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· Fachbeitrag · Lohnsteuer-Anmeldungen

Verlängerung der Erklärungsfrist für Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise

von Dipl-Finanzwirtin (FH) Anne L’habitant, Steuerberaterin, WTS Düsseldorf

| Das BMF hat am 23.04.2020 ein Schreiben veröffentlicht, wonach Arbeitgeber, die durch das Corona-Virus unverschuldet an einer fristgerechten Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung gehindert sind, eine Fristverlängerung beantragen können. Das hat Fragen aufgeworfen. LGP klärt die Details. |

Die Lohnsteuer-Anmeldung

Der Arbeitgeber muss spätestens am zehnten Tag nach Ablauf jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums (Monat, Vierteljahr oder Jahr) bei dem Betriebsstättenfinanzamt eine Lohnsteuer-Anmeldung einreichen sowie die einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an dieses abführen (§ 41a Abs. 1 EStG). Das Betriebsstättenfinanzamt muss den rechtzeitigen Eingang der Lohnsteuer-Anmeldung überwachen. Es kann bei nicht rechtzeitigem Eingang einen Verspätungszuschlag nach § 152 AO festsetzen oder erforderlichenfalls die Abgabe mit Zwangsmitteln nach §§ 328 ff AO durchsetzen.

 

Reicht der Arbeitgeber keine Lohnsteuer-Anmeldung ein, kann das Finanzamt die Lohnsteuer schätzen und den Arbeitgeber durch Steuerbescheid in Anspruch nehmen. Da die Lohnsteuer-Anmeldung eine Steuererklärung (§ 150 Abs. 1 S. 3 AO) ist, kann die Abgabefrist verlängert werden (§ 109 AO).

Die BMF-Regelung in der Corona-Krise

Das BMF verlängert die Erklärungsfrist in der Corona-Krise (BMF, Schreiben vom 23.04.2020, Az. IV A 3 ‒ S 0261/20/10001 :005, Abruf-Nr. 215326):

 

  • Verlängerung der Erklärungsfrist während der Corona-Krise

Arbeitgebern können die Fristen zur Abgabe monatlicher oder vierteljährlicher Lohnsteuer-Anmeldungen während der Corona-Krise im Einzelfall auf Antrag nach § 109 Abs. 1 AO verlängert werden, soweit sie selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung und Lohnsteuer-Anmeldung Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert sind, die Lohnsteuer-Anmeldungen pünktlich zu übermitteln. Die Fristverlängerung darf maximal zwei Monate betragen.“

 

Pünktliche Abgabe: Wann sind Arbeitgeber unverschuldet gehindert?

Viele Branchen sind von der Corona-Krise betroffen. Das BMF hat LGP aber mitgeteilt, dass es die Fristverlängerung nicht einräumt, wenn der Arbeitgeber aus rein wirtschaftlichen bzw. finanziellen Gesichtspunkten eine spätere Lohnsteuer-Anmeldung erwägt. Für die Verlängerung der Erklärungsfrist sind lt. BMF vielmehr „die Umstände im Zusammenhang mit der betrieblichen Organisation und deren Auswirkungen auf die Lohnsteuer-Anmeldung“ maßgebend. Derartige Störungen ergäben sich z. B. aus einem Personalengpass durch Krankheit, durch Abwesenheit vom Betrieb, durch personelle Unterbesetzung oder durch Homeoffice infolge der Corona-Krise. Sei die Störung im Organisationsablauf mehr oder minder unabwendbar, könne diese auch nicht kurzfristig beseitigt werden. Und sei das Ausmaß der Störung in dieser Form nicht vorhersehbar, könne eine solche Situation nicht als „verschuldet“ bezeichnet werden. Lägen objektiv derartige betriebliche Störungen vor und ergäben sich diese als direkte Folge aus der Ausbreitung des Corona-Virus, sei davon auszugehen, dass eine verspätete Erstellung und Übermittlung der Lohnsteuer-Anmeldung entschuldbar sei.

 

Hieraus lässt sich ableiten, dass sich alleine aus dem Umstand, dass Arbeitgeber organisatorische Schwierigkeiten haben, nicht wie selbstverständlich Gründe für eine Fristverlängerung ergeben. Diese müssen erheblicher sein.

 

  • Als Grund kommt m. E. etwa die Erkrankung der für die Gehaltsabrechnungen zuständigen Person in Betracht, wenn es keine Vertretung gibt. Schwieriger wird es, wenn aufgrund der Betriebsgröße eine Vertretung hätte installiert sein müssen, dies aber krisenunabhängig unterblieben ist. Ist die Lohnbuchhaltung z. B. an ein Steuerbüro oder einen Dienstleister ausgelagert, wird dieser regelmäßig so organisiert sein, dass immer eine Person die Übermittlung vornehmen kann ‒ 100 Prozent sicher ist dies aber nicht.

 

  • Bei technischen Störungen wird es schwierig, einen Corona-Zusammenhang herzustellen und auch nachzuweisen. Solche IT-Probleme waren aber schon vor der Corona-Krise ein vertretbarer Grund, um eine Fristverlängerung zu beantragen und bewilligt zu bekommen.

