· Fachbeitrag · Partnerschaftsvermittlung
Vereinbarte Partnervorschläge begründen den Vergütungsanspruch
| In der digitalen Welt ist der Aufbau von echten Beziehungen nach der Wahrnehmung vieler Menschen schwieriger geworden. Sie wenden sich daher immer häufiger an Partnerschaftsvermittlungen. Wird der gewünschte Partner nicht gefunden, ist meist eine Vertragsreue festzustellen, weil das Entgelt häufig hoch ist. Folge: Das vereinbarte Entgelt soll nicht gezahlt werden oder wird zurückgefordert. Die Gerichte müssen sich mit solchen Fällen immer wieder auseinandersetzen, nachdem der Gläubiger beim Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen und der Schuldner bei seinem Rechtsanwalt, einer Verbraucherzentrale oder einer Schuldnerberatung vorstellig wurde. Das OLG Nürnberg musste sich aktuell mit grundsätzlichen Fragen auseinandersetzen, die sowohl Orientierung zur Rechtsverfolgung als auch zur Rechtsverteidigung geben. |
Sachverhalt
Der Kläger verlangte von dem Partnerschaftsvermittlungsunternehmen die vereinbarte und gezahlte Vergütung von rund 5.000 EUR zurück sowie nutzlos aufgewandte Fahrtkosten von rund 110 EUR.
MERKE | Gerade weil in solchen Fällen die Vertragsreue häufig eintritt ‒ und durch den Vertrag nach § 656 BGB keine Verbindlichkeit begründet wird (s. u.) ‒, entspricht es gängiger Praxis, dass die Vergütung vollständig oder überwiegend schon in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss zu zahlen ist. |
Alle Umstände des Vertragsabschlusses waren ‒ wie häufig ‒ streitig. Während das Partnerschaftsvermittlungsunternehmen behauptete, der Kläger habe sich bei ihr gemeldet und es sei nach ausführlicher Beratung ein Vertrag über eine Partnerschaftsvermittlung geschlossen worden, machte der Kläger geltend, auf ein nicht erkennbares Lockangebot (Inserat der Frau D) reagiert zu haben. Er sei dann über die tatsächlichen Umstände getäuscht worden, die D kennenzulernen. Aufgrund dessen habe er den Dienstleistungsauftrag unterzeichnet. Das Partnerschaftsunternehmen machte geltend, dem stehe entgegen, dass der Kläger ausführliche persönliche Angaben und auch Wünsche zu nachzuweisenden Damen niedergelegt habe.
Gegenstand des Vertrags war die Entgegennahme von zehn Partnerschaftsempfehlungen und die Aufnahme in einen Passivpool. Zusicherungen wurden nicht übernommen. Der Kläger zahlte daraufhin in zwei Teilbeträgen die vereinbarte Vergütung.
Anschließend übersandte die Partnerschaftsvermittlung auch zehn Vorschläge mit den notwendigen Kontaktdaten, darunter aber nicht die D, auf deren Inserat der Kläger ‒ bestritten ‒ reagiert haben will. Auch informierte sie die zehn Damen über die mögliche Kontaktaufnahme durch den Kläger. Mit einer der Damen, die der Kläger schon zuvor kannte, ohne von deren Partnerschaftswunsch Kenntnis zu haben, kam es dann zur Partnerschaft. Trotzdem fordert der Kläger die Vergütung zurück, weil es die in dem Inserat genannte Frau D nicht gebe. Anwaltlich ließ er dann die Unbestimmtheit der Vertragsleistung und die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Vertrags einwenden, focht ihn wegen arglistiger Täuschung an und widerrief die Vertragserklärung.
Entscheidungsgründe
Trotz Bindungswillens der Parteien kann das wirksame Zustandekommen eines Vertrags an der Lückenhaftigkeit seiner Regelungen und der Unausfüllbarkeit dieser Lücken scheitern. Ein Vertrag muss nach dem OLG Nürnberg deshalb ein solches Maß an Bestimmtheit oder doch Bestimmbarkeit und Vollständigkeit enthalten, dass im Streitfall der Inhalt des Vertrags richterlich festgestellt werden kann (13.6.18, 12 U 1919/16, Abruf-Nr. 207233).
