· Fachbeitrag · Investitionsabzugsbetrag
Fünf Praxisfälle zu § 7g EStG
von StB Catrin Stockhausen, Korbach
| Der Investitionsabzugsbetrag (IAB, § 7g EStG ) ist bei kleinen Unternehmen, die ihren Gewinn mit der Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, ein beliebtes Instrument für die Steuergestaltung. Im Zusammenhang mit dem IAB ergeben sich ‒ dem Zweifelsfragenerlass ( BMF 20.3.17, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02 ) und der höchstrichterliche Rechtsprechung zum Trotz ‒ immer wieder Anwendungsprobleme. Dieser Beitrag greift fünf Fälle heraus. |
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1. Vorbemerkung
Der IAB bewirkt eine Steuerentlastung im Abzugsjahr, die allerdings später wieder aufgeholt wird. Insgesamt wird also eine Steuerstundung erreicht. „Technisch“ wird dies bewerkstelligt, indem Abschreibungen für ein noch anzuschaffendes oder herzustellendes bewegliches Wirtschaftsgut außerhalb der Gewinnermittlung/außerbilanziell in das Abzugsjahr vorverlagert werden. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung wird der IAB dann wieder hinzugerechnet und in der Gewinnermittlung durch einen gewinnmindernden Herabsetzungsbetrag kompensiert. Das Wirtschaftsgut selbst wird von einer um den Herabsetzungsbetrag verminderten Bemessungsgrundlage abgeschrieben (Aufholung der anfänglichen Steuerentlastung). Der Steuerpflichtige kann die Höhe des Herabsetzungsbetrag frei wählen und so das AfA-Volumen für die Folgejahre bestimmen. Wird das Wirtschaftsgut innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist nicht angeschafft oder hergestellt, muss der IAB aufgelöst und verzinst werden.
Der IAB kann ohne weitere Angaben entweder in der Steuererklärung oder ‒ wenn die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorliegen ‒ nach der erstmaligen Steuerfestsetzung (z. B. im Rechtsbehelfsverfahren oder durch Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) geltend gemacht werden. Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung von Investitionsabsichten ist nicht ‒ mehr ‒ erforderlich (BMF 20.3.17, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, Rz. 21).
2. IAB für unangemessen hohe Anschaffungskosten?
Diese Frage wurde vom BFH (10.10.17, X R 33/16, Nachricht vom 18.1.18) nicht zum IAB, sondern zur Vorgängerregelung, der Ansparrücklage (§ 7g Abs. 3 bis 7 EStG a. F.) geklärt. Danach konnten Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage durfte 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen würde (§ 7g Abs. 3 S. 2 EStG a. F.). Übertragen auf den IAB könnte ein Sachverhalt etwa so lauten:
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Zahnarzt Dr. A ermittelt die Einkünfte seiner Praxis nach § 4 Abs. 3 EStG. A trägt sich mit dem Gedanken, im Folgejahr 02 einen Ferrari anzuschaffen (Anschaffungskosten 290.000 EUR).
Es soll unterstellt werden, dass maximal ein Oberklasse-Modell (150.000 EUR) als angemessen i. S. von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG anzusehen ist. |
2.1 Unangemessenheit von Betriebsausgaben
Betriebsausgaben bzw. Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, dürfen gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind.
Ob ein unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand i. S. der Vorschrift vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des BFH danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer ‒ ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen ‒ angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte.
Danach sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Neben der Größe des Unternehmens, der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen. Es kann auch entscheidungserheblich sein, ob es einen objektiven Grund für den angeblichen Mehraufwand gibt. Unter diesem Gesichtspunkt kann von Bedeutung sein, ob der Aufwand durch ein günstiges „Gegengeschäft ausgelöst wurde, das ohne entsprechende Koppelung nicht zustande gekommen wäre”.
Schließlich ist auch zu beachten, wie weit die private Lebenssphäre des Steuerpflichtigen berührt wird. Aufwendungen berühren die Lebensführung, wenn sie durch die persönlichen Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst sind, ohne dass deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen ist und ohne dass es einer teilweisen privaten Nutzung des betreffenden Wirtschaftsguts bedarf (vgl. FG München 1.3.16, 6 K 2162/14, rkr.)
2.2 Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG
Aufwendungen i. S. von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG umfassen auch die AfA gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 EStG. Da § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG grundsätzlich den Abzug von AfA gemäß § 7 EStG einschränkt, muss das Abzugsverbot z. B. auch beim Ansatz der erhöhten Absetzungen bzw. Sonder-AfA beachtet werden.
