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· Fachbeitrag · Kfz-Kosten

So führen Sie ein Fahrtenbuch „finanzamtskonform“ und vermeiden Fehler in der Praxis

von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg, und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| „Führe ich ein Fahrtenbuch oder versteuere ich die Privatnutzung des Betriebs-Pkw oder Dienstwagens nach der Ein-Prozent-Regelung?" Diese Frage stellt sich jedes Jahr neu. Da ein Fahrtenbuch steuerlich oft erheblich vorteilhafter ist, interessieren sich natürlich auch die Betriebsprüfer dafür und kontrollieren es besonders intensiv. Um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern, erläutert VVP deshalb, welchen Aufwand ein „finanzamtskonformes“ Fahrtenbuch erfordert und wie Sie Fehler vermeiden. |

Anwendungsfälle für Fahrtenbücher in der Praxis

Nutzt ein Versicherungsvermittler oder ein Mitarbeiter eines Versicherungsvermittlers einen Betriebs-Pkw auch privat, muss er die Privatnutzung versteuern. Bei einem zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzten Pkw kann der Wert der Privatnutzung entweder anhand der Ein-Prozent-Regelung oder anhand eines Fahrtenbuchs ermittelt werden. Ein Fahrtenbuch ist immer dann vorteilhaft, wenn der Anteil privater Fahrten an der Gesamtnutzung gering ist oder ein Fahrzeug mit einem hohen Listenpreis genutzt wird. Das deshalb, weil sich in den beiden Fällen (ohne Fahrtenbuch) ein unverhältnismäßig hoher n‒ zu versteuernder ‒ Privatanteil errechnet.

 

Ein Fahrtenbuch kann auch sinnvoll sein, wenn ein Mitarbeiter des Versicherungsvermittlers seinen Privatwagen beruflich nutzt. Zwar kann er für jeden anlässlich einer Dienstreise zurückgelegten Kilometer 0,30 Euro als Werbungskosten ansetzen. Dieser Betrag deckt jedoch selten die tatsächlichen Kosten, die sich letztlich nur anhand eines Fahrtenbuchs nachweisen lassen. Erstattet der Versicherungsvermittler als Arbeitgeber den von der Finanzverwaltung vorgegebenen Höchstbetrag von 0,30 Euro steuerfrei, kann der Mitarbeiter die übersteigenden Kosten als Werbungskosten geltend machen.

 

Wichtig | Während eines Jahres kann für einen Pkw entweder die Fahrtenbuch-Methode oder die Ein-Prozent-Regelung angewendet werden. Ein unterjähriger Methodenwechsel ist nur bei einem Fahrzeugwechsel zulässig. Das Wahlrecht kann bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt oder geändert werden (BMF, Schreiben vom 18.11.2009, Az. IV C 6 ‒ S 2177/07/10004, Rz. 8, Abruf-Nr. 093816). Und noch etwas: Für jedes Fahrzeug ist ein eigenes Fahrtenbuch zu führen.

Anforderungen an Fahrtenbuch gesetzlich nicht definiert

Die konkreten Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch sind gesetzlich nicht definiert. Es soll lediglich die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen und beruflichen Sphäre ermöglichen und laufend geführt werden.

 

Die konkreten Anforderungen ergeben sich vor allem durch die Rechtsprechung (BFH, Beschluss vom 29.01.2010, Az. VIII B 189/09, Abruf-Nr. 217271) und Verlautbarungen der Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 18.11.2009). Die Aufzeichnungen müssen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein, damit der zu versteuernde Privatanteil ermittelt werden kann. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschl. des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang widergibt.

 

  • Anforderungen bei Privatfahrten: Es genügt die Aufzeichnung der jeweiligen Kilometerangaben nebst Angabe des Tages und dem Vermerk „privat“ oder „p“.

 

  • Anforderungen bei Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb: Es reicht ein kurzer Vermerk im Fahrtenbuch für die jeweilige Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb (und zurück) mit Angabe des Tages, der Kilometerstände und dem Vermerk „Wohnung/Betrieb“ oder „W/B“.

