· Fachbeitrag · Kurzarbeitergeld
Diese Verbesserungen gelten bei den Leistungssätzen des Kurzarbeitergelds bis zum 31.12.2020
von Dipl.-Finanzwirtin (FH) Anne L’habitant, Steuerberaterin bei der WTS Düsseldorf
| Das Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie (Sozialschutz-Paket II, Abruf-Nr. 215688 ) enthält u. a. Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld. LGP stellt Ihnen die Neuerungen anhand von Beispielen vor. Außerdem erfahren Sie, welche Regelungen mit dem Corona-Steuerhilfegesetz beabsichtigt sind. |Gestaffelte Leistungssätze bis zum 31.12.2020
Bis Ende 2020 gestaffelte Leistungssätze
Die Einkommenseinbußen, die Arbeitnehmer insbesondere bei einem erheblichen Arbeits- und Entgeltausfall erfahren, sind immens. Um diese abzufedern, wird das Kurzarbeitergeld für die Monate, in denen die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat mindestens 50 Prozent beträgt, bis zum 31.12.2020 gestaffelt ab dem vierten und ab dem siebten Monat des Bezugs erhöht.
Das Kurzarbeitergeld erhöht sich
- für Arbeitnehmer, die beim Arbeitslosengeld die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz erfüllen, von 67 Prozent ab dem vierten Bezugsmonat auf 77 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat auf 87 Prozent,
- für die übrigen Arbeitnehmer von 60 Prozent ab dem vierten Bezugsmonat auf 70 Prozent und ab dem siebten Bezugsmonat auf 80 Prozent
der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum. Für die Berechnung der Bezugsmonate sind Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 zu berücksichtigen.
Referenzmonat März
Der Referenzmonat für die Berechnung der Dauer des Bezugs von Kurzarbeitergeld ist der März 2020 und damit der Monat, in dem sich erstmals die starken Auswirkungen der Corona-Krise auf den deutschen Arbeitsmarkt zeigten. Dies bedeutet m. E. aber nicht, dass bei einem späteren Bezugszeitpunkt von Kurzarbeitergeld ebenfalls auf den März abzustellen ist.
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50-Prozent-Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt
Voraussetzung für das erhöhte Kurzarbeitergeld ist, dass das Ist-Entgelt gegenüber dem Soll-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat um mindestens 50 Prozent reduziert ist. Die Höhe des Arbeitsausfalls ist nicht entscheidend.
Wichtig | Die Monate mit einem niedrigeren Entgeltausfall werden zwar als Bezugsmonate mitgezählt. In diesen Monaten gilt aber der übliche Leistungssatz von 60 bzw. 67 Prozent, so das BMAS auf LGP-Anfrage.
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Ein Arbeitnehmer erhält ein Festgehalt von monatlich 2.500 Euro. Der Arbeits- und Entgeltausfall beträgt 100 Prozent seit März 2020. Für den Arbeitnehmer sind die gestaffelten Leistungssätze anzuwenden. |
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Ein Arbeitnehmer erhält einen Stundenlohn von 15 Euro bei einer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von wöchentlich 37 Stunden zzgl. einer Funktionszulage von monatlich 100 Euro, die unabhängig von der Zahl der gearbeiteten Stunden gezahlt wird. Die Arbeitszeit wurde im März auf wöchentlich 20 Stunden reduziert. | ||||||||||||||||
Ergebnis: Die Entgeltdifferenz zwischen Soll-und Ist-Entgelt beträgt 44,15 Prozent (1.122 Euro : 2.542 Euro). Die gestaffelten Leistungssätze greifen nicht. |
Wichtig | Das Soll- und das Ist-Entgelt wird auf den nächsten durch 20 teilbaren Euro-Betrag auf- bzw. abgerundet. Zum jetzigen Zeitpunkt ist offen, ob vor oder nach Prüfung der Differenz zu runden ist ‒ in der Praxis kann das zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es bleibt abzuwarten, wie die verantwortlichen Stellen hierauf reagieren.
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Ein Arbeitnehmer erhält ein Festgehalt von monatlich 2.500 Euro. Der Arbeits- und Gehaltsausfall beträgt seit März 2020 genau 50 Prozent. | ||||||||||||||||||||||||||||
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Ergebnis: Der Arbeitnehmer würde bei der 50-Prozent-Prüfung nach der Rundung aufgrund der Rundung des Ist-Entgelts keine gestaffelten Leistungssätze erhalten ‒ im Gegensatz zur 50-Prozent-Prüfung vor der Rundung. Der Kurzarbeitergeld-Rechner der Deutschen Rentenversicherung (unter www.ihre-vorsorge.de) führt in diesem Rechenbeispiel die gestaffelten Leistungssätze auf. |
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Ein Arbeitnehmer erhält monatlich ein Festgehalt von 4.600 Euro. Er hat außerdem einen Dienstwagen, dessen monatlicher geldwerter Vorteil 400 Euro beträgt. Seit April ist die Arbeitszeit und das Gehalt auf 50 Prozent reduziert. | ||||||||||||||||
Ergebnis: Der Arbeitnehmer erhält keinen gestaffelten Leistungssatz. Obwohl sich die Arbeitszeit auf 50 Prozent reduziert hat, beträgt die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt von 2.300 Euro nicht mindestens 50 Prozent (= 2.500 Euro). |
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Ein Arbeitnehmer aus München hat ein monatliches Festgehalt von 10.000 Euro. Seine Arbeitszeit und sein Gehalt sind auf 50 Prozent reduziert.
