· Fachbeitrag · Stiftungsvermögen
Investmentsteuerreform: Darauf müssen Stiftungen jetzt achten
von Bartosch Tomczyk, Leiter Transaction Tax bei Berenberg und Klaus Naeve, Leiter Stiftungsberatung bei Berenberg
| Am 1.1.18 tritt die Investmentsteuerreform in Kraft und mit ihr die Steuerpflicht auf Fondsebene. Auch auf bislang steuerbefreite Stiftungen kommt diese gesetzliche Änderung zu, selbst wenn sie einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Der Beitrag erläutert, was Stiftungen beachten sollten. |
1. Die Reform
Bislang galt das Prinzip der Transparenz. Demnach blieben Investmentfonds selbst grundsätzlich unbesteuert und die Besteuerung fand lediglich auf Anlegerseite statt, was bei gemeinnützigen Anlegern zu einer vollständigen Befreiung führte. Mit der Investmentsteuerreform wird die steuerliche Transparenz von inländischen und ausländischen Investmentvehikeln weitestgehend abgeschafft. Daraus ergibt sich eine Gleichstellung von Fonds ‒ unabhängig von ihrem Sitzstaat ‒ durch alleinige Anknüpfung der Steuerpflicht an folgende, deutsche Einnahmen:
- Inländische Beteiligungseinnahmen (Dividenden)
- Inländische Immobilienerträge (inkl. Veräußerungsgewinn)
- Sonstige inländische Einkünfte (teilweise § 49 EStG)
2. Welche Änderungen ergeben sich?
Der Leitgedanke der neuen Besteuerungssystematik liegt im sogenannten Trennungsprinzip, dies bedeutet:
- eine Besteuerung auf Fondsebene
- eine Besteuerung beim Anleger
Damit kann jetzt auch auf Stiftungen erstmals die Besteuerung auf Fondsebene hinzukommen, selbst wenn sie einen gemeinnützigen Zweck verfolgen.
Dividendenerträge aus deutschen Aktien, sonstige Erträge und sämtliche Erträge aus deutschen Immobilien werden schon auf Fondsebene mit einer Körperschaftsteuer von 15 Prozent teilweise noch zuzüglich eines Solidaritätszuschlags belastet. Dies führt in der Regel ohne ein vorheriges Tätigwerden de facto zu einem Performanceverlust des Fonds im Rahmen der oben genannten Einnahmen und somit zu einem Liquiditätsnachteil für Stiftungen.
Aus der Umstellung einer transparenten Besteuerung der Fondserträge hin zu einer pauschalen Besteuerungsgrundlage entsteht für einen steuerbefreiten Anleger generell aber kein Nachteil, solange sich die Steuerbefreiung der Stiftung auswirken kann.
3. Handlungsempfehlungen
Stiftungen sollten Ihre Anlagevehikel überdenken und eine Umschichtung des Vermögens in eine steuerbefreite Anteilsklasse beziehungsweise einen steuerbefreiten Investmentfonds erwägen.
Dabei ist es nicht immer richtig, einfach aus bestehenden Investmentfonds bis zum 31.12.17 auszutreten. Es sollte im Einzelnen geprüft werden, ob sich die bisherige Anlage in Publikumsfonds auch zukünftig lohnt, trotz steuerlicher Belastung, beispielsweise aufgrund einer hohen Performance. Steuerliche Gesichtspunkte sollten keinesfalls als alleiniges Schlüsselmerkmal für die Allokationsentscheidung dienen. Für größere Stiftungen ist eine Investition in einen Spezial-Investmentfonds denkbar, um die Option des Transparenzprinzips wahrnehmen zu können.