 

  • Anforderungen bei betrieblichen Fahrten: Bei betrieblichen Fahrten sind die Anforderungen am höchsten. Zwingend anzugeben sind
    • das Datum und der exakte Kilometerstand zu Beginn und am Ende jeder Fahrt (keine gerundeten Kilometerstände!),
    • die Angabe des Reiseziels mit Ort, Straße und Hausnummer (bei Umwegen auch Angabe der Reiseroute),
    • die Angabe des Reisezwecks und
    • der Name des aufgesuchten Geschäftspartners.

 

Wichtig | Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Abschnitten, z. B. mehreren nacheinander an verschiedenen Orten aufgesuchten Kunden, können diese Abschnitte zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden; und zwar wenn die einzelnen Kunden im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind (BFH, Beschluss vom 29.01.2010, Az. VIII B 189/09, Abruf-Nr. 217271).

 

  • Beispiel für die Eintragungen eines Fahrtenbuchs

Datum

Von

Nach

Geschäftspartner

Reisezweck

Gefahrene Kilometer

Kilometerstand

Betrieblich

Privat

Whg. / Betrieb

Start

Ende

17.01.

Musterstr. 1, Bremen

Steuerweg 5, Bremen

Steuerberater Max Muster

Besprechung Steuererklärung

27

920

947

18.01.

X

947

980

19.01.

Musterstr. 1, Bremen

Maier-Weg 8

Bremen

Max Maier

Kundengespräche

26

980

1.006

Maier-Weg 8

Bremen

Erlenweg 15

Bremen

Erna Eule

"

30

1.006

1.036

 

 

Möglichkeit der stichprobenartigen Überprüfung/Abkürzungen

Die genannten Angaben müssen sich in hinreichend übersichtlicher und geordneter Form regelmäßig schon aus dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen und dadurch eine stichprobenartige Überprüfung ermöglichen. Abkürzungen für Kunden, die man häufiger aufsucht, müssen entweder aus sich heraus verständlich oder z. B. auf einem dem Fahrtenbuch beigefügten Erläuterungsblatt näher aufgeschlüsselt sein (BFH, Urteil vom 14.03.2007, Az. XI R 59/04, Abruf-Nr. 219487).

 

„Buchmäßige“ Form

Die vom Gesetz verlangte „buch"-förmige äußere Gestalt der Aufzeichnungen bedeutet, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt (BFH, Urteil vom 21.04.2009, Az. VIII R 66/06, Abruf-Nr. 100200). Nicht akzeptiert werden laufend, aber lose gefertigte Aufzeichnungen auf Notizzetteln und Terminübersichten oder ein als Excel-Datei geführtes Fahrtenbuch.

 

Zeitnahe Erfassung

Die Fahrten müssen zeitnah erfasst werden. Das hat den Zweck, dass nachträgliche Änderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden (BFH, Beschluss vom 29.01.2010, Az. VIII B 189/09, Abruf-Nr. 217271). Die Führung eines Fahrtenbuchs (hier elektronisches Fahrtenbuch) erst elf Monate nach der Beendigung der letzten Fahrt (Dezember 2015 bis November 2016) ist jedenfalls nicht mehr zeitnah (FG Niedersachsen, Urteil vom 23.01.2019, Az. 3 K 107/18, Abruf-Nr. 208370).

 

PRAXISTIPPS | Nehmen Sie das Fahrtenbuch ernst.

