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· Patienteninformation

Speichel ‒ ein ganz besonderer Saft mit vielen Funktionen!

Bild: ©Kzenon - stock.adobe.com

von Beate Schulz-Brewing, Zahnmedizinische Fachassistentin, Kiel

| Das zahnärztliche Team hat täglich viel mit der Körperflüssigkeit Speichel zu tun ‒ so etwa beim Präparieren und Trockenlegen eines Arbeitsfeldes, bei der Prophylaxe oder der Aufbereitung der Instrumente und des Arbeitsplatzes. Dass Speichel eine Infektionsquelle ist, ist bekannt. Aber viele Patienten können nicht einordnen, wie sehr z. B. mangelnder Speichelfluss und Mundtrockenheit das Wohlbefinden einschränken können. Auch sind viele verunsichert, wie in COVID-19-Zeiten mit Aerosolen hygienisch in der Praxis umgegangen wird ‒ und bleiben einfach weg. Hier tut Aufklärung Not. |

Vielfältige Aufgaben des Speichels

Der Mensch produziert täglich über einen Liter Speichel, wobei der Speichelfluss einem täglichen Rhythmus unterliegt. Nachts wird weniger Speichel produziert als tagsüber, darum ist gerade abends das Zähneputzen wichtig. Der Speichel besteht zu 99 Prozent aus Wasser, dazu kommen Mineralien (Natrium, Calcium, Kalium, Phosphat und Fluorid), Eiweiße (Schleimstoffe), Epithelzellen, Bakterien ‒ oft auch Viren.

 

Die Funktionen des Speichels sind sehr vielfältig: Er spült, puffert Säuren, remineralisiert und bereitet die Verdauung vor. Im Einzelnen:

 

Spülfunktion

Der Speichel kann, wenn die Menge stimmt, Speisereste von den Zähnen abspülen. Feststrukturierte Plaques dagegen vermag der Speichel nicht zu entfernen. Wohl aber können auch Säuren verdünnt werden, wenn die Plaques nicht schon zu kompakt sind.

 

Pufferung von Säuren

Bestandteile des Speichels können Säuren neutralisieren, was als „Pufferung“ bezeichnet wird. Den pH-Wert des Speichels kann man messen, er liegt normalerweise bei 6,5 bis 6,9 ‒ ist also neutral. Die Pufferkapazität des Speichels ist von Mensch zu Mensch verschieden. In Zahnarztpraxen gibt es Möglichkeiten, bei kariesaktiven Menschen die Pufferkapazität zu messen und zu verbessern, z. B. durch die Auswahl von Spezialzahnpasten.

 

Remineralisation

Speichel ist eine Lösung, die schmelzstärkende Mineralien enthält. So können Mineralien, die bei einem Säureangriff aus dem Zahn herausgelöst werden (Demineralisation), wieder durch den Speichel ergänzt und aufgefüllt werden (Remineralisation). Ist dieses Verhältnis im Gleichgewicht, entsteht keine Karies. Sind die Säureangriffe jedoch zu häufig und zu stark, so kann die Remineralisation das Ungleichgewicht nicht mehr ausgleichen, es entsteht eine kariöse Läsion.

 

Verdauung

Der Speichel bereitet die Verdauung vor. Er feuchtet die Nahrung mit Schleimstoffen (Muzinen) an. Dadurch und durch das Kauen wird die Nahrung schluckbar. Enzyme im Speichel schließen die Speisen auf, so wird z. B. der Abbau von Stärke schon im Mund begonnen. Ist der Speichelfluss reduziert, wie dies häufig bei älteren Menschen durch Medikamenteneinnahme passiert, entstehen gesundheitliche Probleme.

 

Xerostomie und Hyposalivation

Der Leidensdruck vieler Patienten mit Mundtrockenheit (Xerostomie, Hyposalivation) ist groß. Man sollte sie, insbesondere die Senioren, viel häufiger befragen. Mundtrockenheit kann verschiedene Ursachen haben, die entsprechende Maßnahmen erfordern. Jeder fünfte Erwachsene leidet darunter, bei Hochbetagten sind es ca. 40 Prozent. Diese Patienten haben Probleme beim Sprechen, Schlucken, Essen und neigen vermehrt zu Karies und Mundgeruch.

 

PRAXISTIPP | Neben dem Hinweis, unbedingt viel zu trinken (zwei Liter täglich), sollten diese Patienten auf jeden Fall in eine regelmäßige Prophylaxe eingebunden werden. Hier kann eine gründliche Zahn- und Zungenreinigung sowie eine Fluoridierung mit säurefreien Lacken erfolgen. Das Zahnbett und die Mundschleimhäute werden inspiziert. Um die Zahngesundheit zu stärken, sollte sich auch eine Ernährungsberatung anschließen (Verzicht auf Limonaden, Säfte, Dressings etc.).

