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· Fachbeitrag · Prozesskostenhilfe

Antrag auf PKH und gleichzeitig Autokauf auf Raten passen nicht immer zusammen

| Darlehensverbindlichkeiten, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) begründet werden, können nur dann als Belastungen berücksichtigt werden, wenn es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die entweder unaufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind. |

 

Sachverhalt

Anfang 2018 erhob der ArbN Kündigungsschutzklage und beantragte PKH, die Anlage über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war beigefügt. Das Verfahren endete Anfang März 2018 durch ein Anerkenntnisurteil. Auf Basis der vorgelegten Unterlagen berechnete das Arbeitsgericht ein Einkommen von 217,29 EUR monatlich und damit eine Ratenzahlungspflicht von 108 EUR. Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts legte der ArbN sofortige Beschwerde ein. Er führte aus, dass er einen Kredit zur Finanzierung eines Pkws habe aufnehmen müssen, nachdem sein vorheriges Fahrzeug im Jahr 2002 verunfallt war, woraufhin ihm der Führerschein entzogen worden sei. Den ursprünglichen Kredit habe er aufstocken müssen. Hierfür legte er einen Darlehensvertrag der U Bank für ein Fahrzeug mit Ratenbeginn ab dem 1.6.18 und monatlichen Raten von 476 EUR für eine zu finanzierende Summe von 21.700 EUR vor. Auch seien die monatlichen Kosten für sein Mobiltelefon in Höhe von 60 EUR als Belastung anzurechnen.

 

Es erfolgte eine Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts Detmold (3 Ca 88/18), da die Notwendigkeit der Kreditaufnahme nicht dargelegt worden sei und die Kosten für das Mobiltelefon bereits im Freibetrag gemäß § 115 ZPO enthalten seien. Der Sachverhalt wurde der Beschwerdekammer vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die 5. Kammer des LAG Hamm (25.6.18, 5 Ta 263/18, Abruf-Nr. 202578) wies die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück.

 

Darlehensschulden und Abzahlungsverpflichtungen, die die Partei in Kenntnis bestehender oder bevorstehender Verfahrenskosten aufgenommen habe bzw. die sie in Ansehung des Prozesses oder nach dessen Aufnahme eingegangen sei, sind in der Regel nicht als besondere Belastungen gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO zu berücksichtigen. Die Partei habe sich in ihrer Lebensführung grundsätzlich darauf einzustellen, dass sie entstehende oder entstandene Prozesskosten zu tragen habe.

 

Ausnahmsweise seien solche Verbindlichkeiten berücksichtigungsfähig bei sogenannten lebenswichtigen oder lebensnotwendigen Schulden. Dazu zählen auch Verbindlichkeiten, die aufgrund einer sittlichen Verpflichtung oder zumindest auch aufgrund beruflicher Notwendigkeit entstanden seien. Es sei darauf abzustellen, ob es sich um für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf notwendige Anschaffungen handelt, die entweder nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig seien.

 

Diese Voraussetzungen seien vom ArbN trotz der Nachfrage des Arbeitsgerichts nicht dargetan. Es mag sein, dass ein Fahrzeug 2002 verunfallt ist. Weshalb dieses zur Folge habe, dass er nunmehr im März 2018 ein neues Fahrzeug erwerben muss, sei nicht ersichtlich. Auch soweit der Vortrag des ArbN dahin gehen sollte, dass er mit dem vorgelegten Darlehensvertrag gegebenenfalls ein altes Darlehen umgeschuldet hat, fehle es an jeglichem Nachweis.

 

Damit sei die zwingende Notwendigkeit der Darlehensaufnahme gerade zum Zeitpunkt der Einleitung des Kündigungsschutzverfahrens nicht dargetan. Dem ArbN wäre es zumutbar gewesen, zunächst die Prozesskosten zu tragen, ehe er neue Verbindlichkeiten eingehe. Die entsprechenden Monatsraten seien nicht zu berücksichtigen.

 

Was die Kosten für sein Mobiltelefon angehe, handele es sich um Ausgaben im Rahmen der persönlichen Lebensführung, die vom Freibetrag des § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 a ZPO erfasst seien und nicht als besondere Belastung gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Ziff. 4 ZPO geltend gemacht werden können.

 

Relevanz für die Praxis

Gemäß § 114, § 119 Abs. 1 S. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn

  • die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
  • nicht mutwillig erscheint.

 

Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers besteht und das Prozesskostenhilfe-Gesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt.

 

In der Praxis ist es so, dass die Arbeitsgerichte bei der PKH-Gewährung die Erfolgsaussichten nach dem Vortrag des jeweiligen Klägers eher großzügig prüfen und fehlende Erfolgsaussicht nur bei offensichtlicher Unzulässigkeit oder Unschlüssigkeit der Klage annehmen. Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die dem Rechtspfleger übertragen ist, muss hingegen unter vollständiger Ausfüllung der entsprechenden Erklärung, wahrheitsgemäß und mit Nachweis der angegebenen Belastungen/Einkünfte erfolgen.

 

Weiterführender Hinweis

  • Vergütungsantrag: Wann darf das Gericht keine Frist setzen: LAG Düsseldorf AA 17, 40
Quelle: Seite 157 | ID 45454047