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· Fachbeitrag · Schwarzarbeit

Neue Bußgeldregelungen im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

von Dr. Gloria Versin, LL.M., Münster

| Das Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (SchwarzArbG) ist am 18.7.19 in Kraft getreten. Der Beitrag informiert über dessen neue Bußgeldvorschriften. |

1. Sanktionierte Pflichtverstöße

Arbeitgeber müssen viele sozialrechtliche Pflichten und Verhaltensvorschriften befolgen. Diese Vorschriften sind über verschiedene Gesetze verstreut, wie z. B. die Sozialgesetzbücher (insbesondere das SBG IV), das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG), das Mindestlohngesetz (MiLoG), Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Die Nichteinhaltung der sozialrechtlichen Pflichten und Verhaltensvorschriften kann strafrechtliche Verantwortlichkeit, zivilrechtliche Haftung und hohe Bußgelder nach sich ziehen. Der Gesetzgeber bürdet die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten dem Arbeitgeber auf. Für eine GmbH übt der Geschäftsführer die Arbeitgeberfunktion aus.

 

Zuständig für die Prüfung, ob die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten eingehalten sowie illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit bekämpft werden, ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), eine Arbeitseinheit der deutschen Zollverwaltung. Die FKS verfügt über eine Personalstärke von circa 7.000 Bediensteten, die bundesweit in 41 Hauptzollämtern an 113 Standorten tätig sind. Derzeit hat eine signifikante Stärkung des Personals auf zunächst 10.000 Stellen begonnen, und perspektivisch sollen weitere rund 3.500 Stellen folgen. Die FKS kontrolliert, ob gesetzliche Vorschriften auf dem Arbeitsmarkt eingehalten werden, wie die Gewährung von Mindestarbeitsbedingungen und die Einhaltung der Melde- und Beitragspflichten des Arbeitgebers zur Sozialversicherung oder ausländerrechtlicher Vorgaben auf Grundlage des SchwarzArbG.

 

Der Arbeitgeber muss der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung eine Meldung erstatten. Nach dessen Anmeldung werden die Beiträge als Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle gezahlt. Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag sind die Krankenkassen. Zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist jeweils die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung des Beschäftigten durchgeführt wird.

 

Bedeutsam ist die seit dem 1.1.09 existierende Sofortmeldepflicht für Beschäftigte in für Schwarzarbeit besonders anfälligen Wirtschaftsbereichen, da an diese in zeitlicher Hinsicht besondere Anforderungen gestellt werden. Hier müssen Arbeitgeber den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens bei Beschäftigungsaufnahme an die Datenstelle der Rentenversicherung (nicht an die Einzugsstelle wie bei der oben genannten regulären Anmeldung) melden, sofern sie Personen in den genannten Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen beschäftigen. Bei den im § 28a Abs. 4 S. 1 SGB IV aufgezählten Branchen handelt es sich um das Baugewerbe, das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, das Personenbeförderungsgewerbe, das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe, das Schaustellergewerbe, Unternehmen der Forstwirtschaft, das Gebäudereinigungsgewerbe, Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen, die Fleischwirtschaft und das Prostitutionsgewerbe. Dieser Branchenkatalog für die Sofortmeldepflicht wurde nun um die Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes erweitert. Ein Verstoß gegen die Meldepflicht kann mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.

2. Neue bußgeldrechtliche Sanktionen

Im Fall der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kommt stets eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers nach §§ 266a StGB in Betracht. Bei Verletzung der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten kann aber auch ein Bußgeld gegen diesen verhängt werden. Die neuen Bußgeldvorschriften in § 8 SchwarzArbG sehen hohe Geldbußen vor.

 

2.1 Leichtfertiges Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

Der neue Tatbestand des leichtfertigen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 8 Abs. 3 SchwarzArbG schließt eine Lücke bei der Sanktionierung der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber (Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 19/8691, S. 54). Bisher kam in Fällen, wenn ein vorsätzliches Handeln beim Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann, hinsichtlich der Lohnsteuer eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO in Betracht. Das lediglich leichtfertige Nichtabführen der Sozialversicherungsbeiträge fiel dagegen unter keinen entsprechenden bußgeldrechtlichen Auffangtatbestand. Die an die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO angelehnte Bußgeldnorm des leichtfertigen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 8 Abs. 3 SchwarzArbG schließt diese Lücke, um auch hier eine vergleichbare Bebußung zu ermöglichen und neben der Sicherung des Steueraufkommens gleichfalls auch das Interesse der Solidargemeinschaft an der Sicherstellung des Sozialversicherungsaufkommens zu schützen.

