· Fachbeitrag · Lageranalyse und -verbesserung
Kosten und Risiken durch Optimierung des Lagers reduzieren
von Dipl.-Betriebswirt Jörgen Erichsen, Leverkusen
| Viele Unternehmen vernachlässigen, wenn sie auf der Suche nach Möglichkeiten der Kostensenkung und Gewinnsteigerung sind, den Lagerbereich, und zwar sowohl den für die Beschaffung (u. a. Materialien, Komponenten) als auch den für den Verkauf (u. a. Fertigwaren, Halbfertigprodukte). Dabei hat die Lagerhaltung fast immer erheblichen Einfluss auf Gewinn, Kapitalbindung und die Liquidität. Hinzu kommt, dass durch unnötige Lagerbestände die Risiken zunehmen, etwa von Schwund, Verderb, Diebstahl oder Überalterung. Zunehmende Lagerbestände können auch Hinweise auf mögliche grundlegende Probleme eines Unternehmens sein, etwa, wenn die Bestände im Fertigwarenlager steigen, weil man Fehler in der Produktentwicklung gemacht hat. |
Der Artikel zeigt, warum sich Unternehmen intensiv und regelmäßig mit ihren Lagerbereichen befassen sollten, wie sie die Bestände und somit Kosten und Risiken reduzieren und den Spagat zwischen niedrigen Lagerbeständen und Lieferfähigkeit schaffen können. Zum Beitrag gehört eine Excel-Anwendung (bbp.iww.de, Abruf-Nr. 45415058), mit der man sofort in die Umsetzung einsteigen kann.
1. Bedeutung des Lagerbereichs für den Unternehmenserfolg
Jede Lagerhaltung verursacht Kosten, und zwar nicht nur für das Lager und dessen Betrieb selbst, z. B. Mieten für Lagerflächen, Personal, IT oder Abschreibungen. Auch Inventuren kosten Geld und binden die Kapazitäten von Mitarbeitern. Kosten werden außerdem durch jede Art der Vorratshaltung von Materialien und Fertigwaren verursacht. Schließlich müssen Lieferanten bezahlt werden, bevor das fertige Produkt verkauft werden kann und die Gelder dann zurückfließen. Lassen sich Fertigprodukte nicht in der Zahl verkaufen, wie sie hergestellt werden, wird ebenfalls Geld unnötig gebunden. Schließlich wurden die Waren produziert, und hierfür sind bereits Kosten und Auszahlungen angefallen, die vorfinanziert werden müssen.
Werden also „in nicht notwendigem Maß“ Materialien eingelagert oder Fertigwarenbestände aufgebaut, hat das unmittelbare Kosten und somit Gewinnschmälerungen zur Folge. Auch die Liquidität wird belastet, wenn z. B. übermäßig viel Material eingekauft und Lieferanten bezahlt werden, ohne dass die Materialien zeitnah verbraucht werden. Hinzu kommt, dass durch zunehmende Lagerbestände vermehrt Risiken entstehen. Waren oder Materialien können verderben, gestohlen werden oder auch überaltern.
Lagerkosten überschlägig ermitteln
Wie hoch die Kapitalbindungskosten zur Beschaffung von Materialien und Waren sind, und wie hoch zumindest der grundsätzliche Handlungsbedarf ist, kann überschlägig schnell berechnet werden, indem man den durchschnittlichen Lagerbestand aller Teile (Materialien und Fertiggüter) mit dem Zinssatz für kurzfristige (Kontokorrent-)Kredite multipliziert.
Hintergrund dieser Überlegung zur Kostenschätzung ist, dass über die gesamte Wertschöpfung gesehen, vom Einkauf über die Fertigung bis zum Verkauf, Kapital gebunden wird. Und die Kapitalbindung kostet Geld (Zinsen), auch wenn man keinen Bankkredit aufnehmen muss und man eigenes Geld bereitstellt. Denn auch dieses Geld steht für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung und verursacht Kosten, auch wenn gerade Unternehmer in kleinen Betrieben diesen Aspekt vernachlässigen. Als Rechengröße kann daher der Zinssatz für den Kontokorrent verwendet werden.
