· Fachbeitrag · Ordnungsgemäßer Zustand (Teil 5)
Ärger bei der Wohnungsrückgabe: Feuchtigkeit
von Assessor jur. Harald Büring, Düsseldorf
| Beim Auszug eines Mieters kommt es schnell zum Streit, wenn der Vermieter Feuchtigkeitsschäden an den Wänden beziehungsweise Schimmel entdeckt. Dies kommt häufig daher, weil Nässe von außen eindringt. Hier stellt sich die Frage, ob der Vermieter Schadenersatz verlangen darf, weil sich die Wohnung nicht im vertraglich vereinbarten Zustand befindet. |
1. Anspruch auf Schadenersatz
Der Vermieter hat einen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 280 BGB, wenn der Mieter die Substanz der Mietsache durch eine schuldhafte Pflichtverletzung beschädigt hat. Dies hängt davon ab, wer für den Feuchtigkeitsschaden durch die eingedrungene Nässe verantwortlich ist.
2. Faustformel der Rechtsprechung
Die Haftung richtet sich nach ständiger Rechtsprechung danach, welcher Sphäre der Feuchtigkeitsschaden zuzurechnen ist (OLG Karlsruhe NJW 85, 142; BGH NZM 05, 17; 17.6.15, NJW 15, 3087; AG Brandenburg 24.2.17, 31 C 179/14). Soweit der Feuchtigkeitsschaden dem Gefahrenbereich des Vermieters zuzuordnen ist, trägt er dafür die Verantwortung und haftet. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Feuchtigkeit auf einen Baumangel zurückzuführen ist. Muss jedoch der Mieter den Feuchtigkeitsschaden aufgrund seines Verhaltens verantworten, z. B. weil er zu wenig gelüftet hat, gilt dies nicht (Pflichtverletzung des Mieters).
Der Vermieter muss i. d. R. beweisen, dass der Feuchtigkeitsschaden nicht auf einen Baumangel zurückzuführen ist. Gelingt ihm dies, muss wiederum der Mieter nachweisen, dass er den Schaden nicht zu verantworten hat.
3. Beispiele für Baumängel
In einem Fall des LG Bonn hatte ein Vermieter im Badezimmer einer Mietwohnung im Jahr 1998 die Fenster gegen ein Isolierfenster ausgetauscht. Anschließend bildete sich dort Schimmel. Die Mieter verlangten vom Vermieter, dass der Schimmel beseitigt wird.
Das LG Bonn entschied, dass der Vermieter dem nachkommen muss. Ein Anspruch der Mieter auf Beseitigung der Mängel gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB ergab sich daraus, dass der Schimmel auf eine baubedingte Ursache zurückzuführen war. Nach den Feststellungen des Sachverständigen rührte die Schimmelbildung daher, dass der Vermieter das Badezimmer nicht beim Einbau des neuen Fensters mit einer Innendämmung versehen hatte. Demgegenüber konnte den Mietern kein Vorwurf gemacht werden. Ein erhöhtes Lüftungsverfahren war aufgrund dieses baulichen Mangels nicht geschuldet (LG Bonn ZMR 13, 534).
In einem Fall des AG Dortmund verlangte eine Mieterin ebenfalls, dass ihr Vermieter den Schimmel aus Schlafzimmer und Küche ihrer Erdgeschosswohnung beseitigt. Sie behauptete, die Schimmelbildung rühre von Baumängeln her. Der Vermieter bestritt dies und warf der Mieterin vor, dass sie nicht häufig genug gelüftet habe. Das AG wies die Klage der Mieterin ab. Dagegen entschied das LG Dortmund, dass sie einen Anspruch auf Beseitigung des Schimmels hat. Begründung: Aufgrund der Aussage des Sachverständigen könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Schimmel von einem Baufehler herrührte. Dies ergab sich daraus, dass es aufgrund von Wärmebrücken bei Temperaturen von -5 Grad Celsius zu der Bildung von Wasserkondensat kommen konnte. Auch bei ordnungsgemäßem Lüften konnte es aufgrund der Wärmebrücken zu der Bildung von Schimmel kommen. In diesem Zusammenhang wies das Gericht darauf hin, dass der Mieter nur im normalen Maß lüften musste. Er sei aufgrund eines Baufehlers nicht zu einem verstärkten Lüften verpflichtet gewesen (LG Dortmund 25.9.12, 1 S 73/11, rechtskräftig).
Ähnlich entschied das AG Reinbek. Es verurteilte einen Vermieter zur Beseitigung von Schimmel, weil ein Sachverständiger in mehreren Räumen Schimmelbefall festgestellt und auf geometrische Wärmebrücken als Baumängel zurückgeführt hatte. Hier sei nicht auszuschließen, dass die Feuchtigkeit von diesen Mängeln herrühre (AG Reinbek 15.4.14, 13 C 312/13, WuM 14, 604).
