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Softwarebasierte Planung: Im Planungsteam die Schnittstellen proaktiv und effektiv managen
| Das Schnittstellenmanagement bezieht sich nicht nur auf die Koordination der baufachlichen Inhalte, sondern auch auf die IT-mäßigen Gegebenheiten. Planungssoftware ermöglicht sehr differenzierte Planungsprozesse bzw. Arbeitsschritte. Dadurch steigen auch die Anforderungen an das organisatorische Schnittstellenmanagement der Planungsbeteiligten. Es reicht nicht, dass jeder Planungsbeteiligte seinen Fachbeitrag in den Planserver einstellt und abwartet, was passiert. Das Schnittstellenmanagement erfordert mehr. PBP gibt deshalb Handreichungen, wie es gelingt. |
Fakt: HOAI regelt Schnittstellen bei Datensätzen nicht
Die HOAI äußert sich zu solchen detaillierten Schnittstellen bzw. Verfahrensfragen nicht. Die einzustellenden Datensätze und jeweiligen Arbeitsschritte sind bei den meisten Projekten kleinteiliger als die kleinsten Regelungseinheiten in der HOAI. Somit gilt es, selbst die Initiative zu ergreifen, um spätere Änderungen, Terminverzögerungen, Arbeitsüberlappungen und erhöhte Haftungsrisiken zu vermeiden.
Jeder Arbeitsschritt wird bei mittleren und großen Projekten stufenweise erarbeitet, koordiniert, in die Objektplanung integriert und dann freigegeben. Die Freigabe muss jeder Planungsbeteiligte für seinen eigenen Planungsbeitrag leisten, damit aus der Gemengelage kein Durcheinander wird.
Einheitliche Datenstrukturen sind dabei genauso wichtig wie Kennungen, anhand derer Planungsbeiträge wieder auffindbar sind. Das Haftungsrisiko verbleibt bei den jeweiligen Verfassern der Planungsbeiträge, die als Datensatz (bzw. im folgenden Beispiel als Layer) ins System eingestellt werden.
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Davon unberührt ist die Frage der Art der Angaben. Die fachtechnischen Einzelheiten zu den Datensätzen sind projektspezifisch festzulegen.
Ziele und Vorteile der Schnittstellenstruktur
Diese Schnittstellenstruktur soll insbesondere bei engen Planungsterminen
- die Abläufe der Koordination erleichtern; denn es macht keinen Sinn, wenn die jeweiligen Datensätze unterschiedlich strukturiert und nicht kompatibel sind,
- eine den Projekterfordernissen und Terminen angepasste stufenweise Koordination und Integrationsleistung je Bauteil beschleunigen,
- eine technische und organisatorische Gliederung in rohbaurelevante und ausbaurelevante Planungsabläufe ermöglichen, da diese Angaben zu unterschiedlichen Bereitstellungsterminen auf die Baustelle gehen müssen,
- jederzeit die Nachvollziehbarkeit der Zuständigkeit für die betreffenden Planungsbeiträge/Datensätze gewährleisten,
- geeignet sein, für die spätere Arbeitsvorbereitung der Baufirmen speziell die Planungsinhalte zu extrahieren, die den jeweils zuständigen Ausführungsgewerken zuzuordnen sind.
Darüber hinaus müssen die Datensätze, die in den Server eingestellt werden, den jeweiligen Status (z. B. Vorabzug zur Koordination oder endgültige Planungsangabe) darstellen und entsprechend gekennzeichnet sein.
Wichtig | Es sollte immer klar sein, bis wann es sich bei einem eingestellten Datensatz noch um einen Regelplanungsbeitrag, z. B. im Rahmen der Koordination, handelt und ab wann ein in den Projektserver eingestellter Datensatz eine Planungsänderung darstellt.
Systematische Freigaben sind erfreuliche Nebenwirkung
Am Ende dieses Prozesses steht dann die Freigabe des jeweiligen Planungsbüros. Jeder gibt dabei nur die Planungsbeiträge bzw. Datensätze frei, die seinem Planungsinhalt entsprechen. Damit wird das Schnittstellenmanagement durch den gesamten Planungsprozess transparent geführt.