 

Wie ist das Nichtverschulden nachzuweisen?

Das BMF regelt nicht, wie ein solcher Nachweis zu führen ist. Aus Nachweisgründen sollten Arbeitgeber zum einen den Antrag auf Fristverlängerung schriftlich stellen. Zum anderen sollten sie auch versuchen, die Umstände zu dokumentieren, die die Übermittlung der Lohnsteuer-Anmeldung verhindern.

 

PRAXISTIPP | Dokumentiert werden sollten z. B. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die Quarantäneanordnung und das Tätigkeitsverbot des Gesundheitsamts bzw. entsprechende Verfügungen, Organigramme oder Störungsmeldungen der Telefon- und Internetanbieter.

 

Wie ist der Antrag zu stellen?

Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Es besteht somit die Möglichkeit, den Antrag telefonisch, mündlich an Amtsstelle, textlich oder schriftlich (per Fax, E-Mail, Brief oder Elster-Portal) zu stellen.

 

PRAXISTIPP | Es empfiehlt sich, vor Antragstellung mit dem jeweiligen Finanzamt (hier ist die Arbeitgeberstelle zuständig) Kontakt aufzunehmen. Denn die Entscheidung über die Fristverlängerung liegt in jedem Fall beim Betriebsstättenfinanzamt. Dort sollten Arbeitgeber auch klären, in welcher Form und mit welchen Nachweisen ein Antrag auf Fristverlängerung zu stellen ist. Aus Nachweisgründen ist eine Verschriftlichung (textlich oder schriftlich) empfehlenswert.

 

Einzelne Bundesländer stellen Formulare bereit. Eine Übersicht, sortiert nach Bundesland, befindet sich im Elster-Portal (https://www.elster.de/eportal/formulare-leistungen/alleformulare/sterlcovid). Der Antrag kann auch elektronisch über Elster gestellt werden, und zwar in der Rubrik „Anträge, Einspruch und Mitteilungen“.

 

Für wie lange kann die Frist verlängert werden?

Die Fristverlängerung beträgt maximal zwei Monate.

 

Wie lange gilt die Regelung?

Das BMF-Schreiben gilt zunächst unbefristet und ist nicht auf einzelne Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume beschränkt. Es ist nur sachlich auf die Corona-Krise begrenzt. Es gilt deshalb, vorbehaltlich einer Aufhebung, solange Arbeitgeber durch die Corona-Krise beeinträchtigt sind.

Welche Alternativen haben Arbeitgeber?

Bei Arbeitgebern, bei denen kein Grund für eine Fristverlängerung vorliegt und die die Lohnsteuer-Anmeldung verspätet abgeben, sehen die Finanzämter bis auf weiteres von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen ab (BMF, FAQ „Corona“ [Steuern] vom 06.05.2020, Abruf-Nr. 215754). Die verspätete Abgabe erfüllt aber den Tatbestand einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 4 AO); sie sollte deshalb keinesfalls vorsätzlich in Betracht gezogen werden.

 

Bei Liquiditätsengpässen kann ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO) gestellt werden. Dies bedeutet, dass die Lohnsteuer-Anmeldung unverändert abzugeben ist und die Steuern fällig werden, die Vollstreckung aber einstweilen eingestellt wird.

 

Bei Arbeitgebern, die durch die Corona-Krise unmittelbar und nicht unerhebliche wirtschaftliche Schäden erleiden, kann längstens bis zum 31.12.2020 von der Vollstreckung rückständiger oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdender Steuern (u. a. Lohnsteuer) abgesehen werden (BMF, FAQ „Corona“ [Steuern]). In den Fällen können auch die zwischen dem 19.03.2020 und längstens dem 31.12.2020 kraft Gesetzes verwirkten Säumniszuschläge erlassen werden.

 

PRAXISTIPPS |

  • Arbeitgeber sollten den Antrag auf Vollstreckungsaufschub aus Nachweisgründen textlich stellen. Dabei sollten sie darlegen, welche Umstände aufgrund der Corona-Krise den Vollstreckungsaufschub erforderlich machen. Sie können das Finanzamt über das Elster-Portal in der Rubrik „Anträge, Einspruch und Mitteilungen“ durch eine „Sonstige Nachricht an das Finanzamt“ kontaktieren. Das Formular „Steuererleichterungen aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus“ kann derzeit nur mit einer Steuernummer aus Baden-Württemberg oder Bayern übermittelt werden.
  • In der Lohnsteuer-Anmeldung kann für einzelne Anmeldezeiträume die Lastschrifteinzugsermächtigung widerrufen werden. Sicherheitshalber kann das Häkchen (Kz. 26) gesetzt werden, wenn Arbeitgeber eine Abbuchung aussteuern wollen.
  • Eine Stundung der Lohnsteuer (mit Ausnahme der pauschalierten Lohnsteuer) ist ausgeschlossen (§ 222 S. 3 AO).
 
Quelle: Seite 94 | ID 46586261