· Materialkosten
Berechenbare Materialien nach der GOZ

von Dental-Betriebswirtin Birgit Sayn, ZMV, sayn-rechenart.de
| Täglich werden bei der Patientenbehandlung die unterschiedlichsten Materialien verwendet. Doch welche Materialien sind gesondert als Verbrauchsmaterial berechenbar und welche sind mit der Gebühr der erbrachten Leistung abgegolten? Dieser Beitrag zeigt auf, wie Sie die Materialkostenberechnung souverän, korrekt und ohne Geldverlust umsetzen. |
Materialkosten für Leistungen in GOZ und GOÄ
Laut § 4 Abs. 3 Satz 1 GOZ sind mit den Gebühren für die zahnärztlichen Leistungen die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, den Sprechstundenbedarf, die Anwendung von Instrumenten und Apparaten sowie für Lagerhaltung abgegolten, soweit nicht im Gebührenverzeichnis etwas anderes bestimmt ist. Ausnahmen davon sind entweder in den Allgemeinen Bestimmungen der GOZ, im Leistungstext einzelner Gebührenziffern, vom GOZ-Beratungsforum oder gemäß § 6 Abs. 1 GOZ (Analogberechnung) unter Einbezug von Einmalmaterialien definiert.
Materialkosten und Auslagen gemäß § 10 GOÄ kann der Zahnarzt nur dann berechnen, wenn sie für eine in der GOÄ aufgeführte Leistung entstanden sind, auf die der Zahnarzt gemäß § 6 Abs. 2 GOZ zugreifen darf. Eine Anwendung des § 10 GOÄ kommt für zahnärztliche Leistungen, die auf Grundlage der GOZ berechnet wurden, nicht in Betracht.
Nicht berechnungsfähige Materialien
Werden die benötigten allgemeinen Materialien im Gebührenverzeichnis nicht als berechnungsfähig erwähnt, können diese in der Regel auch nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Grundsatzurteil zum Auslagenersatz vom 27.05.2004 klargestellt (Az. III ZR 264/03).
In den Allgemeinen Bestimmungen der GOZ ist in den Abschnitten D (Chirurgie), E (Parodontologie) und K (Implantologie) definiert, welche chirurgischen Materialien berechenbar sind. Einmalmaterialien, die weder in den Allgemeinen Bestimmungen noch bei einer Gebührenziffer als berechenbar erwähnt sind, können Patienten daher nicht weiterberechnet werden. Nicht berechenbar sind z. B. OP-Handschuhe, Infusionsbesteck, Mundschutz, OP-Abdeckset, OP-Haube, OP-Kleidung, OP-Maske, OP-Schlauchset, OP-Tücher (für Instrumente/Geräte/Einheit), Schlauchhüllen, Skalpell/-klingen, Kochsalz- und Ringerlösung.
Die Kosten für derartige Verbrauchsmaterialien werden seit 2012 durch die OP-Zuschläge nach den Nrn. 0500 bis 0530 GOZ abgedeckt. Sie sind jedoch nur zu definierten Gebührenziffern (siehe Abschnitt L der GOZ) ansatzfähig.
Berechenbare Verbrauchsmaterialien
Wenn ein Material laut Allgemeiner Bestimmungen der GOZ-Abschnitte A‒L oder aufgrund der Bestimmungen zu einzelnen Gebührenziffern berechenbar ist, kann dies an Patienten weitergereicht werden. Die folgende Tabelle enthält Angaben zu berechenbaren Verbrauchsmaterialien der GOZ. Zum besseren Verständnis werden bei einigen Materialien beispielhaft Produkte genannt.
