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· Fachbeitrag · Kapitalanlage

Verlustberücksichtigung bei Aktienverkäufen und Handhabung durch die Depotbanken

von StB Christian Herold, Herten, www.herold-steuerrat.de

| Zuletzt haben die FG und der BFH mehrfach zugunsten von Anlegern entschieden, wenn es um die Berücksichtigung von Verlusten aus wertlos gewordenen Aktien geht. Der Beitrag geht auf die Rechtslage unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ein. Zudem zeigt der Beitrag auf, was der Steuerpflichtige (bzw. dessen Berater) bei der Handhabung durch die Depotbanken zu beachten hat. |

1. Verkauf wertloser Aktien

Der Fiskus besteuert gerne Gewinne aus Aktienverkäufen, tut sich mit der Anerkennung von Aktienverlusten aber sehr schwer. Und so gibt es seit Jahren Streit hinsichtlich der Frage, wie mit wertlos gewordenen Aktien steuerlich umzugehen ist. Die Finanzverwaltung wollte Verluste aus wertlosen Aktien bei der reinen Ausbuchung aus dem Depot jahrelang nicht anerkennen. Und sie hat sich auch geweigert, Verluste aus Veräußerungen anzuerkennen, wenn die Veräußerungskosten den Erlös überstiegen, wenn also letztlich ‒ fast ‒ wertlose Aktien verkauft wurden.

 

1.1 Der Verkauf wertloser Aktien ist kein Gestaltungsmissbrauch

Der Kern des Streits lag darin begründet, dass der maßgebende Absatz 2 des § 20 EStG nur von der „Veräußerung“ der Wertpapiere spricht, nicht aber vom „Wertloswerden“ oder „Ausbuchen“. Seit 2020 gibt es dazu zwar eine gesetzliche Änderung (siehe 1.3), doch noch immer sind viele Altfälle aus den Jahren vor 2020 streitig, und zwar vor allem auch Fälle, in denen mittels einer geschickten Gestaltung die harte Haltung der Finanzverwaltung umgangen werden sollte. Gerade weil die FÄ Aktienverluste bei der reinen Ausbuchung aus dem Depot nicht anerkannt haben, haben viele Anleger ihre wertlosen oder fast wertlosen Aktien verkauft, und zwar oftmals nur für einen Euro oder noch weniger. Zuweilen geschah dies in einer Art Tausch: Herr A verkauft seine nahezu wertlosen Aktien für 1 EUR pro Stück an Frau B. Frau B verkauft ihrerseits fast wertlose Aktien an Herrn A für 1 EUR pro Stück. Und tatsächlich werden die Verkäufe vollzogen, also nicht nur zum Schein abgewickelt.

 

Der BFH (29.9.20, VIII R 9/17) hat entschieden, dass die Veräußerung wertloser Aktien grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt ‒ und zwar selbst dann nicht, wenn sich der Verkäufer verpflichtet, vom Käufer wertlose Aktien zu kaufen. Die oben genannte Empfehlung ist nun also höchstrichterlich anerkannt: Die gewählte Art der Veräußerung stellt eine durch das Gesetz eingeräumte Möglichkeit dar, die nicht gegen vom Gesetzgeber vorgegebene Wertungen verstößt, zumal mögliche Kurssteigerungen der vom Kläger erworbenen Aktien steuerverstrickt sind. Und weiter: Eine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG ist weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig.

 

1.2 Gilt das auch für den Wertverlust bei entschädigungslosem Entzug?

Verluste aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien können ebenfalls steuerlich geltend gemacht werden:

 

  • Klar ist der Fall, dass in einem Insolvenzplanverfahren das Grundkapital einer Aktiengesellschaft (AG) auf Null herabgesetzt und das Bezugsrecht des Aktionärs für eine anschließende Kapitalerhöhung ausgeschlossen wurde (BFH 3.12.19, VIII R 34/16).

