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· Fachbeitrag · Schuldnerwiderspruch

Veranlassen Sie als Gläubiger die sofortige Löschung

von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| In der Praxis kommt es immer wieder zu folgender Situation: Der Gläubiger meldet aufgrund von rückständigen titulierten Unterhaltsansprüchen seine Forderung wegen vorsätzlich pflichtwidriger Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht an (§ 174 Abs. 2 InsO). Der Schuldner legt nach Belehrung durch das Insolvenzgericht gemäß § 175 Abs. 2 InsO nur gegen das Attribut rechtzeitig Widerspruch ein. Das Insolvenzgericht trägt den Widerspruch in die Insolvenztabelle ein. Das Problem für den Gläubiger: Solange die Forderung mit einem Widerspruch behaftet ist, ist keine (Einzel-)Zwangsvollstreckung aus einem Auszug aus der Insolvenztabelle (§ 201 Abs. 2 InsO) möglich. Daher muss der Gläubiger in solchen Fällen in die Offensive gehen. |

1. Grundsatz bei der Forderungsanmeldung beachten

Verbindlichkeiten des Schuldners aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat, sind von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen (§ 302 Nr. 1 InsO). Dies gilt aber nur, soweit der Schuldner hiergegen keinen Widerspruch einlegt.

 

Das Insolvenzgericht muss daher den Schuldner darauf hinweisen, dass er gegen diese Forderung Widerspruch einlegen kann (§ 175 Abs. 2 InsO).

 

MERKE | Einerseits kann der Schuldner bestreiten, dass die Forderung überhaupt besteht bzw. nur teilweise besteht (Widerspruch gegen die Forderungshöhe), andererseits kann er den Widerspruch darauf beschränken, dass die Forderung nicht aus dem genannten Forderungsattribut ‒ vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht ‒ besteht.

 

2. Folgen eines Widerspruchs des Schuldners

Der Widerspruch des Schuldners hat gemäß § 178 Abs. 1 S. 2 InsO zwar keine feststellungshindernde Wirkung. Er steht aber einer Vollstreckung gegen den Schuldner nach Verfahrensbeendigung entgegen (§ 201 Abs. 2 S. 1 InsO). Der Schuldner könnte sich im Wege der Vollstreckungsgegenklage zur Wehr setzen.

 

MERKE | Der Gläubiger hat daher ein rechtliches Interesse daran, schon während des Insolvenzverfahrens durch Klage oder Aufnahme eines anhängigen Prozesses den Widerspruch zu beseitigen.

 

Beachten Sie | Der Gläubiger einer nicht titulierten Forderung muss zur Erhaltung der Vollstreckungsmöglichkeit aus dem Tabellenauszug Klage auf Feststellung gegen den Schuldner erheben bzw. einen anhängigen Rechtsstreit aufnehmen. Klage und Prozessaufnahme sind dabei nicht fristgebunden. Liegt für die Forderung (wie im Ausgangsfall) ein vollstreckbarer Titel vor, muss der Gläubiger nicht mehr erneut gegen den Schuldner klagen und ein weiteres Kostenrisiko auf sich nehmen. Es ist vielmehr Sache des Schuldners, seinen Widerspruch zu verfolgen.

 

PRAXISTIPP | Im eingangs geschilderten Fall muss also der Schuldner, der die titulierte (Unterhalts-)Forderung bestreitet, binnen eines Monats Klage erheben, ansonsten gilt der Widerspruch als nicht erhoben. Die Frist beginnt mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung. Der Schuldner muss dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachweisen (§ 184 Abs. 2 S. 4 InsO). Nach § 184 Abs. 2 S. 3 InsO muss das Gericht den Schuldner auf die Folgen einer Fristversäumung hinweisen.

 

3. Tabellenberichtigung beantragen

Im eingangs geschilderten Fall hat der Schuldner gegen das Attribut des vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährten Unterhalts allerdings nichts unternommen. Somit gilt der Widerspruch als nicht erhoben.

 

Folge: Die Insolvenztabelle, in der der Widerspruch des Schuldners noch vermerkt ist, muss berichtigt werden (§ 183 Abs. 2 InsO analog; BGH DGVZ 11, 109). Da der Schuldner dem Gericht die Verfolgung des Anspruchs nachweisen muss (§ 184 Abs. 2 S. 4 InsO), kann das Insolvenzgericht die Wirkungslosigkeit des Widerspruchs feststellen, ohne schwierige Fragen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts beurteilen zu müssen.

 

Zu prüfen ist lediglich, ob die Forderung tituliert ist, ob der Schuldner sie im Prüfungstermin bestritten hat und ob der Schuldner danach binnen eines Monats Klage gegen den Gläubiger erhoben hat.

 

PRAXISTIPP | Die Praxis lehrt, dass das Insolvenzgericht regelmäßig die eigentlich „von Amts wegen“ vorzunehmende Tabellenberichtigung unterlässt. Die Folge ist, dass nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Gläubiger keinen Auszug wegen seiner bevorrechtigten Forderung aus der Insolvenztabelle erhält. Er kann daher zunächst keine Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner einleiten. Er muss vielmehr zunächst den noch vorhandenen Widerspruch beseitigen.

 

Daher sollten Gläubiger in den Fällen, in denen

  • das Attribut der Forderung als pflichtwidrig nicht gezahlter Unterhalt oder
  • das Attribut aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung bereits tituliert ist,

 

unverzüglich nach Ablauf der Widerspruchsfrist von einem Monat beim Insolvenzgericht den Antrag auf Tabellenberichtigung stellen.

 

Musterformulierung / Antrag auf Tabellenberichtigung

An das

 Amtsgericht

 

‒ Insolvenzgericht ‒ ...

 

Az. .. IN/IK .. ./. …

 

In der Insolvenzsache

 

Gläubiger ./. Schuldner

 

wird beantragt, die Insolvenztabelle dahingehend zu berichtigen, dass der vom Schuldner gegen das Attribut (Zutreffendes ankreuzen)

☐ der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung

☐ des vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährten Unterhalts

 

erhobene Widerspruch als nicht erhoben gilt.

 

Gründe

Der Schuldner hat mit Schreiben vom … gegen das titulierte Attribut (Zutreffendes ankreuzen)

☐ der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung

☐ des vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährten Unterhalts

 

Widerspruch eingelegt.

 

Nach § 184 Abs. 2 InsO obliegt es dem Schuldner, binnen einer Frist von einem Monat, die mit dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung beginnt, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben.

 

Der Schuldner hat keine Klage gegen den titulierten Anspruch erhoben und somit diese Voraussetzungen nicht nachgewiesen.

 

Die Insolvenztabelle ist daher zu berichtigen.

 

Rechtsanwalt

 

PRAXISTIPP | Sobald das Insolvenzverfahren aufgehoben ist, kann der Gläubiger einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle beantragen (§ 201 Abs. 2 InsO) und somit die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. Hierbei ist zu beachten, dass bei Bezug von Arbeitseinkommen aufgrund des Attributs eine bevorrechtigte Vollstreckung nach §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO möglich ist (BGH 4.9.19, VII ZB 91/17, Abruf-Nr. 211477, siehe in dieser Ausgabe Seite 205).

 
Quelle: Seite 213 | ID 46191939