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· Fachbeitrag · Reisekosten

Erste Tätigkeitsstätte: BFH zu Postzustellern, Rettungsassistenten und Auslandssemestern

von Dipl.-Bw. (FH) StB Christian Westhoff, Datteln

| Seit der steuerlichen Reisekostenreform gibt es immer wieder Streit zu der Frage, ob bzw. wann eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt. Schlechte BFH-Nachrichten gibt es nun für Postzusteller (BFH 30.9.20, VI R 10/19, Abruf-Nr. 219773 ) und Rettungsassistenten (BFH 30.9.20, VI R 11/19, Abruf-Nr. 219779 ). Demgegenüber können Studenten bei einem Auslands(praxis)semester profitieren (BFH 14.5.20, VI R 3/18, Abruf-Nr. 219282 ). |

 

1. Postzusteller und Rettungsassistenten

Ein Postzusteller begehrte den Abzug von Verpflegungsmehraufwand. Seine Begründung: Der Zustellbezirk sei als weiträumiges Tätigkeitsgebiet (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG) und nicht als erste Tätigkeitsstätte anzusehen. Damit gelte für die Fahrten von der Wohnung zu dem Tätigkeitsgebiet zwar nur die Entfernungspauschale. Er habe aber Anspruch auf Verpflegungsmehraufwand, da die Festlegung als weiträumiges Tätigkeitsgebiet hierfür irrelevant ist.

 

Der BFH sah das aber anders: Der Zustellpunkt (Zustellzentrum), dem ein Postzusteller zugeordnet ist und an dem er arbeitstäglich vor- und nachbereitende Tätigkeiten (z. B. Sortiertätigkeiten, Abschreibpost) ausübt, ist eine erste Tätigkeitsstätte. Da der Postzusteller an den jeweiligen Tagen nicht mehr als acht Stunden von seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte abwesend war, schied ein Verpflegungsmehraufwand aus.

 

Auch eine Rettungswache, der ein Rettungsassistent zugeordnet ist, ist dessen erste Tätigkeitsstätte, wenn er dort arbeitstäglich vor dem Einsatz auf dem Rettungsfahrzeug vorbereitende Tätigkeiten vornimmt (z. B. Überprüfung des Fahrzeugs auf eine ordnungsgemäße Bestückung mit Medikamenten).

 

2. Auslands(praxis)semester

Sieht die Studienordnung vor, dass Studierende einen Teil des Studiums an einer ausländischen Hochschule absolvieren können bzw. müssen, bleibt die inländische Hochschule die erste Tätigkeitsstätte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Student der bisherigen Bildungseinrichtung auch für die Zeit des Auslandsstudiums zugeordnet bleibt. Nach der BFH-Entscheidung sind deshalb Kosten für Unterkunft und Verpflegungsmehraufwand im Ausland als (vorweggenommene) Werbungskosten zu berücksichtigen, auch wenn keine doppelte Haushaltsführung vorliegt. Entsprechendes gilt bei Praxissemestern.

 

MERKE | Von der Entscheidung profitieren insbesondere Studenten, die bereits eine Erstausbildung abgeschlossen haben. Denn nur dann handelt es sich um (vorweggenommene) Werbungskosten (§ 9 Abs. 6 EStG). Anderenfalls handelt es sich nur um Sonderausgaben (bis max. 6.000 EUR im Kalenderjahr abzugsfähig), die bei fehlenden Einkünften in demselben Jahr wirkungslos bleiben (keine jahresübergreifende Verrechnung möglich).

 
Quelle: Seite 40 | ID 47102757