Ergebnis: Das Soll-Entgelt ist auf die Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (West) in Höhe von 6.900 Euro monatlich gedeckelt. Deshalb erhält der Arbeitnehmer keine gestaffelten Leistungssätze; die Differenz zwischen Soll- und Ist-Entgelt von 1.900 Euro beträgt nicht mindestens 50 Prozent (= 3.450 Euro). |
Gestaffelter Leistungssatz
Ist das Ist-Entgelt gegenüber dem Soll-Entgelt im jeweiligen Bezugsmonat um mindestens 50 Prozent reduziert, erhöhen sich die Leistungssätze beim Kurzarbeitergeld abhängig von der Bezugsdauer bis zum 31.12.2020 wie folgt:
Dauer des Kurzarbeiter-geldbezugs | Erhöhter Leistungssatz | Übrige Arbeitnehmer |
1. bis 3. Monat | 67 Prozent | 60 Prozent |
4. bis 6. Monat | 77 Prozent | 70 Prozent |
Ab dem 7. Monat | 87 Prozent | 80 Prozent |
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Ein Arbeitnehmer hat ein reguläres Festgehalt von 2.500 Euro. Er hat seit April einen Arbeits- und Gehaltsausfall von 100 Prozent. Der Arbeitgeber hat über ELStAM die Eintragung eines Kindes und die Steuerklasse IV übermittelt bekommen.
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Ein Arbeitnehmer hat ein reguläres Festgehalt von 2.500 Euro. Er hat einen Arbeits- und Gehaltsausfall von 60 Prozent. Der Arbeitgeber hat über ELStAM die Eintragung eines Kindes und die Steuerklasse IV übermittelt bekommen.
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PRAXISTIPP | Der Rechner der Deutschen Rentenversicherung (www.ihre-vorsorge.de) wurde überarbeitet. Er enthält die unterschiedlichen Leistungssätze. |
Nachweis der Leistungsgruppe
Der erhöhte Leistungssatz 1 wird gewährt, wenn in der elektronischen Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag mit dem Zähler von mindestens 0,5 eingetragen ist. Dann wird automatisch der erhöhte Leistungssatz angewendet.
Bei einem Arbeitnehmer, der als Lohnsteuerabzugsmerkmal die Steuerklasse V hat, wird in den ELStAM indes kein Kinderzähler abgebildet. Die OFD NRW hat in einer Kurzinformation Lohnsteuer (Nr. 01/2020) hierauf reagiert. Sie empfiehlt den Finanzbeamten bei ankommenden Anrufen aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass sich betroffene Arbeitnehmer zunächst an den Arbeitgeber des Ehegatten/Lebenspartners wenden sollten. Beim Finanzamt eingehende Anträge auf Übersendung eines Auszugs der ELStAM des Ehegatten/Lebenspartners könnten aufgrund des Steuergeheimnisses bzw. der DSGVO nur bei Vorlage einer entsprechenden (formlosen) Vollmacht oder sonstigen Zustimmungserklärung des Ehegatten/Lebenspartners entsprochen werden.
Corona-Steuerhilfegesetz ‒ Steuerfreie Zuschüsse geplant
Der Zuschuss zum Kurzarbeitergeld gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt, soweit er zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags von Soll-Entgelt und Ist-Entgelt nicht übersteigt. Allerdings ist der Zuschuss bisher in voller Höhe lohnsteuerpflichtig. Der Gesetzentwurf für ein Corona-Steuerhilfegesetz (Abruf-Nr. 215678) sieht nun u. a. eine Steuerbefreiung für Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld vor:
- Sie sollen entsprechend der Regelungen im Sozialversicherungsrecht bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III steuerfrei gestellt werden. Hierzu soll § 3 EStG um eine Nr. 28a ergänzt werden.
- Die Steuerbefreiung soll auf Zuschüsse begrenzt werden, die für Lohnzahlungszeiträume zwischen dem 01.03.2020 und 31.12.2020 geleistet werden. Dieser Zuschuss soll, wie das Kurzarbeitergeld, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer dem Progressionsvorbehalt unterliegen.
Wichtig | Bei Redaktionsschluss war das Corona-Steuerhilfegesetz noch nicht in trockenen Tüchern. Sollte die Gesetzesänderung so kommen, wird eine Korrektur der Gehaltsabrechnungen ab März 2020 erforderlich, wenn Arbeitgeber Zuschüsse gezahlt haben. Die Korrektur wird im Regelfall möglich sein (§ 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG), sobald die Gehaltsabrechnungsprogramme entsprechende Lohnarten eingerichtet haben (mehr dazu in LGP 7/2020).
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Berechnung von Kurzarbeitergeld ‒ auf diese Besonderheiten müssen Arbeitgeber achten“, LGP 5/2020, Seite 83 → Abruf-Nr. 46530405