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· Fachbeitrag · Reparaturkosten

Verbringungs- und Lackierkosten: Willkürliche Kürzungen erfolgreich abwehren

| Es wird heftig gestritten, um die Verbringungs- und Lackierkosten sowie um die Positionen drumherum. Z. B. über die Erstattungsfähigkeit der Verbringungskosten an sich im Haftpflicht- und im Kaskofall sowie deren Höhe bei konkreter Reparatur oder fiktiver Abrechnung. Bei den Lackierkosten geht es um den Einsatz von Lackierrädern, die farbangleichende Einlackierung oder Sicherungsmaßnahmen vor der Ofentrocknung. UE verschafft Ihnen einen Überblick und liefert Ihnen dazu Textbausteine, mit denen Sie Ihre Rechte gegen kürzungswütige Versicherer durchsetzen können. |

Verbringungskosten

Verbringungskosten im Haftpflichtfall grundsätzlich erstattungsfähig

Seit Langem sind die Verbringungskosten im Fokus der Versicherer. In einem Verfahren vor dem AG München hatte der Versicherer kühn vorgetragen, markengebundene Fachwerkstätten hätten nahezu ausnahmslos eine eigene Lackiererei, und die wenigen, die keine hätten, würden keine Verbringungskosten berechnen.

 

Das wurden dann teure Verbringungskosten. Denn das Gericht hat dazu ein Sachverständigengutachten eingeholt, dessen Ergebnis Kenner des Markts keineswegs überrascht: Der Sachverständige konnte diese These des Versicherers nicht bestätigen. Die Verbringungskosten wurden zugesprochen (AG München, Urteil vom 11.12.2014, Az. 333 C 32338/13, Abruf-Nr. 143864).

 

PRAXISHINWEIS | Bei konkreter Abrechnung nach durchgeführter Reparatur ist die Durchsetzung einfach: Der Geschädigte muss ganz sicher nicht so lange suchen, bis er eine Werkstatt findet, die keine Verbringungskosten berechnet. Also sind die Verbringungskosten erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB.

 

Es ist selbstverständlich, dass der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer diese Kosten übernehmen muss, denn sie gehören zu den erforderlichen Kosten der Reparatur. Dazu liegen diverse Urteile vor:

 

  • Bei einer tatsächlich in der Markenwerkstatt, die keine eigene Lackiererei hat, durchgeführten Reparatur gehören die Verbringungskosten zum vom gegnerischen Haftpflichtversicherer zu ersetzenden Schaden (AG Günzburg, Urteil vom 6.9.2011, Az. 1 C 164/11, Abruf-Nr. 113208).

 

  • Der Versicherer kann vom Geschädigten nicht verlangen, dass er eine Werkstatt sucht, die eine eigene Lackiererei hat, um Verbringungskosten zu vermeiden (AG Backnang, Urteil vom 16.8.2012, Az. 6 C 225/12, Abruf-Nr. 122655).

 

  • Der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer muss bei einer tatsächlich durchgeführten Reparatur die berechneten Verbringungskosten erstatten, wenn die sich im Rahmen dessen halten, was im Schadengutachten prognostiziert war. Denn solche Verbringungskosten darf der Geschädigte schadenrechtlich für erforderlich halten, entschied das AG Hattingen (Urteil vom 18.3.2016, Az. 11 C 211/15, Abruf-Nr. 146765)

 

  • Wenn eine Reparaturfirma die firmen- oder gruppeneigene Lackiererei räumlich ausgelagert hat, sind Verbringungskosten zu ersetzen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.1.2010, Az. I-1 U 140/09, Abruf-Nr. 101049). Im Prozess vor dem OLG Düsseldorf ging es um eine Mercedes-Niederlassung. Diese ist an mehreren Standorten präsent. Sie unterhält eine an einem weiteren Standort angesiedelte Lackiererei, die zentral für alle Standorte tätig ist.

 

  • PRAXISHINWEWIS | Das Urteil ist übertragbar auf jede Werkstatt, die eine eigene ausgelagerte Lackiererei unterhält. Eine Ausnahme gilt wohl, wenn sich die Lackiererei direkt auf dem Nachbargrundstück befindet.

     

Die Höhe der Verbringungskosten

Wie immer im Haftpflichtschadenrecht muss unterschieden werden zwischen der werkvertraglichen Frage im Verhältnis zwischen der Werkstatt und dem Geschädigten und der schadenrechtlichen im Verhältnis vom Geschädigten zum gegnerischen Versicherer. Wenn bei einem Werkvertrag über die Gesamtkosten oder über einzelne Positionen der Rechnung keine konkrete vorherige Vereinbarung vorliegt, darf die Werkstatt gemäß § 632 Abs. 2 BGB „das Übliche“ berechnen.

 

PRAXISHINWEIS | Allgemeingültige Beträge gibt es hier nicht. Diese sind regional unterschiedlich. Jeder Schadengutachter müsste den Überblick haben, welche Betriebe in der Region welche Beträge berechnen. Daraus lässt sich „das Übliche“ ermitteln, also die Bandbreite „von ... bis“. Das Übliche mit dem Durchschnitt gleichzusetzen, wäre falsch. Denn dann wäre der Durchschnitt die Obergrenze. Das würde sofort zu einem neuen Durchschnitt führen.

 

Das, was die Werkstatt in nach § 632 Abs. 2 BGB zulässiger Weise an den Geschädigten berechnet, muss der Versicherer auch erstatten. Das kann er nicht durch willkürlich ersonnene Beträge ersetzen.

 

Mit dem AG Landshut und dem AG Mühlhausen haben zwei Gerichte die Position von Kfz-Werkstätten gegenüber den Versicherern gestärkt: Beide Gerichte halten bei den Verbringungskosten einen Aufwand von 1,5 Stunden für angemessen. Der Versicherer darf nicht kürzen.

 

  • AG Landshut: Berechnet die Werkstatt Verbringungskosten (hin und zurück) mit einem Aufwand von 1,5 Stunden, ist das jedenfalls bei den konkreten Umständen des Falls nicht zu beanstanden. Im Übrigen sind die Kosten dem Geschädigten in Rechnung gestellt und schon von daher erstattungspflichtig (AG Landshut, Urteil vom 10.6.2016, Az. 3 C 565/16, Abruf-Nr. 187107).

 

  • Ebenso sieht es das AG Mühlhausen: Bei einer einfachen Transportentfernung von 12,5 km sind 1,5 Stunden angemessen. So war es auch im Schadengutachten notiert und so ist es berechnet, und schon deshalb ist das aus Sicht des Geschädigten erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB (AG Mühlhausen, Urteil vom 24.6.2016, Az. 3 C 90/16, Abruf-Nr. 187227).

