· Fachbeitrag · Lohnzahlungen Dritter
Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen lohnsteuerlich richtig behandeln
von StB Dipl.-Finw. (FH) Susanne Weber, WTS Steuerberatungsges. mbH, München
| Viele Unternehmen haben Programme eingeführt, um Kundenbeziehungen dauerhaft zu stärken und die Kunden an sich zu binden und so aus Kunden Stammkunden zu machen. Mittel hierzu können z. B. die Ausgabe von Bonuskarten, Prämien für Freundschaftswerbung („Kunden werben Kunden“) oder Programme zum Sammeln von Bonuspunkten sein. Erfahren Sie nachfolgend, wann das Sammeln bzw. das Einlösen von Bonuspunkten aus Kundenbindungsprogrammen lohnsteuerliche Konsequenzen hat. |
Sammeln im Privatbereich
Im Privatbereich sind Bonuspunkte aus einem Kundenbindungsprogramm und Prämien aus (Neu-)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen zu unterscheiden.
Bonuspunkte
Nimmt ein Arbeitnehmer als Privatperson an einem Kundenbindungsprogramm teil, führt dies im Regelfall nicht zu steuerpflichtigen Einkünften. Privat erworbene Bonuspunkte gehören zur steuerlich nicht relevanten privaten Lebensführung. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Bonuspunkte in Sachprämien getauscht werden.
Prämien als Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit
Der Erhalt von Prämien aus (Neu-)Kundenwerbungsprogrammen und Vertragsneuabschlüssen führt u. E. zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG (vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG § 22 ABC der sonstigen Leistungen ‒ Stichwort „Vermittlung“). Solche Einkünfte muss der Empfänger nicht versteuern, wenn sie im Kalenderjahr 256 Euro nicht übersteigen. Ist diese Freigrenze überschritten, muss der Empfänger die gesamten Einkünfte in seiner Steuererklärung angeben.
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Privatperson P erhält 75 Euro Prämie aus dem (Neu-)Kundenwerbungsprogramm „Kunden werben Kunden“ im Jahr 2019. Die 75 Euro sind steuerfrei, wenn P die Freigrenze von 256 Euro jährlich zusammen mit anderen Prämien nicht überschreitet. |
Wichtig | Die Prämien sind im Regelfall Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit. Daher scheidet eine Pauschalversteuerung nach § 37b Abs. 1 EStG durch den Zuwendenden mangels Zusätzlichkeit zur vereinbarten Leistung oder Gegenleistung aus. Diese Auffassung vertritt auch das BMF (Schreiben vom 28.06.2018, Az. IV C 6 ‒ S 2297-b/14/10001, Abruf-Nr. 202074).
Sammeln im beruflichen Bereich
Andere Regeln gelten, wenn ein Arbeitnehmer beim Bezahlen von beruflichen Auslagen an einem Kundenbindungsprogramm teilnimmt. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn er bei einem beruflichen Flug seine „Miles-and-More“-Karte oder beim Betanken des Firmenwagens eine Bonuskarte der Tankstelle oder eines Dritten (z. B. Payback) vorlegt.
Beruflich erworbene Prämien stehen Arbeitgeber zu
Laut BAG stehen die Vorteile aus dem Miles and More-Programm der Lufthansa nach § 667 Alt. 2 BGB dem Arbeitgeber zu. Das setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit einer Flugreise beauftragt und diese auch bezahlt (BAG, Urteil vom 11.04.2006, Az. 9 AZR 500/05, Abruf-Nr. 061174).
Stehen dem Arbeitgeber die Vorteile zu, kann er entscheiden, ob der Arbeitnehmer dienstlich erworbene Bonuspunkte oder Prämien
- wieder dienstlich einsetzen muss (z. B. für Freiflüge oder Upgrades oder für Auswärtstätigkeiten). In dem Fall liegt ‒ mangels privater Verwendung ‒ kein lohnsteuerpflichtiger geldwerter Vorteil vor.
- privat verwenden darf. Dann wendet er dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zu.
Wichtig | Die Details zur lohnsteuerlichen Behandlung von solchen Sachverhalten hat das Bayerische Landesamt für Steuern (BayLfSt, Verfügung vom 22.11.2018 Az. S 2297a.2.1-5/1 St36, Abruf-Nr. 208236) geregelt.
Steuerliche Relevanz der Prämien
Laut BayLfSt sind Ansprüche auf Sachprämien aus Flügen nicht steuerlich relevant, wenn die Flüge zwar vom Arbeitgeber bestellt und bezahlt wurden, beim Arbeitnehmer aber als geldwerter Vorteil zu versteuern sind. Das ist etwa bei einer Incentive-Reise der Fall.
Steuerlich relevant sind die Ansprüche auf Sachprämien, wenn der Flug oder die Zugfahrt dem Arbeitnehmer steuerfrei erstattet wurde, z. B. bei Dienstreisen. In dem Fall werden die Prämien als geldwerter Vorteil angesehen, wenn sie in den privaten Bereich des Arbeitnehmers fließen. Die gewährten Preisvorteile sind als Arbeitslohn von dritter Seite zu versteuern. Denn der Arbeitgeber hat durch die Beschaffung bzw. Bezahlung der Tickets an der Verschaffung dieser Preisvorteile aktiv mitgewirkt.
