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· Fachbeitrag · Teilungsversteigerung

Der Beitritt zu einer Teilungsversteigerung: wichtiges Instrument mit Regresspotenzial

von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

| Gerichtliche Teilungsversteigerungen, auch im erbrechtlichen Kontext, nehmen weiter zu. In EE 21, 64 und 83 wurde dargelegt, wie ein Teilungsversteigerungsverfahren durch Antragstellung in Gang kommt. Der folgende Beitrag erklärt die Notwendigkeit eines Beitritts zum Verfahren für Beteiligte sowie die Bedeutung dieser Thematik für den anwaltlichen Berater. |

1. Antragsgegner kann durch Beitritt zum Antragsteller werden

Bezüglich eines Grundstücks können nicht mehrere Zwangsversteigerungsverfahren parallel betrieben werden. Vielmehr gilt, dass das Gericht nur ein einziges Gesamtversteigerungsverfahren anordnet. Innerhalb eines solchen Verfahrens betreibt jeder einzelne Miteigentümer bzw. Pfändungsgläubiger sein eigenes Verfahren. Dies gilt aber nur, wenn durch den bzw. die anderen Miteigentümer ebenfalls die Versteigerung beantragt wird. Dadurch kannjeder Antragsgegner im Versteigerungsverfahren ebenso zum Antragsteller werden, indem er bzw. der Pfändungsgläubiger zu dem bereits angeordneten Verfahren den sog. Beitritt erklärt (§ 180 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 27 Abs. 1 S. 1 ZVG). Er hat damit dieselben Rechte, wie wenn auf seinen Antrag hin die Versteigerung angeordnet wäre (§ 180 Abs. 1 ZVG i. V. m. § 27 Abs. 2 ZVG).

 

Beachten Sie | Der Beitritt ist das wichtigste Instrument zur Verteidigung und empfiehlt sich immer dann, wenn das Verfahren nicht verhindert werden kann und man der Teilungsversteigerung nicht tatenlos ausgeliefert sein will. Denn erst der Beitritt bewirkt eine direkte Einflussnahme auf das Verfahren und berechtigt an einer aktiven Teilnahme. Nur über einen Beitritt lässt sich eine vollständige Abhängigkeit von dem das Verfahren anordnenden ersten Antragsteller in der alles entscheidenden Zuschlagsfrage verhindern. Ohne einen Beitritt kann der alleinige Antragsteller ohne jede Begründungspflicht jeden Zuschlag verhindern. Er kann risikolos die Gebote hochtreiben. Er kann durch diese Möglichkeit andere eventuelle Interessenten vom Bieten abhalten und deshalb selbst billigst ersteigern (Kogel, FamRB 03, 403, 406).

 

  • Beispiel 1

A und B sind im Grundbuch als Miteigentümer einer Erbengemeinschaft eingetragen. A betreibt allein die Teilungsversteigerung. Im Versteigerungstermin bietet B 150.000 EUR. A kann nun wie folgt Einfluss auf das Versteigerungsergebnis nehmen:

 

  • Er könnte andere Interessenten vom Bieten abhalten, indem er ihnen ankündigt, andere als die von ihm gewünschten Zuschläge zu verhindern. Dadurch könnte er das Grundstück selbst zu einem günstigen Preis ersteigern.
  • Er kann den Zuschlag nach dem Ende der sog. Bietstunde entweder wirksam werden lassen oder diesen durch eine Einstellungsbewilligung verhindern. Von dieser Möglichkeit wird A Gebrauch machen, wenn er sich ein höheres Gebot erhofft hatte oder wenn er einen bestimmten Bieter bevorzugen möchte. Er kann somit auch den Zuschlag an B als Meistbietenden verhindern.

 

  • Er kann ‒ sollte er selbst Meistbietender geblieben sein ‒ den Zuschlag an sich selbst vermeiden. Er hat es damit in der Hand, den Preis nach oben zu treiben.

 

Wenn B allerdings dem Verfahren beigetreten ist, ist für die Einstellung der Zwangsvollstreckung auch dessen Zustimmung erforderlich. Die Herrschaft über das Verfahren haben dann nur noch A und B gemeinsam.

 

PRAXISTIPP | Das Beispiel zeigt deutlich die Abhängigkeit des Antragsgegners vom allein betreibenden Antragsteller. Insofern kann der fehlende Hinweis auf einen Beitritt oder ein ausbleibender Rat dazu ggf. ein Beratungsfehler sein.

 

2. Beitritt muss rechtzeitig erfolgen

In der Praxis kommen Beitrittsanträge oftmals zu spät. Der ergehende Beitrittsbeschluss muss nämlich mindestens vier Wochen vor einem bereitsangeordneten Versteigerungstermin dem bzw. den anderen Miteigentümer/n zugestellt sein (vgl. §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 ZVG). Bedeutsam ist dies vor allem dann, wenn mehrere Gemeinschaftsmitglieder auf der Antragsgegnerseite bzw. Antragstellerseite stehen. Rechtzeitige Zustellung vor der Vierwochenfrist vor dem Versteigerungstermin nur an einen Teil der Miteigentümer genügt somit nicht. Ein Miteigentümer ist daher dann kein Antragsteller, wenn sein Beitrittsbeschluss auch nur einem der übrigen Miteigentümer verspätet, d. h. innerhalb der vierwöchigen Frist, zugestellt worden ist. Insofern können verspätete Beitrittsanträge ebenfalls regressträchtig für Berater sein.