 

Verbringungskosten, wenn nur lackiert werden muss

Auch wenn die Schadenbeseitigung allein durch Lackierungsarbeiten erfolgt, darf der Geschädigte das Fahrzeug zur Reparatur in einer Werkstatt der Marke zur Reparatur geben. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des AG Berlin-Mitte (Urteil vom 6.5.2015, Az. 112 C 3004/15, Abruf-Nr. 144508).

 

Der Fall ist ja wirklich bemerkenswert: Durch den Unfall entstand ausschließlich ein Lackschaden. Die Markenwerkstatt hat keine eigene Lackiererei und verbringt das Fahrzeug zum Lackierer. Noch bemerkenswerter: Das war eine fiktive Abrechnung. Also genauer gesagt: Die Werkstatt „würde“ das Fahrzeug zur Lackiererei verbringen. Das Urteil ist nur sehr knapp gehalten. Von der einsendenden Rechtsanwältin wissen wir: Es war ein Lkw, und der war jünger als drei Jahre. Da spielen dann die Überlegungen des BGH mit hinein, dem es um den Schutz des Geschädigten vor dem Herstellereinwand „Garantieverlust wegen Fremdgehens“ geht. Mit den gleichen Argumenten funktioniert das also erst recht bei einer tatsächlich durchgeführten Reparatur. Schwierig wird es aber, wenn der Geschädigte eine freie Werkstatt aufsucht. Das Garantieschutzargument greift dann nicht, und dann fiele es dem Versicherer leichter, wenn er argumentiert, unter diesen Umständen hätte der Geschädigte gleich die Lackiererei beauftragen müssen.

 

PRAXISHINWEIS | Verwenden Sie im Fall der konkreten Abrechnung den Textbaustein 393 auf Seite 11.

 

Verbringungskosten auch fiktiv

Die Verbringungskosten stehen dem Geschädigten auch fiktiv zu, wenn sie bei einer konkreten Reparatur anfallen würden. Denn die Reparaturkosten können bei der fiktiven Abrechnung nicht in „angefallene“ und „nicht angefallene“ Einzelposten unterteilt werden (BGH, Urteil vom 19.2.2013, Az. VI ZR 401/12, Abruf-Nr. 131159). Das ist auch völlig logisch, denn bei einer konsequent fiktiven Abrechnung, bei der der Geschädigte überhaupt nichts repariert, fällt ja gar nichts an.

 

Allerdings kommt es auf Folgendes an: Erst ist anhand der Rechtsprechung des BGH zu ermitteln, welche Werkstatt der Maßstab der Abrechnung ist:

 

  • Ist das beschädigte Fahrzeug nicht älter als drei Jahre oder - wenn älter - konsequent markenwerkstattgepflegt, ist die Messlatte das Autohaus der Marke am Ort. Würde das bei einer gedachten Reparatur Verbringungskosten berechnen, sind die auch fiktiv zu erstatten.
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  • Kann der Versicherer den Geschädigten aber auf andere Werkstätten verweisen, kommt es darauf an, wie die abrechnen würden.

 

Die Situation bei Kaskoschäden

Bei Kaskoschäden außerhalb von Schadensteuerungsvereinbarungen ist - wie immer bei Fragen zu Reparaturkosten im Kaskobereich - ein Blick in den Vertrag zu werfen. Es ist zu prüfen, ob die Klauseln zu den Reparaturkosten Regelungen zu den Verbringungskosten enthalten.

 

Wenn ja, gilt das Vereinbarte. Wenn es aber keine Regelung dazu gibt, dann gilt das Gleiche wie bei den Haftpflichtschäden. Denn die werkvertragliche Frage ist identisch zu beurteilen, weil der Werkvertrag unabhängig von der Versicherung zu beurteilen ist. Ohne Sonderregelungen schuldet auch der Kasko-Versicherer die „erforderlichen Kosten “ der Reparatur.

 

PRAXISHINWEIS | Nutzen Sie den Textbaustein 401 auf Seite 14 - mit je einer Variante für den Haftpflichtschaden- und den Kasko-Fall. Die Zahlen darin müssen Sie nach Rücksprache mit einem kundigen Schadengutachter ergänzen.

 

Strafanzeigen wegen Verbringungskosten

Eine Anwaltskanzlei informierte die UE-Redaktion, dass ein großer Versicherer Strafanzeigen gegen Werkstattinhaber oder Geschäftsführer gestellt habe. Der Vorwurf: Die Werkstatt berechne Verbringungskosten zum Lackierer, obwohl der von der Werkstatt als Subunternehmer beauftragte Lackierer die Fahrzeuge kostenlos abhole. Somit berechne die Werkstatt eine Leistung, die nicht erbracht werde. Was ist davon zu halten?

 

Entscheidend ist zunächst einmal, ob der Aufwand für die Verbringung entsteht. Die Verbringung ist ja mehr als der reine Transport. Jedenfalls bei teilzerlegten Fahrzeugen gehören auch Sicherungsmaßnahmen dazu, damit sich beim Transport keine Türen und Klappen öffnen und keine Teile lösen.

 

Wo der Aufwand entsteht, ist nach unserer Auffassung nicht entscheidend. Denn der Aufwand für die Lackierung als solcher entsteht ja auch nicht bei der Werkstatt, sondern beim Subunternehmer. Dennoch berechnet die Werkstatt auch die Lackierkosten, weil im Verhältnis zum Kunden die Lackierung eben doch durch die Werkstatt erledigt wird. Dass sich die Werkstatt eines Subunternehmers bedient, spielt dabei keine Rolle. Also darf die Werkstatt auch den Verbringungsaufwand abrechnen. Es ist sachlich auch nicht richtig, dass der Lackierer das Fahrzeug kostenlos abholt. Möglicherweise tut er das ohne gesonderte Berechnung. Aber dann ist der Aufwand in die Lackierkosten einkalkuliert. UE wird die Vorgänge beobachten und weiter berichten.

Lackierkosten

Wie bei den Verbringungskosten gibt es bei den Lackierkosten eine ganze Reihe strittiger Positionen. Viele hat die Rechtsprechung mittlerweile zugunsten des Geschädigten entschieden. Verschaffen Sie sich nachfolgend einen Überblick.

 

Lackierräder als Kostenposition in der Reparaturrechnung

Der Verband der unabhängigen Kraftfahrzeug-Sachverständigen e.V. (VKS) hat über ein Thema informiert, das in der Schadenregulierung immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Wenn ein Fahrzeug nach der Reparaturlackierung „forciert“, also bei erhöhter Temperatur getrocknet wird, erreicht es eine Objekttemperatur von bis zu 60 Grad Celsius. Die dabei auf der Stelle stehenden Reifen können dadurch irreversiblen Schaden erleiden.

