· Fachbeitrag · Krankenversicherung
Vorauszahlung von KV-Beiträgen: Auf diese Änderungen einstellen und Gestaltungen nutzen
| Nichts ist beständiger als der Wandel! Ein Beleg dafür sind die Regelungen zum Sonderausgabenabzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. WVM verschafft Ihnen einen Überblick über die aktuellen Spielregeln und das, was der Gesetzgeber ab 2020 plant. Für die einen Versicherten wird es besser, für die anderen schlechter. Hier heißt es handeln. |
Der Sonderausgabenabzug seit 2010
Seit 2010 sind die Beiträge zur Kranken- und Pflegepflichtversicherung zusammen mit anderen Vorsorgeaufwendungen in einem größeren Umfang als Sonderausgaben abziehbar. Beihilfeberechtigte und Arbeitnehmer, die einen steuerfreien Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten, können seitdem maximal 1.900 Euro als Sonderausgaben abziehen. Steuerzahler, die ihre Krankenversicherung allein finanzieren, 2.800 Euro. Bei zusammen veranlagten Ehegatten ist zunächst für jeden Ehegatten nach dessen persönlichen Verhältnissen der Höchstbetrag zu bestimmen. Die Summe der beiden Höchstbeträge ist der gemeinsame Höchstbetrag.
Werden für die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung mehr als die Höchstbeträge aufgewendet, können die tatsächlichen Ausgaben angesetzt und die Höchstbeträge überschritten werden. Das gilt aber nicht für sonstige Vorsorgeaufwendungen, wie z. B. für die Arbeitslosen-, Haftpflicht-, Unfall- und bestimmte Lebensversicherungen sowie für Beitragsanteile, die einen Anspruch auf Krankengeld oder Komfortleistungen begründen. Das hat zur Folge, dass die Zahlungen zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen steuerlich ungenutzt verpuffen, wenn die Zahlungen für die Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung über den Höchstbeträgen liegen.
Um diesen Effekt zu vermeiden und in späteren Jahren einen höheren Sonderausgabenabzug zu erreichen, bietet § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG die Möglichkeit, Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung für mehrere Jahre im Voraus zu zahlen.
Aktuelle Spielregeln der Vorauszahlung der Beiträge
Dieser Sonderausgabenabzug ist auf das Zweieinhalbfache der Beiträge des Veranlagungszeitraums beschränkt. Übersteigen die Vorauszahlungen das Zweieinhalbfache, sind übersteigende Beiträge erst in den Jahren abziehbar, für die sie geleistet wurden (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 EStG).
Sprich: Vorauszahlungsbeträge sind nur bis zum Zweieinhalbfachen des regulären Jahresbetrags direkt im Zahlungsjahr steuermindernd abziehbar.
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Der privat krankenversicherte P zahlt 2019 reguläre Basisbeiträge von 3.000 Euro. Im Dezember 2019 entscheidet er sich, für die Jahre 2020 bis 2023 zusätzlich jeweils 3.000 Euro vorauszuzahlen (insgesamt: 12.000 Euro).
Ergebnis: Im Zahlungsjahr 2019 darf P neben seinen regulären Beiträgen zusätzlich Vorauszahlungen von 7.500 Euro (das Zweieinhalbfache des regulären Beitrags) als Sonderausgaben abziehen. Die verbleibenden Vorauszahlungen von 4.500 Euro kann er erst in späteren Jahren abziehen. |
Vorauszahlungsprivileg nach Vollendung seines 62. Lebensjahrs
Von dieser Abzugsbegrenzung nicht erfasst sind Beiträge, die der Versicherte freiwillig für eine unbefristete Beitragsminderung nach Vollendung seines 62. Lebensjahrs vorauszahlt. Diese Beiträge sind unbeschränkt im Zahlungsjahr abziehbar ‒ also auch über das Zweieinhalbfache hinaus (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 4 Hs. 2 EStG).
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Der 63-jährige privat krankenversicherte Z zahlt 2019 reguläre Basisbeiträge von 3.000 Euro. Im Dezember 2019 entscheidet er sich, für die Jahre 2020 bis 2023 zusätzlich jeweils 3.000 Euro vorauszuzahlen (insgesamt: 12.000 Euro).
