· Fachbeitrag · Stiftung des öffentlichen Rechts
Regelung zur Vertretung der Pücklerschen Erben im Stiftungsrat wurde für nichtig erklärt
von Dr. Matthias Uhl, Rechtsanwalt bei Peters, Schönberger & Partner, München
| Die Regelung zur Vertretung der Pücklerschen Erben im Stiftungsrat der öffentlich-rechtlichen Stiftung „Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz“ verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und ist daher nichtig. Das entschied das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg (VerfG Brandenburg). SB StiftungsBrief stellt Ihnen die Entscheidung und deren Folgen für andere Stiftungen öffentlichen Rechts vor. |
Erbe hält Regelung zum Entsenderecht für unwirksam
Das Gesetz über die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem Namen „Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz“ vom 14.12.2017 (im Folgenden „Errichtungsgesetz“) sieht als Zweck der Stiftung vor: Die Erhaltung, Pflege, Erforschung, Erschließung und Präsentation des Gesamtkunstwerkes aus Garten- und Landschaftsgestaltung, Architektur, Raumausstattung und der Museumssammlungen des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau in Branitz. In diesem Rahmen verwaltet die Stiftung u. a. Leihgaben der Erbengemeinschaft nach Theodora Gräfin von Pückler als Rechtsnachfolgerin des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau.
Der Stiftungsrat ist ein mit weitreichenden Befugnissen ausgestattetes Stiftungsorgan. So obliegt ihm z. B. das Satzungs- und Haushaltsrecht. Er legt die wesentlichen Aufgaben und Tätigkeiten der Stiftung fest und befindet auch im Übrigen über alle grundsätzlichen Angelegenheiten der Stiftung. Die Erben nach Adrian Heinrich Kurt Günther Georg Graf von Pückler Freiherr von Groditz, einem Sohn der Theodora Gräfin von Pückler, sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 des Errichtungsgesetzes berechtigt, einen Vertreter in den Stiftungsrat der Stiftung zu entsenden.
Enkel E eines weiteren Sohnes der Theodora Gräfin von Pückler, der ebenfalls an der Erbengemeinschaft beteiligt ist, hielt dies für gleichheitswidrig; er selbst sei von der Mitwirkung einer Vertreterentsendung in den Stiftungsrat ausgeschlossen. Deshalb hat er gegen das am 01.01.2018 errichtete Gesetz über die Errichtung dieser Landesstiftung Beschwerde zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg erhoben ‒ mit Erfolg (VerfG Brandenburg, Beschluss vom 16.04.2021, Az. VfGBbg 71/18, Abruf-Nr. 222012).
VerfG bejaht Verstoß gegen Gleichbehandlungsgebot
Das VerfG hat die Regelung zur Vertretung der Erben im Stiftungsrat der Stiftung für nichtig erklärt. Denn § 7 Abs. 1 S. 2 des Errichtungsgesetzes verstoße gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus Art. 12 Abs. 1 der Landesverfassung.
Der Gesetzgeber sei frei in der Entscheidung, leihgebenden Eigentümern das Recht auf Entsendung eines Mitglieds in den Stiftungsrat einzuräumen. Er müsse dann aber ein Konzept verfolgen, das folgerichtig die Eigentümer gleich begünstige und nicht einzelne Eigentümer gleichheitswidrig von der Begünstigung ausschließt.
Sachlich differenzierender Grund für Entsenderegelung fehlt
Es fehle bereits an einem sachlich differenzierenden Grund für die Anknüpfung des Gesetzgebers an die gesetzliche Regel, dass nur eine Gruppe von Miterben einen Vertreter in den Stiftungsrat entsende dürfe, während ein anderer Teil der Erbengemeinschaft diesbezüglich ausdrücklich und dauerhaft außen vor bleibe.
Überlassung von Leihgaben allein reicht nicht als Grund für Bevorzugung
Die im Gesetzentwurf aufgeführte Begründung für das Entsenderecht, wonach der älteste Sohn des Adrian Heinrich Kurt Günther Georg Graf von Pückler Freiherr von Groditz, Leihgaben aus dem privaten Besitz zur Verfügung gestellt und sich besonders für die Erhaltung des Pücklerschen Gesamterbes in Park und Schloss Branitz persönlich engagiert habe, sah das Gericht als nicht durchgreifend an. Dieser Umstand könne allenfalls eine Besserstellung dieses Sohnes oder dessen Erben begründen, nicht aber die der weiteren Erben nach dessen Vater.
Auch Zwölftel-Beteiligung an Erbengemeinschaft reicht nicht als Grund
Auch der Umstand, dass Enkel E nur zu einem Zwölftel an der Erbengemeinschaft beteiligt sei, könne den Ausschluss von der Möglichkeit nicht rechtfertigen, einen Vertreter in den Stiftungsrat zu entsenden. Nach § 2032 Abs. 1 BGB ist der Nachlass nämlich Gesamthandsvermögen, nach § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB steht die Verwaltung des Nachlasses den Erben gemeinschaftlich zu. Das Gericht folgert daraus wörtlich: „Es gibt keinen nicht zu berücksichtigenden oder minderwertigen Erbanteil, nur weil er geringer ist.“
Bedeutung des Urteils für die Praxis
Öffentlich-rechtliche Stiftungen basieren nicht auf privaten Rechtsgeschäften, sondern werden durch öffentlich-rechtliche Rechtsakte errichtet. Daher müssen die Anforderungen beachtet werden, denen der Staat im Rahmen seines Handelns unterliegt. Denn der Staat ist an Recht und Gesetz gebunden; und zwar auch an das Gebot der Gleichbehandlung, wie das Potsdamer VerfG im vorliegenden Fall herausgestellt hat. Wesentlich Gleiches muss gleichbehandelt werden, wesentlich Ungleiches ungleich.
Öffentlich-rechtliche Stiftungen spielen bei der Erfüllung von Aufgaben des Bundes und der Länder eine gewichtige Rolle. Aus dem Grund muss diese Bindung an (verfassungs-)rechtliche Vorgaben im Rahmen der Errichtung dieser Stiftungen stets beachtet werden. Das Land Brandenburg wird eine gesetzliche Neuregelung finden müssen, der zufolge die Interessen der bislang unberücksichtigten Teile der Erbengemeinschaft an der Mitwirkung am Stiftungsleben nicht völlig unter den Tisch fallen.