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· Fachbeitrag · Rechnungslegung

FG Münster: Buchführung mit Excel ist finanzamtssicher

| Viele Vereine arbeiten mit Tabellenkalkulationen als Buchhaltungslösung. Bei diesen einfachen, günstigen und oft sehr praktikablen Systemen wird aber oft in Frage gestellt, ob sie „finanzamtsfest“ sind. Das FG Münster hat das bejaht und der Finanzverwaltung eine Niederlage beschert. VB nimmt die Entscheidung zum Anlass, Ihnen die gesetzlichen Vorgaben für die Vereinsbuchhaltung vorzustellen und den Münsteraner Fall darin einzuordnen. |

Das sind die gesetzlichen Vorgaben

Der Gesetzgeber fordert, dass eine Buchung oder Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden darf, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist (§ 146 Abs. 4 AO). § 146 Abs. 5 AO regelt zugleich, dass Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen auch in der geordneten Ablage von Belegen bestehen können.

 

Folge: Immer dann, wenn Belege in Papierform oder einer digitalen Form vorliegen, die veränderungssicher ist (z. B. pdf), ist die Belegerfassung mit der Tabellenkalkulation oder ähnlichen Systemen gar nicht Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Buchhaltung. Sie ist also eine „zusätzliche“ Erfassung, während die eigentlichen Aufzeichnungen in Form der Belege bestehen.

 

Natürlich zählen Belege sich nicht selbst zusammen. Es sind also entsprechende ‒ heute fast immer digital geführte ‒ Erfassungssysteme erforderlich. Diese oft als eigentliche Aufzeichnungen betrachteten Tabellen sind aber nicht Bestandteil der Pflichtaufzeichnungen, sondern „überobligatorisch“. Gegen solche Aufzeichungen mit Excel und Co. kann es also aus steuerrechtlicher Sicht keine Einwände geben.

Digitale Belege

Anders sieht es aus, wenn die (Eigen-)Belege selbst in einer änderbaren Form erstellt werden. Das gilt z. B. für:

  • Tageskassenabrechnungen,
  • Kopien von Ausgangsrechnungen,
  • Fahrtenbücher oder Einzelbelege für Reisekostenabrechnungen.

 

Hier handelt es sich um sog. Ursprungsbelege. Für die muss eine Form gewählt werden, bei der eine spätere Änderung ausgeschlossen ist, die den ursprünglichen Inhalt unkenntlich macht. Sie müssen also entweder in Papierform erstellt werden oder in einem entsprechenden digitalen Format (z. B. pdf). So gibt es z. B. keine Bedenken, wenn von verschickten Rechnungen nur eine Kopie als pdf aufbewahrt wird, soweit das pdf zeitgleich mit der Papierrechnung erstellt und abgelegt wird.

Die Kassenberichte

Kasseneinnahmen und Kassenausgaben müssen täglich festgehalten werden (§ 146 Abs. 1 S. 2 AO). Eine zeitgerechte Verbuchung der Kasseneinnahmen und Kassenausgaben reicht dazu nicht immer aus. Die erforderliche tägliche Abstimmung des Kassenbestands ist in der Regel nur möglich, wenn Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich aufgezeichnet würden. Dabei bestimmt die Kasseneigenschaft die Art der Aufzeichnung. Werden die Bareinnahmen in einer offenen Ladenkasse erfasst, erfordert das einen täglichen Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens der Bareinnahmen erstellt worden ist.

 

Wichtig | Als „offene Ladenkasse“ gelten Barkassen, die ohne jede technische Unterstützung geführt werden. Dazu gehören alle Behältnisse für das Bargeld, z. B. Schubladen in der Ladentheke, herkömmliche Geldkassetten, Zigarrenkisten oder einfach nur ein Karton.

 

  • Beispiel eines Kassenberichts

Tagesendbestand (Endbestand zum Geschäftsschluss)

./.

