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· Fachbeitrag · Mieter des Monats

Der verlorene Wohnungsschlüssel

von Axel Wetekamp, RiAG a. D., München

| Was passiert, wenn ein Mieter seine Schlüssel für das Mietshaus verliert? Welche Kosten muss er tragen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der folgende Beitrag. |

 

  • Der Fall

Mieter M. wohnt in einem Mehrfamilienhaus mit 20 Mietparteien. Das Haus ist mit einer Schließanlage ausgestattet. Die Schlüssel dieser Anlage sperren die Hauseingangstür, die Wohnungstür und die Tür zur Tiefgarage. M., schon immer etwas zerstreut, findet eines Tages seinen Schlüsselbund für die Schließanlage nicht mehr. Er kann nicht einmal sagen, wo er ihn verloren hat. Er meldet den Verlust dem Vermieter V., der ankündigt, dass nun die gesamte Schließanlage mit Kosten von etwa 2.000 EUR ausgetauscht werden müsse.

 

M. meint, dass der Schlüssel so „wertvoll“ sei, habe er nicht gewusst. V. hätte ihn beim Abschluss des Mietvertrags darauf hinweisen müssen. Außerdem bestünde keine Missbrauchsgefahr, da der Schlüssel keinem bestimmten Haus zuzuordnen sei. V. meint, er müsse seine Mieter nicht auf alle Gefahren und Kosten hinweisen, die in einem Mietverhältnis entstehen können. V. übersendet M. einen Kostenvoranschlag und fordert ihn auf, zu zahlen. M. weigert sich. Zu Recht?

 

1. Nebenpflichten des Mieters

Neben die Hauptpflicht des Mieters, die vereinbarte Miete zu zahlen, treten Nebenpflichten. Hierzu zählt z. B. eine vertraglich wirksam vereinbarte Pflicht, Schönheitsreparaturen in den Mieträumen auszuführen. Eine wichtige Nebenpflicht des Mieters ist die Obhutspflicht, wozu z. B. die Pflicht zählt, die Mieträume, soweit erforderlich, zu beheizen, um ein Einfrieren von Heizkörpern und Leitungen zu verhindern. Ebenso muss der Mieter ihm überlassene Wohnungsschlüssel ordnungsgemäß verwahren und einen Verlust mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verhindern, § 276 BGB.

2. Verlust von Schlüsseln einer Schließanlage

Verliert ein Mieter Schlüssel, die zu einer Schließanlage gehören, stellt sich die Frage, unter welchen Umständen und in welchem Umfang er hierfür haftbar gemacht werden kann. Tatsächlich ist es so, dass die abstrakte Gefährdung, die durch den Verlust von Schlüsseln einer Schließanlage eintritt, noch nicht zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Mieter führt. Ein Schadenersatzanspruch soll aber infrage kommen, wenn die konkrete Gefahr des Missbrauchs der Schlüssel besteht (BGH 5.3.14, VIII ZR 205/13, Abruf-Nr. 140857).

 

Macht der Mieter geltend, dass eine Gefahr des Missbrauchs nicht besteht, ist er hierfür darlegungs- und beweispflichtig. Allein die Angabe, dass die Schlüssel nicht gekennzeichnet sind und der Mieter nicht wisse, wo er sie verloren hat, dürfte nicht genügen, um die Gefahr des Missbrauchs auszuräumen. Macht der Mieter z. B. geltend, dass die Schlüssel ins Wasser eines Flusses oder Sees gefallen sind, muss er hierfür ggf. den Beweis antreten.

3. Umfang des Schadenersatzanspruchs

Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass bei einer erweiterbaren Schließanlage in jedem Fall nur die Kosten für ein neues Schloss an der Wohnungstür des betroffenen Mieters und für die entsprechenden Schlüssel verlangt werden können. Eine erweiterbare Schließanlage liegt vor, wenn die Anlage um ein weiteres Schloss erweitert werden kann, dessen Schlüssel für die weiteren Schlösser passen, die Teil der Schließanlage sind (LG München I GE 20, 930). Hierbei stellt sich die Frage, ob die Gefahr, die in diesem Fall darin besteht, dass ein Finder der Schlüssel immerhin das Schloss für die Hauseingangstüre bedienen kann, nicht für den Schadenersatzanspruch ausreicht, wenn die Missbrauchsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Bei einer nicht erweiterbaren Schließanlage steht das LG München I (a. a. O.) auf dem Standpunkt, dass kein Anspruch des Vermieters auf Austausch der Schließanlage besteht, wenn der Mieter bei Vertragsschluss nicht auf die erheblichen Kosten bei Schlüsselverlust hingewiesen worden ist.

 

MERKE | Kommt ein Austausch der Schließanlage in Betracht, genügt es nicht, wenn der Vermieter dem Mieter einen Kostenvoranschlag zukommen lässt. Der Austausch muss tatsächlich vorgenommen werden (BGH, a. a. O.).

 

4. Vertragliche Vereinbarungen

Enthält ein Wohnungsmietvertrag die Regelung „Kommt der Mieter seiner Verpflichtung zur Rückgabe sämtlicher Schlüssel bei Beendigung des Mietverhältnisses nicht nach, ist der Vermieter berechtigt, auf Kosten des Mieters Ersatzschlüssel zu beschaffen oder neue Schlösser einzubauen“, ist diese Vereinbarung unwirksam, da dem Mieter hierdurch eine verschuldensunabhängige Haftung auferlegt wird (LG Berlin ZMR 00, 536).

 

PRAXISTIPP | Vermietern ist also zu empfehlen, die Formulierung „durch schuldhaftes Verhalten“ nach den Worten „Kommt der Mieter“ einzufügen.

 

Die Formulierung: „Der Mieter wird darauf hingewiesen, dass im Haus eine nicht erweiterbare Schließanlage eingebaut ist, deren Austausch bei Schlüsselverlust durch schuldhaftes Verhalten erhebliche Kosten verursacht“, ist wirksam und im Hinblick auf einen möglichen Schadenersatzanspruch des Vermieters bei Vorliegen der entsprechenden Umstände zu empfehlen.

Quelle: Seite 227 | ID 46950970