Hinzu kommen laufende Lagerkosten, z. B. für Personal, Mieten oder Abschreibungen. Gibt es eine oder mehrere Kostenstellen Lager, lassen sich die Werte schnell ermitteln; für einen ersten Überblick genügen aber auch Schätzungen, die im Laufe der Zeit durch die Erhebung genauerer Daten verbessert werden sollten.
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Der durchschnittliche Warenbestand beträgt 1 Mio. EUR, der Zinssatz für den Kontokorrent beläuft sich auf 4 %. Damit ergibt sich ein Näherungswert für die durch den Lagerbestand verursachten Kapitalbindungskosten von 40.000 EUR. Im Lager arbeiten zwei Personen, die jährlich 90.000 EUR Kosten verursachen, die Raumkosten belaufen sich auf 12.000 EUR, und an Abschreibungen fallen 8.000 EUR an. Somit werden durch das Lager rund 150.000 EUR Kosten verursacht. Ggf. kommen weitere Kosten hinzu, wenn z. B. ein Teil des Lagers durch Schwund reduziert wird. |
Lagerhaltung hat auch positive Aspekte
Auf der anderen Seite haben hohe Warenbestände natürlich auch Vorteile. Zu nennen sind insbesondere eine
- hohe Lieferbereitschaft und -zuverlässigkeit, die man auch als Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern nutzen kann.
- Verbesserung der Versorgungssicherheit; wenn z. B. Lieferanten kurzfristig ausfallen oder sich Lieferungen verzögern, droht nicht so schnell ein Produktionsstillstand und man bleibt zumindest über einen längeren Zeitraum lieferfähig.
- Beim Kauf großer Mengenkontingente werden von Lieferanten meist bessere Konditionen gewährt. Zudem ist es möglich, durch Fertigung größerer Mengen oder Lose im Rahmen der Produktion die Kosten für Rüstzeiten zu senken.
Unternehmer müssen die Vor- und Nachteile also gegeneinander abwägen und sich strategisch für oder gegen eine umfassende oder eine Lagerhaltung mit extrem niedrigen Beständen entscheiden.
Beachten Sie | Unabhängig von dieser Entscheidung gilt es aber immer, unter den gegebenen Bedingungen bzw. Entscheidungen den Lagerbestand und die Lagerkosten, soweit es geht, zu reduzieren. Das ist nur möglich, wenn man genaue Informationen zum aktuellen Stand im Betrieb hat.
2. Kapitalbindungs- und Lagerkosten errechnen
Wer sich nicht mit einer Schätzung zufriedengeben möchte und über eine genauere Analyse Transparenz über die tatsächliche Höhe der Kosten haben möchte, sollte systematisch und schrittweise vorgehen.
2.1 Lagerbestände und -werte ermitteln
Der erste Schritt beim Thema Lagerkosten, im Griff halten bzw. reduzieren, besteht darin, sich einen möglichst genauen Überblick über die Situation zu verschaffen und die Mengen sowie die Werte zu erfassen oder zu errechnen. Für eine Analyse werden beide Komponenten benötigt. Die Mengenentwicklung gibt eher Aufschluss über den eigentlichen Verbrauch. Die Preise werden benötigt, um Aussagen zu den Kosten treffen zu können. In der Praxis ist eine genaue Erfassung unterjährig oft schwierig, da es häufig nicht nur Materialien oder Fertigwaren gibt, sondern auch Halbfertigprodukte oder Materialien, die sich noch im Produktionsprozess befinden. Zudem sind Teile häufig auch über mehrere Lager verteilt. Was übrigens weiteres Sparpotenzial bieten kann, wenn z. B. Lagerstätten aufgelöst und zusammengelegt werden. Daher genügt es für einen Einstieg in das Thema, wenn man zunächst die Jahreszahlen erhebt. Bei großem Handlungsbedarf sollte man später durchaus eine monatliche Analyse vornehmen und noch mehr in die Tiefe gehen.