 

  • Entschieden ist zudem der Fall, dass das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs einer inländischen AG erlischt, weil diese infolge einer Insolvenz aufgelöst, abgewickelt und im Register gelöscht wird: Hier entsteht dem Aktionär ein steuerbarer Verlust, wenn er seine Einlage ganz oder teilweise nicht zurückerhält (BFH 17.11.20, VIII R 20/18).

 

Noch nicht endgültig geklärt sind aber Fälle der Ausbuchung aus anderen Gründen, etwa bei einem Insolvenzverfahren nach US-amerikanischem Recht. Das FG Rheinland-Pfalz (12.12.18, 2 K 1952/16) hat zwar entschieden, dass die ersatzlose Ausbuchung endgültig wertlos gewordener Aktien durch die das Depot führende Bank auch hier zu einem berücksichtigungsfähigen Verlust aus Kapitalvermögen führt. Der Fall liegt aber noch beim BFH (VIII R 5/19). Auch der Fall der Umwandlung von Forderungen oder Genussrechten in Genossenschaftsanteile unter (teilweiser) Inkaufnahme von Verlusten des eingesetzten Kapitals bedarf noch der Klärung.

 

1.3 Zusammenfassung der aktuellen Rechtslage

Vorausgeschickt sei, dass das Gesagte nur für Privatanleger gilt, die zu weniger als 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind; das dürfte allerdings der Normalfall sein. Im Übrigen kann die aktuelle Rechtslage wie folgt zusammengefasst werden:

 

  • Transaktionen vor dem 1.1.20: Verluste aus dem Verkauf von wertlosen oder nahezu wertlosen Aktien sind steuerlich anzuerkennen, und zwar unabhängig davon, wie hoch die Transaktionskosten waren oder ob eine Art Tauschgeschäft mit einem „Leidensgenossen“ vorlag. Auch Verluste aufgrund der Insolvenz der Kapitalgesellschaft sind grundsätzlich anzuerkennen. Die Verluste können mit Gewinnen aus Aktiengeschäften verrechnet werden (BFH 29.9.20, VIII R 9/17; BFH 12.6.18, VIII R 32/16).

 

  • Transaktionen nach dem 31.12.19: Zum 1.1.20 ist gesetzlich klargestellt worden, dass Verluste aus der Ausbuchung von Aktien und anderer Wertpapiere abziehbar sind. ABER: Es gibt eine betragsmäßige Grenze. Die Verluste können nämlich nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 EUR ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste sind dann auf Folgejahre vorzutragen (§ 20 Abs. 6 S. 6 EStG). Die Neuregelung gilt für Verluste, die ab dem 1.1.20 entstehen (§ 52 Abs. 28 S. 24 EStG).

 

  • Eine Kapitalforderung und damit auch ein Wertpapier gilt insbesondere dann als wertlos, genauer gesagt als „uneinbringlich“, wenn sich abzeichnet, dass der Schuldner die Verbindlichkeit ganz oder teilweise nicht erfüllen wird. Im Einzelfall mag diese Definition noch zu Streitigkeiten führen, im Großen und Ganzen dürften sich Diskussionen mit dem Finanzamt aber erübrigen.

 

Die genannte 20.000-EUR-Regelung erfasst nach der Gesetzesbegründung auch Veräußerungstatbestände, die dann vorgenommen werden, wenn sich das Insolvenzrisiko der AG bereits ganz oder teilweise realisiert hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Finanzverwaltung wahrscheinlich den Verkauf von (nahezu) wertlosen Aktien kurz vor der Insolvenz in diesem Sinne beurteilt. Wer also Verluste von über 20.000 EUR realisiert, sollte sich diesbezüglich auf Streit mit dem FA einstellen. Auch gibt es viele Stimmen, die die Verlustbegrenzung als verfassungswidrig ansehen. Früher oder später wird es diesbezüglich zu Klageverfahren kommen. Betroffene sollten ihre Steuerfestsetzungen daher nicht bestandskräftig werden lassen, wenn sie Verluste von mehr als 20.000 EUR zu beklagen haben.

