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· Fachbeitrag · Kirchensteuer

Zuständigkeitsgrenzen bei der Kirchensteuer nach Wohnsitzwechsel

von Rechtsassessor Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof und Speyer

| Das FG Düsseldorf hatte darüber zu entscheiden, ob beim Wohnsitzwechsel von einem in ein anderes Bundesland das neue Wohnsitzfinanzamt für die Verwaltung derjenigen Kirchensteuer zuständig wird, die noch nach dem Kirchensteuergesetz des Bundeslandes des früheren Wohnsitzes entstanden ist. |

 

Sachverhalt

Die Kläger sind im Streitjahr 14 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Sie wohnten zu diesem Zeitpunkt in Mecklenburg-Vorpommern. Da nur die Klägerin einer kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaft angehörte ‒ im Fall der römisch-katholischen Kirche ‒ wurde gegen sie im Jahr 16 ein besonderes Kirchgeld für das Streitjahr nach den Bestimmungen des KiStG von Mecklenburg-Vorpommern festgesetzt. Hiergegen legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Im Jahr 17 verzogen sie nach Nordrhein-Westfalen. Das für sie gem. § 19 Abs. 1 AO nunmehr zuständige FA des Landes Nordrhein-Westfalen wies deren Einspruch als unbegründet ab. Hiergegen wendeten sich die Kläger mit Klage an das FG Düsseldorf.

 

Kirchensteuergesetze als landesrechtliche Regelungen

Die Kirchensteuer wird aufgrund der Kirchensteuergesetze der einzelnen Bundesländer erhoben. Diese Gesetze werden durch kircheneigene Vorschriften, nämlich die Kirchensteuerordnungen und Kirchensteuerbeschlüsse, ausgefüllt, die zu ihrer Wirksamkeit jedoch der landesrechtlichen Anerkennung bedürfen ‒ vgl. beispielsweise §§ 2, 3 KiStG Mecklenburg-Vorpommern, §§ 1,16 KiStG Nordrhein-Westfalen (von Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 234).

 

Die Kirchensteuerpflicht nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen endet mit Wegzug in ein anderes Bundesland oder in das Ausland ‒ vgl. §§ 4, 5 Abs. 2 Nr. 2 KiStG Mecklenburg-Vorpommern bzw. § 3 KiStG Nordrhein-Westfalen und § 7 KiStGDV Nordrhein-Westfalen.

 

Dies ändert aber nichts daran, dass bei Bestehen der persönlichen Voraussetzungen insbesondere der Kirchenmitgliedschaft und des Wohnsitzes im entsprechenden Bundesland die diesbezügliche Kirchensteuer im Jahr des Wegzugs noch (anteilig) entstanden ist (Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 437 ff.).

 

Wird nur innerhalb eines Bundeslandes eine Bistumsgrenze beim Umzug überschritten, ändert sich demgegenüber nur der entsprechende Kirchensteuergläubiger (Hammer, Rechtsfragen der Kirchensteuer, 2002, S. 438 f.). Im konkreten Fall geht es um die Frage, ob überhaupt die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen und die Finanzgerichte von Nordrhein-Westfalen für die nach dem Recht von Mecklenburg-Vorpommern entstandene Kirchensteuer zuständig sind.

 

Entscheidungsgründe

Das FG Düsseldorf hat die Einspruchsentscheidung aufgehoben, da das Wohnsitzfinanzamt in Nordrhein-Westfalen hierfür nicht zuständig sei. In der Sache könne zudem auch nur das FG Mecklenburg-Vorpommern wegen der allein dort gegebenen verbandsmäßigen Zuständigkeit entscheiden.

 

Das besondere Kirchgeld sei nämlich allein auf den landesrechtlichen Bestimmungen von Mecklenburg-Vorpommern festgesetzt worden, weil vor dem Umzug in Mecklenburg-Vorpommern die Kirchensteuerpflicht nach § 4 KiStG Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Kirchenmitgliedschaft der Klägerin und ihres dortigen Wohnsitzes gegeben gewesen sei.

 

Daraus ergebe sich, dass allein die Finanzbehörden von Mecklenburg-Vorpommern für die Verwaltung des besonderen Kirchgeldes und somit für die Entscheidung über den diesbezüglichen Einspruch zuständig sind (Verbandskompetenz).

 

Diese eigenständige die Regelungen der AO zur örtlichen Zuständigkeit insofern überlagernde verbandsmäßige Zuständigkeit ergibt sich aus der Gesetzgebungskompetenz der einzelnen Bundesländer für die Kirchensteuer nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 und 8 WRV und der Beauftragung der jeweiligen Landesfinanzverwaltung mit der Kirchensteuerverwaltung durch die die Kirchensteuer erhebenden Religionsgemeinschaften (vgl. § 10 Abs. 1 KiStG Mecklenburg-Vorpommern i. V. m. § 1 KiStDVO Mecklenburg-Vorpommern).

 

Damit stellt es eine Verletzung der verbandsmäßigen Kompetenz dar, wenn die Finanzbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen anstelle der Finanzbehörden des Landes Mecklenburg-Vorpommern, deren Landesrecht betroffen ist, in der Sache und somit über den Einspruch entscheiden (vgl. auch VG Potsdam 27.2.03, 10 K 3559/97, LKV 04, 92).

 

Dass die Kirchensteuergesetze der Länder auf die Vorschriften der AO zur örtlichen Zuständigkeit verweisen (vgl. § 21 KiStG Mecklenburg-Vorpommern bzw. § 8 Abs. 1 und 2 KiStG Nordrhein-Westfalen), ist insofern unerheblich, da dies nur die Fälle des Zuständigkeitswechsels innerhalb eines Bundeslandes betrifft.

 

Insofern war die Einspruchsentscheidung aufzuheben, wobei auch keine Heilung nach § 127 AO eintritt, da diese Regelung sich nicht auf die verbandsmäßige Zuständigkeit erstreckt.

 

Dabei lässt das FG Düsseldorf die Frage unbeantwortet, ob die Einspruchsentscheidung nur rechtswidrig oder sogar nichtig gewesen ist.

 

FAZIT | Offen hat das FG Düsseldorf die Frage gelassen, ob durch den Abschluss entsprechender Staatsverträge zwischen den Bundesländern nach § 17 Abs. 4 FVG sich bei Umzügen in ein anderes Bundesland die Zuständigkeit des neuen Wohnsitzfinanzamtes für die zuvor angefallene Kirchensteuer begründen ließe. Die Entscheidung des FG Düsseldorf widerspricht langjähriger Übung, wonach das neue Wohnsitzfinanzamt auch für die Kirchensteuer, die vor dem Umzug entstanden ist, zuständig wird (Giloy/König, Kirchensteuerrecht in der Praxis, 1993, S. 79 ff.). Bayern hat zudem mit §§ 6 und 7 KiStDV eine entsprechende Regelung getroffen. Da die Revision zugelassen ist, wird sich ggf. der BFH zu dem Streit positionieren können.

 

Fundstelle

Quelle: Seite 631 | ID 46020198