Verantwortlichkeiten werden transparent
Ein Vorteil dieser Vorgehensweise besteht u. a. darin, dass diese datensatzbasierten Schnittstellen im gesamten Planungsvertiefungsprozess in transparenter Form aufzeigen können, durch wen und wann z. B.
- Planungsänderungen oder
- unverschuldete Verzögerungen
entstanden sind. Damit wird eine wesentliche Voraussetzung für spätere Planungsnachträge geschaffen.
Außerdem ist das Haftungsrisiko der Planungsbeteiligten deutlich überschaubarer. Spätestens bei Terminänderungen, Planungsänderungen, Nebenangeboten, Änderungsvorschlägen, Kündigungen von Projektbeteiligten zeigen sich die Vorteile besonders.
Grundsätze EDV-gesteuerten Schnittstellenmanagements
Weiteres Ziel des Datenaustausches via Projektserver ist es, jederzeit auf alle relevanten Unterlagen und Daten zugreifen zu können. Das gilt auch für die Dateieigenschaften. So gelten die Grundsätze, dass Dateien (z. B. DWG) immer auch durch PDF-Dateien zu ergänzen sind und dass jeder Planungsbeteiligte nur eigenerzeugte Datensätze und Dateien an die weiteren Planungsbeteiligten übergeben sollte.
Codierung der jeweiligen Planungsinhalte ist ebenfalls erheblich
Die Codierung von Plänen, Berechnungen und weiteren Planungsunterlagen muss ebenfalls einheitlich sein, damit die Auffindbarkeit und Zuordnung zu einzelnen Planungsbeteiligten oder den jeweils betroffenen ausführenden Unternehmen erleichtert wird.
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Datensätze und Leistungsbilder/Vertragsinhalte
Last but not least gilt, dass als Schnittstelle auch die sog. Vertragsleistungsgrenze bei den Koordinations- und Integrationsleistungen zu würdigen ist. So hat der Objektplaner z. B. die Fachbeiträge/Datensätze zu koordinieren, soweit sie im räumlichen Umfang seiner Objektplanung liegen. Wird sein Leistungsumfang aber „geometrisch verlassen“, muss der nächste Objektplaner übernehmen.
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Bei der Objektplanung Gebäude und der Objektplanung Freianlagen dürfte die Koordinationsschnittstelle an der Fassade des Objektes Gebäude liegen. Aber auch das hängt von der jeweiligen einzelvertraglichen Regelung ab. |
Wichtig | Die jeweiligen Objektplaner, die die in ihrem Zuständigkeitsbereich agierenden Fachplaner und Berater koordinieren, sollten auf jeden Fall noch eine nachvollziehbare Regelung treffen, die die Schnittstelle ihrer Objektplanungen betrifft. Hier kommt der Bauherr ins Spiel. Der BGH hat geklärt, dass die Koordination zweier Objektplanungen zu einem „einheitlichen Ganzen“ nicht zum Bestandteil der jeweiligen Grundleistungen der betreffenden Leistungsbilder zählt (BGH, Beschluss vom 31.07.2013, Az. VII ZR 59/12, Abruf-Nr. 133961).
Schnittstellenmanagement und zusätzliches Honorar
Die Vorteile eines gut organisierten Schnittstellenmanagements kosten Geld. Das zeigt ein Blick in die abschließend ausformulierten Grundleistungen der betreffenden Leistungsbilder. Die meisten der oben und nachfolgend beschriebenen Leistungen sind nicht Bestandteil der Grundleistungen. Viele Auftraggeber haben das erkannt und sind bereit, die damit zusammenhängenden zusätzlichen Leistungen zu beauftragen. Im Ergebnis ermöglichen sie damit eine deutlich besser organsisierte und schnellere Projektabwicklung sowie Vorteile bei der späteren Bauunterhaltung.