PRAXISHINWEIS | Es ist sinnvoll, frühzeitig mit den zuständigen Finanzdienstleistern zu sprechen. Bezüglich einer Umschichtung ließe sich sicherlich feststellen, ob Tranchen beziehungsweise Publikumsfonds angeboten werden, die eine Steuerbefreiung per se vorsehen. Dabei sollte auch der Umstand, dass bei Wechseln Veräußerungsergebnisse realisiert werden, die Einfluss auf die Mittelverwendung haben können. |
Auch sind Anlagen in ausländische Investmentfonds allein aus praktischen Erwägungen heraus kritisch zu durchleuchten, da die Gefahr besteht, dass ausländische Fonds sich für deutsche steuerliche Zwecke weder qualifizieren noch befreien lassen werden. Zudem könnten die Fonds trotz des Versuchs an bürokratischen Hürden oder komplexen abwicklungstechnischen Problemen, die im Zusammenhang mit einer ausländischen Verwahrstelle stehen, scheitern. Dies würde die Stiftung mit einer finalen Steuerbelastung auf Fondsebene konfrontieren.
4. Möglichkeiten der Steuerbefreiung und/oder -erstattung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Steuerbefreiung und/oder eine Erstattung bereits gezahlter Steuern zu erreichen.
4.1 Erstattung der Steuern auf Fondsebene
Voraussetzungen hierfür sind eine dreimonatige Mindesthaltedauer seitens der Stiftung sowie eine Mindestinvestmentdauer von 45 Tagen für Investments des Fonds selbst. Beide Fristen dienen dazu, Steuerumgehungen zu verhindern. Zu beachten gilt zudem, dass nur der Investmentfonds für seinen Anleger im Folgejahr eine Erstattung beantragen kann. Diese steht ihm dann unmittelbar zu.
4.2 Investition in spezielle Fondstranchen
Anteilsklassen, die sich auf dasselbe Investmentvermögen beziehen, sich aber hinsichtlich bestimmter Merkmale (z. B. Ertragsverwendung) unterscheiden, können gesondert steuerfrei gestellt werden. Auch hier wird eine 45-tägige Mindestinvestmentdauer vorausgesetzt.
4.3 Investition in Fonds für steuerbefreite Anleger
Bei einer Anlegerschaft, die sich ausschließlich aus steuerbefreiten Investoren zusammensetzt, kann der Fonds insgesamt steuerbefreit werden. Ebenfalls wird eine 45-tägige Mindestinvestmentdauer durch den Fonds vorausgesetzt.
4.4 Transparente Besteuerung für Spezial-Investmentfonds:
Neben den genannten Möglichkeiten haben ausschließlich Spezial-Investmentfonds die Option zur transparenten Besteuerung. Spezial-Investmentfonds sind dann von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Hier ergeben sich durch die neue Gesetzeslage lediglich geringfügige Fondspreisänderungen zur heutigen Rechtslage. Allerdings eignen sich Spezial-Investmentfonds nur für sehr große Anlagevolumina.
5. Eventueller Belastungsnachteil
Die meisten Kapitalverwaltungsgesellschaften werden erst zukünftig Fonds-tranchen für Stiftungen auf den Markt bringen. Sollte die Kapitalverwaltungsgesellschaft keine steuerbefreite Tranche auflegen, ist zunächst zu prüfen, wie hoch die eigentliche Steuerbelastung sein wird.
|
Aktienfonds mit einer inländischen Aktienquote von 50 Prozent, daraus ca. 4 Prozent Dividende mit einer 15 Prozent Steuerbelastung. Dies entspricht einer 0,3 prozentigen Steuerbelastung auf das Investitionsvolumen. |
Ob diese Belastung einen rein steuerinduzierten Wechsel rechtfertigt, muss einzelfallbezogen entschieden werden. Eine pauschale Aussage ist hier ausgeschlossen.
6. Steuererstattung in nicht steuerbefreiten Tranchen
Die Kapitalverwaltungsgesellschaft hat lediglich ein gesetzlich verankertes Wahlrecht ‒ keine Pflicht ‒ hinsichtlich der Beantragung einer Steuererstattung für steuerbefreite Anleger. Es besteht auch kein bindender Anspruch seitens der gemeinnützigen Stiftung auf Antragstellung durch den Fonds. Somit entsteht hier ein Risiko für die adäquate Mittelverwendung für den Stiftungsvorstand.
Selbst im Fall einer nachträglichen Steuererstattung ist ein zeitlich langgestreckter Liquiditätsnachteil die Folge, da die Steuererstattung erst im Laufe des Folgejahres beantragt werden kann. Dies sollte kritisch bei der Anlageentscheidung durch den Stiftungsvorstand berücksichtigt werden.