· Fachbeitrag · Ordnungsgemäßer Zustand (Teil 4)
Ärger bei der Wohnungsrückgabe: Badewanne/Waschbecken
von Assessor jur. Harald Büring, Düsseldorf
| Häufiger Streitpunkt zwischen Vermieter und Mieter bei Rückgabe der Mietwohnung ist, ob sich die Badewanne sowie das Waschbecken im ordnungsgemäßen Zustand nach § 546 BGB befinden. |
1. Schaden
Ein Schadenersatzanspruch des Vermieters gem. § 280 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Mieter die Badewanne bzw. das Waschbecken durch eine schuldhafte Pflichtverletzung in ihrer Substanz beschädigt hat. Ein solcher Schaden kann bereits im Abplatzen der jeweiligen Beschichtung liegen. Dabei sprechen größere Emaille-Abplatzungen an der Beschichtung der Badewanne bzw. des Waschbeckens für eine vertragswidrige Nutzung (Lützenkirchen Anwalts-Handbuch Mietrecht, 6. Aufl., Rn. 420) während „sehr kleine“ Abplatzungen dem Mieter schnell unterlaufen können und daher normalerweise eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache darstellen (Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl. zu § 538 BGB Rn. 111).
2. Vertragsgemäße Nutzung bei Badewannen
Wann (noch) eine vertragsgemäße Nutzung vorliegt, entscheiden die Gerichte ‒ wie nicht anders zu erwarten ‒ unterschiedlich.
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Die Mieter hatten sieben Jahre in der Wohnung gewohnt. Der Vermieter verlangte von ihnen nach dem Auszug Schadenersatz. Dabei ging es unter anderem um eine verrostete Armatur in einer Nasszelle sowie um drei Abplatzungen in der Badewanne. Diese waren im Durchschnitt jeweils kleiner als eine 1-Cent-Münze. |
Das AG Salzgitter entschied, dass dem Vermieter kein Anspruch auf Schadenersatz zusteht (29.12.10, 22 C 42/10). Hinsichtlich der Abplatzungen an der Wanne seien diese klein und in geringer Anzahl vorhanden. Daher sei von einer vertragsgemäßen Nutzung auszugehen. Bei der Armatur verwies das Gericht darauf, dass diese in Nasszellen normalerweise aus nicht rostendem Edelstahl sind. Dass dies hier nicht der Fall war, gehe nicht zulasten der Mieter.
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Die Mieter hatten fast drei Jahre in einer Mietwohnung gelebt. Nach dem Auszug nahm der Vermieter sie auf Schadenersatz in Anspruch. Dabei ging es u. a. um eine angebliche Beschädigung der Emaille im Sitzbereich, die nicht ordnungsgemäß von den Mietern repariert worden sei. Der Bereich mit der Größe einer 1- Cent-Münze sei rau und farblich nicht angepasst gewesen. |
Das AG Lichtenberg entschied, dass dem Vermieter kein Schadenersatz zusteht (23.7.08, 3 C 39/08). Zwar habe der Vermieter den Anspruch schlüssig dargelegt. Aufgrund unterschiedlicher Zeugenaussagen habe er nicht nachweisen können, dass sich die Badewanne in einem vertragswidrigen Zustand befunden hat. So hatte ein Zeuge behauptet, dass der nachgebesserte Bereich dunkler gewesen sei. Ein anderer behauptete hingegen, dass er heller gewesen sei. Auch über das Ausmaß der Beschädigung waren die Aussagen unterschiedlich. Die Beweislast liege hier beim Vermieter.
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Die Mieterin war nach einer Mietdauer von drei Jahren ausgezogen. Der Vermieter behielt einen Teil der Kaution ein. Er berief sich darauf, dass die Badewanne beschädigt worden ist und rechnete mit einem Schadenersatzanspruch auf. |
Das AG Saarbrücken entschied gegen den Vermieter (WuM 13, 505). Das Gericht nahm Videoaufnahmen in Augenschein. Danach war die ungefähr 15 Jahre alte Badewanne im oberen Bereich durch eine Schraube beschädigt worden. Diese war aus der Duschabtrennung herausgefallen. Die Nutzung der zu Mietbeginn montierten Duschabtrennung gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch. Sofern die Badewanne durch herunterfallende Teile aus der Duschabtrennung beschädigt werde, liege hierin keine schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters.