 

Die Konsequenz für die Lackierung bei einer Unfallreparatur ist: Verschiedene Hersteller schreiben vor, dass die Räder vor der Aufheizung des Fahrzeugs demontiert und durch provisorische „Lackierräder“ ersetzt werden müssen. Diese Kosten werden jedoch von den Versicherern regelmäßig als nicht erforderlich bezeichnet und deshalb nicht erstattet. Um zu prüfen, ob die Hersteller der Fahrzeuge eine übertriebene Vorsicht verlangen, hat der VKS die maßgeblichen Reifenhersteller um Stellungnahme gebeten. Alle Reifenhersteller haben bestätigt, dass die Gefahr von Reifenschäden droht.

 

  • PRAXISHINWEIS |
  • Urteile zu den Lackierrädern sind noch nicht bekannt. Es erscheint aber eindeutig, dass diese Kosten vor dem Hintergrund der Herstellerhinweise erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB sind. Das gilt sowohl konkret wie fiktiv.
  • UE stellt Ihnen dafür den Textbaustein 384 auf Seite 9 zur Verfügung, der für Kasko und Haftpflichtschäden passt. Nur für Haftpflichtschäden gibt es eine Ergänzung, die berücksichtigt, dass durch die schnellere Trocknung oft ein zusätzlicher Ausfalltag entfällt. Die Arbeitsposition „Lackierräder“ dürfte damit für die Versicherer mehr als kompensiert sein.
 

Sicherungsmaßnahmen vor Ofentrocknung erstattungsfähig

Die Kfz-Werkstatt hat die Pflicht, Verunreinigungen des zu reparierenden Fahrzeugs zu vermeiden. Deshalb muss sie vor der Ofentrocknung kontrollieren, ob sich schmelzende Materialien wie z. B. Schokolade im Fahrzeug befinden und diese herausnehmen. Die Kosten dafür kann sie dem Kunden gegenüber abrechnen. Und der eintrittspflichtige Versicherer muss die Kosten erstatten, urteilte das LG Bielefeld, Urteil vom 9.11.2015, Az. 8 O 281/14, Abruf-Nr. 186459.

 

Im Urteil aus einem Haftpflichtfall heißt es wörtlich: „Insbesondere ist auch die zwischen den Parteien streitige Position der Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung in Höhe von 34,05 Euro ersatzfähig. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. verliert diese Position zwar aufgrund veränderter technischer Gegebenheiten beim Trocknungsprozess zwar zunehmend an Bedeutung, da umfangreiche Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. das Ausbauen des Tanks, heute nicht mehr erforderlich sind. Wie der Sachverständige weiter ausführte wird heutzutage eigentlich nur noch kontrolliert, ob sich schnell schmelzende Gegenstände, wie z. B. Schokolade oder ähnliches, im Fahrzeug befinden. Da den Werkunternehmer allerdings eine vertragliche Nebenpflicht trifft, Beschädigungen (worunter auch die Verunreinigungen eines Fahrzeuginnenraums fällt) an dem ihm zur Reparatur überlassenen Gut des Bestellers zu vermeiden, stellen die Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung nach wie vor eine ersatzfähige Schadensposition dar.“

 

PRAXISHINWEIS | Dass die Kosten für Sicherungsmaßnahmen vor der Ofentrocknung erstattungsfähig sind, ist nach unserer Auffassung auch auf Kaskoschäden zu übertragen. Der Textbaustein 415 „Sicherungsmaßnahmen vor Ofentrocknung (H/K)“ auf Seite 16 trägt dem durch zwei Alternativen Rechnung.

 

Massenstreit über „Beilackierung“

Hinsichtlich der farbangleichenden Einlackierung (auch „Beilackierung“ genannt) erreichen die UE-Redaktion in hoher Frequenz Urteile der Gerichte. Da wird inzwischen erbittert gestritten, und nicht nur auf ein „Die klagen doch sowieso nicht“ gepokert.

 

Wichtig | Im Schadenersatzstreit muss man gut aufpassen, sich nicht in endlose Diskussionen um technische Fragen und Wahrscheinlichkeiten des Gelingens ohne den Mehraufwand zu verstricken. Denn am Ende kommt es darauf allenfalls hilfsweise an oder wenn ein Versicherer beim Sachverständigen Regress nehmen möchte.

 

Schadenrechtlich gilt: Der Geschädigte hat ein Anrecht auf ein Schadengutachten, weil er technisch-kalkulatorische Fragen nicht selbst überblickt. Auch soll er nicht den technischen Angestellten des Versicherers hilflos ausgeliefert sein.

 

Wenn er aber genau aus diesem Grund Anrecht auf das Gutachten hat, muss er dem Inhalt des Gutachtens auch vertrauen dürfen. Sieht es eine farbangleichende Einlackierung vor, darf der Geschädigte folglich der Werkstatt den Auftrag erteilen, so zu reparieren und lackieren, wie es im Gutachten ausgeführt ist. Also ist die Farbangleichung erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB (AG Neu-Ulm, Urteil vom 9.10.2014, Az. 3 C 991/14, Abruf-Nr. 143051, bestätigt durch LG Memmingen, Urteil vom 25.2.2015, Az. 11 S 1713/14, Abruf-Nr. 144102; AG Stuttgart-Bad Cannstatt, Urteil vom 1.7.2015, Az. 4 C 1052/14, Abruf-Nr. 145025).

 

Allenfalls als ergänzende Argumentation kann auf die Rechtsprechung verwiesen werden, wonach das Risiko des Misslingens und der dann folgende Streit, wer die Kosten der Wiederholung des Lackiervorganges trägt, dem Geschädigten nicht zugemutet werden kann (AG München, Urteil vom 24.2.2011, Az. 343 C 23050/10, Abruf-Nr. 112010; AG München, Urteil vom 31.5.2011, Az. 343 C 25356/10, Abruf-Nr. 143865).

 

PRAXISHINWEIS | Ob sich der Geschädigte auf einen Kostenvoranschlag der Werkstatt, die den Mehrumsatz der Einlackierung für sich vereinnahmen möchte und kann, genauso verlassen darf, wie auf ein Schadengutachten, ist noch nicht entschieden.