 

  • Beispiel 2

A und B sind im Grundbuch als Miteigentümer einer Erbengemeinschaft eingetragen. Auf Antrag des A ordnet das Gericht die Teilungsversteigerung an. Das Gericht bestimmt einen Versteigerungstermin auf den 23.6. B ‒ vertreten durch Rechtsanwalt R ‒ erklärt am 18.5. seinen Beitritt zum Verfahren. Das Vollstreckungsgericht erlässt am 20.5. den Beitrittsbeschluss. Dieser wird dem A am 25.5. zugestellt. Im Versteigerungstermin am 23.6. ist Interessent I mit einem Gebot von 200.000 EUR Meistbietender. A beantragt nach dem Ende der Bietstunde die Erteilung des Zuschlags zu diesem Betrag; B hingegen beantragt, denZuschlag zu versagen, da er einen höheren Erlös erwartet hatte.

 

Lösung: R hat für seinen Mandanten den Beitritt zu spät erklärt. Der Beitrittsbeschluss wurde nämlich dem A innerhalb der Vierwochenfrist vor dem Termin zugestellt. Der Beitritt hat für den Versteigerungstermin am 23.6. für B daher keine Wirkung in dem Sinn, dass er den Termin und damit das Verfahren aktiv beeinflussen kann. Das Gericht muss daher auf Antrag des A als sog. maßgeblichen alleinigen Antragsteller den Zuschlag zum Betrag von 200.000 EUR erteilen. B kann hiergegen nichts unternehmen!

 
  • Beispiel 3: Mehrere Gemeinschaftsmitglieder und nicht rechtzeitige Zustellung des Beitrittsbeschlusses an ein Mitglied

A, B, C und D sind im Grundbuch als Miteigentümer einer Erbengemeinschaft eingetragen. Auf Antrag des A ordnet das Gericht die Teilungsversteigerung an. Das Gericht bestimmt einen Versteigerungstermin auf den 23.6. B ‒ vertreten durch Rechtsanwalt R ‒ erklärt am 15.5. seinen Beitritt zum Verfahren. Das Vollstreckungsgericht erlässt am 17.5. den Beitrittsbeschluss. Dieser wird dem A und dem C am 22.5. ‒ also rechtzeitig ‒ zugestellt. Die Zustellung an den D erfolgt jedoch erst am 23.6., somit nicht vier Wochen vor dem Versteigerungstermin.

 

Lösung: Der Beitritt hat für den Versteigerungstermin am 23.6. für B keine Wirkung in dem Sinn, dass er den Termin und damit das Verfahren aktiv beeinflussen kann. Er hat daher in der alles entscheidenden Zuschlagsfrage keinerlei Mitspracherecht und ist daher dem A komplett ausgeliefert.

 

Anträge auf einen Beitritt können sich z. B. wie folgt darstellen:

 

Musterformulierung / Antrag auf Beitritt zur Teilungsversteigerung

An das Amtsgericht ‒ Vollstreckungsgericht ‒

 

Az: K … / …

 

In der Zwangsvollstreckungssache

 

des/der … ‒ Antragsteller/in ‒

gegen

 

den/die … ‒ Antragsgegner/in ‒

 

beantrage ich namens und in Vollmacht des Antragsgegners ‒ zugleich Antragsteller ‒, den Beitritt zum obigen Verfahren zuzulassen.

 

Zum Nachweis der Antragsberechtigung füge ich in der Anlage einen beglaubigten Grundbuchauszug des betreffenden Grundbesitzes bei, aus dem sich ergibt, dass der Antragsteller als Miteigentümer zu …-Anteil / in Erbengemeinschaft eingetragen ist.

 

Rechtsanwalt

 

Musterformulierung / Antrag auf Beitritt zur Teilungsversteigerung bei gepfändetem Erbteil

(Gericht und Rubrum wie oben)

 

beantrage ich namens und in Vollmacht des/der Gläubigers/in … den Beitritt zum obigen Verfahren zuzulassen.

 

Gründe:

Im oben bezeichneten Grundbuch ist Herr/Frau … als Miteigentümer/in in Erbengemeinschaft eingetragen. Dieser Anteil an der Erbengemeinschaft wurde zugunsten des/der Gläubigers/in durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts … vom …, Az: …, gepfändet und zur Einziehung überwiesen. Zum Nachweis der Pfändung füge ich in der Anlage den dem/den Drittschuldner/n am … zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nebst zugrunde liegendem rechtskräftigen Titel bei.

 

Rechtsanwalt

 
Quelle: Seite 83 | ID 48140075