 

Tröpfcheninfektion und Aerosole ‒ Schutzmaßnahmen

Durch den Atem und den Speichel können bakterielle und virale Infektionen übertragen werden. Dies ist so an sich nichts Neues und wird durch eine zuverlässige Hygiene in den Praxen gut aufgefangen und beherrscht. Aktuell stellen jedoch die Coronapandemie und die Ausbreitung des hochinfektiösen COVID-19-Virus eine große organisatorische und wirtschaftliche Herausforderung für das zahnärztliche Team dar. Zum Schutze des Patienten und zum Schutze des eigenen Praxisteams sind folgende Besonderheiten zu beachten:

 

Spezialmasken

Für Ärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter ist das Tragen von Visieren und Spezialmasken jetzt dringend zu empfehlen. Ein durchsichtiges Gesichtsvisier schützt weitgehend Augen, Gesichts- und Halsbereich vor den infektiösen Tröpfchen und Aerosolen. Diese Schilder können mit einfacher Wischdesinfektion gereinigt werden. Sie haben eine lange Lebensdauer und sind geeignet, medizinische Atemschutzmasken (MNS/FFP2) vor einem Aerosolbefall zu schützen. FFP2-Filterpartikelmasken sind für behandelnde Personen wegen ihres besonderen Feinfilters wichtig: Sie schützen nicht nur das Gegenüber, sondern auch die eigene Person.

 

Mundspüllösungen

Um die Keimflora zu reduzieren und das Verbreiten von Keimen in Aerosolnebeln zu vermeiden, wird schon seit geraumer Zeit das Ausspülen der Mundhöhle mit antiseptischen Mitteln vor Behandlungsbeginn empfohlen. Hierbei hat sich der Goldstandard CHX 0,2 Prozent bewährt.

 

In der aktuellen Situation wurden Spülungen untersucht und weitere besonders empfohlen. So wird z. B. das Spülen mit Dequonal, mit Listerine cool mint oder Betadona-Lösungen vorgeschlagen. Hierzu kann man sich in den Apotheken hervorragend beraten lassen. Das Vermehren von COVID-19-Viren in den Zellen kann damit zwar nicht behandelt und verhindert werden, aber in der Aerosolwolke um den Patienten herum sind die Viren für einige Zeit drastisch reduziert.

 

Effiziente Absaugung

Das Beherrschen und Arbeiten in einer geschulten Absaug- und Haltetechnik war noch nie so wichtig und aktuell wie jetzt in Pandemiezeiten. Alle Assistenzen und Auszubildenden sollten diese ergonomische Arbeitsweise beherrschen. Die Prophylaxekanüle von Dürr bietet durch ihre Form besonderen Schutz. Eine gut gewartete, leistungsfähige und funktionsfähige hochvolumige Absauganlage ist zum Einfangen von Speichelaerosolen unabdingbar.

 

Gewissenhafte Wartung der Absauganlage

Jeden Tag muss überprüft werden, ob die Absauganlage einwandfrei arbeitet und den Spraynebel einfängt. Mit geeigneten antiviralen Desinfektionsmitteln sollten nun nach jedem Patienten das Speibecken desinfiziert und die Schläuche gründlich gereinigt und nachgespült werden (z. B. FD 333, Wirksamkeitsstufe 3, bakterizid, fungizid, voll viruzid).

 

Klimaanlagen

In der Coronakrise stellt sich die Frage, ob es mit Blick auf die Aerosolverteilung eine gute Idee ist, eine Klimaanlage zu betreiben. Klimaanlagen können Virenschleudern sein, wenn sie an keine Frischluftzufuhr angeschlossen sind. Im Zweifelsfall ist mit dem Hausmeister, dem Techniker oder Hersteller der Klimaanlage zu klären, um welche Art von Klimaanlage es sich handelt und wie sicher sie ist. Umluftkühlgeräte ohne Filter können keine Viren aus dem Raum filtern. Dagegen ist viel Frischluft die beste Möglichkeit, eine mögliche Viruslast im Raum zu senken. Dies gilt besonders auch für das Wartezimmer.

Zahnarztbesuch ist wichtig ‒ gerade jetzt!

Gerade in der zahnärztlichen Praxis gehört ein enger Patientenkontakt zum Arbeitsalltag. Die Gefahr scheint groß, sich über Tröpfcheninfektion und Aerosole anzustecken. Deshalb sind viele Patienten ängstlich und verunsichert und bleiben vorsichtshalber weg. Doch dies ist in Hinsicht auf die Zahngesundheit verhängnisvoll. Die Zahnarztpraxen haben sich professionell auf die neue Situation eingestellt, die Hygienevorkehrungen in den Praxen sind ausgebaut und aufgerüstet worden. Darüber sollten Patienten aufgeklärt werden, in der Praxis und auch auf der Praxis-Website.

 

Für unsere Patienten ist es sehr wichtig, sich mit gesundem Zahnfleisch und gesunden Zähnen bestmöglich vor COVID-19 zu schützen, stellen sie doch Eingangspforten in den gesamten Organismus dar. Ein krankes Parodontium kann das Risiko auf einen gefährlichen Verlauf der Viruserkrankung erhöhen. Man kann den Patienten nur dringend raten, ihre regelmäßigen Zahnarztbesuche sowie die Prophylaxesitzungen beizubehalten.

Quelle: Seite 2 | ID 46853034