· Fachbeitrag · Mietrecht
Was tun mit der Mietkaution?
| Fast jeder Zweite wohnt in Deutschland zur Miete. Das gibt Anlass für kontroverse Auseinandersetzungen über Miethöhe, Mietminderung, Kündigung, Nebenkosten und auch immer wieder über die Mietkaution. Was darf der Vermieter fordern? Wozu darf die Mietkaution verwertet werden? Wann ist sie zurückzuzahlen? Mit der letztgenannten Frage hat sich aktuell der BGH beschäftigt und insbesondere geklärt, welche Voraussetzungen an die Rückzahlung der Mietkaution zu knüpfen sind und wann der Rückzahlungsanspruch des Mieters konkret entsteht. Die Grundsätze muss jeder Praktiker kennen. |
Sachverhalt
Der Kläger hatte den Beklagten vom 1.12.05 bis zum 28.2.15 eine Wohnung vermietet. Im Mietvertrag war eine Barkaution von 1.680 EUR vereinbart, die die Beklagten auch geleistet haben. Nach Beendigung des Mietvertrags fordert der Kläger von den Beklagten noch ausstehende Mietzahlungen, Mietausfallschaden, Ersatz von Gutachterkosten, Kostenersatz für Renovierungsarbeiten sowie Nebenkostennachforderungen. Bis auf die Nebenkostennachforderungen haben das AG und das LG den Forderungen des Klägers stattgegeben. Hinsichtlich der Nebenkostennachzahlung haben die Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die noch nicht abgerechnete Mietkaution geltend gemacht. Das LG hat das von den Beklagten behauptete Zurückbehaltungsrecht als Aufrechnungserklärung bewertet und auf dieser Grundlage den Anspruch auf Nebenkostennachzahlung als erloschen betrachtet. Dagegen richtete sich der Kläger mit der Revision. Die Entscheidung des BGH lässt sich wie folgt zusammenfassen (24.7.19, VIII ZR 141/17, Abruf-Nr. 210425):
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Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung wirft eine Reihe von Fragen zum Wesen, Inhalt und den Abwicklungsmodalitäten einer Mietkaution auf. Daher folgt zunächst ein Blick auf die wesentlichen Grundlagen:
Mietkaution muss vertraglich vereinbart sein
Die Mietkaution ist eine Sicherheit für den Vermieter, um sich vor Mietausfällen oder Schäden zu schützen. Die wichtigsten Regelungen finden sich in § 551 BGB. Die Mietkaution ist nur fällig, wenn sie im Mietvertrag vereinbart worden ist.
Die wichtigsten Formen der Mietkaution im Mietrecht sind:
- Barkaution: Die häufigste Form der Mietkaution ist die Barkaution, bei der dem Vermieter eine Geldsumme in bar übergeben oder auf ein Kautionskonto überwiesen wird.
- Sicherungsabtretung oder Verpfändung: Möglich sind die Abtretung oder Verpfändung einer Forderung, z. B. die Übergabe eines Sparbuchs und die Abtretung der darin enthaltenen Sparforderung des Mieters zugunsten des Vermieters (Sicherungsabtretung) oder die Verpfändung eines Sparbuchs.
- Schließlich kann die Mietkaution auch durch eine Bürgschaftserklärung eines Dritten (§§ 765 ff. BGB) erbracht werden.
Ratenzahlung erlaubt
Der Mieter von Wohnraum ist nach § 551 Abs. 2 BGB berechtigt, die Mietkaution in drei gleichen monatlichen Teilzahlungen zu erbringen. Lediglich für Mietbürgschaften gelten diese Regelungen nicht. Dabei ist die erste Teilzahlung frühestens ab Überlassung der Wohnung fällig, die weiteren Teilzahlungen werden mit den folgenden Mietzahlungen fällig. Der Vermieter kann auch nach Mietvertragsende die Zahlung der Mietkaution verlangen, wenn noch Ansprüche gegen den Mieter bestehen, z. B. wegen Mietrückständen oder Beschädigungen der Mietsache (BGH 22.11.11, VIII ZR 65/11, Abruf-Nr. 121139). Verweigert der Mieter, die Mietkaution zu erbringen, kann der Vermieter gemäß § 543 Abs. 1, § 569 Abs. 2a BGB das Mietverhältnis fristlos kündigen.
Begrenzung auf drei Nettokaltmieten
Die Mietsicherheit im Wohnraummietrecht darf gemäß § 551 Abs. 1 BGB das Dreifache der im Mietvertrag vereinbarten Nettokaltmiete nicht übersteigen. Soweit Vereinbarungen darüber hinausgehen, sind diese unwirksam.
PRAXISTIPP | Demgegenüber ist die Höhe der Mietkaution im Gewerberaummietrecht nicht beschränkt. Hier ist auch die Vereinbarung einer Mietkaution von sieben Monatsmieten noch zulässig (OLG Brandenburg 4.9.06, 3 U 78/06). |
Der Vermieter ist im Mietrecht nach § 551 Abs. 3 BGB verpflichtet, die Kaution verzinslich und getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Eine Ausnahme gilt für den Vermieter von Studentenwohnheimen (§ 551 Abs. 3 S. 5 BGB).
Welche Ansprüche sichert die Mietkaution?
Die Mietkaution soll dem Vermieter eine Sicherheit bieten, für den Fall, dass der Mieter seine Pflichten nicht erfüllt. Dabei sind folgende Fallkonstellationen denkbar:
- Beschädigung der Wohnung: Die Mietkaution dient zunächst für den Fall, dass die Wohnung beschädigt wurde und demnach nicht im angemieteten Zustand zurückgegeben wird. Die Kaution kann dann zur Kompensation der Schäden verwendet werden.