  • Gewöhnen Sie sich am besten gleich an: Eintragung ins Fahrtenbuch beim Einsteigen und Austragung beim Aussteigen aus dem Auto.
  • Vermeiden Sie folgende Fehler, weil das Fahrtenbuch so nicht ordnungsgemäß ist:
    • Aufzeichnungen zunächst außerhalb des Fahrtenbuchs (z. B. im Terminkalender) zu führen und dann mit deutlich zeitlichem Abstand en bloc in die Fahrtenbuch-Reinschrift zu übertragen oder gesammelte Belege erst später in Buchform zusammenzuführen (BFH, Urteil vom 21.04.2009, Az. VIII R 66/06, Abruf-Nr. 100200).
    • Aufzeichnungen über die mit dem Fahrzeug durchgeführten Fahrten für jeden Monat auf einem eigenen Blatt zu führen, wenn das jeweilige Monatsblatt keine feste Verbindung zu den Blättern für weitere Monate aufweist (BFH, Beschluss vom 10.06.2013, Az. X B 258/12, Abruf-Nr. 217273).
  • Schreiben Sie so, dass Aufzeichnungen in einem handschriftlich geführten Fahrtenbuch lesbar sind. Die Aufzeichnungen dienen nicht dem Unternehmer als „Erinnerungsstütze“, sondern als Nachweis gegenüber dem Finanzamt (BFH, Beschluss vom 14.03.2012, Az. VIII B 120/11, Abruf-Nr. 121454).
  • Im Fahrtenbuch müssen lt. BFH-Rechtsprechung insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausgewiesen werden. Soweit im Fahrtenbuch jeweils als Ausgangspunkt "F" als Kürzel für Firma (Betriebssitz des Unterneh-
  • mers) angegeben ist, genügt dies zur Konkretisierung. Soweit allerdings als Endpunkt der Fahrt jeweils nur eine Straße bezeichnet, aber weder Hausnummer noch Name des dort besuchten Kunden oder Unternehmers angegeben ist, ist allein dadurch das Fahrtziel nicht hinreichend präzise bestimmt.
 

Nutzen Sie diese Aufzeichnungserleichterungen

Die Finanzverwaltung erlaubt Handelsvertretern folgende Erleichterungen: Zu Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchtem Geschäftspartner ist anzugeben, welche Kunden an welchem Ort besucht wurden. Angaben zu den Entfernungen zwischen den verschiedenen Orten sind nur bei größerer Differenz zwischen direkter Entfernung und tatsächlich gefahrenen Kilometern erforderlich (BMF, Schreiben vom 18.11.2009, a.a.O., Rz. 25). Diese Erleichterung ist u. E. auch auf Versicherungsvertreter übertragbar.

 

  • Beispiel für die Eintragungen eines Fahrtenbuchs

Versicherungsvermittler V hat folgende Fahrtroute an einem Arbeitstag:

  • Fahrt Wohnung in Norden ‒ Kunde 1 in Oldenburg, 100 km
  • Kunde 1 ‒ Kunde 2 in Oldenburg, 5 Km
  • Kunde 2 ‒ Kunde 3 in Oldenburg, 7 km
  • Kunde 3 ‒ Wohnung in Norden, 95 km

 

Grundsätzlich wäre jede Fahrt einzeln aufzuzeichnen, mit Kilometerständen, Kunde, Anschrift, Reisezweck usw.

Datum

Von

Nach

Geschäftspartner

Reisezweck

Gefahrene Kilometer

Kilometerstand

Betrieblich

Privat

Whg. / Betrieb

Start

Ende

28.01.

W,

Norden

...,

Oldenburg

Kunde 1 ...

Kundengespräche

100

5.320

5.420

28.01.

...,

Oldenburg

...,

Oldenburg

Kunde 2 ...

"

5

5.420

5.425

28.01.

...,

Oldenburg

...,

Oldenburg

Kunde 3 ...

"

7

5.425

5.432

28.01.

...,

Oldenburg

W,

Norden

Rückfahrt

95

5.432

5.527

 

 

Lösung dank Vereinfachung: Nun können die Fahrten in einer Eintragung zusammengefasst werden. Es sind die Kunden in der Reihenfolge und lediglich die gesamten Kilometer zu erfassen.

Datum

Von

Nach

Geschäftspartner

Reisezweck

Gefahrene Kilometer

Kilometerstand

Betrieblich

Privat

Whg. / Betrieb

Start

Ende

28.01.