Mit der Entscheidung des BFH (10.10.17, X R 33/16) ist nun geklärt, dass auch die durch die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. eintretende Gewinnminderung in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG fällt. § 7g Abs. 3 EStG a. F. ermöglichte zur Finanzierung künftiger Investitionen die Bildung einer Rücklage im Vorgriff auf spätere Abschreibungsmöglichkeiten. Die Wirkung lag ‒ wie beim IAB ‒ in der Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials. Der Ansatz einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG a. F. führt damit zu sofort steuerminderndem Aufwand und fällt folglich unter den Begriff der Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4, 5 S. 1 Nr. 7 EStG. Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, ist die Bildung der Rücklage bereits nach dem Wortlaut des § 7g Abs. 6 EStG a. F. eindeutig als Betriebsausgabe zu behandeln.
2.3 Begünstigung von unangemessenem Aufwand ist nicht gewollt
Dass die Bildung einer Rücklage für die beabsichtigte Anschaffung eines Wirtschaftsguts nicht möglich ist, soweit (!) sie zu unangemessenen Aufwendungen gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG führt, steht zudem im Einklang mit dem Sinn der beiden Vorschriften:
- § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG soll verhindern, dass unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand bei der Einkommensteuer berücksichtigt wird. Der Steuerpflichtige soll nicht in der Lage sein, einen Teil dieses Aufwands durch eine Ermäßigung seiner Steuer auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
- Diesen Zweck gilt es auch bei der Begünstigung des § 7g Abs. 3 EStG a. F. zu beachten. Die Norm bezweckt nicht die Förderung unangemessener Repräsentationsaufwendungen, die grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Es bedarf keiner Erleichterung für die Finanzierung derartiger Aufwendungen (so auch Schmidt/Kulosa, EStG, § 7g Rz. 23).
2.4 Gilt das auch für den IAB?
Zumindest das FG Sachsen (28.6.18, 4 K 1235/14) hat keine Zweifel daran. Nach seiner Auffassung sind die Grundsätze aus BFH (10.10.17, X R 33/16) auf den IAB zu übertragen: „Mit Blick darauf, dass die Wirkung des IAB in einer Vorverlagerung des Abschreibungspotenzials des später angeschafften Wirtschaftsguts besteht, insbesondere der Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG, unterliegt die Gewinnminderung durch Abzug eines IAB nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG als Betriebsausgabe dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG.“ Das FG bestätigte im Streitfall sogar die komplette Rückgängigmachung des IAB, weil der gewinnmindernde Abzug eines IAB nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG aufgrund des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG insgesamt ausgeschlossen war.
PRAXISTIPP | Das hat eine interessante praktische Auswirkung. Bei der Ansparrücklage war der Steuerpflichtige gehalten, das anzuschaffende Wirtschaftsgut zu benennen. Das ist beim IAB nicht mehr erforderlich (BMF 20.3.17, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02, Rz. 21: „Investitionsabzugsbeträge können ohne weitere Angaben [...] geltend gemacht werden“). Der Steuerpflichtige könnte also zunächst den IAB wie in Sachverhalt 1 bilden, denn im Zeitpunkt der Bildung des IAB weiß das FA nichts von dem Ferrari. Er muss jedoch mit einer (teilweisen) Rückgängigmachung durch die Betriebsprüfung rechnen mit den Folgen der geänderten Veranlagung und Verzinsung der Nachforderung. Dem steht allerdings die Auffassung von Dürr (jurisPR-SteuerR 14/2018 Anm. 2; zu BFH 10.10.17, X R 33/16) gegenüber: „Ein Investitionsabzugsbetrag, der im Vorgriff auf unangemessene Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG vorgenommen wird, ist entsprechend zu kürzen. Denn es bedarf keiner Erleichterungen für die Finanzierung unangemessener Anschaffungs- oder Herstellungskosten (...).“ |
2.5 Was passiert bei einer Korrektur?
Ist die Bildung des IAB wie im Fall des FG Sachsen (28.6.18, 4 K 1235/14) insgesamt ausgeschlossen, ist der IAB vollständig rückgängig zu machen, die Sonder-AfA zu streichen und die AfA von einer unverminderten Bemessungsgrundlage aus neu zu berechnen. Dasselbe gilt sinngemäß anteilig, soweit nur ein Teil der Aufwendungen unter das Abzugsverbot fällt.