 

Beachten Sie | Ein wichtiger Punkt noch zum Thema „Alt-Aktien“, die bereits vor dem 1.1.09 erworben sind: Hier kommt das alte Recht zur Anwendung. Daher sind Veräußerungsgewinne nach einer Haltedauer von einem Jahr zwar nicht steuerbar, doch Veräußerungsverluste können nicht ausgeglichen werden.

 

1.4 Wann gelten sie steuerlich als tatsächlich „entstanden“?

Die Finanzverwaltung muss nun also auch Verluste aus wertlos gewordenen Aktien steuerlich anerkennen, wenn die AG, bei der der Anleger privat investiert hat, pleite ist (BFH 3.12.19, VIII R 34/16; BFH 17.11.20, VIII R 20/18). Doch wann ist der genaue Zeitpunkt, zu dem der Verlust steuerlich wirksam entstanden ist? Auch hierzu liegt nun ein Urteil des BFH (17.11.20, VIII R 20/18) vor.

 

Der Kläger hatte im Jahr 2009 Aktien an einer börsennotierten inländischen AG erworben, die in einem Depot verwahrt wurden. Über das Vermögen der AG wurde im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Aktien wurden zum 31.12.13 im Depot des Klägers noch mit einem Stückpreis ausgewiesen. Er wollte bereits im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2013 einen Totalverlust aus dem Investment mit verrechnen. FA und FG lehnten die begehrte Verrechnung im Jahr 2013 ab. Der BFH stimmte dem im Ergebnis zu.

 

Der BFH hat den Sachverhalt wie folgt entschieden:

 

  • Erlischt das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs einer inländischen AG, weil diese infolge einer Insolvenz aufgelöst, abgewickelt und im Register gelöscht wird, entsteht dem Aktionär ein steuerbarer Verlust, wenn er seine Einlage ganz oder teilweise nicht zurückerhält.

 

  • Werden solche Aktien schon vor der Löschung der AG im Register durch die depotführende Bank aus dem Depot des Aktionärs ausgebucht, entsteht der Verlust bereits im Zeitpunkt der Ausbuchung.

 

  • Von einer Verlustentstehung kann aber nicht bereits zu einem Zeitpunkt ausgegangen werden, zu dem mit einer Auskehrung von Vermögen im Rahmen der Schlussverteilung des Vermögens der AG objektiv nicht mehr zu rechnen ist oder die Notierung der Aktien an der Börse eingestellt oder deren Börsenzulassung widerrufen wird.

 

Grundsätzlich ist der Verlust aus wertlos gewordenen Aktien steuerlich verrechenbar. Der maßgebende Verlust entsteht für den Aktionär aber erst, wenn er aufgrund des rechtlichen Untergangs seines Mitgliedschaftsrechts oder der Ausbuchung der Aktien aus dem Depot einen endgültigen Rechtsverlust erleidet. Im Streitjahr 2013 hatte der Kläger zwar einen Wertverlust hinnehmen müssen. Dieser hatte aber weder den Bestand seines Mitgliedschaftsrechts berührt noch seien die Aktien aus dem Depot des Klägers ausgebucht worden.

 

Beachten Sie | Die Entscheidung hat Bedeutung für Aktien, die nach dem 31.12.08 erworben worden sind und bei denen der Untergang des Mitgliedschaftsrechts oder die Depotausbuchung in den Veranlagungszeiträumen von 2009 bis einschließlich 2019 stattfindet. Für Veranlagungszeiträumen ab 2020 hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 6 S. 6 EStG geregelt, dass Verluste aufgrund einer Ausbuchung wertloser Aktien und eines sonstigen Ausfalls von Aktien steuerbar sind und einer eigenständigen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen (siehe oben).

2. Handhabung durch die Depotbanken

Neben Steuerpflichtigen müssen auch die Depotbanken Rechtsänderungen berücksichtigen ‒ allerdings unter Beachtung der besonderen Regelung des § 44 Abs. 1 S. 3 EStG. Das führt in manchen Situationen zu einem Schwarzer-Peter-Spiel zwischen Bank und Anleger.