 

Farbangleichende Beilackierung: Hinweise und Textbaustein

Gerichtsprozesse über die Kosten der farbangleichenden Beilackierung scheitern oft an der Unkenntnis der Gerichte - aber auch, weil die Klägerseite schlecht argumentiert. Letzterem Manko hilft ein neuer Textbaustein ab, der Sie als Werkstatt über die richtigen Argumente informiert und für Arbeitserleichterung bei den für Sie tätigen Rechtsanwälten sorgt.

 

Es gibt immer wieder Gerichte, die auf das Argument der Versicherer hereinfallen, dass erst nach isolierter Lackierung des reparierten Bauteils beurteilt werden könne, ob sich Farbabweichungen ergeben haben. Deshalb seien die Mehrkosten der sofortigen Farbangleichung nicht zu erstatten, wenn nicht bewiesen sei, dass nach dem Versuch der Lackierung ohne Farbangleichung Farbunterschiede vorlagen.

 

Da fehlt es wohl völlig am Verständnis dessen, wie eine farbangleichende Beilackierung gemacht wird. Das Fatale: Weil die Mehrkosten der Farbangleichung oft unterhalb des berufungsfähigen Betrags von 600 Euro liegen, ist gegen diese Urteile nichts mehr zu machen.

 

PRAXISHINWEIS | Der Textbaustein 394 auf Seite 12 erleichtert dem für Sie tätigen Anwalt die Arbeit, wenn Klage erhoben wird. Geben Sie also den Textbaustein an Ihren Anwalt weiter. Dass sich ein Versicherer vorgerichtlich davon beeindrucken lässt, scheint eher unwahrscheinlich.

 

 

Vorlackierter Stoßfänger und Farbabweichung

Einige Hersteller liefern Stoßfänger wahlweise oder ausschließlich in lackiertem Zustand geliefert. Der Stoßfänger kostet dann natürlich weit mehr als ein unlackiertes Teil, aber doch noch etwas weniger, als wenn die Lackierung erst vor Ort vorgenommen wird. Jedenfalls dann, wenn das zu reparierende Fahrzeug schon etwas älter ist, kommt es dabei regelmäßig zu Farbtonabweichungen. Also muss der bereits lackierte Stoßfänger nochmal lackiert werden. Einige Versicherer weigern sich in diesem Fall, die Lackierung des Stoßfängers zu erstatten. Sie behaupten dann vielmehr, in diesem Fall bestehe ein Gewährleistungsanspruch des Geschädigten gegen die ausführende Werkstatt.

 

Zunächst einmal ist es eindeutig, dass der Geschädigte jedenfalls bei Haftpflichtschäden einen Anspruch auf den passenden Farbton hat. Bei Kaskoschäden kommt es, wie immer, auf die jeweiligen Bedingungen an.

 

Da manche Hersteller „ausschließlich“ oder „wahlweise“ vorlackiert liefern, müssen die beiden Fälle unterschieden werden:

 

  • 1. Der Stoßfänger wird ausschließlich vorlackiert geliefert: Dann ist es zur Vermeidung der Farbtonabweichung unerlässlich, dass er noch einmal lackiert wird. Ein Fehler der Werkstatt oder vorab des Schadengutachters liegt nicht vor. Der Versicherer muss die Mehrkosten erstatten.

 

  • 2. Der Stoßfänger hätte auch unlackiert bestellt werden können: Dann ist die „doppelte Lackierung“ eine unnötige Verteuerung. Nun kommt es darauf an, ob eine Farbabweichung zu erwarten war. Wenn ja, hätte der unlackierte Stoßfänger genommen werden müssen. Ein Fehler der Werkstatt oder vorab des Schadengutachters läge vor.

 

PRAXISHINWEIS | Urteile dazu sind der UE-Redaktion nicht bekannt. Sicher ist: Der Geschädigte darf sich auf die Richtigkeit des Schadengutachtens verlassen. Er ist aus dem Schneider. Der Versicherer kann sich die Mehrkosten allenfalls im Wege des Regresses von der Werkstatt oder vom Schadengutachter holen - je nachdem, wer den Fehler gemacht hat.

 

Farbangleichung bei Firmenfahrzeugen mit Folierung?

Ein UE-Leser wollte wissen: Unser Kunde hat Fahrzeuge mit einer speziellen Folierung zu Werbefahrzeugen im Firmendesign umgestaltet. Die Folien haben seine ungewöhnliche Corporate Identity-Farbe und sind zusätzlich bebildert. Wie man es auch vom Fahrzeuglack kennt, verändert sich die Farbe unter dem Einfluss von Alterung, Bewitterung und Lichteinfluss. Nun musste unfallbedingt eine Tür des Fahrzeugs erneuert werden. Würde nur dieses Bauteil neu beklebt, wäre der Farbunterschied von neu zu alt deutlich zu sehen. Muss der Kunde das hinnehmen, oder kann die ganze Fahrzeugseite neu beklebt werden?

 

Antwort | Rechtsprechung dazu ist nicht bekannt. Aber allgemeine schadenrechtliche Grundsätze führen zum Ergebnis, dass ein Farbunterschied nicht hinzunehmen ist. Denn das ist eine Frage der Zumutbarkeit im Rahmen der Erforderlichkeit der Schadenbeseitigungsaufwendungen. Weil es ja gerade auf die optische Auffälligkeit des Fahrzeugs unter dem Werbeaspekt ankommt, muss der optische Eindruck „passenz“.

 

PRAXISHINWEIS | Anders könnte das zum Beispiel bei einem Polizeifahrzeug zu beurteilen sein, wenn sich das Grün oder Blau der erneuerten Folie von den anderen Folien farblich etwas abhebt. Denn hier steht die Funktion, ein Polizeifahrzeug als solches zu kennzeichnen, und weniger die Optik im Vordergrund.

 

 

Kosten für das „Beipolieren“ sind erstattungspflichtig

Ist der Originallack des Fahrzeugs durch Alterungseinflüsse bereits etwas matter, sind die Kosten für das Beipolieren und damit für den optischen Übergang von der reparaturlackierten Stelle zu den angrenzenden Bereichen erstattungspflichtig, entschied das AG Tübingen.

 

Der Geschädigte hat Anspruch darauf, dass die Reparaturstelle nach der Reparatur nicht auffällt. Wenn Glanzunterschiede laut „hier!“ rufen, dann müssen sie zur Täuschung des Auges beseitigt werden. Wenn das durch Polierarbeiten geschieht, sind die Kosten dafür ein Teil des Schadens (AG Tübingen, Urteil vom 28.11.2014, Az. 3 C 911/13, Abruf-Nr. 145202).