PRAXISTIPP | Zum Beitrag gehört eine Excel-Lösung, mit der die Umsetzung sofort gestartet werden kann. Teilweise enthält die Anwendung Zahlen, die ausschließlich dazu gedacht sind zu zeigen, wie das Tool funktioniert. |
Eingaben sind in alle Zellen mit blauer Schrift immer möglich. Wer Eingaben in Zellen mit anderen Farben tätigen möchte, sollte vorher prüfen, ob er Formeln überschreibt, die die Datei unbrauchbar machen oder die die Arbeit erleichtern können. Alle Seiten können auf einer Seite ausgedruckt werden. Außerdem lassen sich Teile der Anwendung durch Klicks auf die „1“, „2“ usw. am linken und oberen Rand der Mappe ein- bzw. ausblenden.
Bestandserfassung mit der Excel-Datei
Die zum Beitrag gehörende Excel-Lösung bietet, getrennt nach Materialien und Fertigprodukten, die Möglichkeit, je bis zu 80 Lagerpositionen zu erfassen. Betriebe mit mehr Artikeln, die analysiert werden sollen, können entweder eine ABC-Klassifizierung vornehmen und nur für die größten Positionen eine Einzelerfassung vornehmen und die restlichen Artikel zu einer Gruppe zusammenfassen. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, von Beginn an Einzelpositionen zu Artikelgruppen zusammenzufassen.
Aus den Eingaben werden sowohl für Materialien als auch Fertigwaren automatisch Durchschnittswerte errechnet, mit denen der monatliche Bestand dargestellt wird. Falls möglich, sollten in den Spalten F und G noch die höchsten und die niedrigsten Lagerbestände eingegeben werden, um zu sehen, wie hoch die Schwankungsbreite (Spanne) ist. Grundsätzlich gilt: Je höher die Schwankungsbreite, desto höher müssen im Einzelfall die Lagerbestände ausfallen, um Engpässe zu vermeiden, und desto dringender sind Verbesserungen notwendig, z. B. bei der Planung. Falls es nicht möglich oder gewünscht ist, mit den Größen zu arbeiten, lassen sich die Spalten ausblenden.
Lagerreichweite als Indikator für Handlungsbedarf
Außerdem kann im letzten Teil der Arbeitsmappe der Jahresverbrauch eines jeden Artikels eingegeben werden, um die Lagerreichweite zu berechnen. Die Werte werden ins Verhältnis zum Bestand gesetzt, und man erhält die durchschnittliche Lagerreichweite je Position. Die Reichweiten sollten zwar größer 1 sein, aber nicht deutlich darüber liegen. Quotienten bis 1,15 sind meist akzeptabel. Denn dann ist eine Reserve vorhanden, und man riskiert keine Produktionsausfälle, wenn sich z. B. Lieferungen verspäten. Auch Lieferengpässe können bei höheren Beständen vermieden werden. Höhere Werte als 1,15 deuten meist auf unnötig hohe Bestände hin. Das gilt auch für das Gesamtlager; der Quotient sollte nicht über den Richtwerten liegen. Höhere Werte als 1,15 sollten nur in Ausnahmefällen oder bei erheblichen Schwankungen, die man nicht beeinflussen kann, akzeptiert werden.
Sinkt die Reichweite unter 1, übertrifft der Verbrauch den Bestand und es kann z. B. bei Lieferverzögerungen schnell zu gefährlichen Engpässen kommen. Werte unter 1 sollten also möglichst vermieden werden. In der Datei färben sich die Zellen daher gelb, wenn ein Wert unter 1 fällt. Im Beispiel ist zu sehen, dass die Bestände bei zwei Positionen sehr niedrig sind. Im Mittel über alle Materialien, also das gesamte Lager, liegt er knapp unter dem genannten Richtwert.