 

2.1 Veröffentlichung von BFH-Entscheidungen im BStBl

Es kommt immer wieder vor, dass maßgebende Urteile recht spät im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden. Das Urteil des BFH (24.10.17, VIII R 13/15) ist beispielsweise erst nach drei Jahren im BStBl (I 20, 831) veröffentlicht worden. Und das ist misslich, denn die Banken sind nach § 44 Abs. 1 S. 3 EStG verpflichtet, die Auffassung der Finanzverwaltung beim Kapitalertragsteuerabzug und der Bildung von „Verlusttöpfen“ anzuwenden, und zwar auf „Gedeih und Verderb“. Aber erst, wenn ein Urteil im BStBl veröffentlicht wird, signalisiert die Finanzverwaltung, dass dieses über den entschiedenen Einzelfall hinaus, also allgemein, anzuerkennen ist. Und erst dann dürfen es die Banken beim Kapitalertragsteuerabzug bzw. bei der Verlustverrechnung berücksichtigen.

 

BFH-Rechtsprechung hin oder her ‒ die Banken durften Verluste bei der Ausbuchung von Wertpapieren lange nicht dem „Verlusttopf“ zuordnen. Anleger mussten bzw. müssen die Verluste im Rahmen ihrer Steuererklärung angeben und konnten/können nicht auf die Handhabung durch ihre Bank vertrauen.

 

Viele Anleger verwenden viel Zeit und mitunter auch viel Geld für einen Rechtsstreit mit der depotführenden Bank, weil sie angesichts der BFH-Rechtsprechung davon ausgehen oder ausgegangen sind, dass das Institut einen Fehler bei der Verlustverrechnung oder beim Kapitalertragsteuerabzug begangen hat. Zuweilen ist das auch durchaus richtig (siehe z. B. OLG Hamm 23.10.18, 34 U 10/18). Doch in aller Regel ist die Mühe vergebens.

 

PRAXISTIPP | Es daher zu raten, Verluste aus wertlosen Aktien im Zweifel immer in der Einkommensteuererklärung geltend zu machen oder Steuerbescheide zumindest so lange nicht bestandskräftig werden zu lassen, bis die Sache mit der Bank geklärt ist. Das Gleiche gilt, wenn man der Meinung sind, dass der Kapitalertragsteuerabzug zu hoch war. Üblicherweise ist es sinnvoller, sich mit dem FA als mit der Bank zu streiten.

 

Es sind mittlerweile mehrere Fälle bekannt, in denen Anleger fälschlicherweise auf die Verlustverrechnung durch die depotführende Bank vertraut und ihre Verluste daher nicht in der Einkommensteuererklärung angegeben haben, ihr maßgebender Einkommensteuerbescheid aber mittlerweile bestandskräftig geworden ist. Was kann dann getan werden? Hier kann nur noch auf das steuerliche Verfahrensrecht vertraut werden. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lässt eine Änderung von Steuerbescheiden in derartigen Fällen zugunsten des Steuerbürgers (nur) zu, „soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.“ Gegebenenfalls sollte ein entsprechender Antrag auf Feststellung eines Verlustes unter Beifügung der entsprechenden Unterlagen beim FA gestellt werden. Dabei wäre aber konkret zu begründen, warum die Anleger kein grobes Verschulden an dem Nachreichen der Unterlagen und dem Antrag auf Verlustfeststellung trifft.

 

2.2 Unklarheiten bei den Anlagebedingungen von Investmentfonds

Die Erträge von Investmentfonds werden je nach Anlagevermögen unterschiedlich von der Besteuerung teilfreigestellt. Diese Teilfreistellung geht auch aus der Steuerbescheinigung der Bank hervor, die mit den Angaben der Fondsgesellschaft abgeglichen werden sollte.