 

Kosten für Farbmusterblech sind erstattungspflichtig

Die Kosten für die Erstellung eines Farbmusterblechs gehören zum Schadenersatz. Denn das Mischen der Farbe und die Farbangleichung sind zwingende Bestandteile der Reparaturlackierung. Das hat das AG Meiningen entschieden, nachdem es sich von einem Sachverständigen hat beraten lassen (AG Meiningen, Urteil vom 11.8.2015, Az. 13 C 861/14, Abruf-Nr. 145188).

Korrespondenz leicht gemacht

Im vorderen Teil dieser Sonderausgabe haben wir in der Randspalte auf Textbausteine verwiesen, die sich auf den dort abgedruckten Beitrag beziehen. Nachfolgend finden Sie nun die Textbausteine für Ihre Korrespondenz mit dem Versicherer, für das Gespräch mit Ihren Kunden oder als Argumentationshilfe für den Anwalt des Geschädigten - diesmal mit einem Verweis zurück auf den jeweiligen Beitrag.

 

PRAXISHINWEISE |

  • Die Textbausteine sind für Standardfälle formuliert. Weicht Ihr konkreter Fall davon wesentlich ab, sollten Sie einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen.
  • Beherzigen Sie die Hinweise mit dem Wort Wichtig | am Ende mancher Textbausteine. Dort weisen wir darauf hin, wenn beispielsweise Ihr Kunde oder der Rechtsanwalt den Textbaustein verwenden sollte oder wie der Textbaustein eingesetzt werden sollte, wenn er aus mehreren Varianten besteht.
  • Die Textbausteine können Sie auf ue.iww.de unter Downloads aufrufen und in Ihre Textverarbeitung übernehmen.
 

Textbaustein 384 / Lackierräder-Kosten sind zu erstatten (H/K)

  • Lackierräder bei Kasko- und Haftpflichtschäden

 

Sie haben die Position „Lackierräder“ aus dem Erstattungsanspruch der Reparaturkosten gestrichen und vertreten die Auffassung, dieser Aufwand sei unnötig.

 

Aus technischer Sicht besteht aber kein Zweifel, dass der Ersatz der Fahrzeugräder durch Lackierräder vor der forcierten Trocknung erforderlich ist. Wir verweisen auf den Reparaturleitfaden AH 40.10-P-1030-01A des Fahrzeugherstellers Mercedes-Benz, in dem es heißt:

 

„Bei der forcierten Lacktrocknung in der Trockenkabine können ab einer Objekttemperatur > 40 °C an den Reifen Standplatten (Flatspots) durch Gewicht, Temperatur und Trockenzeit entstehen. Hierbei handelt es sich um bleibende, irreparable Verformungen im Bereich des Reifenseitenteils und der Wulstverstärkung. Diese bleibenden Verformungen führen zu Radlastschwankungen und Vibrationen, die weder durch Wuchten noch durch Matchen der Räder beseitigt werden können.

 

Um Standplatten zu vermeiden, müssen sowohl konventionelle als auch Sonderschutzfahrzeuge mit so genannten ‚Lackierrädern‘ in die Lackier- und Trockenanlage eingebracht werden. Das Aufpumpen der Originalreifen auf 4 bar reicht nicht aus, kann bei den ‚Lackierrädern‘ aber entfallen. Das Abdecken der Originalreifen mit Schutzfolien, -platten ist ebenfalls nicht ausreichend.“

 

Der Verband der unabhängigen Kraftfahrzeug-Sachverständigen e.V. (VKS) hat bei den renommierten Reifenherstellern nachgefragt, ob es sich bei dieser Ansicht um eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme handelt oder ob die Hersteller die von Mercedes-Benz vertretene Ansicht teilen.

 

Die Antworten der Reifenhersteller bestätigten unisono die Notwendigkeit des Austauschs der Räder gegen Lackierräder.

 

Pirelli: „Es müssen Lackierräder während einer forcierten Trocknung in der Lackierkabine am Fahrzeug montiert werden.“

 

Michelin (Kleber, BFGoodrich, Kormoran, Riken, Tigar): „Bei den in Lackierkabinen auftretenden Temperaturen, empfehlen wir die Originalbereifung gegen „Lackierräder“ auszutauschen. In der Nähe der Wärmequelle treten oftmals weitaus höhere Temperaturen als die genannten 60°C auf, was zu einem Verlust der Flexibilität und Verhärtung des Gummis führen kann. Zum anderen kann es durch die ungleichmäßige Erwärmung der Reifen (Aufstandsfläche in der Regel kühler) zu Rundlaufproblemen kommen.“

 

Continental (Semperit, Uniroyal, Barum, Gislaved, Viking, Mabor, TeamStar, Point S, Matador): „Wie dem Standardschreiben zu entnehmen ist, schließen wir uns hier Mercedes an.“

 

Falken: „Gern bestätigen wir Ihnen hiermit schriftlich, dass FALKEN und OHTSU PKW und Leicht-LKW-Reifen während einer forcierten Trocknung in der Lackierkabine keinesfalls am Fahrzeug montiert verbleiben dürfen. Denn der so hervorgerufene sog. „Hot Flatspot“ wäre dauerhaft und in keiner Weise zu egalisieren. Diese Tatsache ist allein den Werkstoffen (Gummi/Kunstfasern) geschuldet und kein Zeichen von minderer Reifenqualität.“

 

Angesichts der unbestreitbaren technischen Notwendigkeit besteht keinerlei Zweifel, dass eine Erforderlichkeit im Rechtssinne gegeben ist.

  • Lackierräder: Ergänzung für Haftpflichtschäden (H)

 

Variante 1: Auftragserteilung basierte auf Gutachten

 

Auf alles das kommt es im Übrigen noch nicht einmal an. Im Schadengutachten war der Austausch der Originalräder gegen die Lackierräder vorgesehen. Der Geschädigte durfte sich auf das Schadengutachten verlassen. Er hat den Auftrag zur Reparatur laut Gutachten erteilt. Auch von daher besteht an der schadenrechtlichen Erforderlichkeit kein Zweifel.

 

Variante 2: Ohne forcierte Trocknung ein Tag mehr Ausfallschaden (wenn zutreffend)

 

Abschließend geben wir zu bedenken, dass das reparierte Fahrzeug aufgrund der konkreten Arbeitsabläufe durch die forcierte Trocknung einen Tag früher fertiggestellt werden konnte, als es bei einer konventionellen Trocknung möglich gewesen wäre. Der dadurch entfallene weitere Ausfallschadentag wiegt die Kosten für die Lackierräder allemal auf.