Ein Vertrag ist in der Regel hinreichend bestimmt, wenn die Hauptleistungspflichten sowie die von den Vertragsparteien für wesentlich angesehenen Nebenpunkte geregelt sind oder sich bestimmen lassen. Enthält ein Rechtsgeschäft über wesentliche Bestandteile (essentialia negotii) keine Regelungen, ist es nicht zustande gekommen. Ein Vertrag setzt somit regelmäßig die Einigung der Vertragsparteien über die gegenseitigen Hauptleistungspflichten voraus, beim Kaufvertrag etwa über Ware und Preis (BGH NJW 90, 1234; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., Überbl v § 104 Rn. 3, Einf v § 145 Rn. 3).
Das OLG hatte danach keine Zweifel an der Bestimmtheit. Entscheidend war:
- Es seien zehn Vorschläge geschuldet gewesen.
- Da diese „erarbeitet und auszuwählen“ gewesen seien, beschränke sich die Leistung auch nicht nur auf eine bloße Mitteilung von Kontaktdaten, sondern habe einen Bezug zu den Angaben und Wünschen des Klägers.
- Die Leistungszeit sei über § 271 BGB gesetzlich bestimmt.
MERKE | Das OLG Düsseldorf (FamRZ 10, 2028) hatte es unter dem Aspekt unzureichender Bestimmtheit als problematisch angesehen, wenn bei einem Partnervermittlungsvertrag eine Pflicht des Unternehmers allein darin besteht, dem Auftraggeber Namen und Kontaktdaten potenzieller Partner ohne nähere Hintergrundinformation mitzuteilen, ohne dass ersichtlich ist, welche bestimmte Anzahl von Partnervorschlägen zu machen ist, während welchen Zeitraums sich der Unternehmer um die Vermittlung geeigneter Partner zu bemühen hat und nach welchen Kriterien (Alter, Wohnort, Lebensumstände, Bildungsniveau, Interessen etc.) eine Qualifikation der zu leistenden Partnervorschläge geschuldet ist. |
Kein Anspruch auf eine „bestimmte“ Dame
Letztlich hat das OLG Nürnberg unter Beweislastgesichtspunkten die Frage des Anspruchs auf eine bestimmte Dame, hier: D, verneint. Auf den schriftlichen Vertrag konnte sich der Kläger nicht berufen, da in diesem D nicht benannt wurde. Eine mündliche Abrede musste er als eine ihm günstige Tatsache beweisen. Das ist ihm nicht gelungen. Für die allein angebotene eigene Parteivernehmung liegen regelmäßig die Voraussetzungen der §§ 445 bis 448 ZPO, insbesondere die Zustimmung des Gegners, nicht vor.
MERKE | Ist im Vertrag der Leistungsgegenstand beschrieben, spricht eine Vermutung gegen weitere Leistungspflichten. Unerheblich bleibt demgegenüber die Formulierung in AGB, dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen und Zusicherungen nicht gegeben wurden. Eine andere Individualabrede würde AGB nämlich nach § 305b BGB vorgehen. |
Kein Rückforderungsanspruch wegen fehlender Verbindlichkeit
Ein Partnervermittlungsvertrag ist als Dienstvertrag zu qualifizieren, und zwar nicht nur bei geschuldeter Vermittlungstätigkeit, sondern auch, wenn sich der Unternehmer ohne Tätigwerden für eine unmittelbare Zusammenführung der Interessenten dazu verpflichtet, nach den Wünschen seines Auftraggebers eine bestimmte Anzahl von individuell abgestimmten Partneranschriften zu erstellen und zu übersenden bzw. bereitzustellen. Vertragsgegenstand sind dabei Dienste höherer Art i. S. d. § 627 BGB.