Wichtig | Der geldwerte Vorteil fließt dem Arbeitnehmer erst zu, wenn die Punkte in Prämien eingelöst werden, und nicht schon beim Sammeln der Punkte.
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Arbeitnehmer A sammelt mit seiner Miles-and-More-Karte auf beruflichen Flügen Prämienmeilen. Sein Arbeitgeber hat ihm erlaubt, diese privat zu verwenden. A löst sein Guthaben für einen Freiflug für die private Urlaubsreise ein. Mit der Einlösung fließt ihm ein geldwerter Vorteil als Arbeitslohn von dritter Seite zu. |
Verbotene Privatnutzung der dienstlich erworbenen Prämien
Nutzt der Arbeitnehmer unerlaubterweise dienstlich erworbene Prämien für private Zwecke, führt dies nicht zu Arbeitslohn. Denn es fehlt an einer (gewollten) Zuwendung des Arbeitgebers für eine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Stellt der Arbeitgeber die verbotene Privatnutzung der dienstlich erworbenen Prämien aber fest und verzichtet er darauf, den Wert der Prämie vom Arbeitnehmer zurückzufordern, wendet er dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Forderungsverzichts steuerpflichtigen Arbeitslohn zu.
Steuerfreiheit der Prämien ‒ Steuerfreibetrag von 1.080 Euro
Für Sachprämien, bei denen durch die private Verwendung von im beruflichen Bereich erlangten Prämienpunkten lohnsteuerpflichtige geldwerte Vorteile entstehen, lässt sich folgende Steuerfreiheit nutzen: Sachprämien, die der Arbeitnehmer für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, gehören zu den steuerfreien Einnahmen, wenn die Prämien
- einen Wert von 1.080 Euro nicht übersteigen und
- in einem jedermann zugänglichen, planmäßigen Verfahren gewährt werden, das zum Zweck der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr durchgeführt wird (§ 3 Nr. 38 EStG).
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Ein Arbeitnehmer darf seine aus dem Bahn-Bonusprogramm auf beruflichen Fahrten erworbenen Bonuspunkte privat verwenden. Es handelt sich um einen geldwerten Vorteil, weil die Bonuspunkte beruflich verdient sind. Dieser Vorteil ist bis zu einem Betrag von jährlich 1.080 Euro lohnsteuerfrei. |
Persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen
Voraussetzung nach § 3 Nr. 38 EStG ist, dass die Sachprämie auf der persönlichen Inanspruchnahme von Dienstleistungen des die Prämie gewährenden Unternehmens beruht. Der Arbeitnehmer muss also die Dienstleistung selbst in Anspruch genommen haben. Unerheblich ist, wenn der Arbeitgeber Vertragspartner des Dienstleistungsvertrags war.
Sachprämien
Die Steuerbefreiung betrifft nur Sachprämien. Sachprämien sind nicht nur Gegenstände, sondern auch Dienstleistungen, wie z. B. Freiflüge oder Freifahrten. Nicht nach § 3 Nr. 38 EStG begünstigt sind Geldprämien ebenso wenig wie Prämien, die sich als Preisnachlass, Skonto, Rabatt oder Rückvergütung darstellen. Darüber hinaus muss die Gewährung der Sachprämien Gegenstand eines Kundenbindungsprogramms sein, das im allgemeinen Geschäftsverkehr jedermann zugänglich ist.
Freibetrag von 1.080 Euro
Der Freibetrag von 1.080 Euro ist als Jahresbetrag zu verstehen. Nimmt der Arbeitnehmer an verschiedenen Kundenbindungsprogrammen teil, sind die verschiedenen steuerpflichtigen Prämien zusammenzurechnen.
Meldung des Arbeitnehmers in bestimmten Fällen
Ein Arbeitnehmer, der im Rahmen eines solchen Programms beruflich erworbene Prämien für private Zwecke einsetzen darf, muss daher prüfen, ob er den Freibetrag von 1.080 Euro im Kalenderjahr überschreitet. Sollte dies der Fall sein, ist er verpflichtet, seinen Arbeitgeber über den Wert der erhaltenen Prämien zu informieren, damit der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug vornehmen kann (§ 38 Abs. 4 S. 3 EStG).
Die Meldung kann nur unterbleiben, wenn das Prämien gewährende Unternehmen von der Pauschalierungsmöglichkeit des § 37a EStG Gebrauch macht und dadurch die Einkommensteuer für den Empfänger abgilt.
Pauschalversteuerung der Prämien nach § 37a Abs. 1 EStG
Übersteigt der geldwerte Vorteil den steuerfreien Jahresbetrag von 1.080 Euro, kann das Unternehmen, das die Sachprämien im Sinne des § 3 Nr. 38 EStG gewährt, den Wert pauschal versteuern anstelle der individuellen Lohnversteuerung beim Arbeitnehmer (§ 37a Abs. 1 EStG). Dafür gilt ein Steuersatz von 2,25 Prozent (zzgl. Solidaritätszuschlag und pauschaler Kirchensteuer). Nach § 37a EStG pauschal versteuerte Sachprämien sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 13 SvEV beitragsfrei in der Sozialversicherung.
Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage für die Pauschalversteuerung ist der Gesamtwert der Prämien, die im Inland ansässigen Kunden zufließen (§ 37a Abs. 1 S. 2 EStG).Unerheblich ist, ob die Prämien beim Empfänger steuerpflichtige Einnahmen darstellen. Damit werden auch Prämien, die den Freibetrag nach § 3 Nr. 38 EStG nicht übersteigen, in die Bemessungsgrundlage einbezogen.
Information der Empfänger bei Pauschalbesteuerung
Das die Sachprämien gewährende Unternehmen muss die pauschale Einkommensteuer übernehmen. Und es muss die Prämienempfänger von der Steuerübernahme unterrichten (§ 37a Abs. 2 in Verbindung mit § 40 Abs. 3 EStG). Nimmt der Arbeitgeber die entsprechende Bescheinigung zum Lohnkonto, muss er lohnsteuerlich nichts weiter unternehmen.
Antrag beim Betriebsstättenfinanzamt
Die Pauschalierung nach § 37a EStG ist antragsabhängig. Sprich: Das für das prämiengewährende Unternehmen zuständige Betriebsstättenfinanzamt muss die Pauschalierung ausdrücklich genehmigen.
Eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung des Unternehmens, das die Pauschalbesteuerung durchführt, mit dem Unternehmen, das die Dienstleistung erbringt und bonifiziert, ist nicht erforderlich.
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Der Arbeitnehmer legt beim Betanken seines Dienstwagens eine Punktekarte eines Drittanbieters vor. Auch wenn die Tankstelle und der Bonusprogrammanbieter keine verbundenen Unternehmen sind, ist die Pauschalierung der ausgegebenen Prämien grundsätzlich möglich. |
Anwendung der Pauschalversteuerung nach § 37a EStG
Ob die ausgegebenen Prämien nach § 37a EStG pauschal versteuert werden, ist vom Prämien gewährenden Unternehmen abhängig. Nicht alle Unternehmen, die Kundenbindungsprogramme anbieten, nutzen auch die Pauschalierungsmöglichkeit. Nach unserer Kenntnis gilt dies z. B. für die im Rahmen des Bonusprogramms der Deutschen Bahn ausgegebenen Prämien. Hier muss der Mitarbeiter daher zunächst den Freibetrag von 1.080 Euro prüfen. Sollte dieser überschritten sein, muss er den übersteigenden Wert seinem Arbeitgeber mitteilen, damit dieser die Lohnversteuerung vornehmen kann.
Die Finanzverwaltung (OFD Frankfurt) führt eine bundesweite Übersicht über diejenigen Unternehmen, die am Pauschalierungsverfahren nach § 37a EStG teilnehmen oder selbst Prämien im Rahmen von Kundenbindungsprogrammen anbieten. Leider wird diese Liste den Steuerpflichtigen nicht zugänglich gemacht. Ein Arbeitnehmer, der dienstlich erworbene Bonuspunkte für private Zwecke nutzen will, muss sich daher in den entsprechenden Teilnahmebedingungen informieren.
Inanspruchnahme von Dienstleistungen
§ 3 Nr. 38 und § 37a EStG sind nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf Dienstleistungen beschränkt. Die Finanzverwaltung lässt die Anwendung der Vorschriften aber auch zu, wenn der Arbeitnehmer im Auftrag des Arbeitgebers Waren bezieht und
- der Erwerb der Waren keine prägende Wirkung auf das Kundenbindungsprogramm hat oder
- der Erwerb der Waren nicht überwiegend im betrieblichen/beruflichen Bereich stattfindet.
Es gibt auch Fälle, in denen Kundenbindungsprogramme an den Verkauf von Waren anknüpfen (z. B. Erwerb von Bonuspunkten beim Tanken mit Tankkarte) und dem Arbeitnehmer nicht nur die Ware über seinen Arbeitgeber zufließt, sondern in entsprechendem Umfang auch ein Anspruch auf eine Sachprämie. Hier muss das Vorliegen von Drittlohn geprüft werden.
Verhältnis § 37b EStG zu § 37a EStG
§ 37b EStG und § 37a EStG schließen sich aus. Bei Kundenbindungsprogrammen steht von vornherein fest, dass neben der Dienstleistung Bonuspunkte gutgeschrieben werden, die in Prämien eingelöst werden können. Damit werden die Bonuspunkte Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmers. Sie werden nicht zusätzlich zur vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht. Die Pauschalierung nach § 37b Abs. 1 EStG bei Kundenbindungsprogrammen ist also nicht zulässig.

Weiterführender Hinweis
- Übersicht „Bonus-/Prämienprogramme und die Lohnsteuer“ auf lgp.iww.de → Abruf-Nr. 46053265