 

§ 8 Abs. 3 SchwarzArbG ist damit der Auffangtatbestand zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB bezogen auf Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, wenn ein vorsätzliches Handeln beim Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nicht festgestellt werden kann. Die Ordnungswidrigkeit kann von der FKS zukünftig mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 EUR geahndet werden (§ 8 Abs. 6 SchwarzArbG).

 

2.2 Ausstellen und Inverkehrbringen von inhaltlich unrichtigen Belegen

Eine häufig vorkommende Form der organisierten Schwarzarbeit ist der Kettenbetrug unter Verwendung von Schein- oder Abdeckrechnungen, die von Scheinfirmen erstellt und z. B. in den Wirtschaftskreislauf eingebracht werden, um Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung zu verschleiern. Bislang kam für einen Aussteller von sog. Schein- und Abdeckrechnungen lediglich eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zu der Haupttat des Verwenders dieser Rechnungen in Betracht. Problematisch war für die strafrechtliche Verfolgung, dass im Zeitpunkt der Ermittlung der Haupttat seit Ausstellung der unrichtigen Belege häufig ein längerer Zeitraum vergangen ist und die Schein- und Abdeckrechnungen ausstellenden Servicefirmen, bereits aufgelöst sind. Die Ermittlung der Beihilfetat des Ausstellers von Schein- und Abdeckrechnungen war damit häufig nicht mehr möglich.

 

Der Tatbestand nach § 8 Abs. 4 SchwarzArbG ahndet deshalb das ordnungswidrige Verhalten mit einem Bußgeld bis zu 100.000 EUR, § 8 Abs. 6 SchwarzArbG. In schweren Fällen beträgt die Geldbuße bis zu 500.000 EUR, wenn der Täter aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

 

2.3 Neue Verfahrensrechte der FKS

Die FKS erhält nun die Befugnis, Strafverfahren wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB selbst zu führen und abzuschließen, indem die Staatsanwaltschaft unter bestimmten Voraussetzungen ihre Ermittlungsbefugnisse an die FKS abgibt. Voraussetzung dafür ist, dass es sich allein um eine Straftat nach § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt) handelt und ein einfach gelagertes Verfahren vorliegt. Bei der Ermittlung dieses Straftatbestands besteht eine besondere Sachkunde aus den Bereichen des Arbeits- und Sozialrechts bei der FKS. Ziel ist es, die Staatsanwaltschaften im Bereich der Straftat nach § 266a StGB zu entlasten. Die allgemeine Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft wird davon nicht berührt. Komplexe Verfahren sind unter der Verantwortung der Staatsanwaltschaft fortzuführen.

 

Darüber hinaus wurde die Position der FKS in verfahrensrechtlicher Hinsicht mit Blick auf eine etwaige Hauptverhandlung über Ordnungswidrigkeiten deutlich gestärkt. Die Staatsanwaltschaft nahm oft nicht an einer Hauptverhandlung über Ordnungswidrigkeiten im Bereich Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung teil. Die FKS erhält künftig Kenntnis davon, wenn die Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung nicht teilnimmt, und kann dort die Gesichtspunkte vorbringen, die aus ihrer Sicht für die Entscheidung bedeutsam sind.

3. Fazit

Den Bußgeldregelungen muss der Arbeitgeber ab sofort noch mehr Aufmerksamkeit widmen, da hohe Bußgelder drohen und die Zollbehörden (FKS) mit erweiterten Befugnissen auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren vor Gericht Fehlverhalten von Arbeitgebern häufiger aufdecken und ahnden werden.

 

Weiterführende Hinweise

  • Wegner, Zoll-BuStra verschiebt die Koordinaten in Wirtschafts- und Steuerstrafverfahren PStR 20, 82 ff.
Quelle: Seite 115 | ID 46268772