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IAB: Der IAB war i. H. von 116.000 EUR gebildet worden. Dem IAB muss ‒ anders als bei der Vorgängerregelung ‒ keine konkrete Investition mehr zugeordnet werden. Die berücksichtigungsfähigen (angemessenen) Anschaffungskosten im Folgejahr haben nur 150.000 EUR betragen; dem entspricht ein Betrag von 40 % von 150.000 EUR = 60.000 EUR als gegenzurechnende Investition. Es verbleibt ein IAB von 56.000 EUR, der innerhalb des Investitionszeitraums zu investieren ist. Sonst treten die Rechtsfolgen des nicht in Anspruch genommenen IAB ein: Änderung der Veranlagung und Verzinsung der Nachforderung.
AfA: Die AfA-Bemessungsgrundlage liegt bei 174.000 EUR und ist mit Blick auf die angemessenen 150.000 EUR um 24.000 EUR zu hoch. Die darauf entfallende AfA muss wegen § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG hinzugerechnet werden. Auch der Herabsetzungsbetrag muss hinzugerechnet werden, damit sich nur die zutreffende AfA auswirkt. |
3. Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen
Bis zur Entscheidung des BFH (15.11.17, VI R 44/16, PFB 18, 90) war unklar, ob das Wirtschaftsgut, für das die Gesamthand den IAB gebildet hat, in das Gesamthandsvermögen investiert werden muss oder ob es ein Gesellschafter auch in seinem Sonderbetriebsvermögen anschaffen kann. Nun hat der BFH klargestellt, dass eine begünstigte Investition i. S. des § 7g EStG auch dann vorliegt, wenn bei einer Personengesellschaft der IAB vom Gewinn der Gesamthand abgezogen wurde und die geplante Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonder-BV aktiviert wird. Im Wirtschaftsjahr der Anschaffung ist der IAB in diesem Fall dem Sonder-BV des investierenden Gesellschafters außerbilanziell hinzuzurechnen.
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A ist Gesellschafter einer GbR, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. In ihrer Gesamthandsbilanz bildete die GbR für das Wirtschaftsjahr 01 mehrere IAB für geplante Investitionen i. H. von 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten und mindert (außerbilanziell) den Gewinn der Gesamthand des Wirtschaftsjahres 01 entsprechend.
Im Jahr 02 schafft der Gesellschafter A die geplanten Wirtschaftsgüter aus eigenen finanziellen Mitteln an, aktivierte die Wirtschaftsgüter in seiner Sonderbilanz für das Wirtschaftsjahr 02 und rechnete die von der GbR im Wirtschaftsjahr 01 geltend gemachten IAB (außerbilanziell) gewinnerhöhend hinzu. Das FA will die im Gesamthandsvermögen gebildeten IAB wegen der späteren Anschaffung im Sonder-BV nicht anerkennen. |
Zur Begründung führt der BFH an, dass nach § 7g Abs. 7 EStG bei Personengesellschaften im Rahmen der Auslegung der Vorschrift des § 7g Abs. 1 bis 6 EStG die „Gesellschaft“ an die Stelle des „Steuerpflichtigen“ tritt. Zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehört in steuerlicher Hinsicht aber nicht nur das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft, sondern auch das Sonder-BV der Gesellschafter. Daher ist es für die Prüfung, ob eine Investition derjenigen entspricht, für die der Abzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, ohne Bedeutung, ob im Bereich des Gesamthandsvermögens oder des Sonder-BV investiert wurde (a. A. LAfSt Rheinland-Pfalz 25.9.17, S 2230 A-St 31 5 / St 31 1).
§ 7g Abs. 1 EStG verlangt nur, dass die Personengesellschaft ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens künftig anschafft oder herstellt. An keiner Stelle des § 7g EStG wird sie verpflichtet, bereits bei Antragstellung festzulegen, ob die Investition von der Gesamthand oder einem Gesellschafter finanziert wird. Dem Wortlaut des § 7g Abs. 1 i. V. mit Abs. 7 EStG ist daher auch dann genügt, wenn das Wirtschaftsgut entgegen dem ursprünglichen Antrag der Personengesellschaft nicht im Gesamthandsvermögen angeschafft, sondern von einem Gesellschafter in dessen Sonderbetriebsvermögen erworben wird.