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GOZ | Kurzform Leistungsbeschreibung | Berechnungsfähige Materialien |
A. Allgemeine zahnärztliche Leistungen | Abformmaterialien | |
0080 | Oberflächenanästhesie | Oraqix® (Beratungsforum, Beschluss Nr. 11) |
0090 | Infiltrationsanästhesie | Anästhetikum |
0100 | Leitungsanästhesie | Anästhetikum |
C. Konservierende Leistungen | ||
2030 | Besondere Maßnahmen beim Präparieren/Füllen | Zumutbarkeitsgrenze prüfen*:
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2195 | Schraubenaufbau oder Glasfaserstift | Schraube, Glasfaserstift oder ähnliches Stiftsystem |
2250 | Konfektionierte Krone in Pädiatrie | Konfektionierte Krone |
2260 | Provisorium ohne Abformung | Konfektioniertes Provisorium |
2270 | Provisorium mit Abformung | Konfektioniertes Provisorium |
2410 | Aufbereitung eines Wurzelkanals | Einmal verwendbare Nickel-Titan-Instrumente |
2440 | Wurzelfüllung |
(Beratungsforum, Beschluss Nr. 11) |
D. Chirurgische Leistungen | ||
Materialbeispiele: | ||
Bio-Oss®, BoneCeramicTM, Nanobone® | Knochenersatzmaterial | |
Knochenwachs, Thrombo-Tuffon®, Gelastypt®, Tabotamp®, Lyostypt®, Tissucol®, Beriplast®, Stypro®, TachoSil®, HemCon, Gelatamp |
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Membran: Bio-Gide®, Parasorb Resodont®, Cytoplast™ RTM Collagen | Material zur Geweberegeneration | |
Knochenwachs, Kollagenvlies, Thromo-Tuffon®, Tissucol Fibrinkleber, Histoacryl N Blau | Materialien zum Schutz wichtiger anatomischer Strukturen, z. B. Nerven | |
Prolene®, Mersilene®,Seralene®, Reorba® | Atraumatisches Nahtmaterial | |
Einmal-Explantationsfräsen | ||
3110 | Resektion Wurzelspitze Frontzahn | Konfektionierte apikale Stiftsysteme |
3120 | Resektion Wurzelspitze Seitenzahn | |
3160 | Transplantation Zahn | Zumutbarkeitsgrenze* prüfen
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3260 | Freilegen retinierter oder verlagerter Zahn | |
E. Leistungen bei Erkrankung der Mundschleimhaut und des Parodontiums | ||
Materialbeispiele siehe Abschnitt D |
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4025 | Subgingivale Lokalapplikation | Z. B. Chlorhexamed-Gel, Perio-Chip®, Ligosan®, Kamillosan® Salbe, Kamistad®-Gel |
4110 | Auffüllen parodontaler Knochendefekte
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4138 | Verwendung Membran |
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G. Kieferorthopädische Leistungen | ||
6100 | Eingliederung Klebebrackets | Mehrkosten zu Standardmaterialien, z. B. Keramikbrackets |
6120 | Eingliederung eines Bandes zur Aufnahme orthodontischer Hilfsmittel | Mehrkosten zu Standardmaterialien |
6140 | Eingliederung Teilbogen | Mehrkosten zu Standardmaterialien, z. B. Memory-Bögen |
6150 | Eingliederung eines ungeteilten Bogens | |
6160 | Eingliederung einer intra-/extraoralen Verankerung | Z. B. Headgear, Delaire-Maske, Lipbumper, Nackenpolster, Intra- und extraorale Verankerung |
6170 | Eingliederung Kopf-Kinn-Kappe | Kopf-Kinn-Kappe |
6200 | Eingliedern von Hilfsmitteln | Z. B. konfektionierte Mundvorhofplatten |
H. Eingliederung von Aufbissbehelfen und Schienen | ||
7070 | Semipermanente Schiene | Zumutbarkeitsgrenze prüfen*: Kunststoff, Glasfaserstreifen |
J. Funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen | ||
8010 | Zentrikregistrat | Bissregistriermaterial |
K. Implantologische Leistungen | ||
Definitive und temporäre Implantate | Implantate | |
Z. B. Verschlussschrauben/-kappen, Gingiva-/Sulcusformer, Abformelemente, Laborimplantate, Abutments, Befestigungsschrauben | Implantatteile | |
Materialbeispiele siehe Abschnitt D |
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9005 | Verwenden 3D-Bohrschablone | Fixierungselemente |
9040 | Freilegung Implantat | Gingiva-/Sulcusformer |
9090 | Entnahme und Implantation von Knochen | Einmal-Knochenkollektor, Einmal-Knochenschaber (Beispiele siehe Nr. 4110 GOZ) |
9150 | Fixation oder Stabilisierung des Augmentats durch Osteosynthesemaßnahmen | Material zur Geweberegeneration, z. B. Bone block Fixation, Bone-Fixations-Set |
* Bei bestimmten Leistungen aus der GOZ kommt es vor, dass die Materialkosten höher ausfallen als die Vergütung der Leistung im 1,0-fachen Gebührensatz. In solchen Situationen greift die sog. Zumutbarkeitsgrenze, die Materialkosten sind berechnungsfähig.