PRAXISTIPP | Das Arbeitsblatt „Fertigwaren“ (o. Abb.) ist genauso aufgebaut wie das Blatt „Material“, und es gelten die gleichen Zusammenhänge. |
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Lagerbestandsanalyse Auswertung | |||||||||
Materialien, Teile, Komponenten | |||||||||
| Gesamt | Durchschnitt | Min. | Max. | Lagerreichweite | ||||
| Menge | Wert | Menge | Preis | Menge | Menge | Spanne | Verbrauch | Reichweite |
Material 1 | 2.150 | 13.460 | 179 | 6,26 | 190 | 50 | 140 | 1.890 | 1,14 |
Material 2 | 6.880 | 59.400 | 573 | 8,63 | 640 | 520 | 120 | 7.200 | 0,96 |
Material 3 | 260 | 2.500 | 22 | 9,62 | 20 | 5 | 15 | 190 | 1,37 |
Material 4 | 670 | 12.130 | 56 | 18,10 | 65 | 52 | 13 | 560 | 1,20 |
Material 5 | 2.640 | 28.510 | 220 | 10,80 | 290 | 123 | 167 | 2.590 | 1,02 |
Material 6 | 180 | 1.400 | 15 | 7,78 | 15 | 4 | 11 | 214 | 0,84 |
Material 7 | 430 | 6.500 | 36 | 15,12 | 58 | 12 | 46 | 390 | 1,10 |
Material 8 | 1.510 | 13.970 | 126 | 9,25 | 142 | 36 | 106 | 1.320 | 1,14 |
Material 9 | 6.540 | 30.400 | 545 | 4,65 | 612 | 341 | 271 | 6.370 | 1,03 |
Material 10 | 985 | 6.540 | 82 | 6,64 | 85 | 79 | 6 | 890 | 1,11 |
Material 11 | 654 | 11.890 | 55 | 18,18 | 68 | 32 | 36 | 700 | 0,93 |
Material 12 | 97 | 11.760 | 8 | 121,24 | 9 | 7 | 2 | 80 | 1,21 |
Summe | 22.996 | 198.460 | 1.916 | 22.394 | 1,09 |
2.2 Lagerkosten ermitteln
Wurden die Lagerbestände und -werte erhoben, können im zweiten Schritt die Lagerkosten berechnet werden. In der Excel-Datei ist das mit dem Tabellenblatt „Lagerkosten“ möglich. Es können Erfassungen bzw. Planungen für das laufende Jahr, für bis zu 5 Jahre der Vergangenheit und bis zu 3 künftige Jahre vorgenommen werden. Wer eine Erhebung über einen längeren Zeitraum nicht durchführen möchte, kann Teile der Datei ausblenden, wie es in Abb. 2 zu sehen ist.
Eingegeben werden müssen für alle Jahre außer dem aktuellen Jahr die Summen der Lagerbestände, unterteilt nach Material und Fertigwaren. Für das laufende Jahr kommen die Zahlen aus den Blättern „Material“ und „Fertigwaren“. Wurden die Tabellenblätter nicht genutzt, können die Zahlen auch manuell eingegeben werden; die entsprechenden Zellen sind daher in roter Schrift gehalten.
Außerdem werden die Umsatzerlöse sowie die Bilanzsumme der einzelnen Jahre benötigt, um die Lagerkostenquoten (Anteil der Lagerkosten an Umsätzen bzw. Bilanzsumme) errechnen zu können. Die Lagerkosten werden berechnet, indem man jährlich zunächst die Zinssätze für den Kontokorrentkredit einträgt. Dann werden die Kosten für den eigentlichen Betrieb des Lagers, z. B. Personal, Mieten, sowie die durchschnittlichen Wertverluste, etwa für Diebstahl, Verderb oder Alterung, eingegeben. Aus den Eingaben errechnen sich die Gesamtkosten für das Lager einschließlich der Kapitalbindung. Die Lagerkosten werden dann ins Verhältnis zu Umsätzen und Bilanzsumme gesetzt, und man kann erkennen, ob die Kosten relativ zu diesen Positionen sinken oder steigen. Sinken sie, ist das ein positives Zeichen, steigen sie, ergibt sich in der Regel erhöhter Handlungsbedarf. Eine generelle Aussage für günstige Relationen kann schwer getätigt werden, da es immer zahlreiche individuelle Aspekte zu berücksichtigen gilt. Allerdings steigen mit jedem Prozentpunkt mehr Kosten und Risiken.