Für diese Sicht spricht auch, dass § 7g EStG eine betriebsbezogene (und keine personenbezogene) Förderung enthält (z. B. BFH 13.7.16, VIII R 56/13). Dies hat der BFH sowohl für die Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen (BFH 19.3.14, X R 46/11, BStBl II 17, 291) als auch für die Größenmerkmale des § 7g Abs. 1 EStG (BFH 3.8.17, IV R 12/14, BStBl II 18, 20, Rz. 13) entschieden. Auch insoweit ist bei Personengesellschaften neben dem Gesamthandsvermögen das Sonderbetriebsvermögen zu erfassen. Dann ist es aber auch gerechtfertigt, insgesamt auf den einkommensteuerrechtlichen Betrieb der Personengesellschaften abzustellen.
Was die Hinzurechnung beim Gesellschafter angeht, vertritt der BFH folgende Auffassung (die jedoch in Teilen der FG-Rechtsprechung und des Schrifttums nicht unumstritten ist): Der IAB ist in dem Vermögensbereich der Gesellschaft anzusetzen, in den investiert wurde; denn nur dort können die Herabsetzung der Anschaffungskosten (§ 7g Abs. 2 S. 2 EStG) sowie die Sonderabschreibung gemäß § 7g Abs. 5 EStG vorgenommen werden (Reddig, EFG 16, 1082), sodass Hinzurechnung und Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten „gleich“ laufen (a. A.: z. B. Kratzsch in Frotscher, EStG, § 7g Rz. 60b; HHR/Meyer, § 7g EStG Rz. 65 f.; Bugge in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rz. G 10; FG Münster 28.6.17, 6 K 3183/14 F).
4. Auflösung eines IAB, der nicht hätte gebildet werden dürfen
Zur Ansparabschreibung hatte der BFH bereits entschieden, dass diese auch bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung im Fall der Nichtinvestition durch Ansatz einer entsprechenden Betriebseinnahme aufzulösen war, ohne dass es darauf ankam, ob die Vornahme der Ansparabschreibung rechtmäßig war (BFH 28.4.05, IV R 30/04). Das gilt sinngemäß auch für die Nachfolgerregelung in § 7 Abs. 3 EStG (BFH 5.2.18, X B 161/17).
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Der Steuerpflichtige unterhält zwei Betriebe, einen freiberuflichen und einen gewerblichen, für den er auch einen IAB gebildet hat. Der Außenprüfer stellt jedoch fest, dass der Steuerpflichtige einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhält. Durch die Zusammenrechnung überschreitet der einheitliche Gewerbebetrieb die Gewinngrenze des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. c EStG i. H. von 100.000 EUR, sodass der IAB nicht hätte in Anspruch genommen werden dürfen.
Für das erste und das zweite Jahr nach Bildung können die Veranlagungen nicht mehr geändert werden. Dass der Steuerpflichtige auch im dritten Jahr nicht investiert hat, erfährt das FA erst, nachdem es den Bescheid für das dritte Jahr schon verschickt hat. Daraufhin sendet es einen auf § 7g Abs. 3 S. 2 EStG gestützten Änderungsbescheid hinterher. |
Es stellt sich die Frage (vgl. NZB BFH 5.2.18, X B 161/17), ob auch ein IAB, der wegen Überschreitens der Gewinngrenze schon gar nicht hätte gebildet werden dürfen, gemäß § 7g Abs. 3 EStG rückgängig gemacht werden kann, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist tatsächlich nicht vorgenommen wird. |
Der BFH machte quasi kurzen Prozess, denn das Gericht hielt die Frage nicht für klärungsbedürftig: § 7g Abs. 3 S. 1 EStG setzt nach seinem Wortlaut lediglich voraus, dass ein „Abzug nach Absatz 1“ stattgefunden hat. Demgegenüber differenziert § 7g Abs. 3 S. 1 EStG nicht danach, ob im Abzugsjahr sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Abzug vorgelegen haben. Ferner soll nach dem Normzweck des § 7g Abs. 3 EStG der Abzug immer dann rückwirkend rückgängig gemacht werden, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums nicht vorgenommen wurde. Dieser Zweck wird unabhängig davon erfüllt, ob im Veranlagungszeitraum des Abzugs die Gewinngrenze unter- oder überschritten war.
5. Wahlrechtsausübung bei der gewinnmindernden Herabsetzung
Wie eingangs erwähnt wird der IAB außerbilanziell in Anspruch genommen und außerbilanziell im Jahr der Anschaffung hinzugerechnet. Er unterliegt daher nicht den Voraussetzungen für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG. Bislang noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt ist, ob das auch für das Wahlrecht der gewinnmindernden Herabsetzung gilt.