Besonderheiten bei der Materialberechnung
Bei der Materialberechnung sind noch weitere Besonderheiten zu beachten, insbesondere die zu den folgenden vier Aspekten:
1. Material zur Herstellung von Provisorien
Die Herstellung von direkten Provisorien ist jeweils mit den Gebühren nach den Nrn. 2270, 5120 und 5140 GOZ abgegolten. Doch wie steht es um die Berechenbarkeit für das Material zur Herstellung von Provisorien? Dazu eine Berechnungsempfehlung des GOZ-Ausschusses der Landeszahnärztekammer (LZK) Baden-Württemberg vom 02.04.2014: „Zur Herstellung von Provisorien ist mit Kunststoffmaterial zunächst eine Abformung erforderlich. Daher kann das dabei verwendete Material (§ 4 Abs. 3 GOZ) auf der GOZ-Liquidation berechnet werden mit dem Hinweis ‚Abformmaterial für Provisorien‘“. Eine explizite bundeseinheitliche Mitteilung oder BGH-Entscheidung zu diesem Thema liegt allerdings nicht vor, sodass auf die regionale Meinung von KZV und Zahnärztekammer (ZÄK) zu achten ist.
2. Material für Bissabformung
Nach den „Allgemeinen Bestimmungen“ in Teil A der GOZ sind nach Ziffer 2 die bei Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis verwendeten Abformungsmaterialien gesondert berechnungsfähig. Erfolgt eine Bissabformung beispielsweise mit Ramitec®, handelt es sich zweifelsfrei um ein „Abformmaterial“. Das Produkt kann als Handmischvariante oder zum automatischen Anmischen und Dosieren im Pentamix-Gerät verwendet werden.
Auch Futar D® ist ein Abformmaterial zur Bissregistrierung. Dazu eine Berechnungsempfehlung des GOZ-Ausschusses der LZK BW vom 02.04.2014 (Auszug): „Zur Bissregistratherstellung ist eine Abformung erforderlich. Das dabei verwendete Material (§ 4 Abs. 3 GOZ) kann auf der GOZ-Liquidation berechnet werden mit dem Hinweis ‚Kauflächenabformmaterial zur Herstellung eines Bissregistrats‘“. Zu diesem Thema gibt es derzeit keine explizite bundeseinheitliche Mitteilung oder eine BGH-Entscheidung, sodass auf die regionale Meinung von KZV und ZÄK zu achten ist.
3. Beschluss Nr. 11 des GOZ-Beratungsforums: berechenbare Materialien
Das Beratungsforum zu Gebührenordnungsfragen ‒ besetzt mit Vertretern der BZÄK, dem PKV-Verband und den Beihilfestellen ‒ hat unter Berücksichtigung des BGH-Urteil vom 27.05.2004 (Az. III ZR 264/03), die Berechnung der Materialkosten von Oraqix® (Nr. 0080 GOZ), Harvard MTA OptiCaps® und ProRoot MTA® (Nr. 2440 GOZ) mit Beschluss-Nr. 11 als gesondert berechnungsfähig erklärt. Grundlage dieser Entscheidung ist die aus dem Urteil abgeleitete Zumutbarkeitsgrenze, auf die in PA 04/2021 detaillierter eingegangen wird.