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Lageranalyse ‒ Gesamtkosten | ||||||
Werte zum Teil gerundet | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | Bemerkungen/Kommentare/Besonderheiten |
Lagerbestand Material | 219.780 | 198.460 | 160.000 | 0 | 0 |
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Lagerbestand Fertigwaren | 551.860 | 512.300 | 450.000 | 0 | 0 |
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Lagerbestand gesamt | 771.640 | 710.760 | 610.000 | 0 | 0 |
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Umsatzerlöse | 3.139.740 | 3.145.000 | 3.200.000 | 0 | 0 |
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Bilanzsumme | 2.878.000 | 2.900.000 | 2.950.000 | 0 | 0 |
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Durchschnittliche Finanzierungskosten |
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Zinssatz | 4,35 % | 4,25 % | 4,00 % | 0,00 % | 0,00 % |
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EUR | 33.566 | 30.207 | 24.400 | 0 | 0 |
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Raumkosten | 16.000 | 16.000 | 16.000 | 0 | 0 |
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Personalkosten | 56.000 | 57.500 | 59.000 | 0 | 0 |
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IT/EDV-Kosten | 18.000 | 19.000 | 20.000 | 0 | 0 |
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Abschreibungen | 24.970 | 23.890 | 22.000 | 0 | 0 |
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Wertverluste, z. B. Schwund, Verderb, Diebstahl | 6.795 | 6.150 | 4.800 | 0 | 0 |
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Sonstige Kosten | 4.500 | 5.000 | 4.000 | 0 | 0 |
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Lagerkosten gesamt | 159.831 | 157.747 | 150.200 | 0 | 0 |
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Lagerkostenquote (Umsatzerlöse) | 5,09 % | 5,02 % | 4,69 % | 0,00 % | 0,00 % |
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Lagerkostenquote (Bilanzsumme) | 5,55 % | 5,44 % | 5,09 % | 0,00 % | 0,00 % |
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2.3 Auswirkungen auf die Liquidität mit dem Cashflow darstellen
Welche finanziellen Folgen steigende bzw. rückläufige Lagerbestände für ein Unternehmen haben, lässt sich auch mit der Kennzahl Operativer Cashflow, berechnet z. B. nach der Regeln des IAS 7, darstellen.
In der Excel-Datei lässt sich die Cashflow-Berechnung in der Mappe „Cashflow“ umsetzen. Wie zuvor können für bis zu 5 Jahre aus der Vergangenheit, dem laufenden und 3 Jahre in der Zukunft Cashflow-Statements erstellt werden, um Entwicklungen besser erkennen zu können. Soll ein Vergleich nur über wenige Jahre erfolgen, können auch in dieser Mappe einzelne Jahre ausgeblendet werden.
Für jedes Jahr sind folgende Eingaben erforderlich:
- Ergebnis laut Gewinn- und Verlustrechnung
- Abschreibungen
- Veränderungen (keine Bestände) von Forderungen, Vorräten und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (Hinweis: Erhöhungen von Forderungen und Vorräten müssen mit negativen, Reduzierungen ohne Vorzeichen eingegeben werden. Bei den Verbindlichkeiten verhält es sich umgekehrt)
- Investitionen oder Desinvestitionen
- Zuführung von Eigenmitteln bzw. Auszahlungen an Eigentümer sowie Einzahlungen aus der Aufnahme von Finanzverbindlichkeiten (Krediten) und/oder Rückzahlungen.