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Der Vermieter nahm seinen Mieter auf Schadenersatz in Anspruch, weil die 50 Jahre alte Badewanne durch Scheuermittel eine aufgeraute Oberfläche aufwies und mehrere nicht genau bezeichnete Abplatzungen an der Emaille aufweise. |
Aufgrund der langen Nutzung der Badewanne von über 50 Jahren ist nach Auffassung des Gerichts auch bei erheblichen Gebrauchsspuren von einer vertragsgemäßen Nutzung auszugehen. Nicht jede Schlageinwirkung stellt hier eine vertragswidrige Nutzung dar. Zu bedenken war zudem, dass die Badewanne die Lebensdauer von 20 Jahren ‒ laut Hersteller ‒ überschritten hatte (AG Charlottenburg 26.6.13, 221 C 250/11).
3. Vertragsgemäße Nutzung bei Waschbecken
Ungleich mehr als Badewannen sind Waschbecken im täglichen Gebrauch. Entsprechend mehr schädigende Ereignisse ergeben sich.
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Der Vermieter verlangte von seinem Mieter nach Auszug Schadenersatz wegen des Einbaus eines neuen Waschtischs auf der Toilette. Er berief sich darauf, dass dieser beim Auszug verdreckt gewesen sei und zudem ein Loch aufgewiesen habe. Darüber hinaus habe die Badewanne einen großflächigen Kratzer gehabt. |
Das AG Osnabrück sah das anders (3.9.03, Az. 47 C 9/03). Der Vermieter konnte den Kratzer auf der Badewanne nicht nachweisen. Ein Zeugenbeweis scheiterte. Auch konnte er kein Lichtbild vorlegen. Am Waschtisch habe sich laut den Bildern nur eine „sehr kleine Abplatzung“ am äußeren Rande befunden. Dies ist vom allgemeinen Mietgebrauch gedeckt. In einem anderen Zusammenhang E‒ in Bezug auf eine Beschädigung der Toilette ‒ führt das Gericht aus, dass Sanitäreinrichtungen in Mietwohnungen generell eine Lebensdauer von 20 Jahren haben. Danach müssen sie ausgetauscht werden.
In einem weiteren Fall entschied das AG Neustadt (Rübenberge), dass der Vermieter die einbehaltene Kaution an den Mieter zurückbezahlen muss (WuM 02, 233). Dies begründete das Gericht damit, dass Abplatzungen an einem Waschbecken von Stecknadelkopfgröße und bis zu einem Durchmesser von 1 bis 2 mm als geringfügig anzusehen sind. Infolge dessen handelt es sich hierbei um eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache.
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Die Vermieterin begehrte Schadenersatz wegen eines Kratzers im Waschbecken. Der Mieter verwies darauf, dass es sich um einen Kratzer von nur 2 mm handelt. |
Das AG Rheinbach entschied gegen den Vermieter (NZM 05, 822). Er hatte dem Mieter nicht widersprochen, wonach der Kratzer nur 2 mm betrage. Hier ist daher von einer vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache auszugehen.
4. Konsequenzen
Wegen der geringen Anzahl der Entscheidungen ist die Abgrenzung zur vertragswidrigen Nutzung schwierig, zumal es keine Entscheidungen in höheren Instanzen gibt. Bezüglich der Abplatzungen bei Badewannen und Waschbecken sind die Größenangaben bezüglich des Durchmessers als Faustformel anzusehen. Allerdings spielt die Zahl der Abplatzungen auch eine Rolle. Bei größeren Abplatzungen/Kratzern kann sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben, dass die Nutzung durch den Mieter noch vertragsgemäß gewesen ist. Dies kommt vor allem in Betracht, wenn die „Macke“ sich ausnahmsweise als Folge einer ordnungsgemäßen Nutzung herausstellt (wie bei der heruntergefallenen Schraube aus der Duschabtrennung).
Das Gleiche gilt für ein hohes Alter der Badewanne. Wenn die übliche Lebensdauer überschritten wurde, spricht dies dafür, dass der Vermieter die Badewanne/das Waschbecken austauschen muss und daher die „Macken“ irrelevant sind. Angaben über die übliche Lebensdauer enthält womöglich die Anleitung des jeweiligen Herstellers.
PRAXISTIPP | Auch hier sollte auf eine genaue Dokumentation der jeweiligen Beschädigungen/Abplatzungen geachtet werden. Zur Beweissicherung sollten auch Bilder erstellt werden. Mieter sollten darauf achten, ob bei Anmietung Schäden vorhanden sind. Sie sollten auf einem Vermerk im Übergabeprotokoll bestehen und ebenfalls Lichtbilder machen. |