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· Fachbeitrag · Steuerrecht

Berechnung nach § 33a EStG abziehbarer Unterhaltsleistungen bei Selbstständigen

von RA und Notar Dr. Ralf Laws, FA Steuerrecht und Arbeitsrecht, LL.M. M.M., Brilon

| Nicht nur bei der Bemessung des Unterhalts, sondern auch im Steuerrecht ist es bedeutsam, wie mit schwankenden Einkünften eines Selbstständigen und Gewerbetreibenden und periodenfremden Steuerzahlungen umzugehen ist. Der BFH hat bezüglich abziehbarer Unterhaltsleistungen bei Selbstständigen nach § 33a EStG darüber entschieden, wie sich Steuerzahlungen, die im Kalenderjahr für mehrere Jahre geleistet werden, auf die Berechnung abziehbarer Unterhaltsleistungen auswirken. |

1. Unterhaltspflichtige mit schwankenden Einkünften

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung eines dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich Unterhaltsberechtigten, wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen ‒ aktuell ‒ bis zu 9.168 EUR (im Streitjahr 2012 bis zu 8.004 EUR) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, § 33a Abs. 1 S. 1 EStG. Dabei richtet sich die gesetzliche Unterhaltsberechtigung ebenso nach dem Zivilrecht wie die Unterhaltsbedürftigkeit (§ 1602 BGB; BFHE 237, 79).

 

Im Streitjahr 2012 erzielte der mit seiner Ehefrau (F) zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Kläger (M) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit von ca. 425.000 EUR, durchschnittlich etwa 483.000 EUR in den Jahren 2010 bis 2012. Hierauf zahlte M im Streitjahr Steuern für 2010 bis 2012 von ca. 564.000 EUR, wofür er u. a. Bankguthaben von ca. 411.000 EUR verwendete. Wegen der an seine beiden andernorts studierenden Söhne geleisteten Unterhaltszahlungen beantragte M erfolglos, einen Betrag von jeweils 8.004 EUR als außergewöhnliche Belastungen anzusetzen, § 33a Abs. 1 EStG. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Der BFH hat das Urteil des FG im Ergebnis bestätigt:

 

Die Unterhaltsaufwendungen des M waren nach § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der M war unter Berücksichtigung der Opfergrenze entsprechend leistungsfähig. Auch wenn M die Steuerzahlungen zum Teil aus privaten Rücklagen bestritten hatte, beruhte seine Leistungsfähigkeit nicht auf seinen Vermögensverhältnissen, sondern auf der Höhe seines Nettoeinkommens. Abzustellen war auf das für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum (2010 bis 2012) ermittelte Durchschnittseinkommen des M von ca. 483.000 EUR. Dieses war um die durchschnittliche Steuerzahlung von ca. 188.000 EUR zu vermindern. Bei dem danach verbleibenden Nettoeinkommen wurde unter Berücksichtigung der Familiensituation und des von M gezahlten Unterhalts von 16.008 EUR die Opfergrenze nicht berührt.

 

2. Opfergrenze ermitteln

Unterhaltsaufwendungen können nur als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum Nettoeinkommen des Leistenden stehen und diesem nach deren Abzug noch die angemessenen Mittel verbleiben, um den Lebensbedarf für sich sowie ggf. für Ehegatten und Kinder zu bestreiten (sog. Opfergrenze ‒ BFHE 245, 127). Dies wird aus § 1603 Abs. 1 BGB abgeleitet: Nicht unterhaltspflichtig ist, wer ‒ nach seinem Vermögen und seinen Einkünften (sog. Nettoeinkommen ‒ BFH, a.a.O.; im Einzelnen: R 33a.1 EStR 2012) ‒ bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, Unterhalt zu gewähren. Dieses steuerrechtliche Verständnis der zivilrechtlichen Leistungsfähigkeit ist aber auf Ehegatten und minderjährige Kinder, mit denen der Steuerpflichtige alle ihm verfügbaren Mittel teilen muss (§ 1603 BGB), sowie bei einer Haushaltsgemeinschaft mit der unterhaltenen Person (sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft) nicht anzuwenden (BFHE 237, 79; BMF, BStBl. I 10, 582 ff.). In einem solchen Fall ist für die Ermittlung der gem. § 33a Abs. 1 EStG abziehbaren Unterhaltsaufwendungen das verfügbare Nettoeinkommen nach Köpfen zu verteilen (BFHE 227, 491).

 

Die Opfergrenze stellt darauf ab, dass die Unterhaltsaufwendungen einen bestimmten Prozentsatz des Nettoeinkommens nicht übersteigen dürfen (zur Berechnung: BMF, BStBl. I 10, 582 ff.). Sie stimmt nicht mit dem unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt überein.

 

Bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte schwanken, bildet der BFH gem. der BGH-Rechtsprechung (FamRZ 04, 1177) i. d. R. einen Dreijahresdurchschnitt, um das Einkommen zu ermitteln (BFHE 237, 79). Von dem Einkommen sind Steuerzahlungen (einschließlich Voraus- und Nachzahlungen) abzuziehen. Der Abzug ist in dem Jahr zu beachten, in dem die Steuerzahlung tatsächlich erfolgt ist (BFHE 237, 79). Ausnahme: Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre zu erheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr, ist das Nettoeinkommen „realitätsgerecht zu ermitteln“. Diese auch im Unterhaltsrecht geltenden Grundsätze (BGH FamRZ 87, 37) haben den BFH dazu veranlasst, die unterhaltsrelevante Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wie folgt zu bestimmen: Aus sämtlichen im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten Steuerzahlungen ist der jährliche Durchschnittsbetrag zu ermitteln und dieser wiederum vom „Durchschnittseinkommen“ des Streitjahres abzuziehen. Das verbleibende Nettoeinkommen ist zugrunde zu legen, um die Opfergrenze zu berechnen.

 

PRAXISTIPP | Die „zweifache“ Durchschnittsberechnung hinsichtlich der jährlichen Einkünfte und der abzuziehenden Steuern ist bedenklich. Je nachdem, in welcher Größenordnung sich die Einkünfte bewegen, ergeben sich insoweit aufgrund der Steuerprogression Verzerrungen. Statt das sog. In-Prinzip mit Durchschnittsberechnung anzuwenden, sind gerechtere Ergebnisse mit dem Für-Prinzip zu erzielen. Danach werden unabhängig vom Zahlungszeitpunkt die konkret für ein Jahr gezahlten Steuern auch dem betreffenden jeweiligen Jahr zugeordnet. Der Anwalt sollte eine Kontrollberechnung vornehmen: Führt das In-Prinzip zu einem günstigeren Ergebnis, ist es nicht anzugreifen; ergeben sich Vorteile aus dem Für-Prinzip, ist zu versuchen, dieses durchzusetzen.

 
Quelle: Seite 53 | ID 44302720