- Finanzmittelbestand am Anfang eines Geschäftsjahrs
Abb. 3 zeigt, welche Konsequenzen eine Erhöhung bzw. hohe Lagerbestände haben. Der Cashflow im engeren Sinne steigt kontinuierlich an, in 2 Jahren wird er aber von steigenden Vorräten deutlich reduziert. Um notwendige Investitionen und Auszahlungen an Gesellschafter begleichen zu können, müssen neue Kredite aufgenommen werden. Im letzten Jahr 2018 ist geplant, die Bestände zu reduzieren. Damit ist das Unternehmen in der Lage, alle geplanten Investitionen und Auszahlungen an Gesellschafter aus eigenen Mitteln zu begleichen. Außerdem können Kredite getilgt und zusätzlich noch eine Liquiditätsreserve aufgebaut werden. Mit dem Cashflow-Statement kann die Analyse also gut abgerundet und gezeigt werden, welche positiven Folgen sich vor allem für die Liquidität ergeben, wenn man es schafft, die Lagerbestände zu reduzieren. Kosteneinsparungen schlagen sich in einem besseren Gewinn nieder.
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Cashflow-Statement | 2016 | 2017 | 2018 | ||||
| Ergebnis lt. Gewinn‒ und Verlustrechnung | 170.000 | 180.000 | 186.000 | 0 | 0 | |
| +/‒ | Abschreibungen/Zuschreibungen | 28.000 | 31.000 | 34.000 | 0 | 0 |
| +/‒ | Erhöhung/Verminderung langfristiger Rückstellungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
| = | Cashflow im engeren Sinn | 198.000 | 211.000 | 220.000 | 0 | 0 |
| +/‒ | Verminderung/Erhöhung Forderungen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
| +/‒ | Verminderung/Erhöhung Vorräte | ‒74.000 | ‒60.000 | 100.000 | 0 | 0 |
| +/‒ | Erhöhung/Verminderung Verbindlichkeiten aus L+L | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
1 | = | Cashflow aus Geschäftstätigkeit (operativer Cashflow) | 124.000 | 151.000 | 320.000 | 0 | 0 |
| + | Einzahlungen aus Anlageabgängen | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
| ‒ | Auszahlungen für Anlageinvestitionen | 51.000 | 80.000 | 100.000 | 0 | 0 |
2 | = | Cashflow aus Investitionstätigkeit | ‒51.000 | ‒80.000 | ‒100.000 | 0 | 0 |
| + | Einzahlungen aus Zuführung von Eigenkapital | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
| ‒ | Auszahlungen an die Eigentümer | 84.000 | 90.000 | 96.000 | 0 | 0 |
| + | Einzahlungen aus Aufnahme von Finanzverbindlichkeiten | 9.000 | 20.000 | 0 | 0 | 0 |
| ‒ | Auszahlungen aus Rückzahlung von Finanzverbindlichkeiten | 0 | 0 | 29.000 | 0 | 0 |
3 | = | Cashflow aus Finanzierungstätigkeit | ‒75.000 | ‒70.000 | ‒125.000 | 0 | 0 |
| = | Freier Cashflow (Saldo 1‒3) | ‒2.000 | 1.000 | 95.000 | 0 | 0 |
| +/‒ | Finanzmittelbestand zum Beginn des Geschäftsjahres | 2.800 | 800 | 1.800 | 0 | 0 |
4 | = | Finanzmittelbestand am Ende des Geschäftsjahres | 800 | 1.800 | 96.800 | 0 | 0 |
Steigende Lagerbestände oft Hinweise auf strukturelle Probleme
Wenn die Lagerbestände steigen, sollte man immer auch prüfen, ob das Unternehmen strategisch gut aufgestellt ist. Denn wenn die Bestände steigen, gibt es oft massive Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit oder sie können in der näheren Zukunft drohen. Beispiele für mögliche strukturelle Schwierigkeiten sind:
- Mängel in Lagerverwaltung, Warenwirtschaft und/oder Produktions- und Lagerplanung
- Zunehmende Dynamik von Markt und Wettbewerbern, die man (bisher) unterschätzt hat, fehlende Kenntnisse über Produkt-Lebenszyklen
- Vernachlässigung von Produktinnovationen, veraltete Produktpalette mit vielen bzw. zunehmenden Ladenhütern
- Fehlerhafte Sortimentspolitik
- Unkritisches „Zulassen“ von Variantenvielfalt und Sortimentsausweitung
2.4 Verbesserungen umsetzen
Die Ausführungen zeigen eindrucksvoll, warum es für Unternehmensergebnis und Liquidität so wichtig ist, die Kosten für das Lager an sich und die Lagerbestände regelmäßig zu analysieren und Maßnahmen zur Verbesserung umzusetzen.
