· Fachbeitrag · Kinderfreibeträge
Bei volljährigen Kindern keine Übertragung des Betreuungsfreibetrags
von StB Jürgen Derlath, Münster
| Nach einer Entscheidung des BFH (22.4.20, III R 61/18, Abruf-Nr. 218440 ; BFH, PM Nr. 44/20 vom 22.10.20) ist für ein volljähriges Kind keine Übertragung des dem anderen Elternteil zustehenden Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) möglich. |
1. Vorbemerkungen
Durch das Zweite Familienentlastungsgesetz (BGBl I 20, 2616) wurde der Kinderfreibetrag mit Wirkung ab 2021 auf 5.460 EUR (2.730 EUR je Elternteil) erhöht (2020: 5.172 EUR (2.586 EUR je Elternteil)). Der BEA-Freibetrag wurde von 2.640 EUR (1.320 EUR je Elternteil) auf 2.928 EUR (1.464 EUR je Elternteil) angehoben.
2. Sachverhalt
Im Streitfall beantragte die Mutter in ihrer Einkommensteuererklärung die Übertragung der dem Vater zustehenden Kinderfreibeträge für die volljährigen Kinder T und S, ebenso die BEA-Freibeträge. Begründung: Der andere Elternteil komme seiner Unterhaltsverpflichtung nicht ausreichend nach oder sei mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig.
Das FA lehnte eine Übertragung der Freibeträge auf die Mutter zunächst ab. Hiergegen legte diese dann erfolgreich Einspruch ein. Das FG Schleswig-Holstein gab der sodann vom Vater erhobenen Klage teilweise statt. Es entschied, dass bei der Mutter lediglich die einfachen BEA-Freibeträge zu berücksichtigen sind. Und dies wurde nun vom BFH bestätigt.
3. Entscheidung
Nach § 32 Abs. 6 S. 6 EStG wird bei nicht verheirateten, geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Eltern auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen. Voraussetzung: Der Antragsteller, nicht jedoch der andere Elternteil, kommt seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nach oder der andere Elternteil ist mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig.
Eine Übertragung des BEA-Freibetrags kommt nach § 32 Abs. 6 S. 8 EStG nur bei minderjährigen Kindern auf Antrag desjenigen Elternteils in Betracht, bei dem das Kind gemeldet ist. Für ein volljähriges Kind ist eine Übertragung des BEA-Freibetrags nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen.
Weder die Gesetzesmaterialien noch die -systematik deuten, so der BFH, darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 32 Abs. 6 S. 6 EStG auch die Übertragung des einfachen BEA-Freibetrags bei volljährigen Kindern regeln wollte, soweit ein Elternteil seinen Unterhaltspflichten im Wesentlichen nicht nachkommt.