 

  • Exkurs: Regelungen der Investmentbesteuerung

Seit dem 1.1.18 gelten neue Regeln zur Investmentbesteuerung. Der Anleger versteuert zunächst (nur) die tatsächlichen Zuflüsse aus der Investmentanlage, d.h. die Ausschüttungen des Fonds sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder Rückgabe der Fondsanteile. Doch häufig werden die Erträge auch ganz oder teilweise thesauriert. Bei solchen nicht ausschüttenden (thesaurierenden) und teilausschüttenden Fonds müssen Anleger jedes Jahr einen Mindestbetrag versteuern ‒ eine Vorabpauschale. Aufgrund des negativen Basiszins wird für das Jahr 2021 übrigens keine Vorabpauschale erhoben (BMF 6.1.21, IV C 1 -S 1980-1/19/10038 :004, BStBl I 21, 56).

Andererseits werden die Erträge aus Investmentfonds je nach Anlageschwerpunkt zu einem bestimmten Prozentsatz steuerfrei gestellt. Die Teilfreistellung bzw. der steuerfreie Anteil richtet sich nach der Art des Fonds: Steuerfrei sind für Privatanleger

  • in Aktienfonds: 30 %,
  • in Mischfonds 15 % und
  • in offenen Immobilienfonds 60 % (bei Anlageschwerpunkt im Ausland sind es 80 %).

 

Aktienfonds sind Investmentfonds, die gemäß den Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 50 % ihres Wertes in Kapitalbeteiligungen anlegen (§ 2 Abs. 6 InvStG). Mischfonds sind Investmentfonds, die nach ihren Anlagebedingungen zu mindestens 25 % fortlaufend in Aktien investieren (§ 2 Abs. 7 InvStG). Immobilienfonds sind Investmentfonds, die gemäß den Anlagebedingungen fortlaufend mehr als 60 % ihres Aktivvermögens in Immobilien und Immobiliengesellschaften anlegen; bei Anlageschwerpunkt im Ausland sind es 80 % (§ 2 Abs. 9 InvStG).

 

Für den Fall, dass die Anlagebedingungen eines Investmentfonds zum Beispiel keine hinreichenden Aussagen zum Erreichen der Aktienquote bzw. der Kapitalbeteiligungsquote enthalten oder keine Anlagebedingungen des Investmentfonds existieren, wird dem Anleger eine individuelle Nachweismöglichkeit eingeräumt. Wenn der Anleger hinreichende Nachweise vorlegen kann, aus denen sich ergibt, dass der Investmentfonds während des gesamten Geschäftsjahrs die Aktienfonds- oder Kapitalbeteiligungsquote erreicht hat, wird die jeweilige Teilfreistellung im Rahmen des Veranlagungsverfahrens auf Antrag gewährt (BMF 21.5.19, BStBl I 19 527 Tz. 20.2). Entsprechendes gilt natürlich für die jeweils maßgebende Quote bei Mischfonds-, Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfonds.

 

In der Steuerbescheinigung der depotverwaltenden Banken heißt es üblicherweise: „Summe aller positiven Kapitalerträge, Gewinne und Erträge (inkl. Ausschüttungen, Vorabpauschalen und Gewinne aus der Veräußerung von Investmentanteilen nach Teilfreistellung).“ Anschließend werden die einzelnen Positionen näher erklärt. Anleger sollten sehr genau prüfen, ob das auch bei ihrer Steuerbescheinigung der Fall ist. Falls der Ausweis nicht erfolgt ist: Die Aufstellung über die Aktienquote, Immobilienquote etc. sollten sie beim Fondsanbieter anfordern, wenn Ihnen diese nicht bereits unaufgefordert zugegangen ist. Oft sind diese Zahlen auch bereits im Internet bei den Geschäftsberichten veröffentlicht.

 

PRAXISTIPP | Es ist also zu prüfen, wie hoch die maßgebenden Quoten des Fonds sind. Beträgt zum Beispiel die Aktienquote durchgängig mehr als 50 %, so ist eine Teilfreistellung von 30 % vorzunehmen, die dann im Rahmen der Steuererklärung ‒ und nicht beim Fondsanbieter oder bei der Depotbank ‒ geltend zu machen ist. Wer dies nicht tut, zahlt mitunter zu viel Einkommensteuer auf seine Kapitalerträge.

 
Quelle: Seite 223 | ID 47373897