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Einbindung der Montage-/Werkstattplanung in Software
Schließlich gilt es noch, die von den ausführenden Unternehmen zu erarbeitenden Montage- und Werkstattpläne in die Datenstruktur einzubinden. Das ist durch entsprechende Regelungen in den Bauverträgen sicherzustellen. Auch hier müssen neben den baufachlichen Vorgaben (z. B. darf Montage- und Werkstattplanung koordinierte Ausführungsplanung ändern? Wenn ja, nur mit Zustimmung des Planungsteams?) alle softwarebezogenen Bedingungen vereinbart werden.
Das Freigabeverfahren
Am Ende der Koordinations- und Integrationsleistungen muss eine Freigabe der Planungsinhalte erfolgen, damit die ausführenden Unternehmen mit ihren Arbeitsvorbereitungen beginnen können. Diese Freigaben müssen auf die jeweiligen Planungsbeiträge bezogen sein und damit auch terminiert werden.
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Der Objektplaner übergibt seine Planungsergebnisse an den Tragwerksplaner, der sein Tragwerk endgültig ausführungsreif plant (z. B. Schalpläne, Bewehrungspläne, Stahlbaupläne). Hat man die Grundleistungen der HOAI als Vertragsgegenstand vereinbart, darf der Tragwerksplaner davon ausgehen, dass die Ausführungspläne des Objektplaners „fertig sindg“, er also die Koordinations- und Integrationsleistungen, die in der Lph 5 erforderlich sind, abgeschlossen hat. |
Die Freigabe für die Erstellung der Schal- und Bewehrungspläne ist also der redaktionelle Abschluss des betreffenden Arbeitsschrittes. Im Zuge der Montage- und Werkstattplanung dürfen nur Planungsvertiefungen erfolgen jedoch keine Planungsänderungen. Diese Maßgaben an die Montage- und Werkstattplanung sollten generell in die Ausschreibungsunterlagen für die betreffenden Gewerke aufgenommen werden. Damit wird eine geordnete weitere Bearbeitung durch die ausführenden Unternehmen gewährleistet. Ausnahme: Änderungsvorschläge, bei denen jedoch vorher über die Gleichwertigkeit und die damit zusammenhängende Vergütung (alle Planungsbeteiligten betreffend) verhandelt werden sollte.
Informationen an alle Beteiligten
Es muss sichergestellt werden, dass bei Planungsänderungen oder vergessenen Planungsangaben, alle Beteiligten in Kenntnis gesetzt werden. Das erfolgt regelmäßig dadurch, dass die beteiligten Planungsbüros über neu eingestellte Datensätze informiert werden. Zu regeln ist, wer über welche Änderungen informiert werden soll.
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Ändern sich Deckendurchbrüche mit Datum vom 15.04.2021, so ist regelmäßig die Bauüberwachung unverzüglich zu informieren, um etwaige Änderungen auf der Baustelle (geplanter Ausführungstermin: 15.06.2021) noch rechtzeitig durchsetzen zu können. Ändert sich zum gleichen Zeitpunkt ein Detail eines baukonstruktiven Einbaus (Ausführungstermin: August 2022), muss die Bauüberwachung darüber noch nicht informiert werden. Denn sie benötigt zu diesem Zeitpunkt noch keine freigegebenen Ausführungspläne zu baukonstruktiven Einbauten. |
Wichtig | Das Beispiel zeigt, dass nicht alle Informationen unreflektiert an alle Planungsbeteiligten gegeben werden. Eine Informationsinflation führt dazu, dass die Nachrichten in ihrer Beachtung und Bedeutung deutlich verlieren. Daher wird vorgeschlagen, die gegenseitige Information an die fachlichen und organisatorischen Erfordernisse individuell abzustimmen.
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Vier Fälle aus der Praxis: Schnittstellendetails früh regeln und Risiken vermeiden, PBP 3/2021, Seite 10 → Abruf-Nr. 47135276
- Beitrag „Bauen im Bestand: Schnittstellenmanagement erfordert frühzeitige Besondere Leistungen“, PBP 2/2021, Seite 15 → Abruf-Nr. 47085939