4. Material bei Analogberechnung
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 GOZ können selbstständige zahnärztliche Leistungen, die nicht im Gebührenverzeichnis aufgenommen worden sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses der GOZ berechnet werden. Die Bestimmung stellt auf die zahnärztliche Leistung ab, Materialkosten werden nicht erwähnt.
PRAXISTIPP | Sind Leistungen im Gebührenverzeichnis der GOZ nicht enthalten, können die dafür benötigten Verbrauchsmaterialien nicht als gesondert berechnungsfähig vorgesehen sein. Es ist bisher gerichtlich nicht geklärt, ob und wie eine Berechnung von Materialkosten bei der Analogabrechnung möglich ist. Daraus folgt die Empfehlung: Berücksichtigen Sie bereits bei der Auswahl der Analogleistung die Kosten für Verbrauchsmaterialien und verzichten Sie auf deren gesonderte Berechnung. |
Die Kosten für Verbrauchsmaterial bei im Gebührenverzeichnis nicht beschriebenen Leistungen sollten daher bei der Auswahl einer geeigneten Analoggebühr kalkulatorisch berücksichtigt werden. Vertretbar ist auch, dass es auf die gewählte Analogziffer ankommt. Lässt deren Position bzw. die Abrechnungsbestimmung(en) dazu die gesonderte Berechnung von Materialkosten zu, sollten Kosten auch bei der Analogabrechnung anzusetzen sein.
Wenn eine gesonderte Berechnungsfähigkeit jedoch nicht gegeben ist, sind die Materialkosten ‒ wie oben dargestellt ‒ bei Auswahl der Analogziffer in der Höhe zu berücksichtigen. Das GOZ-Referat der ZÄK Berlin teilt dazu mit (Stand 04.02.2016): „Sind Leistungen im Gebührenverzeichnis der GOZ nicht enthalten, können selbstverständlich auch die dafür verbrauchten Materialien dort nicht als gesondert berechnungsfähig erwähnt sein. Die Kosten für Verbrauchsmaterial bei im Gebührenverzeichnis nicht beschriebenen Leistungen müssen daher, dem vom BGH ausdrücklich betonten Abgeltungsgrundsatze folgend, bei der Auswahl einer geeigneten Analoggebühr kalkulatorisch berücksichtigt werden.“
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In der GOZ ist keine Verbreiterung der befestigten Schleimhaut als Therapie enthalten. Mit Blick auf die GOÄ findet sich zwar die Nr. Ä2442 (Implantation alloplastischen Materials zur Weichteilunterfütterung, als selbstständige Leistung), allerdings handelt es sich in diesem Fall nicht um eine Weichteilunterfütterung. Daher erfolgt eine Berechnung gemäß § 6 Abs 1 GOZ (Analogberechnung), die in erster Linie nach der GOZ umzusetzen ist. Beispiel: „xxxxa [Ausgewählte Gebührenziffer GOZ eingeben] Verbreiterung der befestigen Schleimhaut mit mucoderm® Kollagenmatrix inkl. Material und Versandkosten entsprechend Geb. Nr. [Text der ausgewählten Gebührenziffer eingeben].“ |
Ein anderes Problem zeigt sich beim Einpreisen der Kosten für das Verbrauchsmaterial: Es findet im Hinblick auf § 6 Abs. 1 GOZ keine klare Abgrenzung zwischen zahnärztlicher Leistung (Honorar) und den enthaltenen Kosten für das Verbrauchsmaterial statt. Zudem wird die Nachvollziehbarkeit von Materialeinkauf und Weitergabe erschwert, sodass es bei Prüfungen in Bezug auf das Antikorruptionsgesetz nach § 299a Strafgesetzbuch (StGB) zu erheblichem Zeitaufwand kommen kann, wenn über einen gewissen Zeitraum bei vielen Analogleistungen Materialien eingepreist wurden.
Weiterführende Hinweise
- In PA 04/2021 wird beleuchtet, wie Sie mit der Zumutbarkeitsgrenze bei Materialkosten im Praxisalltag umgehen sollten, damit Ihnen kein Honorar entgeht.
- Ist Material für eine Bissabformung berechenbar? (PA 04/2018, Seite 15)