 

Textbaustein 393 / Verbringungskosten, wenn nur lackiert wird (H)

  • Variante: Fahrzeug jünger als drei Jahre

 

Sie haben die Position der Verbringungskosten nicht erstattet, weil überhaupt nur Lackierarbeiten vorzunehmen waren. Sie sind der Auffassung, dann hätte der Geschädigte gleich eine Lackiererei beauftragen müssen, damit die Verbringungskosten nicht anfallen.

Damit verkennen Sie wesentliche Grundsätze der BGH-Rechtsprechung. Im legendären „VW-Urteil“ hat der BGH (Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09) herausgearbeitet, dass bei der - hier nicht vorliegenden - fiktiven Abrechnung ein Verweis auf Werkstätten außerhalb der Markenwelt nicht zulässig ist, wenn das Fahrzeug nicht älter als drei Jahre ist. Dabei kommt es auf das Alter des Fahrzeugs zum Schadenzeitpunkt an.

 

Zwar steht es in dem Urteil nicht ausdrücklich geschrieben, doch ist es durch vielfache Äußerungen von an dem Urteil beteiligten Richterinnen und Richtern bei Schulungen und in der Fachliteratur hinreichend geklärt: Die grundlegende Erwägung des BGH war der Schutz des Geschädigten vor dem späteren Einwand des Versicherers, durch ein „Fremdgehen“ sei der Schutz der Garantie verwirkt oder aber eine Kulanzleistung nicht mehr möglich.

 

Das Fahrzeug im konkreten Fall ist nicht älter als drei Jahre.

 

Sogar für den Fall der Fiktivabrechnung sieht das AG Berlin-Mitte (Urteil vom 6.5.2015, Az. 112 C 3004/15) das Recht des Geschädigten, das Fahrzeug auch für reine Lackierarbeiten in die Markenwerkstatt zu geben. Wenn die Garantie schon bei der fiktiven Abrechnung geschützt wird, so dann doch erst recht bei der tatsächlich durchgeführten Reparatur.

 

Wir bitten also um Nachzahlung zur Meidung eines Rechtsstreits.

 

  • Variante: Fahrzeug älter als drei Jahre, aber konsequent scheckheftgepflegt

 

Sie haben die Position der Verbringungskosten nicht erstattet, weil überhaupt nur Lackierarbeiten vorzunehmen waren. Sie sind der Auffassung, dann hätte der Geschädigte gleich eine Lackiererei beauftragen müssen, damit die Verbringungskosten nicht anfallen.

 

Damit verkennen Sie wesentliche Grundsätze der BGH-Rechtsprechung. Im legendären „VW-Urteil“ hat der BGH (Urteil vom 20.10.2009, Az. VI ZR 53/09) herausgearbeitet, dass bei der - hier nicht vorliegenden - fiktiven Abrechnung ein Verweis auf Werkstätten außerhalb der Markenwelt nicht zulässig ist, wenn das Fahrzeug zwar älter als drei Jahre ist, jedoch bisher nachweislich stets in der Markenwerkstatt gewartet und repariert wurde.

 

Zwar steht es in dem Urteil nicht ausdrücklich geschrieben, doch ist es durch vielfache Äußerungen von an dem Urteil beteiligten Richterinnen und Richtern bei Schulungen und in der Fachliteratur hinreichend geklärt: Die grundlegende Erwägung des BGH war der Schutz des Geschädigten vor dem späteren Einwand des Versicherers, durch ein „Fremdgehen“ sei gegebenenfalls eine Kulanzleistung nicht mehr möglich. Außerdem wird die bisherige Disposition des Geschädigten, konsequent Markenwerkstätten zu wählen, geschützt.

Das Fahrzeug im konkreten Fall ist nachweislich konsequent, wie es im Jargon heißt, „scheckheftgepflegt“.

Sogar für den Fall der Fiktivabrechnung sieht das AG Berlin-Mitte (Urteil vom 6.5.2015, Az. 112 C 3004/15) das Recht des Geschädigten, das Fahrzeug auch für reine Lackierarbeiten in die Markenwerkstatt zu geben. Wenn die Kulanz und die bisherige Disposition schon bei der fiktiven Abrechnung geschützt werden, so dann doch erst recht bei der tatsächlich durchgeführten Reparatur.

 

Wir bitten also um Nachzahlung zur Meidung eines Rechtsstreits.

 

  • Variante: Generell (Vorsicht, das ist dünnes Eis!)

 

Sie haben die Position der Verbringungskosten nicht erstattet, weil überhaupt nur Lackierarbeiten vorzunehmen waren. Sie sind der Auffassung, dann hätte der Geschädigte gleich eine Lackiererei beauftragen müssen, damit die Verbringungskosten nicht anfallen.

 

Nach geltendem Schadenersatzrecht hat der Geschädigte im Falle der konkreten Reparatur das Recht auf die Wahl der Werkstatt. Ihn trifft mit der Auswahl unserer Werkstatt sicher kein Auswahlverschulden.

Sogar für den Fall der Fiktivabrechnung sieht das AG Berlin-Mitte (Urteil vom 6.5.2015, Az. 112 C 3004/15) das Recht des Geschädigten, das Fahrzeug auch für reine Lackierarbeiten in die Markenwerkstatt zu geben. Wenn das schon bei der fiktiven Abrechnung gilt, so muss das dann doch erst recht bei der tatsächlich durchgeführten Reparatur gelten.

 

 

Textbaustein 394 / Farbangleichende Beilackierung - Anwalts-Info

Die farbangleichende Beilackierung ist schadenrechtlich betrachtet schon deshalb erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB, weil sie im Schadengutachten vorgesehen ist. Der Geschädigte darf sich auf das Schadengutachten verlassen, denn er darf es ja gerade deshalb einholen, weil er selbst nicht beurteilen kann, welche Reparaturschritte zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands aus technischer Sicht notwendig sind.

 

Folgerichtig durfte der Geschädigte ohne weiteres den Auftrag erteilen, so zu reparieren, wie es im Schadengutachten vorgesehen ist, so zum Beispiel AG Fürstenwalde/Spree (Urteil vom 9.7.2014, Az. 26 C 299/13) wörtlich:

 

„Der Kläger durfte die vom Sachverständigen kalkulierten Reparaturkosten für erforderlich halten und nach diesen Maßgaben reparieren lassen.“; ähnlich AG Hamburg Blankenese (Urteil vom 13.5.2014, Az. 532 C 472/13). Einen solchen Auftrag hat der Geschädigte erteilt. Entsprechend wurde repariert und abgerechnet.

 

Wenn die Beilackierung angrenzender Teile im Schadengutachten als technisch erforderlich kalkuliert ist, gehört sie folglich aus Rechtsgründen zum Schadenersatzanspruch (AG Neu-Ulm, Urteil vom 9.10.2014, Az. 3 C 991/14, bestätigt durch LG Memmingen, Urteil vom 25.2.2015, Az. 11 S 1713/14).