Die Qualifizierung als Dienste höherer Art, die nur aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden, rechtfertigt sich daraus, dass es in der Natur der Sache liegt, dass ein Kunde, der um Unterstützung bei der Partnerschaftsvermittlung nachsucht, besonderes Vertrauen zu seinem Auftragnehmer haben muss, auf dessen Seriosität er setzt. Es ist notwendig, zumindest aber auch geboten und üblich, dass er seinem Vertragspartner Auskünfte über seine eigene Person und die des gewünschten Partners gibt. Das Vertragsverhältnis berührt insoweit in besonderem Maße die Privat- und Intimsphäre des Kunden (BGH MDR 10, 13; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 656 Rn. 8).
Auf ein solches Vertragsverhältnis ist § 656 BGB entsprechend anwendbar (BGH NJW-RR 10, 410;NJW-RR 04, 778). Durch das Versprechen eines Loh-nes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe wird nach § 656 BGB keine Verbindlichkeit begründet. Das aufgrund des Versprechens Geleistete kann aber nicht deshalb zurückgefordert werden, weil keine Verbindlichkeit, sondern nur eine Naturalobligation bestanden hat.
Keine Sittenwidrigkeit
Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig, § 138 Abs. 1 BGB. Maßgebend ist damit, ob das Vertragsverhältnis gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 138 Rn. 2). Hierfür reicht ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung allein nicht aus; hinzukommen müssen vielmehr weitere sittenwidrige Umstände, etwa eine verwerfliche Gesinnung. Die Behauptungs- und Darlegungslast trifft insoweit denjenigen, der sich auf Sittenwidrigkeit beruft, ohne dass er sich zur Darlegung des subjektiven Tatbestands des § 138 Abs. 1 BGB auf die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung stützen kann (BGH NJW 14, 1652).
Der Kläger hat die Sittenwidrigkeit aus dem Umstand hergeleitet, dass jeder Partnerschaftsvorschlag rund 500 EUR koste, was 150 bis 200 Prozent über dem „ortsüblichen“ Preis liege. Den dafür angeboten Beweis „Sachverständigengutachten“ hat das OLG allerdings als unbeachtlich angesehen, weil „ins Blaue hinein“ gestellt. Es handele sich um einen Ausforschungsbeweis. Es gebe viele Urteile, die eine erhebliche Bandbreite an Honoraren zeigten. Insoweit hätte es konkreter Darlegungen bedurft. Ein absolutes Missverhältnis ohne eine vergleichende Betrachtung sei erst bei Honoraren von mehr als 750 EUR je Vorschlag anzunehmen.
PRAXISTIPP | Hierauf muss der Bevollmächtigte hinweisen. Es wäre dem Kläger unbenommen gewesen, Angebote verschiedener Partnerschaftsvermittlungen einzuholen und vorzulegen und hierauf seinen Beweisantrag zu stützen. |
Arglistige Täuschung
Ob eine arglistige Täuschung vorliegt, ist nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu bestimmen. Dabei ist einerseits zu betrachten, ob bewusst verschleiert wird, dass es sich um ein Inserat einer Partnerschaftsvermittlung handelt, andererseits wie weit der Erkenntnishorizont des Interessenten ist. Das OLG hat entscheidend darauf abgestellt, dass den maßgeblichen Verkehrskreisen bekannt sei, dass mit einer vermeintlich konkreten Kontaktperson geworben werde, wenn die Kontaktdaten dann auf eine gewerbliche Partnerschaftsvermittlung hinwiesen. Das Partnerschaftsinstitut hatte hier auch behauptet, dass die Kontaktperson existiere und hat diese benannt.
Der Kläger hat dann die Möglichkeit, die benannte Person als Zeugin dafür zu benennen, dass sie nicht die Kontaktperson aus dem Inserat ist. Das hatte der Kläger auch getan. Für das OLG war das aber unerheblich, weil er die Kausalität zwischen dem Inserat und dem Vertragsabschluss nicht nachgewiesen habe. An keiner Stelle sei von D die Rede gewesen und er habe den Kontakt zu ihr auch nicht zum Gegenstand des schriftlichen Vertrags gemacht.