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Systematische Maßnahmenumsetzung
Damit eine Verbesserungsmaßnahme erfolgreich umgesetzt werden kann, sollte sie genau geplant und beschrieben werden. Es sollten mindestens folgende Punkte festgehalten werden:
- Welche Verbesserung gewünscht wird, z. B. Lagerbestand Material reduzieren
- Wie das Ziel genau heißen soll, z. B. Lagerreichweite Materiallager auf 1,15 oder weniger reduzieren.
- Wie sich messen lässt, ob das Ziel erreicht wurde, z. B. Lagerreichweite = durchschnittlicher Bestand × 100 ÷ durchschnittlicher Verbrauch
- Was soll konkret getan werden, z. B. ABC-Analyse und Umsetzung für die größten 10 Positionen, Erarbeitung Beschaffungsstrategien, Verhandlung mit Lieferanten
- Bis wann sollen die Maßnahmen umgesetzt sein, z. B. März des Folgejahres
- Wer ist für die Umsetzung verantwortlich, z. B. der Leiter Einkauf?
- Werden zusätzliche Gelder und Budgets benötigt?
- Welche weiteren Ressourcen werden benötigt, z. B. Personal, IT?
- Wann soll kontrolliert werden, ob die Maßnahmen erfolgreich waren, z. B. September Folgejahr?
- Kann es zu Konflikten mit anderen Zielen kommen?
- Abschließende Beurteilung der Eignung, etwa, wenn die Möglichkeit besteht, dass man dieselben oder ähnliche Maßnahmen in der Zukunft noch einmal ergreifen muss.
Zur Datei gehört auch eine Arbeitsmappe (Kopiervorlage, ohne Abb.), mit der sich einzelne Maßnahmen genau beschreiben lassen, um eine erfolgreiche Umsetzung beginnen zu können.
3. Fazit und Ausblick
Der Einfluss des Lagers (Material- und Fertigwaren) auf Kosten, Gewinn und Liquidität wird von vielen Unternehmern unterschätzt. Daher wird oft gar nicht oder nur unsystematisch versucht, Verbesserungen umzusetzen. Und das, obwohl der Lagerbereich häufig Kosten in Höhe von 10 und mehr Prozent vom Umsatz oder der Bilanzsumme verursacht. Dabei ist es durch gezielte Analyse und Umsetzung von Verbesserungen wie Lagerbestandsreduzierungen oder stärkere IT-Nutzung relativ einfach möglich, Einsparungen von einigen Tausend EUR pro Jahr zu erzielen. Und auch, wenn man sich als Unternehmer entscheidet, einen etwas höheren als den eigentlich notwendigen Lagerbestand hinzunehmen, um z. B. bei Kundenanfragen kurzfristig liefern zu können oder keine Produktionsengpässe bei Lieferverzögerungen zu riskieren, lohnt es sich, den Lagerbereich zu optimieren. Denn nicht nur die Bestände tragen zu den Kosten bei. Auch der Betrieb des Lagers ist teuer, und häufig wird auch nicht systematisch versucht, günstigere Konditionen bei der Beschaffung oder dem Verkauf umzusetzen, was dazu beitragen würde, die Kosten zu senken, ohne die Lieferbereitschaft zu gefährden. Im Beitrag wurde gezeigt, wie eine Lagerbestandsanalyse einfach umzusetzen ist und welche Möglichkeiten es gibt, die Kosten in allen Teilbereichen zu senken.