Der Versicherer ist damit dem Schadengutachten auch nicht schutzlos ausgeliefert. Denn er ist nach ständiger Rechtsprechung in den Schutzbereich des Gutachtenvertrags zwischen dem Geschädigten und dem Schadengutachter einbezogen. Hält der Versicherer das Schadengutachten für inhaltlich falsch, kann er den ihm daraus entstehenden Schaden beim Gutachter regressieren. Jedoch trägt er dann die volle Vortrags- und Beweislast dafür, dass das Gutachten über den dem Gutachter zustehenden Ermessensspielraum hinaus unzutreffend ist.

 

Da es aus Rechtsgründen auf die hinter der Beilackierung stehenden technischen Fragen im Verhältnis vom Geschädigten zum Schädiger gar nicht ankommt, sind die folgenden technischen Ausführungen nur als hilfsweiser Vortrag zu betrachten, um nichts zu versäumen.

 

Die Farbe eines Fahrzeugs verändert sich unter dem Einfluss von Umwelteinflüssen und von UV-Strahlungen des natürlichen Lichtes.

 

Beweis: Sachverständigengutachten

 

Aber auch abgesehen davon ist eine Reparaturlackierung per se anders aufgebaut, als der Neulack. Der Neulack wird im Werk in eine Richtung aufgetragen, die Farbpigmente richten sich entsprechend aus. Die Reparaturlackierung ist stets eine, die durch eine Hin- und Her-Bewegung der Lackiererhand mit der Spritzpistole aufgebaut wird. Die Farbpigmente sind dabei also zwangsläufig nicht in eine Richtung ausgerichtet.

 

Beweis: Sachverständigengutachten

In diversen Versuchen hat sich gezeigt, dass schon die Verwendung einer Spritzpistole eines anderen Herstellers zu einem abweichenden Farbeindruck führt, wenn derselbe Lackierer aus dem selben Farbtopf auf dasselbe Blech einen Farbstreifen aufträgt, auf den er vorher mit der Spritzpistole eines Konkurrenzfabrikates ebenfalls einen Streifen aufgetragen hat. Also hat das Ergebnis der Lackierung nicht nur mit dem treffsicheren Mischen der Farbe zu tun.

 

Beweis: Sachverständigengutachten

 

Es ist folglich bei nahezu allen Farbtönen und auch bei dem hier in Rede stehenden Farbton sehr wahrscheinlich, dass eine isolierte Lackierung des vormals beschädigten und nunmehr reparierten Bauteils des Fahrzeugs zu einer Farbabweichung führt.

 

Beweis: Sachverständigengutachten

 

Das Problem wird in der Praxis des Autolackierhandwerks sach- und fachgerecht so gelöst, dass über die Grenzen des reparierten Bauteils hinaus lackiert wird, das aber in den angrenzenden Bauteilen nicht trennscharf. Mit der so in die angrenzenden Bauteile auslaufend hineinlackierten Farbe wird ein Farbverlauf von neu nach alt hergestellt. Die Farbe stimmt dann zwar immer noch nicht, aber das Auge wird erfolgreich getäuscht. Der Unterschied der Farben wird auf diese Weise nicht mehr wahrgenommen.

 

Dazu müssen die angrenzenden Flächen entsprechend vorbearbeitet werden, damit der Lack auch haftet.

Beweis: Sachverständigengutachten

 

Würde man nun so vorgehen, wie die Beklagte es für richtig hält, würde man also „auf Stoß“ lackieren, ergäbe sich mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine sichtbare Farbabweichung zwischen dem Neulack und dem Altlack.

 

Dann müsste der gesamte Lackiervorgang inclusive der Schleifarbeiten wiederholt werden, diesmal mit der Farbangleichung. Denn es ist nicht möglich, die Einlackierung der angrenzenden Flächen isoliert vorzunehmen. Ebenso wenig ist es möglich, einfach noch einmal auf den fertigen Lackaufbau des reparierten Bauteils aufzulackieren. Denn dann haftet die Farbe nicht dauerhaft.

 

Beweis: Sachverständigengutachten

 

Somit entstünden doppelte Kosten und ein um den weiteren Lackier- und Trocknungsvorgang erweiterter Ausfallschaden. Diese Kosten wären keine Kosten der werkvertraglichen Nachbesserung, weil ja dann auftragsgemäß („Lackieren ohne farbangleichende Beilackierung“) gearbeitet worden wäre. Stattdessen wären es die Kosten einer von vorneherein unsachgemäßen, aber vom Schädiger so gewollten Reparaturmaßnahme, die dann auch zulasten des Schädigers ginge.

Genau aus diesem Grund hat das AG München mit Urteil vom 24.2.2011, Az. 343 C 23050/10 sowie mit Urteil vom 31.5.2011, Az. 343 C 25356/10 entschieden: In der Regel ist eine Beilackierung angrenzender Teile im Sinne des § 249 BGB erforderlich, weil der lackiertechnische Aufwand, sie zu vermeiden, angesichts des Risikos des Misslingens unsinnig ist.

 

Die vom Schädiger als einzig richtig behauptete Methode nach dem Schema von „Versuch und Irrtum“ wird in einigen Fällen zum Erfolg und in einer übergroßen Zahl von Fällen zu neuen Problemen führen, die dem Geschädigten schlicht und einfach nicht zuzumuten sind.

 

 

Textbaustein 401 / Keine Kürzung der Verbringungskosten (H/K)

  • Haftpflichtschaden

 

Sie haben die von uns dem Kunden berechneten Verbringungskosten nicht in voller Höhe erstattet und auf einen willkürlichen Betrag gekürzt. Das ist rechtlich nicht haltbar.

 

Wie immer im Haftpflichtschadenrecht muss unterschieden werden zwischen der werkvertraglichen Frage im Verhältnis zwischen der Werkstatt und dem Geschädigten und der schadenrechtlichen Fragestellung im Verhältnis vom Geschädigten zum gegnerischen Versicherer. Durch die Abtretung ändert sich dabei nichts.

Wenn bei einem Werkvertrag über die Gesamtkosten oder über einzelne Positionen der Rechnung keine konkrete vorherige Vereinbarung vorliegt, dürfen wir gemäß § 632 Abs. 2 BGB „das Übliche“ berechnen.

 

„Das Übliche“ ist die Bandbreite „von/bis“. Die Gleichsetzung des Üblichen mit dem Durchschnitt ist falsch. Denn sonst wäre ja der Durchschnitt die Obergrenze, was sofort zu einem neuen Durchschnitt führen würde.