Anfangsbestand (Kassenbestand am Ende des Vortags)

=

Zwischensumme (Saldo aus Tageseinnahmen und Tagesausgaben)

+

Kassenausgaben des Tages

+

Geldtransit auf das Bankkonto oder weitere Kassen

./.

Sonstige Tageseinnahmen

=

Summe der Kasseneinnahmen

 

 

Wichtig | Ein eigenes Kassenbuch ist nicht erforderlich. Den gleichen Zweck erfüllt die Ablage (nach Datum) aneinandergereihter Kassenberichte.

Kassenbuch in Excel ist zulässig

Wird der Gewinn ‒ wie bei den meisten Vereinen ‒ mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, besteht keine Verpflichtung, ein Kassenbuch zu führen (BFH, Urteil vom 16.02.2006, Az. X B 57/05, Abruf-Nr. 061257).

 

Gemeint ist damit die fortlaufende Aufzeichnung aller Kassenbelege, auch der täglichen Kassenberichte. Man muss hier also unterscheiden zwischen den Kassenberichten (Tageskassenabrechnungen) als Einzelbelege (Ursprungsbelege) und der Erfassung von Kassenberichten und anderen Barbelegen im Kassenbuch.

 

Dass ein solches Kassenbuch (nicht aber die Kassenberichte) in Form eines Excel-Dokuments geführt wird, spricht nicht gegen eine ordnungsmäßige Buchführung. Nicht zulässig ist eine Tabellenkalkulation hier aber, wenn damit die Tageskassenabrechnung erstellt und diese lediglich ‒ für jeden Tag ‒ in diesen Dateiformat abgespeichert werden. Hier ist die Tageskassenabrechnung ein Ursprungsbeleg, der nicht änderbarer Form aufbewahrt werden muss.

 

Kassenbericht nur bei Bareinnahmen ohne Einzelbelege erforderlich

Das gilt aber nur für Bareinnahmen ohne Einzelbelege. Liegen für alle Barzahlungen Einzelbelege vor, erfüllt die geordnete Ablage dieser Belege die Aufzeichnungspflichten. Die täglichen Abrechnungen müssen dagegen in nicht änderbarer Form erstellt werden, wenn ‒ was zulässig ist ‒ Bareinnahmen erfolgen, ohne dass für jeden Betrag ein Einzelbeleg ausgestellt wird.

 

Wichtig | Für Ausgaben müssen immer Fremdbelege vorliegen. Gibt es keine Bareinahmen ohne Einzelbelege, muss weder eine Tageskassenabrechnung erstellt noch muss ein Kassenbuch geführt werden.

 

Umgang mit Aufzeichnungen bei Einnahmen-Überschuss-Rechnern

Die Übersicht zeigt, wie Einnahme-Überschuss-Rechner „kassenrelevante“ Vorgänge aufzeichnen bzw. aufbewahren müssen.

 

Unterlagen

Aufbewahrung

Fremdbelege

Im Original oder eingescannt (nicht änderbar)

Digitale Fremdbelege

In digitaler Ursprungsform

Eigenbelege

Auf Papier oder digital (nicht änderbar)

Kassenberichte (Tagesabrechnungen)

Auf Papier oder digital (nicht änderbar)

Kassenbücher

Nicht erforderlich, Form der Aufzeichnung beliebig, auch in änderbaren Formaten (z. B. Excel)

Weitere Aufzeichnungen zur Ermittlung des Überschusses/Fehlbetrags

Nicht zwingend erforderlich, Form der Aufzeichnung beliebig, auch in änderbaren Formaten (z. B. Excel)

 

Unterschiede bei elektronischen und offenen Ladenkassen

Elektronische Kassen müssen mit einem entsprechenden Sicherungssystem versehen sein, das keine nachträgliche Änderung an den Abrechnungen erlaubt. Bei offenen Ladenkassen müssen statt der automatischen Erfassungen manuell Kassenberichte erstellt werden. Grundlage dafür ist das tatsächliche Auszählen der Bareinnahmen. Einnahmen, die nicht aus Ausgangsumsätzen stammen (z. B. Einlagen), müssen besonders vermerkt und zur Ermittlung der Tageslosung vom Kasseneingang abgezogen werden.