Ergebnis: Im Zahlungsjahr 2019 darf er neben seinen regulären Beiträgen zusätzlich die Vorauszahlungen von 12.000 Euro als Sonderausgaben abziehen. |
Das BMF hat die Regeln zur zeitlichen Berücksichtigung von Beitragsvorauszahlungen beleuchtet (BMF, Schreiben vom 24.05.2017, Az. IV C 3 ‒ S 2221/16/10001 :004, Abruf-Nr. 194291). Die wichtigsten Aussagen:
Ermittlung des zulässigen Vorauszahlungsvolumens
In einem ersten Schritt muss das sofort im Zahlungsjahr abziehbare Vorauszahlungsvolumen ermittelt werden. Laut BMF sind hierzu zunächst die für den Veranlagungszeitraum der Zahlung vertraglich geschuldeten Beiträge zur Basiskranken- und zur Pflegepflichtversicherung ‒ jeweils getrennt voneinander ‒ zu ermitteln. Diese Ausgangsgröße ist mit 2,5 zu multiplizieren und bildet die Höchstgrenze für den sofortigen Sonderausgabenabzug.
Hat der Versicherte im Veranlagungszeitraum den Versicherer gewechselt, müssen die Basisbeiträge aller Versicherer zusammengerechnet werden. Auszuklammern sind Anteile, die der Versicherte freiwillig zur unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahrs gezahlt hat.
Ermittlung der geleisteten Beitragsvorauszahlungen
Zweite zentrale Rechengröße ist die Summe der geleisteten Beitragsvorauszahlungen. In diesen Wert fließen sämtliche Basiskranken- und Pflegepflichtversicherungsbeiträge ‒ jeweils getrennt voneinander ‒ ein, die im Veranlagungszeitraum für spätere Beitragsjahre gezahlt worden sind.
Nicht zu den abzugsbeschränkten Vorauszahlungen gehören
- Beiträge, die aufgrund der „Kurze-Zeit-Regelung“ (§ 11 Abs. 2 S. 2 EStG) ohnehin erst im folgenden Veranlagungszeitraum angesetzt werden können. Dies sind regelmäßig Beiträge, die
- in den letzten zehn Tagen eines Jahres (vom 22. bis 31.12.) gezahlt werden,
- schon das Folgejahr betreffen und
- zwischen dem 22.12. und dem 10.01. fällig sind;
- Beitragsanteile aufgrund des Entlastungstarifs zur unbefristeten Beitragsminderung nach Vollendung des 62. Lebensjahrs.
PRAXISTIPP | Vom Vorauszahlungsmodell profitieren vor allem Steuerzahler, die privat krankenversichert sind und keine Zuschüsse zur Krankenversicherung vom Arbeitgeber bekommen.
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Gesetzgeber regelt Vorauszahlungsmodell ab 2020 neu
Der Gesetzgeber plant, ab 2020 das „Vorauszahlungsprivileg“ der „mindestens 62-jährigen“ entfallen zu lassen. So steht es im Jahressteuergesetz 2019 (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 5 EStG 2020).
Zum Ausgleich wird der im Veranlagungszeitraum der Zahlung abzugsfähige Betrag von derzeit dem Zweieinhalbfachen der im Veranlagungszeitraum der Zahlung geschuldeten Beiträge zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung auf das Dreifache angehoben.
PRAXISTIPP | Die Möglichkeit, unbegrenzt Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit sie der Basisabsicherung dienen, vorauszuzahlen, besteht also für mindestens 62-jährige in diesem Jahr das letzte Mal. Sie sollten ihre Vorauszahlungen noch vor dem 22.12.2019 leisten. |
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „BMF klärt Details ‒ So sind Vorauszahlungen zur Basiskrankenversicherung absetzbar“, WVM 11/2017, Seite 13 → Abruf-Nr. 44868301
- Beitrag „Vorauszahlung von Krankenversicherungsbeiträgen: Arbeitnehmer müssen neu justieren“, WVM 3/2014, Seite 11 → Abruf-Nr. 42521985