 

Wir werden im Streitfall ohne weiteres nachweisen können - aber das wissen Sie ja aus der Vielzahl Ihnen vorliegender Vorgänge selbst nur zu gut -, dass der von uns berechnete Betrag in Höhe von ... Euro im Rahmen des Üblichen liegt

 

Das, was die Werkstatt in nach § 632 Abs. 2 BGB zulässiger Weise an den Geschädigten berechnet, muss vom Versicherer auch erstattet werden. Das kann nicht durch willkürlich ersonnene Beträge nach Versichererwünschen ersetzt werden.

 

Wir bitten also um Nachzahlung

 

  • Kaskoschaden

 

Sie haben die von uns dem Kunden berechneten Verbringungskosten nicht in voller Höhe erstattet und auf einen willkürlichen Betrag gekürzt. Das ist rechtlich nicht haltbar.

 

Wie immer im muss unterschieden werden zwischen der werkvertraglichen Frage im Verhältnis zwischen der Werkstatt und dem Geschädigten und der kaskorechtlichen Fragestellung im Verhältnis vom Geschädigten zum gegnerischen Versicherer. Durch die durch Ihre Teilzahlung genehmigten Abtretung (AG Köln, Urteil vom 30.6.2009, Az. 263 C 480/08) ändert sich dabei nichts.

 

Wenn bei einem Werkvertrag über die Gesamtkosten oder über einzelne Positionen der Rechnung keine konkrete vorherige Vereinbarung vorliegt, dürfen wir gemäß § 632 Abs. 2 BGB „das Übliche“ berechnen.

„Das Übliche“ ist die Bandbreite „von/bis“. Die Gleichsetzung des Üblichen mit dem Durchschnitt ist falsch. Denn sonst wäre ja der Durchschnitt die Obergrenze, was sofort zu einem neuen Durchschnitt führen würde.

 

Wir werden im Streitfall ohne weiteres nachweisen können - aber das wissen Sie ja aus der Vielzahl Ihnen vorliegender Vorgänge selbst nur zu gut -, dass der von uns berechnete Betrag in Höhe von ... Euro im Rahmen des Üblichen liegt

 

Das, was die Werkstatt in nach § 632 Abs. 2 BGB zulässiger Weise an den Geschädigten berechnet, muss vom Kaskoversicherer auch erstattet werden, soweit - wie vorliegend der Fall - der Kaskovertrag dazu keine gesonderte Regel enthält. Denn auch dann sind die „erforderlichen Kosten“ der Reparatur zu erstatten. Das kann nicht durch willkürlich ersonnene Beträge nach Versichererwünschen ersetzt werden.

 

Wir bitten also um Nachzahlung.

 

 

Textbaustein 415 / Sicherungsmaßnahmen vor Ofentrocknung (H/K))

  • Variante 1: Sicherungsmaßnahmen vor Ofentrocknung im Haftpflichtfall

 

Sie haben die Position „Sicherungsmaßnahmen vor der Ofentrocknung“ aus dem Erstattungsanspruch gestrichen. Wir verweisen auf das Urteil des LG Bielefeld vom 9.11.2015, Az. 8 O 281/14. Danach ist die Position mit sehr guten Gründen erstattungsfähig.

 

Im Urteil aus einem Haftpflichtfall heißt es wörtlich: „Insbesondere ist auch die zwischen den Parteien streitige Position der Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung in Höhe von 34,05 Euro ersatzfähig. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. verliert diese Position zwar aufgrund veränderter technischer Gegebenheiten beim Trocknungsprozess zwar zunehmend an Bedeutung, da umfangreiche Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. das Ausbauen des Tanks, heute nicht mehr erforderlich sind. Wie der Sachverständige weiter ausführte wird heutzutage eigentlich nur noch kontrolliert, ob sich schnell schmelzende Gegenstände, wie z. B. Schokolade oder ähnliches, im Fahrzeug befinden. Da den Werkunternehmer allerdings eine vertragliche Nebenpflicht trifft, Beschädigungen (worunter auch die Verunreinigungen eines Fahrzeuginnenraums fällt) an dem ihm zur Reparatur überlassenen Gut des Bestellers zu vermeiden, stellen die Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung nach wie vor eine ersatzfähige Schadensposition dar.“

 

Wir bitten also um Nachzahlung.

  • Variante 2: Sicherungsmaßnahmen vor Ofentrocknung im Kaskofall

 

Sie haben die Position „Sicherungsmaßnahmen vor der Ofentrocknung“ aus dem Erstattungsanspruch gestrichen. Wir verweisen auf das Urteil des LG Bielefeld vom 9.11.2015, Az. 8 O 281/14. Danach ist die Position mit sehr guten Gründen erstattungsfähig.

 

Im Urteil heißt es wörtlich: „Insbesondere ist auch die zwischen den Parteien streitige Position der Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung in Höhe von 34,05 Euro ersatzfähig. Nach den Ausführungen des Sachverständigen S. verliert diese Position zwar aufgrund veränderter technischer Gegebenheiten beim Trocknungsprozess zwar zunehmend an Bedeutung, da umfangreiche Sicherungsmaßnahmen, wie z. B. das Ausbauen des Tanks, heute nicht mehr erforderlich sind. Wie der Sachverständige weiter ausführte wird heutzutage eigentlich nur noch kontrolliert, ob sich schnell schmelzende Gegenstände, wie z. B. Schokolade oder ähnliches, im Fahrzeug befinden. Da den Werkunternehmer allerdings eine vertragliche Nebenpflicht trifft, Beschädigungen (worunter auch die Verunreinigungen eines Fahrzeuginnenraums fällt) an dem ihm zur Reparatur überlassenen Gut des Bestellers zu vermeiden, stellen die Sicherheitsmaßnahmen bei der Ofentrocknung nach wie vor eine ersatzfähige Schadensposition dar.“

 

Uns ist bewusst, dass das Urteil aus einem Haftpflichtschadenfall stammt. Jedoch ist es ohne Weiteres auch auf Kaskoschäden zu übertragen. Denn nach den vereinbarten Bedingungen haben Sie die „erforderlichen Kosten“ der Reparatur zu erstatten. Nach der Rechtsprechung des Versicherungssenates des BGH (Urteil vom 11.11.2015, Az. IV ZR 426/14) ist dieser Begriff auslegungsbedürftig. Die Auslegungshilfe ist dann stets das Haftpflichtschadenrecht.

 

Wir bitten also um Nachzahlung.

 
Quelle: Seite 1 | ID 44200040