Letztlich war zu sehen, dass eine Anfechtung ausgeschlossen ist, wenn der Anfechtungsberechtigte in Kenntnis des Anfechtungsgrundes das Rechtsgeschäft bestätigt. Das war hier der Fall, weil der Kläger eingeräumt hat, dass er mit einer der ihm vorgeschlagenen Damen eine Beziehung eingegangen ist.
Widerrufsrecht
Der Kläger ist regelmäßig Verbraucher i. S. d. § 13 BGB. Die Partnerschaftsvermittlung ist Unternehmer i. S. d. § 14 BGB. Der geschlossene Dienstleis-tungsvertrag ist ein Verbrauchervertrag i.. S. d. § 310 Abs. 3 BGB. Nach § 312 Abs. 1 BGB sind auf dieses Vertragsverhältnis die §§ 312 ff. BGB anwendbar; Ausnahmen gemäß § 312 Abs. 2 bis 6 BGB liegen nicht vor. Insoweit kommt ein Widerruf grundsätzlich in Betracht.
Der Kläger hatte geltend gemacht, dass der Vertrag in den Privaträumen der Vermittlerin und nicht in Geschäftsräumen geschlossen worden sei, weil sich die Geschäftsräume in einem Mehrfamilienhaus befunden hätten. Nach § 312g Abs. 1 BGB steht dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräu-men geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht zu. Ausnahmefälle sind in § 312g Abs. 2 und 3 BGB geregelt, lagen aber im konkreten Fall nicht vor. Das OLG hat den Vortrag als unschlüssig angesehen. Auch in einem Mehrfamilienhaus könnten sich Geschäftsräume befinden. Entscheidend sei allein die geschäftliche Ausstattung.
MERKE | Gewerberäume, in denen die Person, die im Namen oder Auftrag des Unternehmers handelt, ihre Tätigkeit dauerhaft oder für gewöhnlich ausübt, stehen Räumen des Unternehmers gleich. |
Kündigung
Ein Partnervermittlungsvertrag ist nach § 627 Abs. 1 BGB jederzeit kündbar. Die ausgesprochene Kündigung hat zur Folge, dass nach § 628 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 812 ff BGB der voraus entrichtete Teil der Vergütung insoweit zurückverlangt werden kann, als die dafür geschuldete Leistung der Partnerschaftsvermittlung noch nicht erbracht worden war.
Im konkreten Fall war die Leistung aber vollständig erbracht, sodass die Kündigung zwar geeignet ist, einen Rückforderungsanspruch dem Grunde nach zu begründen. Hier scheiterte er aber an der Höhe.
MERKE | Da nicht auszuschließen ist, dass schon eine erste Empfehlung zum gewünschten Erfolg führt, ist das Partnerschaftsunternehmen darauf angewiesen, seine Leistung unmittelbar nach Vertragsschluss und Vorauszahlung der Vergütung vollständig zu verlangen. |
Schadenersatz
Da der Vertrag entsprechend den getroffenen Vereinbarungen erfüllt wurde und die geltend gemachten Einwendungen nicht durchgreifen, scheitert auch der Schadenersatzanspruch.
Relevanz für die Praxis
Aus Sicht des Interessenten an einer Partnerschaftsvermittlung ist es wesentlich, dass er sich über seine Erwartungshandlung klar wird, diese formulieren kann und dafür Sorge trägt, dass sie zum vertraglichen Leistungsgegenstand wird.
Die Partnerschaftsvermittlung wiederum muss darauf achten, dass die Leistung erkennbar und bestimmt bleibt und über die bloße Mitteilung einer Kontaktadresse hinausgeht. Im Rahmen einer Marktbeobachtung wird sicherzustellen sein, dass sich die Vergütung im Rahmen des Ortsüblichen bewegt.