- Mietzahlungsrückstand: Der Vermieter kann während der Mietzeit entstandene Mietzahlungsrückstände mit der hinterlegten Kaution verrechnen.
- Mangelhafte Schönheitsreparaturen: In den meisten Mietverträgen wird vereinbart, dass der Mieter anfallende Schönheitsreparaturen übernehmen muss. Wurden diese nicht vertragsgemäß ausgeführt, kann der Vermieter eine entsprechende Entschädigung verlangen.
- Verzögerte Wohnungsrückgabe: Nach § 546a BGB kann der Vermieter, für den Fall, dass der Mieter die Mietsache verspätet zurückgibt, eine Entschädigung für die Dauer der Vorenthaltung verlangen.
- Nebenkostennachzahlungen: Für den Fall, dass nach der Nebenkostenabrechnung noch Nachzahlungen zu leisten sind, kann der Vermieter zumindest einen Teil der Kaution auch nach Ende des Mietverhältnisses einbehalten.
Bevor der Vermieter die Kaution zurückzahlt, sollte er dezidiert prüfen, ob die Sicherheit noch benötigt wird und verwertet werden soll.
Checkliste / Das sollten Vermieter vor Rückzahlung der Kaution prüfen |
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Hat der Vermieter gegen den Mieter solche Forderungen, kann der Vermieter die Mietkaution verwerten, d. h., mit der Forderung des Mieters auf Rückzahlung der Mietkaution aufrechnen.
MERKE | Die Kaution darf nur mit Ansprüchen verrechnet werden, die aus dem eigenen Mietverhältnis resultieren (BGH 11.7.12, VIII ZR 36/12). Es ist z. B. unzulässig, die Kaution mit einer Forderung aus einem früheren Mietverhältnis zu verrechnen, die z. B. durch den Vorvermieter an den jetzigen Vermieter abgetreten wurde. |
Fälligkeit nur nach Abrechnung
Nach dem Ende des Mietverhältnisses ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter eine Abrechnung zu erstellen und ggf. die Kaution zu erstatten. Ihm ist eine angemessene Abrechnungsfrist einzuräumen. Erst nach Fristablauf und Abrechnung wird der Anspruch auf Erstattung der Kaution fällig. Hier hat der BGH die Forderungen des Klägers auf Zahlung der Nebenkosten dem Grunde nach anerkannt. Diese seien jedoch erloschen, da die Mieter mit der ihnen zustehenden Forderung auf Rückzahlung der Kaution wirksam die Aufrechnung erklärt hätten (§§ 387, 389 BGB). Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts sei konkludent als Aufrechnungserklärung zu werten.
Zur Frage, welche Abrechnungsfrist angemessen ist, stellt der BGH klar: Es gibt zwar keine starre Frist, in der Regel seien aber drei bis sechs Monate ausreichend. Dabei dürfe auch eine streitige Forderung in die Abrechnung eingestellt werden. Denn die Mietsicherheit habe nach dem Ende des Mietverhältnisses nicht nur Sicherungsfunktion, sondern diene auch der Verwertung. Dürfte der Vermieter nur nach rechtskräftiger Feststellung streitiger Ansprüche auf die Kaution zugreifen, könnte diese nicht abgerechnet werden. Folge: Der Mieter müsse gegebenenfalls Jahre auf eine Abrechnung warten.
MERKE | Damit entscheidet der BGH eine bislang streitige Rechtsfrage und schließt sich der überwiegend vertretenen Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der mietrechtlichen Literatur an (z. B. OLG Karlsruhe NJW-RR 09,514; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 13. Aufl., § 551 BGB Rn. 100). |
Der BGH: Die Abrechnung sei konkludent durch Erheben der Klage erfolgt. Dies könne ausdrücklich oder konkludent geschehen. Letzteres sei i. d. R. anzunehmen, wenn der Vermieter mit einer oder mehreren eigenen, aus dem Mietverhältnis stammenden Forderungen gegen den Rückzahlungsanspruch des Mieters aufrechne. Eine konkludente Abrechnung liege auch vor, wenn der Vermieter die ihm zustehenden Forderungen aus dem beendeten Mietverhältnis gegen den Mieter klageweise geltend macht.
Beachten Sie | Über diesen vom BGH postulierten Abrechnungszeitraum hinaus kann der Vermieter aber einen Teil der Mietkaution zurückbehalten, wenn künftige Forderungen aus einer Betriebskostenabrechnung zu erwarten sind (BGH 18.1.06, VIII ZR 71/05, Abruf-Nr. 061016).
Checkliste / Das muss der Mieter zur Abrechnung vortragen |
Ist die Abrechnungsfrist abgelaufen und hat der Vermieter die Kaution nicht zurückgegeben, muss der Mieter vortragen, dass
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Darf die Mietkaution „abgewohnt“ werden?
Die Kaution soll den Vermieter während der Mietzeit sichern. Daher kann und soll der Mieter währenddessen nicht darüber verfügen. Der Rückzahlungsanspruch des Mieters wird daher erst nach Beendigung des Mietvertrags fällig. Somit kann der Mieter nicht mit einer eigenen Forderung, die er gegen den Vermieter hat, gegen die Kautionsforderung aufrechnen. Vor allem darf der Mieter die Kaution nicht „abwohnen“, d. h., seine Mietzahlungen z. B. drei Monate vor Vertragsbeendigung einstellen und den Vermieter auf die Kaution verweisen (OLG Frankfurt a. M. 3.3.04, 2 W 10/04; AG München 5.4.16, 432 C 1707/16).