder sportlichen Auftritte.

 

Demgegenüber liegt der Zweck von Influencern primär in der Gewinnung von Followern, der Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Erhöhung der Reichweite, um auf diese Weise Vergütungen aus Werbeverträgen für sich zu generieren. Daher schneidet m. E. die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 OECD-MA auf Influencer grundsätzlich aus, da zum einen die Tätigkeiten von Influencern nur teilweise das Tatbestandsmerkmal der persönlichen künstlerischen oder unterhaltenden Ausübung im anderen Vertragsstaat erfüllen. Zum anderen stellen die gezahlten Vergütungen für die Produktplatzierung m. E. keine auftrittsbezogenen Einkünfte für die Darbietung von künstlerischen oder unterhaltenden Tätigkeiten dar.

 

MERKE | Die Subsumtion der Vergütungen an Influencer für die Produktplatzierung innerhalb ihrer Videos als Einkünfte eines Künstlers i. S. d. Art. 17 OECD-MA scheidet wohl aus. Es werden abkommensrechtlich regelmäßig Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA vorliegen, sodass das Besteuerungsrecht mangels einer Betriebsstätte im anderen Vertragsstaat beim Ansässigkeitsstaat des Influencers liegt.

 

4. Fazit

Bei der Besteuerung von Influencern bestehen derzeit noch Herausforderungen: Zunächst ergeben sich Fragen bzgl. des Verwertungstatbestandes und damit der Begründung der beschränkten Steuerpflicht bei ausländischen Darbietungen von Influencern. In Fällen der beschränkten Steuerpflicht ist die Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a EStG zu beachten. Noch offene Punkte könnten auch in der abkommensrechtlichen Behandlung von Influencern liegen. Grundsätzlich werden sie Unternehmensgewinne nach Art. 7 OECD-MA erzielen. Jedoch ist die Behandlung als Künstler i. S. d. 17 OECD-MA nicht zu Gänze ausgeschlossen.

Quelle: Seite 22 | ID 46954982