 

Wichtig | Werden elektronische Kassen und offene Ladenkassen nebeneinanderer geführt, gelten für alle Kassen die jeweiligen Vorschriften. Gegen ein Nebeneinander der beiden Kassensysteme gibt es keine Bedenken. Mängel beim Einsatz einer Kasse wirken sich nicht auf die anderen Kassen aus.

  • Beispiel

Der Verein führt eine Getränkekasse als offene Ladenkasse und nutzt für den Ticketverkauf eine elektronische Kasse mit Bonausgabe. Ist die Getränkekasse mangelhaft, darf das Finanzamt nur die Führung dieser Kasse verwerfen und Umsätze (z. B. auf Basis des Getränkeeinkaufs) korrigieren (erhöhen).

 

Wann darf das Finanzamt die Buchhaltung verwerfen?

Buchführung und die Aufzeichnungen Ihre Vereins, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, werden der Besteuerung zugrunde gelegt, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Das regelt § 158 AO.

 

Die Entscheidung des FG Münster

Nach Auffassung des FG Münster heißt das, dass formell ordnungsmäßig geführte Bücher bzw. Aufzeichnungen als sachlich richtig gelten, solange keine Umstände vorliegen, die diese Vermutung erschüttern. Für buchführungspflichtige Steuerpflichtige gilt, dass eine Buchführung erst dann formell ordnungswidrig ist, wenn sie wesentliche Mängel oder eine Vielzahl an unwesentlichen Mängel aufweist (FG Münster, Urteil vom 29.04.2021, Az. 1 K 2214/17 E,G,U,F, Abruf-Nr. 223082)

 

Wesentlicher Mangel macht Buchführung formell ordnungswidrig

Auch wenn Mängel vorliegen, darf das Finanzamt nicht die gesamte Buchhaltung verwerfen. Das gilt z. B. für eine mangelhafte Kassenführung. Es sei denn, die Geschäftsvorfälle sind überwiegend bar, dann kann das den gesamten Aufzeichnungen die Ordnungsmäßigkeit nehmen.

 

  • Beispiele
  • Ein solcher wesentlicher Mangel liegt vor, wenn ein Verein für Sonderveranstaltungen offene Ladenkassen eingesetzt und keine täglichen Kassenberichte ‒ mit tatsächlicher Auszählung der Bareinnahmen ‒ erstellt hat. Es liegt dann keine ordnungsmäßige Buchführung vor.
  • Die Buchführung ist aber ordnungsgemäß, wenn der Verein eine elektronische Registrierkasse nutzt und alle Kasseneinnahmen und -ausgaben belegbar ordnet. Für Zwecke eines täglichen Kassensturzes darüber hinaus erstellte überobligatorische Kassenberichte in Form eines Excel-Dokuments stehen einer ordnungsmäßigen Buchführung nicht entgegen (FG Münster).
 

Bei wesentlichen Mängeln der Buchführung bzw. den Aufzeichnungen kann das Finanzamt die Buchhaltung verwerfen und die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Bei gemeinnützigen Einrichtungen geht das regelmäßig mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit einher, weil ausreichende Nachweise über die „tatsachliche Geschäftsführung“ fehlen.

 

FAZIT | Die Verwendung von Excel-Tabellen bei der Einnahmen-Überschussrechnung ist alleine schon deswegen zulässig, weil bei einem Überschuss-Rechner keine Pflicht zur (elektronischen) Buchführung besteht ‒ sondern nur eine Aufzeichnungspflicht, die durch die geordnete Ablage der Ursprungsbelege erfüllt ist.

 

Weiterführender Hinweis

  • Beitrag „Kassenführung: Diese Dokumentationspflichten stellen sich bei den jeweiligen Kassensystemen“, VB 3/2018, Seite 10 → Abruf-Nr. 45160609
Quelle: Seite 6 | ID 47479063