W,

Norden

...,

Oldenburg

Kunde 1 ...

Kunde 2 ...

Kunde 3 ...

Kundengespräche

207

5.320

5.527

29.01.

W,

Norden

 

 

Vorteil: V spart sich damit insbesondere die einzelnen Kilometerstände zu erfassen und abzulesen, da er die Kilometerstände nur einmal zu Beginn und einmal am Ende ablesen muss.

 

Das elektronische Fahrtenbuch

Grundsätzlich kann das Fahrtenbuch auch elektronisch geführt werden. Dabei müssen jedoch alle Anforderungen eines herkömmlichen Fahrtenbuchs erfüllt sein. Die unmittelbare elektronische Erfassung der Fahrtwege eines betrieblichen Fahrzeugs durch ein technisches System reicht zur Führung eines Fahrtenbuchs allein nicht aus. Neben dem Bewegungsprofil müssen die Fahrtanlässe ebenfalls zeitnah erfasst werden.

 

Eine technische Lösung, die auch nach Jahren noch Änderungen ohne Kenntlichmachung zulässt, kann nicht als elektronisches Fahrtenbuch anerkannt werden. Auch wenn das elektronische Fahrtenbuch über eine GPS-Einrichtung verfügt, wodurch eine zeitnahe und nicht manipulierbare Aufzeichnung der Fahrten sichergestellt sei, ist der Kilometerstand des Tachos laufend abzugleichen (FG Niedersachsen, Urteil vom 23.01.2019, Az. 3 K 107/18, Abruf-Nr. 208370).

So prüft das Finanzamt das Fahrtenbuch

In der Praxis zeigt sich, dass die meisten Ansatzpunkte für Kritik am Fahrtenbuch bei nicht zeitnahen Aufzeichnungen der Fahrten, bei unschlüssigen Angaben und bei elektronischen Aufzeichnungen gegeben sind. Mängel lassen sich im Rahmen von Betriebsprüfungen oft leicht feststellen.

 

  • Typische Beanstandungen im Rahmen einer Betriebsprüfung
  • Im Fahrtenbuch ist ein anderer Kilometerstand als auf einer Werkstatt- oder TÜV-Rechnung vom selben Tag angegeben.
  • Kfz-Kosten wie Tanken, Autowäsche etc. wurden als Betriebsausgaben gebucht, im Fahrtenbuch sind an dem jeweiligen Tag jedoch keine Eintragungen bzw. solche zu einem anderen Ort vorhanden (ebenso Bewirtungskosten).
  • Bei mehrtägigen Reparaturen lt. Reparaturrechnung erfolgen weiterhin fortlaufende Eintragungen im Fahrtenbuch.
  • Nach erfolgtem Verkauf des Fahrzeugs werden immer noch Eintragungen im Fahrtenbuch vorgenommen.
  • Während eines Urlaubs (z. B. Kreuzfahrt) werden weiter betrieblich veranlasste Fahrten des sich im Urlaub befindenden Betriebsinhabers eingetragen.
  • Die Tankbelege im zeitlichen und mengenmäßigen Bezug passen nicht zu den Kilometerangaben.
  • Es wird ein Fahrtenbuch genutzt, das erst im Laufe oder nach Ablauf des Fahrtenbuchzeitraums in den Handel gekommen ist.
  • Die Eintragungen werden über einen längeren Zeitraum mit gleichem Schriftbild und Stift getätigt (zeitnahe Eintragung fraglich).
 

Weist ein Fahrtenbuch inhaltliche Mängel auf, kann dies dazu führen, dass es das Finanzamt als nicht ordnungsgemäß verwirft und die Ein-Prozent-Regelung anwendet. Das gilt aber nicht in jedem Fall: Kleinere Mängel führen nicht direkt zur Verwerfung des Fahrtenbuchs, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind. Entscheidend ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben ist und der Nachweis des Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs möglich ist.

Quelle: Seite 15 | ID 46764109