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Der bilanzierende Steuerpflichtige bildete einen IAB und löste diesen im Folgejahr nach der Anschaffung gewinnerhöhend wieder auf. Das Wahlrecht gemäß § 7g Abs. 2 S. 2 EStG übte er in der steuerlichen Überleitungsrechnung zunächst dahingehend aus, dass er von einer Minderung der Anschaffungs-/Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter abgesehen hat. Später will er das jedoch ändern. |
Das gilt nach Auffassung des FG Mecklenburg-Vorpommern (21.2.18, 3 K 329/15, Rev. BFH XI R 12/18) jedoch nicht für die gewinnmindernde Herabsetzung nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG. Denn im Gegensatz zum IAB werden durch § 7g Abs. 2 S. 2 EStG die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten berührt. Es liegt damit eine innerbilanzielle Änderung vor. Eine Änderung der einmal getroffenen Wahl ist nach Einreichung der Steuerbilanz beim FA oder einer Anpassungsrechnung nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 EStG möglich.
Die Anpassungen in der steuerlichen Überleitungsrechnung, die Bilanzpositionen betreffen, können nicht deshalb den außerbilanziellen Korrekturen gleichgestellt werden, weil sie sich aufgrund von § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV als Anpassungen und Zusätze außerhalb der Bilanz auswirken. Vielmehr bleibt es dabei, dass in diesen Fällen eine innerbilanzielle Änderung vorliegt, auch wenn sie technisch außerhalb der eigentlichen Bilanz in der Überleitungsrechnung vollzogen wird.
PRAXISTIPP | Von dem Problem sind insbesondere bilanzierende Steuerpflichtige betroffen. Wer sich hinsichtlich der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts irrt, hat keine Möglichkeit zur Änderung nach § 129 AO.
Wer den Gewinn mit der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, übt das Wahlrecht in dem nach § 4 Abs. 3 S. 5 EStG zu führenden Verzeichnis aus. Da aber die Vorschrift zur Bilanzänderung hier nicht anwendbar ist, kann der Steuerpflichtige das Wahlrecht so lange ändern, solange die Veranlagung noch geändert werden kann (vgl. Anmerkung von Pfützenreuter, EFG 18, 1272, 1276). |
6. Auflösung eines IAB mangels Anschaffung ist mehrfach möglich
Das FG Köln (13.11.18, 15 K 1325/17, Rev. BFH VIII R 45/18) schließlich befasste sich mit der Frage, ob derselbe IAB mangels Investition zweimal rückgängig gemacht werden darf, wenn er beim ersten Mal falsch rückgängig gemacht wurde.
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Das FA wollte einen IAB mangels Investition innerhalb der Drei-Jahres-Frist rückgängig machen und erließ einen auf § 7g Abs. 3 EStG gestützten Änderungsbescheid. Anstatt jedoch den IAB hinzuzurechnen, erfolgte eine Kürzung in ähnlicher Größenordnung und der Steuerpflichtige erhielt eine Steuererstattung. Der Fehler fiel der Finanzverwaltung später auf und es erging ein weiterer Änderungsbescheid. Darin machte das FA die irrtümliche Gewinnkürzung rückgängig und rechnete den IAB hinzu. |
Im Ergebnis kam das FA nur mit der Hinzurechnung des IAB beim FG durch. Die falsche Gewinnkürzung ‒ eine offenbare Unrichtigkeit ‒ wäre nach § 129 AO zu berichtigen gewesen, aber die Frist dafür war bereits abgelaufen. Die Rückgängigmachung des IAB über § 7g Abs. 3 EStG war aber fristentechnisch noch möglich. Diese Möglichkeit war auch nicht „verbraucht“. Denn objektiv gesehen war der IAB ja noch nicht rückgängig gemacht worden. Nach dem Normverständnis des FG bezweckt § 7g Abs. 3 EStG eine objektive Rückgängigmachung; die alleinige subjektive Vorstellung des FA, einen IAB rückgängig machen zu wollen, reicht hierzu nicht aus.
Weiterführende Hinweise
- Einkommensteuer ‒ Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG (Stockhausen, PFB 18, 128)
- Finanzverwaltung ‒ Aktuelles zum Investitionsabzugsbetrag (PFB, 17, 245)