In einem weiteren Fall hatte ein Vermieter nach dem Auszug des Mieters Schadenersatz für die Sanierung der Mietwohnung verlangt, weil diese zwischenzeitlich mit Schimmelpilz an den Wänden von Wohnzimmer, Schlafzimmer und Badezimmer befallen war. Dies stellte der Vermieter nach der Kündigung des Mieters im Rahmen eines Übergabetermins fest. Doch der Mieter weigerte sich. Er berief sich u. a. darauf, dass der Schimmelpilz auf bauliche Mängel bzw. die unzureichende Beheizbarkeit zurückzuführen sei. Darüber hinaus sei es mehrfach zu Rohrbrüchen im Haus gekommen. Das AG Duisburg-Hamborn entschied, dass der Mieter gemäß § 280 BGB schadenersatzpflichtig ist (15.3.16, 7 C 274/13) und Schadenersatz in Höhe von insgesamt rund 5.960 EUR zahlen muss (vor allem für Sanierungs- und Sachverständigenkosten). Das Gericht begründete dies damit, dass der vereidigte Sachverständige einen baulichen Mangel als Ursache ausgeschlossen habe. Zu diesem Ergebnis sei er durch umfangreiche Messungen bezüglich der Feuchtigkeit und der Temperatur vor Ort gekommen. Ferner seien Lichtbilder angefertigt worden. Schließlich habe der Sachverständige ausgeführt, dass bei den Rohrbrüchen keine Feuchtigkeit in die Wohnung gelangt sei. Der Mieter habe infolge der erheblichen Schimmelbildung und der nicht erfolgten Anzeige des Schadens seine vertraglichen Nebenpflichten schuldhaft verletzt.
Das AG Siegburg entschied, dass einem Vermieter für etwa ein halbes Jahr keine Miete zustand, weil der Mieter aufgrund von Schimmelbildung in mehreren Räumen zu einer Mietminderung berechtigt war. Infolgedessen durfte der Mieter die Miete um 30 Prozent mindern. In diesem Zusammenhang führte das Gericht aus, dass der Vermieter hier beweisen muss, dass der bauliche Zustand als Ursache gänzlich ausscheidet. Dies sei immer dann der Fall, wenn als mögliche Ursachen ein Baumangel wie etwa Kältebrücken oder eine fehlerhafte Nutzung durch den Mieter infrage kommen (WuM 05, 55).
4. Lüftungsverhalten des Mieters
Bei Ausscheiden eines Baumangels muss der Mieter den Feuchtigkeitsschaden insbesondere verantworten, wenn dieser auf unzureichendes Lüften zurückzuführen ist. Wie häufig der Mieter zum Lüften verpflichtet ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Vielmehr hängt dies laut BGH vom jeweiligen Einzelfall ab (5.12.18, VIII ZR 271/17, Abruf-Nr. 207020).
Die Einschätzungen der Instanzgerichte gehen auseinander. So meint das LG Hagen, dass dem Mieter ein Lüften vier- bis fünfmal am Tag zugemutet werden kann. Allerdings bestand hier die Besonderheit, dass die Mieter den ganzen Tag anwesend waren und sie bereits kurz nach dem Einzug Feuchtigkeitsschäden festgestellt hatten (19.7.12, 1 S 53/12). Demgegenüber vertritt das LG Konstanz die Ansicht, dass ein Mieter maximal dreimal am Tag lüften muss. Dies gelte zumindest, wenn der Mietvertrag keine Regelung zum Lüftungsverhalten enthält (WuM 13, 156). Nach dem OLG Frankfurt liegt eine ordnungsgemäße Belüftung vor, wenn ein Mieter morgens zweimal und abends einmal querlüftet (NZM 01, 39). Demgegenüber geht das AG Hamburg-St. Georg davon aus, dass ein dreimaliges Lüften am Tag während der kalten Jahreszeit als übermäßig anzusehen sei. Etwas anderes gelte bei konkreter Vereinbarung (WuM 09, 582).
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Faustformel (nach Rspr.) | Welcher Sphäre ist der Schaden zuzurechnen? | |
Schadenursache und Beweislast | Ursache für Feuchtigkeitsschaden | |
Gefahrenbereich des Vermieters |
Gefahrenbereich des Mieters | |
Rechtsfolge | Vermieter haftet
| SE-Pflicht des Mieters (§ 280 BGB)
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5. Konsequenzen
Bei Verfahren zu Feuchtigkeitsschäden ist vor allem die Einschätzung eines Sachverständigen entscheidend. Hierdurch besteht ein hohes Kostenrisiko. Gute Chancen haben Mieter, wenn der Gutachter einen Baumangel feststellt und dieser womöglich zum Feuchtigkeitsschaden geführt hat. Ist dies nicht der Fall, ist die Frage, wie der Mieter im Zweifel beweisen soll, dass er ausreichend gelüftet hat. Klar ist jedenfalls, dass ein einmaliges Lüften nicht ausreicht. Daneben droht ggf. eine Haftung wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten, wenn der Vermieter nicht unverzüglich über Feuchtigkeitsschäden informiert wird.
PRAXISTIPP | Vermieter und Mieter sollten beim Ein- und Auszug auf eine sorgfältige Dokumentation im Übergabeprotokoll achten. Der Wohnungszustand sollte genau festgehalten werden, auch durch Fotografien. Feuchtigkeitsschäden sollte der Mieter dem Vermieter schnell und am besten schriftlich mitteilen. |